Entscheidungsdatum: 10.08.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2014 021 280
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2015 aufgehoben.
Die Löschung der Marke 30 2014 021 280 wegen des Widerspruchs aus der Marke 30 2011 031088 wird angeordnet.
I.
Die am 16. Januar 2014 angemeldete Wort-/Bildmarke
ist am 24. März2014 unter der Nummer 30 2014 021 280 für die Waren
„Klasse 09: Geräte zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Ton und Bild
Klasse 15: Elektrische und elektronische Musikinstrumente“
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 25. April 2014.
Gegen die Eintragung ist am 25. Juni 2014 Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 7. Juni 2011 angemeldeten und am 29. Juli 2011 eingetragenen Marke 30 2011 03188
JUKE
die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, u.a. für
„Klasse 09: …Audio/Videoreceiver; .. BD-Player; BD-Recorder; ... CD-Player; CD-Recorder; Personal Computer; ... DVB-C Receiver; DVB-T Receiver; DVD-Player; DVD-Recorder; ... Fotoapparate, einschließlich digitaler Fotoapparate und Einwegkameras;... MP3-Player; MP4-Player; Musikinstrumente (soweit in Klasse9 enthalten); Netbooks; ....Radios, einschließlich Autoradios, Internetradios und Uhrenradios; … Satellitenreceiver, insbesondere DVB-S Receiver und analoge Satellitenreceiver; ... UMTS-Karten und UMTS-Sticks; USB-Hubs; ... USB-Sticks; ...Videorecorder; ...Webcams; ...“
geschützt ist.
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 09 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 6. Juli 2015 den Widerspruch zurückgewiesen, da eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken nicht vorliege.
Ausgehend von der Registerlage könnten sich zwar die Marken in Bezug auf die für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren der Klasse 9 auf identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren begegnen. Allerdings verfüge die Widerspruchsmarke „JUKE" jedenfalls für einen Teil dieser Waren über einen nur unterdurchschnittlichen Schutzumfang. Zwar sei das Wort „juke“ in Alleinstellung als englischsprachiges Verb mit den Bedeutungen „jdn." geschickt umgehen“ (im Zusammenhang mit American Football) bzw. „tanzen“ (im amerikanischen Slang) im Inland kaum bekannt. Jedoch sei die Widerspruchsmarke ersichtlich an den Begriff „Jukebox“ angelehnt. Dieser Begriff bezeichne nicht nur einen Musikautomaten, der gegen den Einwurf eines bestimmten Geldbetrages gewünschte Musikstücke spiele, sondern werde im Rahmen einer Begriffserweiterung auch für Programme zur Wiedergabe und Verwaltung von Musikdateien sowie für Laufwerke für wechselbare Speichermedien verwendet. Dies führe aber jedenfalls bei solchen Waren der Klasse 9, die über eine entsprechende Funktion verfügen könnten, zu einer Kennzeichnungsschwäche der an den beschreibenden Begriff „Jukebox“ angelehnten Widerspruchsmarke.
Aber auch soweit die Widerspruchsmarke über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge und beide Marken sich auf identischen Waren begegnen könnten, entspreche die jüngere Marke den sich daraus ergebenden Anforderungen an den Markenabstand.
In ihrer jeweiligen Gesamtheit seien die Vergleichsmarken aufgrund der komplexen grafischen Gestaltung der angegriffenen Marke sowie des zusätzlichen Buchstabens „e“ in allen für die Beurteilung des Gesamteindrucks wesentlichen Kriterien hinreichend zu unterscheiden.
Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde auch nicht durch den mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Wortbestandteil „Juke“ geprägt. Dem stehe bereits entgegen, dass ein erheblicher Teil der inländischen Durchschnittsverbraucher den Wortbestandteil „eJuke“ der angegriffenen Marke als einheitlichen Gesamtbegriff wahrnehme. Denn die Wortbestandteile „e“ und „Juke“ seien in ihren jeweiligen beschreibenden Aussagen aufeinander bezogen. So sei es insbesondere üblich, den Buchstaben „e“ in abgesetzter Form als Abkürzung für „elektrisch“ oder „elektronisch“ einem Sachbegriff voranzustellen. Der Verkehr werde daher nicht dazu neigen, „eJuke“ auf den Bestandteil „Juke“ zu verkürzen. Der zusätzliche Buchstabe „e“ der jüngeren Marke führe daher aus dem ohnehin eng zu bemessenden Schutzbereich der Widerspruchsmarke heraus.
Es bestehe auch keine Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten, da der für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderliche Hinweischarakter einem eventuellen Stammbestandteil „Juke“ bereits wegen seiner Kennzeichnungsschwäche abzusprechen sei.
Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung des übereinstimmenden Bestandteils „Juke“ innerhalb der angegriffenen Marke stehe der gesamtbegriffliche Aussagehalt von „eJuke“ entgegen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie macht geltend, dass es sich bei den für die Widerspruchsmarke zu Klasse 9 eingetragenen Waren jedenfalls überwiegend um „Geräte zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Ton und Bild“ handele, für die die angegriffene Marke Schutz beanspruche, so dass insoweit Warenidentität vorliege. Ebenso seien die von der angegriffenen Marke in Klasse 15 beanspruchten Waren „elektrische und elektronische Musikinstrumente“ identisch mit den in Klasse 9 geschützten „Musikinstrumenten“ der Widerspruchsmarke.
Entgegen der Auffassung der Markenstelle weise die Widerspruchsmarke für sämtliche dieser im Identitätsbereich liegenden Waren der Klasse 09 eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Die angesprochenen Verbraucher würden die Widerspruchsmarke „JUKE“ im vorliegend relevanten Warenbereich der Klasse 9 nicht mit „Jukebox“ gleichsetzen und assoziieren. Vielmehr werde „JUKE“ vom deutschen Verbraucher als reines Phantasiewort aufgefasst. Zudem werde der Verbraucher mit „Jukebox“ nur den unter dieser Bezeichnung allgemein bekannten Musikautomaten verbinden, darin jedoch keine Bezeichnung für Programme zur Wiedergabe und Verwaltung von Musikdateien sowie für Laufwerke für wechselbare Speichermedien erkennen. Diese Bedeutung sei allenfalls nur in der spezifischen IT-Branche bekannt. In seiner Bedeutung als Bezeichnung eines Musikautomaten weise „Jukebox“ keinen Bezug zu den vorliegend relevanten Waren der Klasse 9 auf.
Beide Marken seien ferner klanglich hochgradig ähnlich. Das angegriffene Zeichen werde bei der Aussprache in „e“ und „Juke“ getrennt, wobei das „e“ klanglich durch die dominierende identische Buchstabenfolge „Juke“ vollkommen untergehe.
Auch in schriftbildlicher Hinsicht bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen, da die graphische Gestaltung des angegriffenen Zeichens wenig einprägsam sei und daher ebenso wie der vorangestellte Buchstabe „e“ kaum ins Gewicht falle.
Jedenfalls werde der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch den Bestandteil „Juke“ geprägt. Entgegen der Auffassung der Markenstelle werde der Verkehr „eJuke“ nicht als eine zusammengehörende gesamtbegriffliche Einheit auffassen, da nicht erkennbar sei, wie der Buchstabe „e“ zu „Juke“ sinngemäß stehen solle. Zudem wäre ein von der Markenstelle angenommenes Verständnis von „e“ als Abkürzung für „elektrisch“ / „elektronisch“ im Hinblick auf die von dem jüngeren Zeichen umfassten Waren der Klassen 9 und 15 rein beschreibender Natur, so dass der zusätzliche Buchstabe „e“ bei der Prüfung der Markenähnlichkeit außer Betracht zu lassen sei.
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2017 beruft sich die Widersprechende unter Vorlage verschiedener Anlagen zudem auf eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Zusammenhang mit einer Benutzung für einen Musik-Streamingdienst in Deutschland.
Die Widersprechende beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2015 aufzuheben und die Marke 30 2014 021 280 zu löschen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei unterdurchschnittlich. Zwar sei „JUKE“ offensichtlich kein gebräuchliches deutsches Wort. Jedoch werde „JUKE“ mit hoher Wahrscheinlichkeit mit „Jukebox“ in Verbindung gebracht. Der Verkehr werde „JUKE“ als Kurzform von „Jukebox“ auffassen. Dies gelte umso mehr, als der Bestandteil „box“ auch inländischen Verkehrskreisen geläufig sei, so dass die Verbindung von „Juke“ und „box“ zu „Jukebox“ umso leichter falle.
Der Begriff „Jukebox“ stehe für die Wiedergabe von abgespeicherter Musik in jedweder Form, wobei die Bezeichnung „Jukebox“ gebräuchlicher sei als „Musikbox“. Auch und gerade der Hinweis auf die Verwendung von „Jukebox“ für Massenspeichergeräte zeige, dass dieser Begriff allgemein als Bezeichnung einer Sammlung von Audio- wie auch Video-Datenträgern, die nach Belieben angesprochen und abgespielt werden können - und wie sie die Widerspruchsmarke beanspruche -, verstanden werde. Die Widerspruchsmarke „JUKE“ als Kurzform für „Jukebox“ sei dann aber als betrieblicher Herkunftshinweis für Komponenten zur Wiedergabe von Audio- und Video-Dateien wenig geeignet.
Die Widerspruchsmarke könne auch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufgrund langjähriger intensiver Benutzung für sich in Anspruch nehmen.
Bei der Ähnlichkeit der Waren sei zu beachten, dass die Widerspruchsmarke für Waren der Klasse 15 überhaupt keinen Schutz beanspruche. Was die Waren der Klasse 9 betreffe, sei eine Benutzung nicht für Konsumerprodukte wie CD-Player, MP3-Player, Radios oder ähnliche Produkte vorgesehen, sondern nur für professionelle Audio-Abspielgeräte in Diskotheken und der Gastronomie.
Vor diesem Hintergrund hielten beide Zeichen sowohl klanglich wie schriftbildlich einen ausreichenden Abstand zueinander ein. So sei das „e“ vor „Juke“ ein wesentliches klangliches Merkmal der angegriffenen Marke. Ähnlich wie bei „e-mail“, „i-phone“, „e-Gitarre“ etc. sei das „e“ als vorangestellter Vokal klanglich klar herauszuhören und werde gerade deshalb als Unterscheidungsmerkmal zu „mail“, „phone“, „Gitarre“ etc. verwendet.
In schriftbildlicher Hinsicht sei ein ausreichender Abstand schon allein durch die figurativen Elemente des jüngeren Zeichens gewährleistet. Dies gelte aber auch bei einem Vergleich der Wortbestandteile. So sei das „e“ am Anfang des Wortes gegenüber dem übrigen Wortbestandteil nicht so klein ausgestaltet, dass es kaum noch auffalle. Ferner sei der Bestandteil „Juke“ des jüngeren Zeichens unüblich in seiner Darstellung, da das „J“ einen besonders ausgeprägten quer verlaufenden Bestandteil aufweise, auf dem das „e“ positioniert sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
A. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915, Nr. 45 - UNI; BGH GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Nr. 15 AIDA/ AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren (oder Dienstleistungen). Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 – Bogner B/ Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103, Nr. 37 - Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).
Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante unmittelbare Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken zu besorgen, weshalb die angegriffene Marke nach § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG zu löschen ist.
1. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen ist die Registerlage maßgebend, so dass es nicht darauf ankommt, ob und ggf. in welchem Umfang die Widerspruchsmarke tatsächlich benutzt wird. Eine Einrede der Nichtbenutzung ist seitens des Inhabers der angegriffenen Marke nicht erhoben worden ist und wäre auch unzulässig gewesen, da gegen die Widerspruchsmarke selbst ein Widerspruchsverfahren anhängig war, welches erst am 12. Juni 2014 abgeschlossen worden ist, so dass auch die fünfjährige „Benutzungsschonfrist“ nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG erst an diesem Tag begann (§ 26 Abs. 5 MarkenG).
a. Ausgehend von der somit maßgeblichen Registerlage können sich beide Marken zunächst insoweit auf identischen Waren begegnen, als es sich bei den für die Widerspruchsmarke zu Klasse 09 u. a. eingetragenen Waren
“...Audio/Videoreceiver; … BD-Player; BD-Recorder; ... CD-Player; CD-Recorder; Personal Computer; ... DVB-C Receiver; DVB-T Receiver; DVD-Player; DVD-Recorder; ... Fotoapparate, einschließlich digitaler Fotoapparate und Einwegkameras;... MP3-Player; MP4-Player; .Netbooks; ...Radios, einschließlich Autoradios, Internetradios und Uhrenradios; Satellitenempfangsanlagen; Satellitenreceiver, insbesondere DVB-S Receiver und analoge Satellitenreceiver; ... UMTS-Karten und UMTS-Sticks; USB- Hubs; USB-Kabel; USB-Sticks; ....Videorecorder; ...Webcams; ...“
überwiegend um
„Geräte zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Ton und Bild“
handelt, für die die angegriffene Marke zu Klasse 09 Schutz beansprucht. Soweit es dabei hinsichtlich einzelner Waren an einer Identität fehlt, weil die angegriffene Marke Schutz nur für Geräte beansprucht, die sowohl Ton als auch Bild aufzeichnen und wiedergeben können („Geräte zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Ton und Bild“), hingegen zumindest einige der vorgenannten zu Klasse 09 eingetragenen Waren der Widerspruchsmarke nur Ton oder Bild aufzeichnen und/oder nur über eine Aufzeichnungs- oder Wiedergabefunktion verfügen wie z. B. „Audioreceiver“, „CD-Player“, „CD-Recorder“, „MP3-Player,“ „MP4-Player“, besteht jedenfalls eine enge Ähnlichkeit zu diesen Waren.
b. In Bezug auf die von der angegriffenen Marke zu Klasse 15 beanspruchten Waren „ Elektrische und elektronische Musikinstrumente“ besteht Identität zu den von der Widerspruchsmarke in Klasse 09 beanspruchten „Musikinstrumente (soweit in Klasse 9 enthalten)“, da darunter auch solche elektrischen und elektronischen Musikinstrumente fallen, wie sie die angegriffene Marke zu Klasse 15 ausdrücklich beansprucht. Die unterschiedliche Klasseneinteilung ist dabei unerheblich.
c. Ob und inwieweit eine Identität bzw. Ähnlichkeit zu weiteren für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren und insbesondere den Dienstleistungen besteht, kann hingegen offen bleiben, da eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken bereits in Bezug auf die vorgenannten identischen bzw. eng ähnlichen Waren aus den nachfolgenden Gründen besteht.
2. Was die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke betrifft, ist entgegen der Auffassung der Markenstelle in Bezug auf sämtliche vorgenannten, im Identitäts- oder zumindest überdurchschnittlichen Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren der Widerspruchsmarke von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem normalen Schutzumfang der Marke auszugehen.
a. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, lässt sich das Wort „juke“ als englisches Verb im Sinne von „jdn." geschickt umgehen“ im Zusammenhang mit American Football (vgl. PONS, Großwörterbuch Englisch, 2008, S. 518) sowie - im amerikanischen Slang als umgangssprachliches Wort für „tanzen“ nachweisen (vgl. B. Schmid, American Slang, Amerikanisch-Deutsch, 1995, S. 278). Beide vorgenannten Bedeutungen des Wortes „juke“ sind im Inland jedoch weder allgemein bekannt noch gebräuchlich. Zudem kommt dem Begriff in dieser Bedeutung auch kein beschreibender Sinngehalt in Bezug auf die vorliegend relevanten Waren zu.
b. Entgegen der Annahme der Markenstelle wird der Verkehr in „JUKE“ auch nicht ohne weiteres ein Kurzwort für „Jukebox“ als Bezeichnung für einen „Musikautomaten, der gegen den Einwurf eines bestimmten Geldbetrages gewünschte Musikstücke spielt“ bzw. als Hinweis hierauf erkennen. Zwar kann - worauf der Inhaber der angegriffenen Marke zutreffend hinweist - jedenfalls ein Teil der vorliegend relevanten Waren der Klasse 9 der Widerspruchsmarke eine einer solchen „Jukebox“ durchaus vergleichbare Funktion aufweisen, z. B. indem sie Musik(dateien) aufzeichnen und wiedergeben bzw. über entsprechende Programme verfügen. Jedoch ist der Begriff „Juke“ in der deutschen Sprache weder als Wort noch als Abkürzung/Kurzwort für „Jukebox“ lexikalisch oder zumindest im Sprachgebrauch in irgendeiner Form nachweisbar. Da es sich bei „Jukebox“ in der vorgenannten Bedeutung um einen einheitlichen Begriff handelt, besteht für den Verkehr auch kein Anlass, in dem ihm für sich genommen in seiner Bedeutung nicht geläufigen Begriff „Juke“ ohne weiteres ein solches Kurzwort zu erkennen (vgl. dazu auch BGH GRUR 2013, 731 Tz. 15 - Kaleido). Vielmehr stellt sich die Widerspruchsmarke „JUKE“ für den inländischen Verkehr als Kunst- und Phantasiewort dar, welches in Bezug auf die vorliegend relevanten Waren allenfalls nach einiger Überlegung Assoziationen an eine „Jukebox“ hervorrufen kann. Ein lediglich andeutend-beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren i. S. eines „sprechenden Zeichens“, der nur aufgrund gewisser Überlegungen erkannt werden kann, steht jedoch der Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 2009, 1055, 1059 Tz. 65 - airdsl; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rdnr. 138)
Selbst wenn man aber insoweit zugunsten des Markeninhabers aufgrund möglicher Assoziationen zu „Jukebox“ von einem etwas eingeschränkten Schutzumfang der Widerspruchsmarke ausgeht, ist zu beachten, dass die Widerspruchsmarke ihre eintragungsbegründende Eigenart gegenüber dem Begriff „Jukebox“ aus der ungewöhnlichen und nicht gebräuchlichen Verkürzung dieses Begriffs auf den Bestandteil „Juke“ unter Vernachlässigung des für ein eindeutiges Verständnis notwendigen Bestandteils „box“ bezieht. Die Beschränkung des Schutzbereichs einer an eine beschreibende Angabe angelehnten Kennzeichnung bezieht sich nach Maßgabe ihrer Eigenprägung jedoch nur auf die Sachangabe selbst oder mögliche andere Abwandlungen dieser Angabe (vgl. (BGH GRUR 2008, 803 Nr. 22 - HAITEC/HEITEC; BGH GRUR 2003, 963 Nr. 26 - AntiVir/AntiVirus ). Ist eine jüngere Marke dagegen wie vorliegend unter Verwendung der identischen Abwandlungsform („Juke“) gebildet, aus der die ältere Marke ihre Charakteristik bezieht, besteht insoweit kein Anlass für eine Einschränkung des nach dieser Eigenprägung zu bemessenden Schutzumfangs der Marke (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 190).
c. Soweit sich die Widersprechende mit Schriftsatz vom 21. Juli 2017 auf eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Zusammenhang mit einer Benutzung für einen Musik-Streamingdienst in Deutschland beruft, kann dies allenfalls einige der für die Widerspruchsmarke eingetragenen, für die vorliegende Entscheidung jedoch nicht relevanten Dienstleistungen, betreffen, nicht jedoch die vorliegend maßgeblichen Waren der Klasse 09, so dass es insoweit mangels Entscheidungserheblichkeit dieser Frage keiner weiteren Erörterung bedarf.
3. Die Vergleichszeichen weisen ferner eine jedenfalls durchschnittliche Zeichenähnlichkeit auf.
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (z. B. BGH GRUR 2013, 833, Rn. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Rn. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Rn. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Rn. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729 Rn. 23 - MIXI). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 237). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Rn. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Rn. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Rn. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2010, 235, Rn. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Rn. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60, Rn. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2010, 235, Rn. 18 - AIDA/AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 254 m. w. N.).
a. Eine unmittelbare schriftbildliche Verwechslungsgefahr scheidet danach zwar im Hinblick auf die grafische Ausgestaltung sowie den zusätzlichen, dem Wortbestandteil „Juke“ vorangestellten Buchstaben „e“ aus. Allein schon wegen der größenmäßigen Ausgestaltung des Bildbestandteils kann dabei entgegen der Auffassung der Widersprechenden auch nicht davon ausgegangen werden, dass dieser bei visueller Wahrnehmung des Zeichens vom Verkehr nicht aufgenommen wird (vgl. dazu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 437, 438).
b. Im Rahmen einer die Verwechslungsgefahr begründenden klanglichen Zeichenähnlichkeit sind jedoch auf Seiten der angegriffenen Marke trotz deren Ausgestaltung als Wort-/Bildmarke allein die Wortbestandteile maßgebend, da der Verkehr erfahrungsgemäß dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdnr. 433). Davon ist auch vorliegend auszugehen, da der Bildbestandteil die Marke nicht derart beherrscht, dass der Wortbestandteil kaum noch beachtet wird. Dieser besteht dabei aus dem mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Begriff „Juke“ sowie dem direkt links über dem Buchstaben „J“ angeordneten, von dem Buchstaben „J“ auch teilweise umfassten Buchstaben „e“. Dieser Buchstabe tritt aufgrund seiner Anordnung im Gesamtbild der angegriffenen Marke auch noch so deutlich hervor, dass er - ungeachtet der Frage, ob er als Bestandteil der Herkunftskennzeichnung betrachtet wird - bei einer mündlichen Benennung nicht unbeachtet bleibt. Aufgrund der von „Juke“ etwas abgesetzten Anordnung des Vokals „e“ sowie der durch den Großbuchstaben „J“ nahegelegten Trennung von „e“ und „Juke“ nach Art einer Binnengroßschreibung wird der Verkehr die Wortbestandteile der angegriffenen Marke - anders als bei einheitlicher Schreibweise „EJUKE“ oder „ejuke“ - als Kombination von „e“ und „Juke“ erfassen und die Marke bei einer zu erwartenden englischen Aussprache zweisilbig wie „e-juke“ wiedergeben.
c. Danach weist der Wortbestandteil „eJuke“ der angegriffenen Marke aber bereits in seiner Gesamtheit durchaus Ähnlichkeit zu der Widerspruchsmarke „Juke“ auf, da diese aufgrund der zweisilbigen Aussprache von „eJuke“ auch innerhalb des angegriffenen Zeichens klanglich eigenständig hervortritt. Letztlich bedarf dies aber keiner abschließenden Erörterung, da sich eine jedenfalls durchschnittliche Zeichenähnlichkeit aus der Übereinstimmung beider Marken in dem Bestandteil „Juke“ ergibt.
d. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks zwingt nicht dazu, die Vergleichsmarken stets in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen. Vielmehr ist nicht ausgeschlossen, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl. m. w. N. BGH GRUR 2013, 1239, Nr. 32 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2009, 772, Nr. 57 - Augsburger Puppenkiste). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 31 - MIXI; GRUR 2009, 1055, Nr. 23 - airdsl), so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. EuGH GRUR 2016, 80, Nr. 37 - BGW/Scholz; GRUR 2007, 700, Nr. 42 - HABM/Shaker, GRUR Int. 2010, 129, Nr. 62 - Carbonell/La Espanola; GRUR 2010, 1098, Nr. 56 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT; GRUR 2008, 719, Nr. 37 - idw Informationsdienst Wissenschaft; GRUR 2010, 828, Nr. 45 - DiSC).
Ausgehend davon wird vorliegend jedenfalls der klangliche Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein durch den mit der Widerspruchsmarke identischen Bestandteil „Juke“ geprägt. Denn während „Juke“ im vorliegend maßgeblichen Warenbereich jedenfalls nicht wesentlich in seiner Kennzeichnungskraft geschwächt ist, steht der vorangestellte Buchstabe „e“ im Bereich der Elektronik wie auch der Computertechnik als gängige Abkürzung für „electronic“ (elektronisch); er wird in dieser Bedeutung in zusammengesetzten Wörtern häufig verwendet, wenn es um den Austausch oder die Verteilung von Daten in elektronischer Form geht, z. B. bei den Begriffen „E-Mail“ und „E-Commerce“ (vgl. BPatG 30 W (pat) 086/02 - E-pages, veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM). Der Verkehr wird daher in dem Buchstaben „e“ des angegriffenen Zeichens lediglich einen glatt beschreibenden Hinweis auf die Art und/oder den Bestimmungszweck der jeweiligen Waren erkennen, nämlich dass es sich bei diesen um elektronische Geräte bzw. Musikinstrumente handelt.
Die Ausgestaltung bzw. Schreibweise der Wortbestandteile der angegriffenen Marke steht einem solchen Verständnis nicht entgegen. Insoweit ist zu beachten, dass die vorgenannten, unter Verwendung des Buchstabens „e“ als Abkürzung für „elektronisch“ gebildeten Begriffe oftmals durch Kleinschreibung, Weglassen des Bindestrichs oder auch durch eine Binnengroßschreibung mit dem vorangestellten Kleinbuchstaben „e“ (z. B. „eMail“, „eBanking“) variiert werden (vgl. BPatG in 30 W (pat) 199/03 - e.home, veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM). Auch die angegriffene Marke zeigt mit dem teilweise in den Großbuchstaben „J“ integrierten Kleinbuchstaben „e“ eine solche einer Binnengroßschreibung vergleichbare Ausgestaltung des Wortbestandteils, welche die Bedeutung von „e“ als Abkürzung für „electronic" deutlich und unmissverständlich hervorhebt.
Der Buchstabe „e“ verbindet sich mit dem Bestandteil „Juke“ auch nicht zu einem einheitlichen Gesamtbegriff, welcher einer Orientierung an einem einzelnen Markenbestandteil entgegenwirken würde (vgl. dazu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 406). Die Annahme einer die Zeichenähnlichkeit hindernden gesamtbegrifflichen Einheit setzt zwingend einen die einzelnen Elemente verschmelzenden, übergreifenden Sinngehalt voraus (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 409). Daran fehlt es aber vorliegend. Zwar lehnt sich der Wortbestandteil „eJuke“ formal an im Inland geläufige Begriffsbildungen wie z. B. „e-paper“ oder „e-mail“ an, jedoch lässt sich „eJuke“ - im Gegensatz zu den genannten Begriffsbildungen, welche für „E(lectronic)-paper“ bzw- „-mail“ stehen - kein sich dem Verkehr ohne weiteres erschließender Sinn- und Bedeutungsgehalt entnehmen. So ist insbesondere ein dem Wortsinn entsprechendes Verständnis i. S. von „electronic/elektronisches Juke“ wenig sinnvoll und daher nicht naheliegend. Vielmehr wird der Verkehr in den Wortbestandteilen der angegriffenen Marke den mit der Widerspruchsmarke identischen Begriff „Juke“ erkennen, welcher um den glatt beschreibenden Zusatz „e“ ergänzt worden ist.
Er wird dann aber innerhalb der angegriffenen Marke allein den mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil „Juke“ als individualisierenden betrieblichen Herkunftshinweis verstehen und ausschließlich dieses Element als für den Gesamteindruck prägend ansehen, so dass aufgrund der Identität dieses Bestandteils mit der Widerspruchsmarke eine zumindest durchschnittliche Zeichenähnlichkeit gegeben ist.
4. Ausgehend davon kann in der Gesamtabwägung angesichts der Identität und ansonsten engen Ähnlichkeit der obengenannten Waren, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der Kollisionszeichen eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken nicht verneint werden.
B. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.