Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.02.2014


BPatG 13.02.2014 - 30 W (pat) 523/12

Markenbeschwerdeverfahren – "RADIALSTRAHLER" – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
13.02.2014
Aktenzeichen:
30 W (pat) 523/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 013 531.2

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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RADIALSTRAHLER

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soll für die Waren "Lautsprecher" in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen werden.

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Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 13. März 2012 zurückgewiesen, weil die beanspruchte Marke als beschreibende Angabe jeglicher Unterscheidungskraft entbehre und einem Freihaltungsbedürfnis unterliege (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG). Die sprachüblich aus den Fachbegriffen des Audiobereichs "RADIAL" und "STRAHLER" zusammengestellte Fachbezeichnung der Tontechnik "RADIALSTRAHLER" weise lediglich schlagwortartig auf ein Audiogerät hin, nämlich einen Lautsprecher, der mit einer kreisrunden vertikalen Anordnung (radial verlaufend) von Lamellen ausgestattet sei; "STRAHLER" sei das Kurzwort für "Tonstrahler", einer anderen Bezeichnung für Lautsprecher. Unerheblich sei, ob die angemeldete Wortkombination lexikalisch verzeichnet, bereits verwendet oder auf die Anmelderin zurückzuführen sei.

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Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält mit näheren Ausführungen Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht für gegeben. Insbesondere verweist sie darauf, dass es sich um eine Wortneuschöpfung handele, die ausschließlich für Lautsprecher der Anmelderin verwendet werde. Außerdem sei der Begriff "Strahler" keine übliche Kurzform für "Tonstrahler", sondern allenfalls die Kurzform für "Lichtstrahler" oder "Heizstrahler". Die Wortkombination "Radialstrahler" sei daher mehrdeutig und interpretationsbedürftig, ohne dass ein beschreibender Sinngehalt eindeutig im Vordergrund stehe. Andere Anbieter könnten kreisförmig abstrahlende Lautsprecher zudem als "Radial Lautsprecher" bezeichnen.

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Die Anmelderin beantragt,

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den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

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Der Senat hat der Anmelderin Unterlagen zum Nachweis der Bezeichnung von Lautsprechern übersandt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet; die angemeldete Marke ist wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 265). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 30, 31 - Chiemsee; GRUR 2004, 674 Nr. 56 - Postkantoor). Hierbei schließt § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG alle Beschaffenheitsangaben vom Schutz aus und betrifft nicht nur solche, die wichtige Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beschreiben (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 323 m. w. N.).

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Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 29 - Chiemsee; GRUR 2006, 411 Nr. 24 - Matratzen Concord/Hukla). Durch die Wortwahl "und/oder" ist klargestellt, dass auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise für sich gesehen von ausschlaggebender Bedeutung sein kann.

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Das angemeldete Zeichen RADIALSTRAHLER besteht nach diesen Maßstäben ausschließlich aus einer Angabe, die die Art und die Beschaffenheit der beanspruchten Waren beschreibt. Die Mitbewerber der Anmelderin haben deshalb ein berechtigtes Interesse an der freien ungehinderten Verwendung dieser Angabe.

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Das beanspruchte Zeichen ist gebildet aus den Begriffen "Radial" und "Strahler". "Radial" bedeutet "von einem Mittelpunkt (strahlenförmig) ausgehend" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., S. 1404); "Strahler" ist ganz allgemein die Bezeichnung für ein Gerät, das Strahlen aussendet (vgl. Duden, a. a. O., S. 1692). Wie die Markenstelle unter Übersendung von Nachweisen zutreffend festgestellt hat, wird für den Begriff "Lautsprecher" auch das Wort "Tonstrahler" beschreibend verwendet. So bewirbt ein Anbieter von Audio-Produkten einen Lautsprecher beispielsweise wie folgt: "Die Tonstrahler KA-300 Serie sind eine Kombination aus eleganter Form und robuster Erscheinung, die sich im Vergleich zu anderen Tonstrahler durch ihre extrem große Reichweite, beste Musik und Sprachwiedergabe auszeichnet" (vgl. den mit dem angefochtenen Beschluss übersandten Internetausdruck zum Suchwort "Tonstrahler", http://www.phoenix-pa.com/html/de/Tonstrahler.php). Ein anderes Angebot lautet: "Diese Tonstrahler sind nach den neuesten Beschallungskriterien konstruiert…" (vgl. im übersandten Internetausdruck http://www.cantorsound.nl/catalogus/pdf/gr04-luidsprekers-100V.pdf). Korrespondierend sind im HiFi-Bereich bei Lautsprechern beispielsweise Einstufungen wie "Flächenstrahler" und "Rundumstrahler" im Gebrauch (vgl. Anlagen zur Terminsladung, Internetausdruck "STERO HiFi-Jahrbuch 2013" und Ausdruck "AUDIO"-Test, http://www.audio.de/testbericht/german-physiks-borderland-mk-iv-d-im-test-1468266.html). Vor diesem Hintergrund bezeichnet der Begriff RADIALSTRAHLER in sprachüblicher Weise einen Lautsprecher, der die Töne von einem Mittelpunkt ausgehend in alle Richtungen abstrahlt.

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Nachweislich wird im Audio-Bereich auch das Wort "Radialstrahler" für eine bestimmte Art von Lautsprechern verwendet (vgl. der von der Markenstelle übersandte Ausdruck der Zeitschrift "stereoplay" 7/2006). Auch die Anmelderin selbst verwendet das beanspruchte Zeichen in lediglich beschreibendem Sinne, wenn sie in der Warengruppe "Loudspeakers" das Produkt "Radialstrahler" anbietet (vgl. http://www.mbl-emirates.com/image/File/Pricelist_EUROPE_2012.pdf).

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Der Begriff RADIALSTRAHLER ist somit ohne weiteres geeignet, die Art und die Beschaffenheit der beanspruchten "Lautsprecher" zu beschreiben.

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Soweit die Anmelderin darauf verweist, dass der Begriff "Strahler" im Zusammenhang mit Licht- und Heizstrahlern verwendet werde, berücksichtigt sie dabei nicht, dass die absoluten Schutzhindernisse des § 8 MarkenG ausschließlich nach den jeweils beanspruchten konkreten Waren zu beurteilen sind (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 27 m. w. N.). Im Zusammenhang damit ist ein anderes Verständnis als oben zugrunde gelegt nicht naheliegend.

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Entgegen der Auffassung der Anmelderin kommt es bei der Prüfung der Schutzfähigkeit einer Marke nicht darauf an, ob die Angabe bereits lexikalisch verzeichnet ist oder es sich um eine Wortneuschöpfung handelt. Der Schutzausschließungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist allein davon abhängig, ob die Wortbildung zur Beschreibung dienen kann (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 404, 139). Auch kommt es nicht darauf an, dass Mitbewerber auf andere Begriffe ausweichen können. In der Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass der Allgemeinheit die freie Wahl zwischen allen beschreibenden Angaben erhalten bleiben muss (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Nr. 55 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, Nr. 36 - BIOMILD; BGH GRUR 2006, 850, Nr. 35 - FUSSBALL WM 2006).

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Ohne Belang für die Schutzfähigkeit des Begriffs RADIALSTRAHLER ist auch die Behauptung der Anmelderin, dass die Bezeichnung nur für von ihr hergestellte Lautsprecher verwendet werde und es sich bei Treffern einer Internet-Recherche um Hinweise auf Produkte ihres Unternehmens handele. Das Formalrecht an der Marke setzt - anders als andere Immaterialgüterrechte - keine schützenswerte vorherige Leistung im Wettbewerb voraus (vgl. BPatGE 33, 12, 17 - IRONMAN TRIATHLON; BPatG GRUR 2007, 1078, 1079 - MP3 Surround; vgl. auch BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS). Daher ist es für die Frage der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unerheblich, auf wen die Bezeichnung RADIALSTRAHLER  zurückgeht, wer sie geschaffen oder sie seit wann in Deutschland benutzt hat.

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Die angemeldete Marke ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Beschwerde kann deshalb keinen Erfolg haben.

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2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist nicht begründet. Nach § 71 Abs. 3 MarkenG kann das Patentgericht anordnen, dass die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen ist. Dafür bedarf es besonderer Gründe (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O, § 71 Rdn. 43 ff.). Solche Gründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.