Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 10.01.2013


BPatG 10.01.2013 - 30 W (pat) 522/12

Markenbeschwerdeverfahren – "CORE RANGE" – fehlende Unterscheidungskraft –


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
10.01.2013
Aktenzeichen:
30 W (pat) 522/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 013 063.9

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden ist die Bezeichnung

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CORE RANGE

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für die Waren:

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„Motorradbrillen, Skibrillen, Sportbrillen, Sonnenbrillen, Radfahrbrillen, Golfbrillen, Schießbrillen, Reitbrillen, Taucherbrillen, Schwimmbrillen; Lesebrillen; Arbeitsschutzbrillen, Laserschutzbrillen; optische Brillen; Brillenfassungen und -gläser; Brillenscheiben aus Kunststoff; Brillenetuis; Laserschutzfenster; Laserschutzvorhänge; optische Filter; optische Messapparate und -instrumente; Lesehilfen; Lupen; Arbeitsschutzhelme, Schutzhelme für Motorradfahrer, für Radfahrer, für Skifahrer, für Skispringer, für Bobfahrer, für Schlittenfahrer, für Skeletonfahrer, für Rollerblader, für Inlineskater, für Snowboardfahrer, für Kanufahrer, für Drachenflieger, für Paraglider; Sporthelme; Bergsporthelme, Reiterhelme; Gesichtsschutzvisiere für Arbeiter, Schutzschilde für Arbeiter, insbesondere Schweißerschutzschilde; Arbeitsschutzschuhe; Arbeitsschutzbekleidung; Laserschutztextilien; Arbeitsschutzhandschuhe; Respiratoren, nicht für künstliche Beatmung, insbesondere Atemschutzmasken und -geräte für Arbeiter, Gehörschutzkapseln; Gehörschutzstöpsel, Bügelgehörschutz für Arbeiter; Fallschutzgeräte für Arbeiter, nämlich Schutznetze, Schutzplanen, Sicherheitssignalanzeigen, Sicherheitshinweisschilder (nämlich mechanische), Auffanggurte, Haltegurte, Sitzgurte, in Arbeitsschutzkleidung integrierte Auffang-/Halte-/Sitzgurte, Auffangwesten, Halteseile, Haltegurtbänder, Haltegurtbänder mit integriertem Schockabsorber, Bandfalldämpfer, Absturzsicherungen, Rettungsleinen, Sicherheitsseile, Seilkürzer; Teile der vorgenannten Waren;

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Bekleidung und Schuhe, insbesondere Stiefel, Golfschuhe, Handschuhe, Strümpfe; Einlegesohlen, stoß- oder schockdämpfende Einlegesohlen;

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Protektoren als Körperschutz für Motorradfahrer, für Radfahrer, für Skifahrer, für Snowboardfahrer, für Bobfahrer, für Schlittenfahrer, für Skeletonfahrer, für Inlineskater, für Reitsportler“.

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Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 3. Januar 2012 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Begründend ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die englischsprachige Bezeichnung in der deutschen Bedeutung von „Kernbereich, Hauptsortiment, zentrales Gebiet“ keinen betrieblich identifizierungsgeeigneten Hinweis berge. Sie weise als qualitätsrühmende Angabe darauf hin, dass die so bezeichneten Waren dieses Geschäfts besser seien als die Waren eines anderen Handelstreibenden.

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Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält mit näheren Ausführungen die Bezeichnung CORE RANGE für unterscheidungskräftig. Im Hinblick auf ein breites Bedeutungsspektrum der Bestandteile („range“ = „Sortiment, Reihe, Palette, Bereich, Entfernung, Weideland“; „core“ = „Zentrum, Kern“) könne die Gesamtbezeichnung nicht auf die für den Handel zugeschnittene Bedeutung „Kernsortiment“ oder „Hauptsortiment“ verengt werden. Auch die beanspruchten Waren legten diese Übersetzung ohne analysierende Betrachtung nicht nahe. Zudem sei „Kernsortiment“ als Angabe über eine mögliche Verkaufsmodalität nicht konkret warenbeschreibend.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Januar 2012 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren (und Dienstleistungen) als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren (bzw. Dienstleistungen) zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rn. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rn. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rn. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779 Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 f. Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Waren (oder Dienstleistungen) abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rn. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143, 1144 Rn. 9 - Starsat; GRUR 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die  etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien  stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855 Rn. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).

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2. Nach diesen Grundsätzen fehlt dem zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

17

Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, dass die aus den englischsprachigen Wörtern „CORE“ und „RANGE“ gebildete Anmeldung im Deutschen „Kernbereich, Hauptsortiment, zentrales Gebiet“ bedeutet und vom angesprochenen Publikum ohne weiteres in ihrem Bedeutungsinhalt verstanden wird. Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit den hier maßgeblichen Waren allgemeine Verkehrskreise, aber auch Fachverkehrskreise angesprochen werden, wobei es sich durchweg um Spezialprodukte mit Schutzfunktion handelt bzw. handeln kann, die mit Bedacht und nicht im Vorübergehen erworben werden.

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Bei diesem Verständnis der Anmeldung werden sowohl die am Handel beteiligten Verkehrskreise wie auch Endverbraucher einen engen Bezug zwischen der Marke und den beanspruchten Waren in dem Sinn herstellen, dass in diesem Kernbereich die besondere Kompetenz des Herstellers liegt und CORE RANGE als Qualitätshinweis für die beanspruchten Produkte bewerten.

19

Soweit die Anmelderin auf weitere, nicht im Zusammenhang mit den Waren stehende Bedeutungen der Markenwörter hinweist, berücksichtigt sie dabei nicht, dass die absoluten Schutzhindernisse des § 8 MarkenG ausschließlich nach den jeweils beanspruchten konkreten Waren zu beurteilen sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 27 m. w. N.). Im Zusammenhang damit ist ein anderes Verständnis als oben zugrunde gelegt - etwa im Sinn von „Weideland“ - nicht naheliegend.

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Die Bezeichnung CORE RANGE weist damit einen so engen Zusammenhang zu den beanspruchten Waren auf, dass der Verkehr darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennt. Die Marke kann damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Marke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Es kann dahingestellt bleiben, ob auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt.

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Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.