Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 18.04.2013


BPatG 18.04.2013 - 30 W (pat) 52/11

Markenbeschwerdeverfahren – "WINDKRAFTSTOFF" – Freihaltungsbedürfnis -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
18.04.2013
Aktenzeichen:
30 W (pat) 52/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 026 363.6

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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WINDKRAFTSTOFF

3

soll nach einer im Beschwerdeverfahren zunächst angekündigten und - wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt - erfolgten Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses für folgende Waren und Dienstleistungen in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen werden:

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"Speicher für elektrische Arbeit als Fahrzeugteile, soweit in Klasse 12 enthalten; Verkauf von elektrischer Arbeit an den Endverbraucher durch Ausgabe von Gutscheinen oder Wertkarten sowie durch das Aufladen von Prepaidkarten".

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Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung auf der Grundlage der seinerzeit jeweils maßgeblichen Verzeichnisse in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - zurückgewiesen, weil die beanspruchte Marke als beschreibende Angabe jeder Unterscheidungskraft entbehre und einem Freihaltungsbedürfnis unterliege (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG). Das sprachüblich aus den Elementen "Wind" und "Kraftstoff" gebildete Wort "Windkraftstoff" stelle für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich eine Beschaffenheits- bzw. Bestimmungsangabe in dem Sinn dar, dass die damit im Zusammenhang stehende Energieform - also der Kraftstoff - der Windenergie entstamme. Die Bezeichnung "Windkraftstoff" werde zudem zur Stromgewinnung aus Windenergie bereits verwendet.

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Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält mit näheren Ausführungen auf der Grundlage des eingeschränkten Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht für gegeben. Zwar werde der Begriff "Windkraftstoff" gelegentlich im Zusammenhang mit der Umwandlung von aus Windenergie gewonnenem Strom in Methanol verwendet. Darum gehe es vorliegend aber nicht. Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beträfen elektrische Energie. Elektrische Energie aber sei keine Ware oder Sache und könne daher nicht als "Kraftstoff" bezeichnet werden. Das neu gefasste Verzeichnis mache deutlich, dass es nicht um den Handel mit einem durch Strom aus Windenergieanlagen gewonnenen Kraftstoff gehe, sondern um die Nutzung von elektrischer Arbeit als solcher durch deren Speicherung bzw. durch eine ganz bestimmte Art und Weise deren "Verkaufs". "Speicher für elektrische Energie" seien nicht zur Speicherung eines Kraftstoffs geeignet. Die verbliebenen Dienstleistungen bezögen sich nicht mehr auf den Verkauf von elektrischer Energie als solcher, sondern auf eine Art und Weise des Vertriebs.

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Die Anmelderin beantragt,

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die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

9

Der Senat hat der Anmelderin Unterlagen zum Nachweis der Verwendung der Bezeichnung "Windkraftstoff" übersandt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

11

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet; die angemeldete Marke ist wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 265). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 30, 31 - Chiemsee; GRUR 2004, 674 Rdn. 56 - Postkantoor). Hierbei schließt § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG alle Beschaffenheitsangaben vom Schutz aus und betrifft nicht nur solche, die wichtige Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beschreiben (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 323 m. w. N.).

13

Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren bzw. durchschnittlichen Auftraggebers der Dienstleistungen als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 29 - Chiemsee; GRUR 2006, 411 Nr. 24 - Matratzen Concord/Hukla). Durch die Wortwahl "und/oder" ist klargestellt, dass auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise für sich gesehen von ausschlaggebender Bedeutung sein kann.

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Das angemeldete Zeichen WINDKRAFTSTOFF besteht nach diesen Maßstäben ausschließlich aus einer Angabe, die die Art und die Bestimmung der beanspruchten Waren und den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen beschreibt. Die Mitbewerber der Anmelderin haben deshalb ein berechtigtes Interesse an der freien ungehinderten Verwendung dieser Angabe.

15

Das beanspruchte Zeichen ist gebildet aus den Begriffen "Wind" und "Kraftstoff". Wind ist - wie allgemein bekannt - das gebräuchliche Wort für bewegte Luftmassen im Freien (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., S. 2014); wie ebenfalls allgemein bekannt, wird die natürliche Strömungsenergie des Windes über Windkraftanlagen zur Stromerzeugung genutzt (vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, Band 30, S. 130). "Kraftstoff" ist zunächst ein Brennstoff, der überwiegend zum Antrieb von Fortbewegungsmitteln verwendet wird (vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, Band 15, S. 645). Jedoch hat der Begriff "Kraftstoff" eine Ausweitung seines Bedeutungsgehaltes erfahren. So wird nachweislich auch Strom, also elektrische Energie, als (alternativer) Kraftstoff bezeichnet (Anlage 7 zur Terminsladung). Korrespondierend werden Ladestationen für Elektrofahrzeuge als "Stromtankstellen" bezeichnet (Anlagen 5 und 6 zur Terminsladung).

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Vor diesem Hintergrund bezeichnet der Begriff WINDKRAFTSTOFF nicht nur, wie die Anmelderin einräumt, mit Hilfe von Windenergieanlagen gewonnenes Methanol, sondern in sprachüblicher Weise auch aus Windenergie erzeugten Strom, insbesondere soweit er zum Betrieb von Elektrofahrzeugen an Stromtankstellen bereitgehalten wird. In diesem Sinne wird etwa in dem als Anlage 4 übermittelten Artikel der Husumer Nachrichten ausgeführt: "Auf diesem Gelände am alten Kirchenweg möchte der Investor eine Kleinwindenergieanlage mit Windkraftstoff-Tankstelle errichten." Und weiter: "Die Windkraftstoff-Tankstelle stellt eine Ladestation für Elektrofahrräder … und Elektroroller dar." Auch die Anmelderin selbst verwendet das beanspruchte Zeichen in lediglich beschreibendem Sinne, wenn sie in der Mitteilung gemäß Anlage 8 ausführt: "GEO verfolgt hier die Idee, mit seinem Windkraftstoff die Austauschbatterien für E-Mobile zu laden."

17

Der Begriff WINDKRAFTSTOFF ist somit ohne Weiteres geeignet, die Art und die Bestimmung der beanspruchten Waren und den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen zu beschreiben. Die beanspruchten "Speicher für elektrische Arbeit als Fahrzeugteile, soweit in Klasse 12 enthalten" können elektrische Energie gespeichert haben, die aus Windkraft gewonnen wurde und damit ihrer Art nach eine Absatzform für Windkraftstoff darstellen. Die Dienstleistungen "Verkauf von elektrischer Arbeit an den Endverbraucher durch Ausgabe von Gutscheinen oder Wertkarten sowie durch das Aufladen von Prepaidkarten" können den Verkauf von Windkraftstoff im Sinne von aus Windenergie gewonnenem Strom zum Gegenstand haben.

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Die angemeldete Marke ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Beschwerde kann deshalb keinen Erfolg haben.

19

2. Ein Eingehen auf die von der Anmelderin genannten Voreintragungen ist nicht veranlasst (vgl. BGH GRUR 2012, 276, 277 Rn. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. m. w. N.).