Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.11.2013


BPatG 07.11.2013 - 30 W (pat) 518/12

Markenbeschwerdeverfahren – "SAFELINK" – Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
07.11.2013
Aktenzeichen:
30 W (pat) 518/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 5 MAbk Madrid
Art 6quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die IR-Marke IR 1 025 569

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Für die für die Waren der Klasse 9 „Radio-balises de localisation et de détresse“ international registrierte Marke IR 1 025 569

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SAFELINK

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wird für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland um Schutz nachgesucht.

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Die Markenstelle für Klasse 9 - Internationale Markenregistrierung - des Deutschen Patent- und Markenamts hat der IR-Marke durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes mit Beschluss vom 7. Februar 2012 den nachgesuchten Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines Freihaltebedürfnisses verweigert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, SAFELINK kombiniere in sprachüblicher Weise die zwei englischen Begriffe „safe" und „link". In dieser Wortfolge seien die Begriffe geeignet, die so gekennzeichneten Waren „radio-balises de localisation et de détresse" (Notfallabstrahlungen zum Zwecke der Positionsbestimmung bzw. Ortsbestimmung) im Sinne einer Sach- und Qualitätsangabe dahingehend zu beschreiben, dass sie immer eine sichere Verbindung böten bzw. eine solche darstellten. Das Adjektiv „safe" gehöre mit der Bedeutung „sicher, zuverlässig" zum englischen Grundwortschatz. „Link" habe in der Telekommunikationstechnik die Bedeutung „Verbindung", „Anbindung", „Anschluss", „(Übertragungs-)Strecke" oder „Übertragungsabschnitt". Für die von den beanspruchten Waren angesprochenen Verkehrskreise aus dem Bereich Wassersport oder Schifffahrt/Seefahrt ergebe sich zwanglos die Gesamtbedeutung „sichere Verbindung" oder „zuverlässige Anbindung", die mit der besonders zuverlässigen Funktionsweise eine ganz konkrete und verkehrswesentliche Eigenschaft der so gekennzeichneten Waren positiv herausstellten. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren seien die für den Markenbestandteil „LINK“ auch möglichen Übersetzungen im Sinne von „Kante", „Kulisse" oder „Zusammenhang" nicht nahe liegend. Auch in semantischer Hinsicht wirke die Wortfolge „SAFELINK“ für die inländischen Verkehrskreise nicht ungewöhnlich.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der IR-Markeninhaberin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, SAFELINK sei für die beanspruchten Waren „Radarbojen zur Positionsbestimmung in Notfällen“ unterscheidungskräftig. Die von der Markenstelle zugrunde gelegte Bedeutung sei aus Sicht des deutschen Verbrauchers nicht naheliegend. Für diesen bedeute „Safe“: „Tresor“ oder „Schließfach“ und erst in zweiter Linie „sicher“. „Link“ habe eine Vielzahl von Bedeutungen: über „Verbindung“, „Kante“, „Kulisse“ bis zu „Zusammenhang“. Für die von der Markenstelle angenommene Bedeutung wäre „secure connection“ naheliegender. Eine „sichere Verbindung“ stehe bei den beanspruchten Waren auch nicht im Vordergrund. Es gehe nicht um eine dauerhafte Verbindung, sondern nur um die Möglichkeit einer Positionsbestimmung. Für den Kunden sei eine „sichere“ Verbindung nicht relevant, vielmehr nur, dass überhaupt eine Verbindung, eine längere Reichweite bestehe. Ob die Verbindung nach Verbindungsaufbau kurzzeitig wieder unterbrochen werde, sei für derartige Produkte nicht relevant. Im Hinblick auf Entscheidungen des Bundespatentgerichts, in denen Begriffskombinationen mit den Wörtern „link“ bzw. „safe“ für eintragbar gehalten worden seien, und auf die Eintragung von „SAFELINK“ als Gemeinschaftsmarke EM 1 898 386, wenngleich für andere Waren, könne ein Schutzhindernis nicht angenommen werden.

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Sie beantragt,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 9 - Internationale Registrierung - vom 7. Februar 2012 aufzuheben.

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Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet.

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Der Schutzerstreckung der international registrierten Marke SAFELINK auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht das absolute Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle zu Recht und mit zutreffender Begründung nach den §§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1 MarkenG i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6quinquies Abschnitt B Nr. 2 PVÜ den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert hat.

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1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 8 Rn. 265). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 30, 31 - Chiemsee; GRUR 2004, 674, Rn. 56 - Postkantoor). Hierbei schließt § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG alle Beschaffenheitsangaben vom Schutz aus und betrifft nicht nur solche, die wichtige Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beschreiben (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 323 m. w. N.).

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Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren bzw. durchschnittlichen Auftraggebers der Dienstleistungen als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 29 - Chiemsee; GRUR 2006, 411, Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla). Durch die Wortwahl „und/oder“ ist klargestellt, dass auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise für sich gesehen von ausschlaggebender Bedeutung sein kann.

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Maßgeblich ist in erster Linie der objektiv beschreibende Charakter des betreffenden Zeichens. Dabei kommt es in erster Linie auf die aktuellen Verhältnisse in dem Bereich der einschlägigen Waren bzw. Dienstleistungen an, jedoch ist auch das Allgemeininteresse an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren künftig beschreibende Verwendung zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 35 - Chiemsee; GRUR 2004, 674, Rn. 56 - Postkantoor). Ist die Eignung des Zeichens für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 30 - Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rn. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, Rn. 98 - Postkantoor).

14

Nach diesen Maßstäben besteht die IR-Marke SAFELINK ausschließlich aus einer Angabe, die eine Eigenschaft - und damit die Art und Beschaffenheit - der beanspruchten Waren der Klasse 9 „Radio-balises de localisation et de détresse”, also von „Leitstrahlsendern für Ortung und Notfälle“ beschreibt (vgl. www.dict.cc zu den Begriffen „localisation“ und „détresse“; www.dict.leo.org zu dem Begriff „radiobalise“), nämlich für „eine sichere Verbindung“ zu sorgen oder „sicher eine Verbindung“ herzustellen. Die Mitbewerber der IR-Markeninhaberin haben deshalb ein berechtigtes Interesse an der freien ungehinderten Verwendung dieser Angabe.

15

SAFELINK ist lexikalisch nicht nachweisbar, besteht aber erkennbar aus den Elementen „SAFE“ und „LINK“. „Safe“ kann in der englischen Sprache als Substantiv „Geldschrank“ oder „Safe“ und als Adjektiv „sicher“ (insbesondere auch in der Bedeutung „reliable“: „in safe hands“), „ungefährlich“ oder „unversehrt“ bedeuten (Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Auflage, Mannheim, 2005, CD-ROM; Langenscheidts Schulwörterbuch Englisch, 1986, S. 266). „Link“ stammt ebenfalls aus der englischen Sprache und ist als Substantiv das Wort für „Glied einer Kette“, „Bindeglied oder Verbindung“ (z. B. „radio link“: „Funkverbindung“) und als Verb für „verbinden“ (Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Auflage, Mannheim, 2005, CD-ROM; Langenscheidts Schulwörterbuch Englisch, 1986, S. 181). In die deutsche Sprache ist „Link“ als Kurzform von „Hyperlink“ im Sinne einer „Verknüpfung zu einem anderen Dokument“ und im Sinne einer „festen Kabelverbindung, die zwei Vermittlungsstellen miteinander verbindet“, eingegangen (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage, Mannheim, 2006, CD-ROM; Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Auflage, Mannheim, 2007, CD-ROM).

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In Zusammenschau mit den beanspruchten Waren der Klasse 9 „Radio-balises de localisation et de détresse” („Leitstrahlsender für Ortung und Notfälle“) liegt ein Verständnis als „sichere Verbindung“ nahe. Insoweit gehören die Worte „safe“ und „link“ zu dem selbst dem deutschen Durchschnittsverbraucher verständlichen Grundwortschatz der englischen Sprache. Weitere - bei lexikalischer Betrachtungsweise denkbare - mögliche Interpretationen der Begriffskombination SAFELINK (z. B. „Tresorverbindung“) liegen hingegen nicht nahe. Unter Hinweis auf eine weltweit sichere Verbindung zu Rettungsorganisationen beschreibt die IR-Markeninhaberin selbst beispielsweise ihr Produkt „KANNAD Safelink SOLO PLB“: „Die PLBs wurden entwickelt damit einzelne Personen im Notfall bzw. bei Gefahr, egal wo auf der Welt, auf sich aufmerksam machen können. Ganz ohne Kommunikationsmöglichkeit, alleine oder in der Gruppe, im Urlaub, beim Sport oder Hobby, immer wenn Sie sich in einer einsamen Gegend befinden, zu Wasser, an Land oder in der Luft, kommen Sie immer wieder auf die PLBs von Kannad zurück. Einmal aktiviert, sendet die PLB auf 406 MHz ein einmaliges Identifikationssignal über das internationale COSPAS-SARSAT Such- und Rettungssystem. Die Meldung wird dann schnell an die regionalen Such- und Rettungsgesellschaften weitergeleitet, die wiederum vor Ort schnell eingreifen können. (www.clown-versand.de/PDF/NWF2013/Kannad.pdf)“.

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Damit ist die IR-Marke geeignet, eine sehr wesentliche Eigenschaft der von der Marke beanspruchten Leitstrahlsender unmittelbar zu beschreiben, nämlich zur Ortung oder in Notfällen eine sichere oder zuverlässige Verbindung zu einem Leitstrahlempfänger (z. B. einer Rettungsorganisation) herzustellen; sie ist mithin freihaltebedürftig.

18

Die Fremdsprachigkeit der Zeichenelemente ändert daran nichts, zumal die beanspruchten Waren auch für am internationalen Handelsverkehr beteiligte Fachkreise bestimmt sind und es sich bei den Zeichenelementen um zum Grundwortschatz der Welthandelssprache Englisch gehörende Worte handelt (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. § 8 Rn. 396 und 401). Auch die Zusammenschreibung ist werbeüblich, da die Worte „SAFE“ und „LINK“ nicht nur klar erkennbar, sondern auch in einem erkennbar sinnvollen Zusammenhang aufeinander bezogen sind.

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2. Ein Eingehen auf die von der IR-Markeninhaberin genannten Voreintragungen ist nicht veranlasst (vgl. BGH GRUR 2012, 276, 277, Rn. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. m. w. N.). Dies gilt auch für die Eintragung von SAFELINK im Gemeinschaftsmarkenregister im Mai 2005 (EM 1 898 386), zumal es sich bei dem Recht der Gemeinschaftsmarke und dem deutschen Markenrecht um autonome Rechtskreise handelt.