Entscheidungsdatum: 17.11.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 036 657.8
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 17. November 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und der Richterin Hartlieb
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
nanoLine
soll - nach einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses - für folgende Waren und Dienstleistungen in das Markenregister eingetragen werden:
„Klasse 9: Elektrotechnische und elektronische Apparate, Geräte und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); elektrische Signal-, Mess-, Zähl-, Registrier-, Überwachungs-, Steuer-, Regel- und Schaltgeräte; elektrische und/oder programmierbare Dateneingabe-, -verarbeitungs-, -übertragungs-, -speicher- und -ausgabegeräte, insbesondere für speicherprogrammierbare Steuerungen; Teile der vorgenannten Apparate, Geräte und Instrumente; Computer, Computerbetriebsprogramme, Computerprogramme (soweit in Klasse 9 enthalten); Fernsteuerungsgeräte, Interfaces, Sender für elektrische Signale, insbesondere WLAN und WLAN Access Points; Modems; elektronische Schalter; Datennetze (kabellos oder kabelgebunden), insbesondere Ethernet, RS-232, RS-485, USB; Netzwerke (lokal oder global); Netzwerkkomponenten; Anschluss- und Verbindungselemente aus Metall und/oder Kunststoff für elektrische und elektronische Zwecke zur industriellen Verwendung; elektronische Komponenten und Geräte zur Signalumsetzung; für Signalumformung und Signal- und/oder Datenübertragung und programmierbare Automatisierungsgeräte, soweit in Klasse 9 enthalten; Apparate und Instrumente für die Starkstromtechnik, nämlich für die Leitung, Umwandlung, Speicherung, Regelung und Steuerung; Apparate und Instrumente für die Schwachstromtechnik, nämlich für die Nachrichten-, Hochfrequenz- und Regelungstechnik; Datenverarbeitungsgeräte; elektrische Abzweigdosen und -kästen sowie elektrische Anschlussdosen und -kästen; elektrische Anzeigegeräte; elektrische Messgeräte; elektrische Relais; elektrische Widerstände; elektrische Spannungs- und Stromwandler; elektrische Klemmen zum Anschluss und Verbindung von elektrischen Leitern, insbesondere Reihenklemmen, Doppelstockklemmen, Durchführungsklemmen, Hochstromklemmen, Installationsklemmen, schaltbare Klemmen, Schutzleiterklemmen, Sicherungsklemmen, Universalklemmen, Zugfederklemmen und auf Hutschienen aufrastbare Klemmen; Prüfzubehör, insbesondere Prüfstecker und Kurzschlussstecker; Zubehör für die Brückung elektrischer Klemmen; Zubehör für die Kennzeichnung elektrischer Klemmen; Markierungsmaterial für elektrische Klemmen, insbesondere Leiter- und Kabelmarkierungen; elektrische und/oder elektronische Verteiler und/oder Verteilerschaltungen; Hubs; Medienkonverter, Anzeigegeräte (elektrisch); elektrische Anlagen, insbesondere Datenverarbeitungsgeräte und Computer zur Fernsteuerung und/oder Diagnose industrieller Arbeitsvorgänge; Gehäuse für elektrische und/oder elektronische Anlagen, insbesondere aus Kunststoff; elektronische Publikationen (herunterladbar); Messgeräte (elektrisch); Messinstrumente; Sender und Empfänger für elektronische Signale; Stromwandler; Überwachungsapparate (elektrisch); Verteilerschränke (Elektrizität); Verteilertafeln (Elektrizität), soweit in Klasse 9 enthalten, Anschlussteile für elektrische Leitungen, elektrische Anschlussteile, Ausgabeautomaten, alle vorgenannten Waren für die industrielle Automatisierungstechnik und mit Abmessungen der Waren selbst sowie ihrer Komponenten und Oberflächenstruktur im Mikrometerbereich oder größer.
Klasse 16: Handbücher; Ordner; Mappen; Kataloge; Broschüren; Druckerzeugnisse zu Werbe- und Präsentationszwecken; Kataloge und bedrucke Hüllen und Verpackungen wie z. B. Kartons und Kartonagen, soweit in Klasse 16 enthalten, alle vorgenannten Waren mit Abmessungen ihrer Oberflächenstrukturen im Mikrometerbereich oder größer.
Klasse 42: Aktualisieren von Computer-Software; technische Beratung; Installieren von Computerprogrammen; Aufstellung, Wartung und Reparatur von Computer-Hardware; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere für speicherprogrammierbare Steuerungen; technische Projektplanungen; Design und Aktualisieren von Computer-Software, Wartung von Computer-Software, alle vorgenannten Dienstleistungen im Bereich der industriellen Automatisierungstechnik.“
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung - auf der Grundlage des ursprünglich eingereichten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Kombination setze sich erkennbar aus dem Bestandteil „nano“, der als Maßeinheit für den milliardsten Teil der Einheit (gleichbedeutend mit sehr klein) stehe und sich als Vorsilbe als Hinweis auf die Verwendung von Nanotechnologie entwickelt habe, und dem Bestandteil „Line“ als Bezeichnung für eine „Produktserie“ zusammen. Der angesprochene Verkehr werde in der Gesamtkombination in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur einen Sachhinweis auf eine (Produkt-)Serie sehen, die auf der Nanotechnologie basiere, bei der Nanotechnologie angewandt werde bzw. die für die Nanotechnologie bestimmt sei oder sich damit befasse. Mit Nanotechnologie werde ein breites Spektrum von neuen Querschnittstechnologien mit Werkstoffen, Bauteilen und Systemen benannt, deren Funktion und Anwendung auf den besonderen Eigenschaften nanoskaliger Größenordnung beruhe. Die Technologie werde quer durch Branchen und Industriezweige für unterschiedlichste Anwendungen genutzt. So gebe es Nanomaterialien, Nanooptik, Nanoelektronik, Nanobiotechnologie, Nanomesstechnik, Nanoprozesstechnik. Auch im vorliegenden Waren- und Dienstleistungsbereich werde die Nanotechnologie genutzt. Die Markenstelle nennt insbesondere Belege zum Bereich Computer, Elektronik, Halbleiter-Bauelemente.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es handle sich bei „nanoLine“ um eine neue Wortschöpfung, die für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen Sinn ergebe. „Nano“ sei lediglich eine Größenangabe ohne jede weitere Bedeutung. Die hier beanspruchten Waren lägen nicht in Nanostrukturen vor. Die Größenangabe „nano“ in Verbindung mit dem Bestandteil „Line“ für „Produktlinie“ ergebe keinen Sinn, zudem sei die Zusammenschreibung mit Binnengroßschreibung nicht sprachregelgerecht. Zu berücksichtigen sei auch, dass „line“ eine Vielzahl von Bedeutungen habe; wegen der Mehrdeutigkeit und Unschärfe dieses Bestandteils eigne sich „nanoLine“ nicht zur Beschreibung.
Die Anmelderin hat im Beschwerdeverfahren das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt hinsichtlich der Waren der Klasse 9 wie folgt:
„alle vorgenannten Waren für die industrielle Automatisierungstechnik und mit Abmessungen der Waren selbst sowie ihrer Komponenten und Oberflächenstrukturen im Mikrometerbereich oder größer“;
hinsichtlich der Waren der Klasse 16 wie folgt:
„alle vorgenannten Waren mit Abmessungen ihrer Oberflächenstrukturen im Mikrometerbereich oder größer“;
hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 42 wie folgt:
„alle vorgenannten Dienstleistungen im Bereich der industriellen Automatisierungstechnik“.
Die Einschränkung stelle klar, dass die angemeldeten Waren der Klasse 9 keine Nanostrukturwaren seien, keine Komponenten aufwiesen, die auf Nanotechnologie beruhten und mit keiner Nanobeschichtung versehen seien. Durch die Zweckbindung der Waren für die industrielle Automatisierungstechnik werde außerdem ein technischer Einsatzbereich definiert, der keine Beziehung zum Bereich der Nanotechnologie aufweise. Auch für die Waren der Klasse 16 werde durch die Einschränkung klargestellt, dass es sich nicht um „Nano-Waren“ handle, da sie mit keiner Nanobeschichtung versehen seien. Durch die Beschränkung der Dienstleistungen der Klasse 42 werde klargestellt, dass die Dienstleistungen nur in einem solchen technischen Gebiet gemeint seien, das keine Verbindung zur Nanotechnologie aufweise. Mit der Beschränkung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei daher ein beschreibender Gehalt nicht mehr festzustellen.
Die Anmelderin beantragt - auf der Grundlage des neuen eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses - sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist auch auf der Grundlage des eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für diese angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi (Vorsprung durch Technik); GRUR 2006, 220 Rn. 27 - BioID; BGH GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 138 Rn. 23 - ROCHER-Kugel; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; MarkenR 2004, 39 - City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608 - EUROHYPO; MarkenR 2004, 99 - Postkantoor; BGH GRUR 2009, 411 - STREETBALL).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann (BGH GRUR 2005, 417, 418 - Berlin Card; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch) oder wenn es sich um Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2009, 411 Rn. 9 - STREETBALL; GRUR 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 1998, 465, 468 - Bonus). Weiter fehlt solchen Angaben die erforderliche Unterscheidungskraft, bei denen es sich um ein geläufiges und alltägliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 38 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2001, 735 - Test it; a. a. O. - City Service).
Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BGH von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor).
2. Die angemeldete Wortmarke erfüllt nach den obengenannten Grundsätzen selbst diese geringen Anforderungen nicht, da sie eine Sachaussage beinhaltet, die sich ausschließlich in der Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erschöpft (vgl. BGH a. a. O. - marktfrisch), und zwar auch in der von der Anmelderin beschränkten Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses.
a) Die angemeldete Marke setzt sich - durch die Verwendung der Binnengroßschreibung deutlich erkennbar - aus den beiden Bestandteilen „nano“ und „line“ zusammen. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 - BioID).
Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, bezeichnet „nano“ (abgeleitet vom griechischen Wort „nanos“ für „Zwerg, zwergenhaft“) bei Maßeinheiten den milliardsten Teil einer Einheit und wird daher gleichbedeutend mit sehr klein und zudem als Hinweis auf die Anwendung von Nanotechnologie verwendet. Wie aus dem der Anmelderin übersandten Ergebnis einer Internetrecherche ersichtlich, sind dem Verkehr zahlreiche Zusammensetzungen mit dem Bestandteil „nano“ geläufig, in denen dieser nicht vorrangig als Größenangabe verwendet wird, sondern insbesondere auf die sog. Nanotechnologie hinweist, z. B. in den Bereichen „Nanooptik, Nanoelektronik, Nanobiotechnologie, Nanomesstechnik“ (vgl. „Was ist Nanotechnologie?“ unter www.nano.fraunhofer.de). Des Weiteren finden die Begriffe „Nanomaterialien, Nanopartikel, Nanoanalytik, Nanobeschichtung, Nanoanwendungen, Nanowelt“ Verwendung (vgl. „Nanopartikel - kleine Dinge, große Wirkung“ unter www.bmbf.de/pub…; „Nanomaßstäbe“ unter www.oeko.de; „Nanobeschichtung“ in Nano Lexikon unter www.nano-line.de; „Multiprotect - Ein Forschungsprojekt für Nanotechnologie im Korrosionsschutz“ unter www.chemie.de).
Der weitere Wortbestandteil „line“ bedeutet im technischen Bereich „Baureihe, Bauserie, elektrische Leitung“ (vgl. LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org). In Verbindung mit dem allgemeinen Begriff Nano(technologie) steht im vorliegenden Fall die Bedeutung Baureihe im Sinne von Produktlinie im Vordergrund (vgl. BGH GRUR 1996,68 - COTTON LINE; GRUR 1998, 394 - Active Line; BPatG GRUR 1996, 883, 884 - BLUE LINE; 32 W (pat) 154/96 - ecoLINE; 32 W (pat) 157/96 - TOPLINE).
b) „nanoLine“ bedeutet daher „Nano-Baureihe“, „Nano(technologie)produktlinie“ oder auch „sehr kleine Produktlinie“ und ist entsprechend den bereits geläufigen Zusammensetzungen mit den Bestandteilen „nano“ und „line“ sprachüblich gebildet. In diesem Sinne werden sowohl die allgemeinen Verkehrskreise wie auch der fachlich informierte Verkehr die angemeldete Marke „nanoLine“ ohne weiteres verstehen. Der Verkehr ist in der Werbesprache an neue und auch schlagwortartige Wortkombinationen - gerade in englischer Sprache und teils in verkürzter Form - gewöhnt, weshalb sich ihm der Sinngehalt von „nanoLine“ zwanglos erschließt. Entgegen der Ansicht der Anmelderin kommt es bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht darauf an, ob die Marke eine Neuschöpfung darstellt oder ob sie bereits im Verkehr verwendet wird oder lexikalisch nachweisbar ist. Das gilt um so mehr, als der Verkehr daran gewöhnt ist, in der Werbung ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden. Ebenso ist bekannt, dass sich solche Kreationen nicht an grammatikalischen Regeln oder einem ausgeprägten Stilempfinden orientieren. Demnach können auch bisher noch nicht verwendete oder grammatikalisch fehlerhafte, aber gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus als solche erkannt und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werden (vgl. BGH a. a. O. - marktfrisch; BPatG GRUR 1996, 489 - Hautactiv).
Im Zusammenhang mit den von der Anmelderin beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die sämtlich zum technischen Bereich zählen, entnimmt der Verkehr einer entsprechenden Kennzeichnung dieser Waren und Dienstleistungen keinerlei betrieblichen Hinweis, sondern bezieht sie ausschließlich auf deren Art oder Gegenstand bzw. Verwendung oder Bestimmung. „nanoLine“ gibt daher nur einen Sachhinweis auf eine Serie sehr kleiner Produkte oder wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, nur einen Sachhinweis auf eine (Produkt-)Serie, die auf der Nanotechnologie basiert bzw. bei der Nanotechnologie angewandt wird bzw. die für die Nanotechnologie bestimmt ist oder sich damit befasst.
c) Das Schutzhindernis einer beschreibenden nicht unterscheidungskräftigen Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wird dabei nicht durch die von der Anmelderin im Beschwerdeverfahren vorgenommene Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ausgeräumt.
Unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit kann die einschränkende Angabe der Zweckbestimmung „für die industrielle Automatisierungstechnik“ für die Waren der Klasse 9 sowie „im Bereich der industriellen Automatisierungstechnik“ für die Dienstleistungen der Klasse 42 im vorliegenden Fall nicht von einer beschreibenden Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung „nanoLine“ wegführen. Industrielle Automatisierungstechnik beschäftigt sich mit dem automatisierten Betrieb von Maschinen und Anlagen in der Industrie. Auch in diesem Bereich können grds. Maschinen und Anlagen eingesetzt werden, die unter Anwendung von Nanotechnologie hergestellt sind, mit Nanotechnologie arbeiten bzw. für deren Anwendung bestimmt sind; die beanspruchten Dienstleistungen können sich hierauf beziehen.
Die einschränkende Angabe „mit Abmessungen der Waren selbst sowie ihrer Komponenten und Oberflächenstrukturen im Mikrometerbereich oder größer“ für die Waren der Klasse 9 bzw. „alle vorgenannten Waren mit Abmessungen ihrer Oberflächenstrukturen im Mikrometerbereich oder größer“ für Waren der Klasse 16 schließt - lediglich in positiver Weise formuliert - diejenigen Waren aus, die sich entweder von ihrer Größe her im Nanobereich bewegen oder deren Oberflächenstruktur im Nanobereich gestaltet ist und die damit im Zusammenhang mit Nanotechnologie stehen. Auch die positive Formulierung einer Eigenschaft einer Ware (hier: Abmessung im Mikrobereich oder größer) stellt im Ergebnis einen Ausnahmevermerk hinsichtlich eines bestimmten sich daraus ergebenden Warenmerkmals (hier: Nanogröße) dar, da von den angemeldeten Waren jeweils solche ausgenommen werden, die im Zusammenhang mit Nanotechnologie stehen.
Der einschränkende Zusatz enthält damit keine durchwegs gegenständliche Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, sondern nimmt die unter die beanspruchten Oberbegriffe fallenden Waren teils nur insoweit vom Schutzumfang der Marke aus, als sie ein bestimmtes Merkmal aufweisen, nämlich soweit sie nach ihrer Größe oder Oberflächenstruktur zum Nanobereich zählen und damit im Zusammenhang mit Nanotechnologie stehen.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es aber nicht zulässig, eine für bestimmte Waren und Dienstleistungen beantragte Marke nur insoweit einzutragen, als die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes, mit der angemeldeten Bezeichnung gerade beschriebenes Merkmal nicht aufweisen. Dies würde zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfangs des Markenschutzes führen. Dritte - insbesondere Konkurrenten - wären im Allgemeinen nicht darüber informiert, dass sich bei bestimmten Waren oder Dienstleistungen der durch die Marke verliehene Schutz nicht auf diejenigen Waren oder Dienstleistungen erstreckt, die ein bestimmtes Merkmal aufweisen, und könnten so dazu veranlasst werden, bei der Beschreibung ihrer eigenen Produkte auf die Verwendung der Zeichen oder Angaben zu verzichten, aus denen die Marke besteht und die dieses Merkmal beschreiben (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 110 f. (Nr. 114 - 117) - KPN/Postkantoor). Aufgrund der damit begründeten Rechtsunsicherheit über den Umfang des Markenschutzes ist eine solche Einschränkung daher unzulässig.
Es kann daher im Weiteren dahingestellt bleiben, ob infolge der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses möglicherweise - auch - das absolute Schutzhindernis einer täuschenden Marke i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG begründet worden ist, weil die durch die Bezeichnung „nanoLine“ beim Verkehr hervorgerufene Vorstellung einer Inhalts- bzw. Themenangabe nicht (mehr) der tatsächlichen Beschaffenheit oder Bestimmung der angemeldeten Produkte und Dienstleistungen entsprechen kann.
d) Entgegen der Ansicht der Anmelderin kann „nanoLine“ hinsichtlich aller beanspruchten Waren eine Sachangabe zu Beschaffenheit und Bestimmung sein, da alle in sehr kleiner Größe angeboten werden können oder im Zusammenhang mit Nanotechnologie stehen können. Wie aus der Internetrecherche ersichtlich, findet die Nanotechnologie in den unterschiedlichsten Bereichen vielfältige Anwendung.
Die Verwendung von Nanomaterialien wurde z. B. für neue Lithiumakkus beschrieben, die über eine höhere Energiespeicherdichte verfügen. Genannt wurde als Einsatz von Nanopartikeln auch die Beschichtung medizinischer Instrumente mit antibakteriellem Silber, Nano-Sensoren oder Nanomembranen finden in der Lebensmitteltechnik Anwendung. Die Nanotechnologie fordert zudem das notwendige Instrumentarium zur Kontrolle (sog. Nanoanalytik; vgl. „Nanopartikel - kleine Dinge, große Wirkung“ unter www.bmbf.de/pub…). Ein großer Anwendungsbereich für Nanomaterialien ergibt sich in der Oberflächenbeschichtung, da chemische Nanotechnologie es ermöglicht, „hauchdünne Korrosionsschutzschichten mit zusätzlichen Funktionen auszustatten. Die Oberflächen sind erstmals transparent, können also die natürliche Metalloptik wirken lassen, sie können hohe Gleitfähigkeit besitzen, schmutzabweisend, selbstreinigend oder ähnlich kratzfest wie Glas sein“ (vgl. „Multiprotect - Ein Forschungsprojekt für Nanotechnologie im Korrosionsschutz“ unter www.chemie.de). Nanotechnologie wird auch in der Elektronikbeschichtung verwendet, so schützt sie Lackflächen z. B. von Überwachungssystemen, Schaltschränken, Leiterplatten, Prozesssteuerungen, Geräten zuverlässig vor Feuchtigkeit, Meersalz und damit vor Korrosion. Die Beschichtung ist für alle Materialien möglich und bietet auch Schutz vor bloßer Verschmutzung. Sie schützt auch Lötverbindungen (vgl. „Nano-Technologie in der Elektronikbeschichtung“ unter www.ovedi.de). Nanotechnologie ist für viele Bereiche der metallverarbeitenden Industrie bedeutsam wie für die Mikroelektronik, den Schiffs-und Flugzeugbau, die Architektur und den Maschinen- sowie Anlagenbau (vgl. „Nanocontainer heilen Korrosion“ in „Das Wissensmagazin“ unter www.scinexx.de).
Werden daher die in Klasse 9 beanspruchten Waren mit dem angemeldeten Zeichen „nanoLine“ gekennzeichnet, wird der Verkehr davon ausgehen, dass es sich um eine Baureihe von Produkten handelt, die auf der Anwendung von Nanotechnologie beruhen oder für die Verwendung im Zusammenhang mit Nanotechnologie vorgesehen sind. Damit werden jedoch nur die Beschaffenheit und der Verwendungszweck des Produktes, nicht hingegen seine Herkunft aus einem bestimmten Betrieb bezeichnet. Der Verkehr wird den angemeldeten Begriff daher als bloßen Sachhinweis auffassen. Hinsichtlich der Waren der Klasse 16 kann „nanoLine“ als bloße Angabe zu Inhalt oder Thema verstanden werden. Die beanspruchten Dienstleistungen können sich hierauf beziehen bzw. sich inhaltlich-thematisch hiermit beschäftigen. Dieser inhaltsbezogene Sachaussagegehalt der angemeldeten Bezeichnung erschließt sich dem Verkehr auch sofort und ohne analysierende Zwischenschritte.
3. Weist das Zeichen in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen bereits keine Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die angemeldete Bezeichnung insoweit auch eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.