Entscheidungsdatum: 10.08.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 228 066.6
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
Zahnhaus
ist am 5. Oktober 2016 bei dem Deutschen Patent- und Markenamt als Marke für die Waren und Dienstleistungen der
„Klasse 10: Prothesen aus hochfestem Porzellan zur Befestigung an der Zahnbeinstruktur; Prothesen aus hochfestem Porzellan zur Befestigung an der Zahnschmelzstruktur; Prothesen für zahnärztliche Zwecke; Zahnbrücken; Zahnersatz; Zahnkappen; Zahnkronen; Zahnmedizinische Beißschienen; Zahnonlays; Zahnprothesen; Zahnschienen; Zahnstifte
Klasse 40: Dienstleistungen eines Zahntechnikers; Kundenspezi-fische Anfertigung von Zahnprothesen; Spezialanfertigung von Zahnprothesen und Zahnersatz
Klasse 44: Beobachtung von Patienten; Beratungen in Bezug auf Zahnmedizin; Bleaching der Zähne; Dienste eines Zahnarztes; Dienstleistungen eines Zahnarztes; Individuelle medizinische Beratung für Patienten; Kosmetische Zahnbehandlungen; Medizinische Analysedienstleistungen in Zusammenhang mit der Behandlung von Patienten; Zahnmedizinische Dienstleistungen; Zahnärztliche Beratung; Zahnärztliche Betreuung; Zahnärztliche Dienstleistungen; Zahnärztliche Schmerzbehandlung [Sedierung]“
angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2016 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 44 die Anmeldung wegen Schutzhindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Wortmarke bestehe aus der sprachüblich gebildeten und allgemein verständlichen Bezeichnung Zahnhaus, die nach den Ergebnissen einer Internetrecherche von vielen Zahnärzten anstatt der üblichen Bezeichnung "Zahnarztpraxis" benutzt werde. Aufgrund der maßgeblichen Bezeichnungsgewohnheiten sehe der Verkehr in dem Markenwort daher lediglich eine beschreibende Sachangabe, die darauf hinweise, dass dort, in einem Zahnhaus, Dienstleistungen aus dem Bereich der Zahnmedizin erbracht bzw. damit in Zusammenhang stehende Waren angeboten würden. Daher sei das Anmeldezeichen nicht geeignet, die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen bezüglich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zudem bestehe ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt, zu der er jedoch weder einen konkreten Antrag gestellt noch eine Begründung eingereicht hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
A. Die Beschwerde ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 MarkenG zulässig. Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist ein konkreter Antrag nicht erforderlich. Fehlt ein Antrag, muss von einer Anfechtung des Beschlusses in vollem Umfang ausgegangen werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 66 Rn. 41).
B. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg, da es der angemeldeten Wortmarke Zahnhaus in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) - Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - foryou; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).
Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2014, 1204, 1205, Nr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2014, 1204, 1205, Nr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143, 1144, Nr. 9 - Starsat; GRUR 2010, 1100, Nr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
2. Ein solcher, die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließender enger beschreibender Bezug ist auch vorliegend gegeben.
Übliche Bezeichnungen von Vertriebs- und Angebotsstätten (wie vorliegend das Zeichenelement „-haus“) stehen in einem engen sachlichen Bezug zu den dort verkauften Waren oder erbrachten Dienstleistungen und werden deshalb nicht als unterscheidungskräftige Marken im Sinne konkreter betrieblicher Herkunftshinweise aufgefasst (vgl. EuGH GRUR 2010, 534 (Nr. 44) - PRANAHAUS (in Bestätigung von EuG GRUR Int. 2008, 1040 (Nr. 35) - PRANAHAUS; BGH GRUR 2012, 272 (Nr. 14, 15) - Rheinpark Center Neuss; vgl. auch m. w. N. aus der Rspr. des BPatG Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 86).
Im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang wird das sprachüblich aus einfachen und allgemein verständlichen Wörtern der deutschen Sprache zusammengesetzte Anmeldezeichen Zahnhaus von den angesprochenen Verkehrskreisen auf Anhieb als allgemeine Bezeichnung eines Ortes verstanden, an dem die zahnmedizinischen Waren der Klasse 10 vertrieben sowie die zahntechnischen bzw. zahnmedizinischen Dienstleistungen der Klassen 40 und 44 erbracht werden. In diesem Sinne wird das Zeichen auch bereits vielfach verwendet.
Das Anmeldezeichen erschöpft sich somit in einem gängigen Hinweis auf den Vertriebsort sowie die Art der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Damit kann der Marke aber nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zugesprochen werden.
3. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.