Entscheidungsdatum: 25.07.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 058 614.4
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
STARTECH
ist zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der
„Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Schnittstellengeräte und -programme für Computer;
Klasse 35: Dienstleistungen des Einzel-/Großhandels mit folgenden Waren: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Magnetaufzeichnungsträger, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Schnittstellengeräte und -programme für Computer“
angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes mit Beschluss vom 2. Januar 2012 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen und offengelassen, ob darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis anzunehmen sei. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen sei erkennbar aus den geläufigen Wörtern „STAR“ und „TECH“ gebildet. „STAR“ stelle eine zur Anpreisung der Spitzenstellung einer Ware oder Dienstleistung gebräuchliche Qualitätsangabe im Sinne von „top, super, Spitze“ dar. „TECH“ sei eine geläufige Abkürzung für „technology“ bzw. „Technik, Technologie“ und im Deutschen durch den Begriff „High Tech“ oder „Hightech“ allgemein bekannt. Der angesprochene Verkehr werde in der Begriffskombination im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten nur einen werbeanpreisenden Hinweis auf Spitzentechnik/Spitzentechnologie bzw. damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen sehen. In ihrer Kombination ergänzten sich die Begriffe begrifflich sinnvoll und terminologieüblich zu einem sprachregelgerecht gebildeten Gesamtbegriff. Als unmittelbar beschreibende Angabe sei das Anmeldezeichen nicht geeignet, auf die Herkunft der so gekennzeichneten Produkte hinzuweisen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. In der mündlichen Verhandlung hat er ausgeführt, die Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens ergebe sich aus der nicht sprachüblichen Zusammenstellung der - auch nach seiner Auffassung jeder für sich betrachtet: beschreibenden - Elemente „STAR“ und „TECH“.
Er beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 9, vom 2. Januar 2012 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 611, Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2013, 731, Rn. 11 - Kaleido; GRUR 2010, 825, 826, Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230, Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611, Rn. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rn. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2010, 825, 826, Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411, Rn. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779, Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 f., Rn. 10 - My World; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rn. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826, Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rn. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143, 1144, Rn. 9 - Starsat; GRUR 2012, 270, 271, Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).
2. Nach diesen Grundsätzen fehlt dem zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, dass die - wie vom Anmelder zugestanden aus den jeweils beschreibenden Elementen „STAR“ und „TECH“ gebildete - Anmeldung für das angesprochene deutsche Publikum ohne weiteres als Hinweis auf „Spitzentechnologie“ verstanden wird.
„Star“ ist ursprünglich der englischen Sprache zuzuordnen und bezeichnet dort u. a. einen Stern, also u. a. einen Himmelskörper (als Objekt wissenschaftlicher Untersuchung) oder ein sternförmiges Zeichen zur qualitativen Einstufung von etwas (besonders von Hotels, Restaurants). „STAR" wird in der deutschen Geschäfts- und Werbesprache im übertragenen Sinn als Substantiv für ein Wertversprechen verwendet, einen Höhepunkt, einen Renner (z. B. „Der neue Star unter den Kopierern.“, „Der Star am Computer-Himmel“ vgl. Wörterbuch der Werbesprache, 1. Auflage, 1991 zum Eintrag „STAR“), wie auch die nachfolgenden, dem Anmelder übersandten, Beispiele zeigen, in denen „Star“ (teilweise) auch im redaktionellen Bereich in den Medien im positiven Sinn als Hinweis auf eine Sonderstellung gegenüber konkurrierenden Produkten verwendet wird: „Der Star unter den Edel-Mobilen ist zweifellos Volkners Performance II.“(www.focus.de vom 27. August 2012), „Ein Star unter den Kombi-Solaranlagen - Unabhängiger Heizen mit …“ (aus dem Internetauftritt eines Solaranlagenherstellers, www.veltum.de), „Der Star unter den Éclairs“ als Hinweis auf ein herausragendes Gebäck eines Pariser Delikatessenladens (www.nespresso.com), „Der Star unter den Taxi-Apps …“ (http://www.austrosoft.at/201202_Taxiaktuell.pdf) oder „Der künftige Star unter den Bakterien“ als Hinweis auf ein besonderes Bakterium (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Dezember 2009). Von einem solchen Verständnis ist auch hier auszugehen. Anders als in dem der Starsat-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2012, 1143 - Starsat) zugrundeliegenden Fall, wo ein Verständnis von „Star“ in „Starsat“ als „Stern“ im Sinne eines Himmelskörpers wegen der Kombination mit dem weiteren Zeichenbestandteil „sat“ als Abkürzung von „Satellit“ in seiner Bedeutung eines Raumflug- oder Himmelskörpers in Betracht zu ziehen war, ergibt sich ein Verständnis von „STAR“ im Sinne eines Sterns als Himmelskörper vorliegend weder aus dem weiteren Element des Anmeldezeichens noch aus der Art der beanspruchten Produkte, die keinen primären Bezug zum Weltraum haben.
„Tech“ ist eine gebräuchliche Abkürzung für „Technologie“ (Duden, Das Wörterbuch der Abkürzungen, 2011, S. 387).
Die von den beanspruchten technischen Waren und darauf bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen angesprochenen Fachkreise und Endverbraucher werden STARTECH damit lediglich als werbeanpreisenden Hinweis auf eine „Spitzentechnik, Spitzentechnologie, Toptechnik oder Toptechnologie“ verstehen. Als Werbeaussage allgemeiner Art ist sie nicht unterscheidungskräftig (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 8 Rn. 174).
Zwar ist nicht ersichtlich, dass STARTECH auch in dieser konkreten Zusammensetzung im genannten Sinn bereits anpreisend verwendet wird. Ein solcher Nachweis ist jedoch nicht erforderlich (EuGH GRUR 2004, 1027, Rn. 37 - 47 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 107). Auch verkennt der Senat nicht, dass ein Zeichen, dessen Einzelelemente bei isolierter Betrachtung - wie hier - beschreibend sind, in seiner Gesamtheit Unterscheidungskraft erlangen kann, wenn der durch die Kombination entstandene Eindruck hinreichend weit von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenfügung seiner Bestandteile entsteht (vgl. EuGH MarkenR 2007, 204, Rn. 78 - CELLTECH; GRUR 2006, 229, 230, Rn. 29 - BioID). Ein beschreibender Sinngehalt eines Begriffs kann nämlich im Einzelfall durch eine hinreichend fantasievolle Wortbildung soweit überlagert sein, dass dem Zeichen in seiner Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abzusprechen ist (vgl. z. B. BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; BPatG GRUR 1997, 639, 640 - FERROBRAUSE; BPatG 32 W (pat) 50/05 - linguadict; 24 W (pat) 124/06 - derma fit; 24 W (pat) 95/07 - Heliocare). Im Allgemeinen verbleibt es allerdings dabei, dass die bloße Kombination von beschreibenden Bestandteilen aus dem beschreibenden Charakter der Gesamtbezeichnung nicht herausführt (EuGH GRUR 2004, 680, 681, Rn. 39 - BIOMILD). Im Hinblick darauf, dass sich STARTECH für die beteiligten Verkehrskreise erkennbar an „Hightech“ anlehnt, liegt eine Interpretation des Gesamtzeichens STARTECH als Hinweis auf eine „Spitzentechnologie“ jedoch auf der Hand. Auch in seiner Gesamtheit kann es deshalb nicht als sprachunüblich gebildet gewertet werden.
Nach alledem werden die angesprochenen Verkehrskreise STARTECH lediglich als anpreisenden Qualitätshinweis für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bewerten und darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen. Die Marke kann damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen. Sie ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt.
3. Dass das HABM dem Anmeldezeichen entsprechende Wortmarken zumindest bis in das Jahr 2008 hinein als Gemeinschaftsmarken für schutzfähig erachtet hat, ist nicht relevant (vgl. BGH GRUR 2012, 276, 277, Rn. 18 - Institut der norddeutschen Wirtschaft m. w. N.).