Entscheidungsdatum: 07.03.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 077 337.5
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Mai 2009 und vom 19. Januar 2011 aufgehoben, soweit darin die Anmeldung für die Ware „Parfümeriewaren“ zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Zur Eintragung in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden ist die Bezeichnung
CELL REFILL
für die Waren und Dienstleistungen
„Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel; Schulung und Fortbildung von Fachpersonal auf dem Wellness-Sektor, insbesondere auf dem Kosmetiksektor, auf dem Gebiet der Körper- und Schönheitspflege und auf dem Sektor der Ernährungsberatung; Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Konferenzen, Symposien, Seminaren, Kolloquien auf dem Wellness- und Life-Style-Sektor, insbesondere auf dem Kosmetiksektor, auf dem Gebiet der Körper- und Schönheitspflege und auf dem Sektor der Ernährungsberatung; Demonstrationsunterricht auf den voranstehend genannten Gebieten, insbesondere auf dem Sektor der Kosmetik, der Körperpflege und der Ernährungsberatung; Dienstleistungen eines Lifestyle- und Wellness-Beraters; Beratung in der Pharmazie; Gesundheitsberatung; Ernährungsberatung, ernährungswissenschaftliche Beratung; Gesundheits- und Schönheitspflege; Dienstleistungen einer Kosmetikerin sowie eines Kosmetikers; Betrieb eines Kosmetikinstituts; Betrieb eines Instituts mit Wellness- und SPA-Bereichen“.
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Eintragung unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid versagt, weil die beanspruchte Marke als beschreibende Angabe einem Freihaltungsbedürfnis unterliege und jeder Unterscheidungskraft entbehre (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG). In der deutschen Bedeutung „Zelle auffüllen, Nachfüllung der Zelle“ sei die Angabe lediglich ein Hinweis darauf, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen dazu verwendet werden könnten, den Körperzellen wieder wichtige Substanzen zuzuführen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält mit näheren Ausführungen Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht für gegeben. Sie hat dazu ausgeführt, bei ihrer „CELL REFILL“-Pflegecreme handele es sich selbstredend um ein Produkt, welches die Hautzellen des Anwenders wieder auffülle, um dadurch das Hautbild wieder straffer erscheinen zu lassen. Gerade die schlagwortartige Darstellung der Wirkungsweise der Creme in der Produktbezeichnung mache die beiden vermeintlich allgemein beschreibenden Begriffe „CELL“ und „REFILL“ zu einem wesentlichen Unterscheidungsmerkmal. Im Bereich der Kosmetik sei die Kennzeichnung bestimmter Produktlinien und Produkte mit schlagkräftigen allgemeinen Begriffen üblich. Die Anmelderin hat sich ferner auf Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „CELL“ bezogen. In der mündlichen Verhandlung hat sie ferner darauf hingewiesen, dass ein Auffüllen der Zellen nicht stattfinde, hierfür vielmehr Produkte wie Botox oder Hyaluron zum Einsatz kämen.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache im aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, da Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG insoweit nicht bestehen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet; die angemeldete Marke ist wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 265). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 30, 31 - Chiemsee; GRUR 2004, 674 Rdn. 56 - Postkantoor). Hierbei schließt § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG alle Beschaffenheitsangaben vom Schutz aus und betrifft nicht nur solche, die wichtige Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beschreiben (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 323 m. w. N.).
Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren bzw. durchschnittlichen Auftraggebers der Dienstleistungen als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 29 - Chiemsee; GRUR 2006, 411 Nr. 24 - Matratzen Concord/Hukla). Durch die Wortwahl „und/oder“ ist klargestellt, dass auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise für sich gesehen von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, und z. B. für die Beurteilung des beschreibenden Charakters fremdsprachiger Zeichen nicht notwendig die teilweise sehr beschränkten Fremdsprachen- und Branchenkenntnisse der inländischen Durchschnittsverbraucher entscheidungserheblich sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 8 Rdn. 100; Ströbele MarkenR 2006, 433, 435).
Dabei kommt es in erster Linie auf die aktuellen Verhältnisse in dem Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an, jedoch ist auch das Allgemeininteresse an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren künftig beschreibende Verwendung zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Nr. 35 - Chiemsee; GRUR 2004, 674 Nr. 56 - Postkantoor). Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Nr. 30 - Chiemsee; GRUR 2004, 146 Nr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674 Nr. 98 - Postkantoor).
Das angemeldete Zeichen CELL REFILL besteht nach diesen Maßstäben - abgesehen von der im Beschlusstenor genannten Ware - ausschließlich aus Angaben, die die Beschaffenheit, die Bestimmung und den Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreiben. Die Mitbewerber der Anmelderin haben deshalb ein berechtigtes Interesse an der freien ungehinderten Verwendung dieser Angabe.
Die Anmeldung ist gebildet aus den englischen Begriffen „cell“ und „refill“, die im Deutschen „Zelle, Pore“ bzw. „auffüllen, Nachfüllung“ bedeuten (vgl. Langenscheidt, Muret-Sanders, Großwörterbuch Englisch, Teil I Englisch-Deutsch, S. 929; Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., S. 984). Zutreffend hat die Markenstelle daher festgestellt, dass CELL REFILL im Deutschen die Bedeutung „Zelle auffüllen, Nachfüllung der Zelle“ ergibt. Dagegen wendet sich auch die Anmelderin nicht, sondern verweist ausdrücklich darauf, dass die Hautzellen des Anwenders wieder aufgefüllt würden, um dadurch das Hautbild wieder straffer erscheinen zu lassen. In der genannten Bedeutung ist CELL REFILL objektiv geeignet, die Beschaffenheit und die Bestimmung der beanspruchten Waren „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel“ zu beschreiben. Wie zudem den bereits von der Markenstelle übersandten Nachweisen zu entnehmen ist, werden kosmetische Pflegeprodukte eines anderen Anbieters damit beworben, dass „dank der exklusiven Refill Technologie die natürliche Erneuerungskraft der Haut“ reaktiviert werde, und diese darin unterstütze, Falten selbst von innen heraus „aufzufüllen“; die Anmelderin stellt bei der Anpreisung ihrer Pflegecreme heraus, dass die Haut von innen aufgefüllt und die Zellstruktur gestärkt werde. Dass, wie die Anmelderin auch vorgetragen hat, nicht das Produkt als solches, sondern der Wirkstoff die Auffüllung der Zelle bewirke, ändert nichts daran, dass diese Wirkungsweise als Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG diese beanspruchten Produkte beschreibt. Die Ware „ätherische Öle“ kann dabei als Vorprodukt für die zur Zellnachfüllung angebotenen Produkte bestimmt sein. Hinsichtlich der beanspruchten „Zahnputzmittel“ kommt die Bedeutung von „cell“ im Sinn von „Pore“ zum Tragen; beispielsweise kann Zahncreme kleine Defekte der Oberflächenstruktur des Zahnschmelzes verschließen; lediglich zur Veranschaulichung wird, wie auch in der mündlichen Verhandlung angesprochen, darauf hingewiesen, dass deren Wirkungsweise darin besteht, durch eine dem Zahnschmelz nachgebildete Substanz, die sich auf der Zahnschmelzoberfläche anlagert, Risse und poröse Stellen im Zahnschmelz reparieren zu können (vgl. http://www.bio-repair.de/de/wirkweise.html).
Soweit die Anmelderin zur Begründung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass ihre kosmetischen Produkte gar keine Zellen auffüllen könnten, sondern nur pharmazeutische Produkte wie Botox oder Hyaluron, könnte dies zum Schutzhindernis der Täuschungsgefahr nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG führen. Diese Frage kann indessen dahingestellt bleiben, da bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt.
Überdies ist das Zeichen auch in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen objektiv zur Beschreibung von deren Gegenstand und Bestimmung geeignet. Soweit im Verzeichnis der Dienstleistungen dazu ausdrücklich der Bereich Kosmetik genannt ist, kann diese mit dem Thema „Zellauffüllung“ deren Gegenstand sein. Entsprechendes gilt für die Dienstleistungen mit ausdrücklichem Bezug zum Wellness-Sektor, der Körper- und Schönheitspflege einschließt. Auch die beanspruchten Dienstleistungen „Beratung in der Pharmazie; Gesundheitsberatung; Ernährungsberatung, ernährungswissenschaftliche Beratung“ können mit CELL REFILL nach ihrem Inhalt, nämlich Zellauffüllung, beschrieben werden. So ist ein Thema im Bereich Kosmetik/Wellness auch die Annahme, dass gesunde Ernährung als Baustein für funktionstüchtige Hautzellen die Hautqualität verbessert, die Feuchtigkeitsspeicherung der Haut unterstützt, sie gesund erhält und dem Alterungsprozess entgegen wirkt. Auch im Bereich der Pharmazie kann eine Auffüllung von Zellen Gegenstand der Beratung sein, sei es bezogen auf äußerlich anwendbare Erzeugnisse zur Zellauffüllung oder auch innere Anwendungen, etwa die von der Anmelderin erwähnte Hyaluron-Behandlung durch Unterspritzung.
Die angemeldete Marke ist damit im genannten Umfang nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Es kann dahingestellt bleiben, ob insoweit auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt.
Die Beschwerde kann deshalb insoweit keinen Erfolg haben.
2. Ein Eingehen auf die von der Anmelderin genannten Voreintragungen ist nicht veranlasst (vgl. BGH GRUR 2012, 276, 277 Rn. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. m. w. N.).
3. Anders verhält es sich bezüglich der im Beschlusstenor genannten „Parfümeriewaren“. Da eine aus sich heraus beschreibende Bedeutung der Bezeichnung CELL REFILL insoweit nicht festgestellt werden kann, besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass das Zeichen für diese beanspruchte Ware nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist.
Die Beschwerde hat in diesem Umfang daher Erfolg.