Entscheidungsdatum: 09.07.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2011 050 314
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 9. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Uhlmann
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. November 2012 aufgehoben.
Wegen des Widerspruchs aus der Marke 301 11 358 wird die Löschung der angegriffenen Marke 30 2011 050 314 angeordnet.
I.
Das farbig - in blau, weiß, schwarz - gestaltete Wort-/Bildzeichen
ist am 18. Oktober 2011 angemeldet und am 28. November 2011 als Marke für die Dienstleistungen der
"Klasse 44: Krankenpflegedienste"
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 30.12.2011.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer - damals noch unter dem Namen "Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V." - Widerspruch erhoben aus der am 23. April 2002 eingetragenen, farbig - in blau, weiß - gestalteten deutschen Wort-/Bildmarke 301 11 358
die nach einer Umgruppierung am 3. Januar 2011 für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35, 36, 41, 43, 44 und 45 geschützt ist:
"Druckereierzeugnisse, Bücher, Zeitungen, Zeitschriften; Spendenakquisition durch Einwerbung von Spenden sowie Beantragung von öffentlichen Förderungsmitteln und nichtöffentlichen Zuschüssen (Lotteriegelder, Mittel von anderen Hilfsorganisationen) für die Durchführung von Unterstützungsmaßnahmen der Hunger-, Not- und Katastrophenhilfe; Finanzierung von Projekten in den Sektoren Nothilfe und Rehabilitation durch Spenden- und Drittmittelverwaltung und Weiterleitung von Spenden, Sammlung, Verwaltung, Verteilung von Spendengeldern, Sammeln von Spenden für Wohltätigkeitszwecke sowie gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke, Katastrophenvorsorge und -vorbeugung, Abstimmung von Programmen und Projekten der Diakonie Katastrophenhilfe mit anderen Stellen in einzelnen Ländern und/oder international; Erziehungs- und Jugendarbeit; Ausbildung, Fort- und Weiterbildung in Fach- und Fachhochschulen sowie in Diakonischen Akademien, einschließlich der Fortbildung von Theologen; Durchführung von Projekten der Diakonie Katastrophenhilfe in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen in den jeweiligen Ländern und/oder Projektbüros der Diakonie Katastrophenhilfe durch Projektfinanzierung, Unterstützung bei der Organisation, Beschaffung, nämlich durch Einkauf und Belieferung, und Verteilung von Nothilfegütern und Überlebensgütern, wie insbesondere Nahrungsmitteln, Medikamenten, Bekleidung, Decken und Zelten; Projektbegleitung und Unterstützung von Partnerorganisationen durch Organisationsentwicklung ("capacity building") durch die Diakonie Katastrophenhilfe, nämlich Finanzierung von Fortbildungsmaßnahmen und Organisationsberatungen durch lokale Fachbüros/-firmen und Beratung der Partnerorganisationen im Hinblick auf Katastrophenvorsorge und Katastrophenvorbeugungsprogramme, Berichterstattung und Rechnungslegung über die durchgeführten Maßnahmen der Diakonie Katastrophenhilfe gegenüber Gremien, Drittmittelgebern sowie kirchlicher und allgemeiner Öffentlichkeit; Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich der angegebenen Dienstleistungen; [44] Dienstleistungen von Kinderkrippen, -gärten und -tagesstätten, von Jugendheimen, Mütterheimen, Altentagesstätten und -heimen, Pflegeheimen, Krankenhäusern, Therapiezentren, Kurheimen, Sanatorien, Erholungsheimen und anderen Fürsorgeanstalten; soziale und seelsorgerische Betreuung von Kindern, Frauen, Müttern, Familien, Straffälligen, Behinderten und deren Angehörige sowie von Menschen in der Fremde; Missionstätigkeiten, nämlich Einrichtung und Betreuung von Gebets- und Opfergemeinschaften durch zielgruppenorientierte Seelsorge und Beratung sowie volksmissionarische Tätigkeiten durch seelsorgerische und theologisch geistliche Begleitung von Personengruppen; Organisation, nämlich Verwaltung und Koordination der Kur-, Urlaubs- und Telefonseelsorge".
Mit Beschluss vom 26. November 2012 hat die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke halte den mittleren Abstand ein, den die Widerspruchsmarke verlangen könne. Zwar bestehe zwischen den von der Widerspruchsmarke u. a. in Klasse 44 beanspruchten "Dienstleistungen von Pflegeheimen, Krankenhäusern, Therapiezentren, Kurheimen, Sanatorien" und der von der angegriffenen Marke in Klasse 44 beanspruchten Dienstleistung "Krankenpflegedienste" eine bis zur Identität reichende Ähnlichkeit. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke sei jedoch leicht unterdurchschnittlich. Der Wortbestandteil "Diakonie" sei für sich genommen kennzeichnungsschwach, weil es sich dabei um eine allgemeingebräuchliche Bezeichnung für den Dienst an Hilfsbedürftigen (Krankenpflege, Fürsorge usw.) im Bereich der evangelischen Kirchen und Gemeinden handele. "Diakonie" (griech. Dienst) bezeichne die Wahrnehmung sozialer Verantwortung durch die evangelische Kirche im Rahmen institutionalisierter eigener sozialer Dienste. Als kirchliche Aufgabe sei die Diakonie theologisch in der Nachfolge Christi und in der christlichen Nächstenliebe begründet (Galater 5,13). Kennzeichnungsschwach sei auch das sogenannte "Kronenkreuz" als Symbol und Erkennungszeichen der Diakonie, das bereits seit 1925 im vorliegenden Sektor verwendet werde. Im maßgeblichen Gesamteindruck führe allein die konkrete farbliche Ausgestaltung von der Vorstellung einer bloßen Sachangabe weg. Eine durch intensive Benutzung erworbene gesteigerte Kennzeichnungskraft könne der Widerspruchsmarke nicht beigemessen werden. Hierfür fehle es an hinreichend konkreten Angaben nicht nur zu den mit der Marke erzielten Umsätzen sowie zu Intensität und Dauer der Markenbenutzung, sondern auch zu dem von der Marke gehaltenen Marktanteil, zum Investitionsumfang zwecks Förderung der Marke sowie zur geografischen Verbreitung und der dadurch erreichten Bekanntheit der Marke in den beteiligten Verkehrskreisen. Aus der nicht datierten Übersicht "Diakonie Kampagnenkommunikation/Ergebnisbericht Kampagnencontrolling" sei nicht ersichtlich, dass die Widerspruchsmarke Gegenstand der Umfrage gewesen sei. Zu bedenken sei auch, dass das Diakonische Werk - Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. rund 31.000 selbstständige Einrichtungen (Krankenhäuser, Kindergärten, Einrichtungen der Sozialarbeit) unterschiedlicher Größe und Rechtsform umfasse. Ferner gebe es eine Reihe von Drittmarken, die der Widersprechenden nicht als Serienmarken zurechenbar seien.
In ihrer jeweiligen Gesamtheit unterschieden sich die Vergleichsmarken klar und unverwechselbar im Gesamteindruck. Die angegriffene Marke enthalte gegenüber der Widerspruchsmarke die zusätzlichen Wortelemente "Pflege", "Reinickendorf" und "gGmbH". Die Vergleichsmarken unterschieden sich deshalb in Buchstaben-, Silben- und Vokalanzahl so deutlich voneinander, dass insoweit sowohl klangliche als auch schriftbildliche Verwechslungsgefahr ausscheide. Von einer Prägung durch den in beiden Marken enthaltenen Wortbestandteil "Diakonie" bzw. das Bildelement "Kronenkreuz" sei nicht auszugehen. Zwar seien die in der angegriffenen Marke weiter enthaltenen Wortelemente "Pflege", "Reinickendorf" und "gGmbH" jeweils sehr kennzeichnungsschwach, sodass sie bei der vielfach mündlichen Benennung weggelassen werden würden, auch wenn der zwischen den Wortelementen "Diakonie" und "Pflege" enthaltene Bindestrich eine gewisse Klammerwirkung erzeuge. Aber auch "Diakonie" und der Bildbestandteil des Kronenkreuzes seien für die im engen Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen beschreibungsgeeignete Angaben und als solche nicht geeignet, die Vergleichsmarken zu prägen. Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen im Hinblick auf einen gemeinsamen Stammbestandteil oder aus sonstigen Gründen bestehe wegen der Kennzeichnungsschwäche der gemeinsamen Elemente ebenfalls nicht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er trägt vor, die Widerspruchsmarke verfüge über eine außerordentlich hohe Kennzeichnungskraft, wie sich aus dem Ergebnis der im Widerspruchsverfahren vorgelegten demoskopischen Befragung "Diakonie Kampagnenkommunikation Ergebnisbericht Kampagnencontrolling" ergebe. Nahezu auf jeder Seite sei ersichtlich, dass sich die Befragungsergebnisse auf das Jahr 2009 bezögen. Die Markenstelle gebe mit ihren Ausführungen und den Anlagen selbst die beste Begründung für den außerordentlichen Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, wenn sie ausführe, es handele sich bei "Diakonie" um die allgemein-gebräuchliche Bezeichnung für den Dienst an Hilfsbedürftigen im Bereich der evangelischen Kirchen und Gemeinden. Der Widersprechende sei aber doch das Diakonische Werk der evangelischen Kirche. Wenn es sich tatsächlich um die allgemein bekannte Bezeichnung der Dienstleistungen des Widersprechenden handele, bedeute das markenrechtlich nichts anderes, als dass es sich um ein äußerst bekanntes Zeichen für die Dienstleistungen des Widersprechenden handele. Und bei "Diakonie" handele es sich zudem um die allgemein gebräuchliche Kurzbezeichnung für den Widersprechenden, unter der er schlagwortartig selbst auftrete. Soweit die Markenstelle zum Bildbestandteil auf zwei Anlagen zum Zurückweisungsbeschluss verweise, werde die Widersprechende ausdrücklich als Zeicheninhaberin genannt. Die Markenstelle selbst habe Belege gefunden, wonach der Bildbestandteil der Widerspruchsmarke für sich genommen allgemein als Erkennungszeichen des Widersprechenden diene und seit 1925 verwendet werde. Bei der als Beleg angeführten Veröffentlichung "Die Geschichte des Kronenkreuzes. 80 Jahre Corporate Identity der Diakonie" in der Publikation "Diakonie Impulse" handele es sich um eine hausinterne Untersuchung und Veröffentlichung des Widersprechenden, in der es gerade um die Benutzungsintensität, Historie und Kennzeichnungskraft der Marken des Widersprechenden gehe. Die Widerspruchsmarke insgesamt und ihre einzelnen Bestandteile seien auch nicht durch Drittzeichen geschwächt. Der Widersprechende, "Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Deutschland e.V.", kurz: "Diakonie", sei das Diakonische Werk der evangelischen Kirche in Deutschland. Ihm gehörten 21 Landesverbände an, nämlich die Diakonischen Werke der Landeskirchen der evangelischen Kirchen in Deutschland. Er sei satzungsgemäß Inhaber der Markenrechte des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche; dazu gehören neben der Widerspruchsmarke unter anderem auch die beiden Wortmarken "Diakonie" sowie Bildmarken des Kronenkreuzes. Die Landes- und Fachverbände seien zur Markennutzung auf Grundlage und im Rahmen der Verbandssatzung befugt. Es handele sich bei den Marken, auf die die Markenstelle im angegriffenen Beschluss hinweise, schon nicht um Drittzeichen, sondern um Zeichen, deren Inhaber Mitglieder des Widersprechenden seien, die zur Zeichennutzung aufgrund der Satzung und der Gestattung durch den Widersprechenden befugt seien. Die Marken bzw. deren Inhaber gehörten somit zur Organisation des Widersprechenden, weshalb diese Zeichen die Widerspruchsmarke nicht schwächten, sondern den Markenschutz des Widersprechenden gerade verbreiterten und verfestigten.
Zwischen den Vergleichszeichen bestehe enge Ähnlichkeit; die jüngere Marke werde durch die Elemente "Diakonie" und das Kronenkreuz geprägt. Die Zusätze "-Pflege" und "Reinickendorf gGmbH" könnten für den Gesamteindruck vernachlässigt werden. Unabhängig davon, dass namentlich der Bildbestandteil grafisch besonders in Erscheinung trete, handele es sich bei den Zusätzen um glatt beschreibende und somit den Gesamteindruck nicht mitbestimmende Angaben. Eine Zuordnung der mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Dienstleistungen zu einem bestimmten Unternehmen sei nur und ausschließlich aufgrund der Bestandteile "Diakonie" und des Bildbestandteils möglich. Dabei handele es sich exakt um die Widerspruchsmarke.
Der Beschwerdeführer stellt sinngemäß den Antrag,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 44, vom 26. November 2012 aufzuheben und Löschung der Marke 30 2011 050 314 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 301 11 358 anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Im Widerspruchsverfahren hat sie ausgeführt, sie sei als Mitglied im "Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg Schlesische Oberlausitz" berechtigt, ihren Firmennamen schützen zu lassen, zumal eine Verwechselung der "Diakonie-Stationen" innerhalb Berlins ein permanentes Problem im laufenden Verkehr der Inhaberin der angegriffenen Marke darstelle. Die Inhaberin der angegriffenen Marke sei als Mitglied im Dachverband des Diakonischen Werkes gehalten und berechtigt, das "Kronenkreuz" zu führen. Der Dachverband des Diakonischen Werkes verhalte sich rechtswidrig, wenn er seinen Mitgliedern die Führung des "Kronenkreuzes" untersage. Die angegriffene Marke trage einen ganz anderen Schriftzug und ein anderes Typenbild als die Widerspruchsmarke. Auch die Farben seien unterschiedlich. Die Widerspruchsmarke enthalte einen Violett-Anteil (Hinweis auf die Designrichtlinien des "Bundesverbands des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V."). Das Blau der angegriffenen Marke sei klarer. Auch die Gestaltung des "Kronenkreuzes" sei gänzlich abweichend; der Strichverlauf der Widerspruchmarke sei viel schlanker und dünner.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zwischen den zu vergleichenden Zeichen besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098, Rn. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Rn. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915, Rn. 45 - UNI; BGH GRUR 2012, 1040, Rn. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Rn. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Rn. 15 - AIDA/AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2013, 833, Rn. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Rn. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Rn. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103, Rn. 37 - Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).
Nach diesen Grundsätzen hat die angegriffene Marke einen weiten Abstand von der Widerspruchsmarke einzuhalten, dem sie nicht gerecht wird.
Mit den von der Widerspruchsmarke u. a. beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44 "Dienstleistungen von Pflegeheimen, Krankenhäusern, Therapiezentren, Kurheimen, Sanatorien" und den von der angegriffenen Marke beanspruchten "Krankenpflegediensten" stehen sich identische bis hochgradig ähnliche Dienstleistungen gegenüber.
Der deshalb erforderliche weite Abstand verringert sich durch die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht.
Die Wort-/Bildmarke verfügt von Haus aus über durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
Unter "Diakonie" versteht man den "(berufsmäßigen) Dienst an Hilfsbedürftigen (Krankenpflege, Fürsorge usw.) in der evangelischen Kirche" (DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Auflage, 2011, S. 415). Der Begriff wird im Zusammenhang mit den hier zu vergleichenden Dienstleistungen der Krankenpflege seit Jahrzehnten als Hinweis auf die Evangelische Kirche Deutschland als Erbringerin der Dienstleistungen, bzw. auf den Widersprechenden als zum Organisationsbereich der EKD gehörigen gemeinnützigen Verein und damit als betrieblicher Herkunftshinweis verwendet. Soweit "Diakonie" als "allgemeingebräuchliche Bezeichnung für den Dienst an Hilfsbedürftigen im Bereich der evangelischen Kirchen und Gemeinden" beschrieben wird (vgl. Bauer (Hrsg.), Lexikon des Sozial- und Gesundheitswesens, 2. Aufl. 1996, Bd. A-F, S. 430), ist nicht ersichtlich, dass es Institutionen gibt, die ihre Pflegedienstleistungen mit dem Begriff "Diakonie" kennzeichnen und dabei nicht dem Organisationsbereich des Widersprechenden angehören. Für eine beschreibende Verwendung des Wortes für Krankenpflegedienstleistungen unabhängig von dem Diakonischen Werk der evangelischen Kirche und damit des Widersprechenden als Erbringer gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
Originär kennzeichnungsschwach ist auch nicht das "Kronenkreuz" . Das Zeichen wurde 1925 für die "Innere Mission", eine Initiative innerhalb der evangelischen Kirche entworfen und dient seit Jahrzehnten als Symbol und Erkennungszeichen der Diakonie. Anhaltspunkte für einen verwässernden Drittgebrauch dieses Zeichens gibt es nicht, sodass das Zeichen nicht als kennzeichnungsschwach angesehen werden kann. Die von der Markenstelle recherchierten Drittzeichen sind - soweit sie tatsächlich benutzt sind - nicht geeignet, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu schwächen, da die Verwender unmittelbar oder mittelbar dem Organisationsbereich des Widersprechenden zuzuordnen sind. Soweit das nicht der Fall sein sollte, ist über deren Benutzung nichts bekannt. Unbenutzte Drittzeichen sind nicht geeignet, die Kennzeichnungskraft einer Marke zu schwächen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 9 Rn. 153 f.).
Angesichts der jahrzehntelangen gerichtsbekannten umfangreichen Benutzung beider Zeichenelemente als betriebliche Herkunftshinweise des Widersprechenden bzw. seiner Vorgängerorganisationen hat der Senat unabhängig von der Beweiskraft der im Amtsverfahren vorgelegten Umfrageergebnisse keinen Zweifel daran, dass der Widerspruchsmarke für die im Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen der Gesundheitspflege gesteigerte Kennzeichnungskraft zuzubilligen ist. Aber auch wenn man zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgeht, hält die jüngere Marke den wegen der engen Dienstleistungsähnlichkeit erforderlichen weiten Abstand zu der Widerspruchsmarke nicht ein.
Zwischen den Kollisionszeichen besteht unmittelbare Zeichenähnlichkeit. Zwar unterscheiden sich die Zeichen im Hinblick auf die zusätzlichen Wortbestandteile der angegriffenen Marke "-Pflege Reinikendorf gGmbH" in Wortlänge und Schriftbild. Diese Wortelemente treten jedoch als unmittelbar beschreibende Angaben im Zeichenvergleich zurück, sodass die jüngere Marke vom Wort- und Bildelement der älteren Marke geprägt wird. "-Pflege" bezeichnet schon nach dem Wortlaut die Dienstleistung, für die das jüngere Zeichen geschützt ist. Reinickendorf ist ein Stadtteil von Berlin und stellt damit einen Hinweis auf den Erbringungsort der angebotenen Dienstleistungen dar. "gGmbH" beschreibt die Rechtsform des Trägers der Leistungserbringung und nimmt deshalb aus Rechtsgründen nicht am Zeichenvergleich teil. Damit stehen sich bei den Vergleichszeichen und der grafisch ähnlich gestaltete und im Inhalt identische Bestandteil "Diakonie" sowie zwei blaue Kronenkreuzbilder gegenüber. Die farbliche Abweichung durch den unterschiedlich ausgeprägten Violettanteil ist unauffällig und nicht geeignet, den angesprochenen Verkehrskreisen als Differenzierungskriterium im Gedächtnis zu bleiben. Gleiches gilt für die Abweichung in der Anordnung des markenrechtlich relevanten Wortbestandteils Diakonie neben der oberen Hälfte des Kronenkreuzes gegenüber dem flächig in ganzer Höhe neben dem Kronenkreuz angeordneten Wortbestandteil der Widerspruchsmarke und den geringfügig dünneren Kronenkreuzlinien und -bögen innerhalb des Bildsymbols der jüngeren Marke. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Marken sich in der Regel nicht unmittelbar begegnen, sondern nur im Erinnerungsbild der angesprochenen Verbraucher. Diese werden die geringfügige Abweichung im Blauton und in der grafischen Darstellung nicht im Gedächtnis behalten. Wegen der weitgehenden Übereinstimmung in den prägenden Bestandteilen kann die Gefahr der schriftbildlichen Verwechslung der Zeichen nicht ausgeschlossen werden.
Klanglich und begrifflich stehen sich die identischen Wortbestandteile "Diakonie" bzw. bei Benennung des nebenstehenden Bildbestandteils die identischen Bezeichnungen "Diakonie mit Kronenkreuz" gegenüber, sodass auch insoweit eine Verwechslungsgefahr anzunehmen ist.
Der Einwand der Beschwerdegegnerin, sie sei als Mitglied des Dachverbands des diakonischen Werkes zur Benutzung der Elemente der Widerspruchsmarke berechtigt, ist im Widerspruchsverfahren unbeachtlich.
Deshalb waren der Zurückweisungsbeschluss des DPMA aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Gründe für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Es bleibt deshalb die der Kostenfolge des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, dass jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst zu tragen hat.