Entscheidungsdatum: 03.05.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 009 034.4
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. Mai 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent und Markenamtes vom 19. November 2015 und vom 18. April 2016 insoweit aufgehoben, als darin die Anmeldung für die Waren
„Kalksandsteinziegel, mit Luft durchsetzter Beton, Mörtel, Gipsmörtel, Putz“
zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
BOOSTER
ist am 9. Januar 2015 unter Inanspruchnahme einer ausländischen Priorität vom 24. Dezember 2014 (Benelux, 1301838) für folgende Waren und Dienstleistungen
„Klasse 1:
chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke sowie für landwirtschaftliche, gartenwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Zwecke [ausgenommen Fungizide, Herbizide und Pestizide], chemische Düngemittel und Produkte zur Bodenverbesserung [soweit nicht in anderen Klassen enthalten]; industrielle Chemikalien auf der Basis von Kalkstein, Kalkmehl, Dolomitkalk, hydratisierter Dolomitkalk [natürlich und/oder künstlich], Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat und/oder Dolomit, Calciumoxid, Calciumhydroxid; Bodenverbesserungsmittel; Dolomit, Magnesiumoxid, Dolomitkalk, hydratisierter Dolomitkalk [natürlich und/oder künstlich], Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat und/oder Dolomit, Calciumoxid, Calciumhydroxid, Magnesiumhydroxid, Kalkmilch, Calcium- und/oder Magnesiumsalze und Mischungen aus vorgenannten Materialien; chemische Erzeugnisse zum Zweck von Umweltanwendungen wie der Reinigung von Gasen [Rauchgasentschwefelung, Entchlorung, Defluorierung], der Abbindung von Schwermetallen und der Adsorption organischer Schadstoffe wie Dioxine, Furane und Kohlenwasserstoffen, der Aufbereitung von Abwässern, Schlamm, Dünger und organischen/mineralischen Abfällen, der Aufbereitung von Trinkwasser, industriellen, städtischen und Nutzwässern; Erzeugnisse zur Verbesserung und Stabilisierung von Böden, Asphalt und Straßenfundamenten; chemische Erzeugnisse für die eisenhaltige und nicht-eisenhaltige Metallverarbeitung auf der Basis oben genannter Substanzen für die Umwandlung von Erzen in Metalle, für Schlackebildung und/oder Reinigungs-[Klärungs-]maßnahmen in der eisenhaltigen und nicht-eisenhaltigen Metallerzeugung; chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke verwendet als Rohmaterialien bei der Herstellung von unterschiedlichen Glas- und Metallarten
Klasse 19:
nicht-metallische Baumaterialien in Form von Zuschlagstoff-, Korn-, Sandbestandteilen, aus Kalkmehl hergestelltem Pulver oder Suspensionen von Kalkmehl, hydratisiertes Kalkmehl, Kalkstein, Dolomitkalk, Dolomit, hydratisierter Dolomitkalk und Mischungen aus vorgenannten Materialien; Kalkmehl; Kalkstein; Kalksandsteinziegel, mit Luft durchsetzter Beton, Mörtel, Gipsmörtel, Putz
Klasse 40:
Materialbearbeitung einschließlich Dienstleistungen zur Behandlung von Böden, der Aufbereitung von Abfall, der Aufbereitung von Abwässern, der Entsorgung von Industrieabfällen, der Aufbereitung von Schlacke aus Metallgussverfahren, eisenhaltiger und nicht-eisenhaltiger Metallverarbeitung, der Reinigung der Abluft, der Reinigung von Gasen, der Wasseraufbereitung
Klasse 42:
wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Konstruktionsdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; wissenschaftliche und technologische Assistenz und Beratung in den Bereichen Umwelt, Bauingenieurwesen, Metallurgie, Papierherstellung, Glasherstellung und Chemie“
zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden.
Mit Beschlüssen vom 19. November 2015 und vom 18. April 2016, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, bei dem Zeichen BOOSTER handele es sich um einen auch im Deutschen allgemein bekannten und verständlichen Begriff. Das Wort stamme aus dem Englischen, sei abgeleitet von dem Verb „to boost“ (= „fördern, unterstützen, in die Höhe treiben, das Ansehen, den Wert erhöhen“) und sei nachweislich umfangreich in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. Es bezeichne zum einen technische Fachbegriffe, z. B. in der Elektronik oder Raketentechnik, werde aber auch umgangssprachlich sowohl in Alleinstellung als auch in Wortzusammenstellungen umfangreich im Sinne von "Verstärker, Steigerung, Verbesserung, Unterstützer, Auffrischung" benutzt und verstanden. Sowohl nach der Rechtsprechung des BPatG als auch nach einer ergänzenden Online-Recherche der Markenstelle sei zweifelsfrei belegt, dass die dargelegte Bedeutung des Wortes breiten inländischen Verkehrskreisen geläufig sei und dass BOOSTER zudem in Deutschland branchenübergreifend ein weit verbreitetes Werbeschlagwort darstelle. In Bezug auf die beanspruchten Waren werde der interessierte Kunde daher nur annehmen, dass diese als Ausgangsstoff oder Bestandteil von Produkten im Sinne eines BOOSTER(S) wirkten bzw. die Waren leistungsverstärkende Inhaltsstoffe aufwiesen. Die relevanten Dienstleistungen könnten sich mit der Entwicklung oder dem Einsatz von BOOSTER(N) befassen bzw. selbst einer „Steigerung“ oder „Verbesserung“ dienen. Folglich gebe das Markenwort keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern erschöpfe sich in einer werbemäßigen Anpreisung in Bezug auf Art, Beschaffenheit und Thema der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie trägt vor, die angemeldeten Waren richteten sich zum Teil an gewerbliche Abnehmer, zum Teil aber auch an den Endverbraucher. Bei letzterem könnten aber besondere Englischkenntnisse nicht vorausgesetzt werden; er möge Begriffe des englischen Grundwortschatzes verstehen, aber keinen Begriff wie das englische Wort BOOSTER. Die Annahme der Markenstelle, dass der angesprochene Verkehr das Markenwort im Sinne von „besonders leistungsstark, verbessert" verstehe, werde von keinen tatsächlichen Feststellungen getragen. Bereits im Amtsverfahren habe die Anmelderin dargelegt, dass das Markenwort nur in einzelnen Technologiegebieten - in der Akustik, der Elektronik oder der Raumfahrt - als Fachwort bekannt sei, ohne dass ein Zusammenhang zu den hier relevanten Waren und Dienstleistungen bestehe. Die von der Markenstelle ermittelten Internetfundstellen seien ebenso wegen fehlenden Bezuges zum vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang ohne Aussagekraft und datierten überdies teilweise nach dem Prioritätszeitpunkt.
Dass BOOSTER nicht in die deutsche Sprache eingegangen und allgemein verständlich geworden sei, bestätige nicht zuletzt der fehlende lexikalische Nachweis. Darüber hinaus könne selbst der Verbraucher, der das englische Wort BOOSTER übersetzen könne, nicht erkennen, was mit dem Begriffsinhalt von „Steigerung" oder "Verbesserung" gerade bezüglich der hier in Rede stehenden Waren gemeint sein könne. Aus dem Wort BOOSTER selbst ergebe sich nicht, was „geboostet“ oder „verstärkt“ werden könne, so dass es mehrerer Gedankenschritte und der Hinzufügung weiterer Begriffe bedürfe, was aber bereits die Unterscheidungskraft begründe.
Schließlich belegten auch die Auslandseintragungen der Anmelderin sowie eine Vielzahl von insgesamt 51 ermittelten Marken mit dem Begriff BOOSTER, dass das Anmeldewort keinen Schutzhindernissen ausgesetzt sei. Insbesondere sei BOOSTER in den Ländern mit englischer Muttersprache (Großbritannien, Irland, Zypern und USA) offensichtlich nicht als Begriff mit beschreibenden Sinngehalt verstanden und beanstandungsfrei eingetragen worden.
Der Senat hat der Anmelderin mit der Terminsladung vom 4. August 2017 Recherche-Ergebnisse übersandt, insbesondere zu der beschreibenden Verwendung des Begriffs BOOSTER für Düngemittel/Bodenverbesserer sowie auf dem Sektor der chemischen Erzeugnisse zur Umweltanwendung (Wasseraufbereitung).
In der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2017 hat die Anmelderin daraufhin das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen gemäß Schriftsatz vom 26. Oktober 2017 (Anlage zum Protokoll) beschränkt. Auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2017 wird Bezug genommen.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Anmelderin hat sodann den Übergang ins schriftliche Verfahren beantragt, welcher seitens des Senats durch einen in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss auch angeordnet worden ist.
Mit Eingabe vom 8. November 2017 hat die Anmelderin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wiederum wie folgt beschränkt:
„Klasse 1: Industrielle Chemikalien für die Hüttenindustrie auf der Basis von Kalkstein, Kalkmehl, Dolomitkalk, hydratisierter Dolomitkalk (natürlich und/oder künstlich), Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat und/oder Dolomit, Calciumoxid, Calciumhydroxid; Dolomit, Magnesiumoxid, Dolomitkalk, hydratisierter Dolomitkalk (natürlich und/oder künstlich), Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat und/oder Dolomit, Calciumoxid, Calciumhydroxid, Magnesiumhydroxid, Kalkmilch, Calcium- und/oder Magnesiumsalze und Mischungen aus vorgenannten Materialien zum Gebrauch in der Hüttenindustrie; chemische Erzeugnisse für die Metallverarbeitung auf der Basis oben genannter Substanzen für die Umwandlung von Erzen in Metalle, für Schlackebildung und/oder Reinigungs-(Klärungs-)maßnahmen in der Metallerzeugung; chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke verwendet als Rohmaterialien bei der Herstellung von unterschiedlichen Metallarten.
Klasse 19: (unverändert …)
Klasse 40: Materialbearbeitung nämlich der Aufbereitung von Schlacke aus Metallgussverfahren, Metallverarbeitung,
Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Konstruktionsdienstleistungen für die Metall verarbeitende Industrie; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen für die Metall verarbeitende Industrie; wissenschaftliche und technologische Assistenz und Beratung im Bereich Hüttenindustrie.“
Zur Begründung ist ausgeführt, die Beschränkung erfolge im Hinblick auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung. Nunmehr seien auch die Waren der Klasse 1 vollständig auf den Bereich der „Hüttenindustrie“ beschränkt.
Mit Verfügung vom 20. Dezember 2017 hat der Senat der Anmelderin daraufhin die Ergebnisse einer weiteren, ergänzenden Recherche übersandt und darauf hingewiesen, dass es sich ausweislich dieser Fundstellen bei dem als Marke beanspruchten Zeichen BOOSTER (auch) auf dem Gebiet des Hüttenwesens bzw. der metallverarbeitenden Industrie um einen seit langem eingeführten Fachbegriff handele.
Die Anmelderin hat daraufhin mit Eingabe vom 9. Februar 2018 das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nunmehr wie folgt beschränkt:
„Klasse 1: industrielle Chemikalien für die Stahl verarbeitende Industrie auf der Basis von Kalkstein, Kalkmehl, Dolomitkalk, hydratisierter Dolomitkalk (natürlich und/oder künstlich), Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat und/oder Dolomit, Calciumoxid, Calciumhydroxid; Dolomit, Magnesiumoxid, Dolomitkalk, hydratisierter Dolomitkalk (natürlich und/oder künstlich), Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat und/oder Dolomit, Calciumoxid, Calciumhydroxid, Magnesiumhydroxid, Kalkmilch, Calcium- und/oder Magnesiumsalze und Mischungen aus vorgenannten Materialien zum Gebrauch in der Stahl verarbeitenden Industrie; chemische Erzeugnisse für die Stahlverarbeitung auf der Basis oben genannter Substanzen für die Umwandlung von Eisen in Stahl, für Schlackebildung und/oder Reinigungs-(Klärungs-)maßnahmen in der Stahlverarbeitung; chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke verwendet als Rohmaterialien bei der Herstellung von Stahl
Klasse 19: (unverändert….)
Klasse 40: Materialbearbeitung nämlich Aufbereitung von Schlacke von Gusseisen und aus der Stahlverarbeitung.
Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Konstruktionsdienstleistungen für die Stahl verarbeitende Industrie; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen für die Stahl verarbeitende Industrie; wissenschaftliche und technologische Assistenz und Beratung in dem Bereich der Stahl verarbeitenden Industrie“.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Produkte und Dienstleistungen der Anmelderin seien ausschließlich für die „Behandlung/Verarbeitung von Stahl“ und also ausschließlich für die stahlverarbeitende Industrie bestimmt. Diese zähle nicht zur Hüttenindustrie, sondern zwischen beiden bestehe technologisch und industriemäßig, also bei den Herstellerbetrieben ein großer Unterschied. Anders als in den vom Senat angeführten Quellen werde mit den Produkten der Markenanmelderin auch keine Erwärmung oder Erhitzung des Stahls vorgenommen. Ein „BOOSTER(N)“, wie in den Quellen beschrieben, finde nicht statt.
Mit Verfügung vom 5. März 2018 hat der Senat der Anmelderin die Ergebnisse einer weiteren Recherche übersandt. Zugleich hat der Senat den Hinweis erteilt, dass das neu eingereichte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis insoweit unzulässig sei, als die in dem endgültig formulierten Verzeichnis vom 8. November 2017 verwendete Zweckbestimmungsangabe „Hüttenindustrie“ nunmehr durch „Stahl verarbeitende Industrie“ ersetzt wurde, da es sich nach dem eigenen Vortrag der Anmelderin insoweit um ein aliud und folglich um eine unzulässige Erweiterung der verbindlichen Fassung vom 8. November 2017 handele. Davon abgesehen gehe aus den beigefügten Rechercheergebnissen hervor, dass auch bei der von der Markeninhaberin betriebenen Stahlverarbeitung die in Klasse 1 beanspruchten Waren zur Verbesserung der Schlackebildung, somit als „Booster“, eingesetzt werden könnten. Der Senat werde am 3. Mai 2018 über die Sache beraten und entscheiden.
Mit Eingabe per Fax vom 3. Mai 2018 hat die Anmelderin das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen wiederum beschränkt und abschließend wie folgt neu gefasst:
„Klasse 1: Industrielle Chemikalien für die Hüttenindustrie, nämlich Flussmittel zur Schlackekonditionierung, auf der Basis von Kalkstein, Kalkmehl, Dolomitkalk, hydratisiertem Dolomitkalk (natürlich und/oder künstlich), Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat und/oder Dolomit, Calciumoxid, Calciumhydroxid.
Klasse 19: Nicht-metallische Baumaterialien in Form von Zuschlagstoff-, Korn-, Sandbestandteilen, aus Kalkmehl hergestelltem Pulver oder Suspensionen von Kalkmehl, hydratisiertes Kalkmehl, Kalkstein, Dolomitkalk, Dolomit, hydratisierter Dolomitkalk und Mischungen aus vorgenannten Materialien; Kalkmehl, Kalkstein; Kalksandsteinziegel, mit Luft durchsetzter Beton, Mörtel, Gipsmörtel, Putz.
Klasse 40: Materialbearbeitung nämlich Aufbereitung von Schlacke von Gusseisen und aus der Stahlverarbeitung.
Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Konstruktionsdienstleistungen für die Stahl verarbeitende Industrie; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen für die Stahl verarbeitende Industrie; wissenschaftliche und technologische Assistenz und Beratung in dem Bereich der Stahl verarbeitenden Industrie.“
Zur Begründung hat die Anmelderin ausgeführt, die neuerliche Beschränkung erfolge im Hinblick darauf, dass der Senat die mit Schriftsatz vom 9. Februar 2018 eingereichte Beschränkung des Verzeichnisses für unzulässig erachte. In Klasse 1 umfasse das Warenverzeichnis nunmehr nur noch industrielle Chemikalien für die Hüttenindustrie (mit der nachfolgenden Aufzählung „nämlich…“). Weder für die jetzt noch verbleibenden Waren der Klasse 1 noch für die Waren und Dienstleistungen der übrigen Klassen sei der Gebrauch des Wortes BOOSTER als Fachbegriff festzustellen. Auch die vom Senat mit Bescheid vom 6. März 2018 übersandten Unterlagen enthielten dieses Wort nicht. Aus dem vom Senat übersandten Auszug der Webseite der Anmelderin sei ersichtlich, dass dem Eisenerz verschiedene chemische Mittel beigefügt werden könnten, um sein Verhalten beim Schmelzen zu beeinflussen. So dienten zum Beispiel die Produkte Flucal® und Calexor® zur Reduzierung des Schlacke-Volumens. Kalzium- und Magnesium-basierte Produkte würden entweder als Bindemittel oder zur Bildung von Schlacke eingesetzt, um unerwünschte Bestandteile im Erz zu beseitigen. Flussmittel auf der Basis von kalkhaltigen Bindemitteln, wie jetzt vom Warenverzeichnis in der Klasse 1 beansprucht, würden zum Beispiel zur Schlackekonditionierung beim Sintern von Eisenerz eingesetzt, da sie den Schmelzpunkt der Schlacke herabsetzten und dessen Fluidität erhöhten.
Das Wort BOOSTER sei den hier von den Waren der Klassen 1 und 19 angesprochenen deutschen Verkehrskreisen nicht bekannt. Dass es als Fachbegriff gebraucht werde, und zwar auf dem hier einschlägigen Waren- und Dienstleistungssektor, sei ebenfalls nicht festgestellt. Einen Beleg, dass das Wort in der Hüttenindustrie als Fachwort benutzt werde, habe auch der Senat nicht festgestellt. Die Anmelderin rege daher noch einmal ausdrücklich an, die in der mündlichen Verhandlung in Aussicht genommene Verkehrsumfrage bei dem im Schriftsatz vom 9. Februar 2018 genannten Stahlinstitut einzuholen.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. November 2015 und vom 18. April 2016 aufzuheben, mit der Maßgabe, dass das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen gemäß Schriftsatz vom 3. Mai 2018 beschränkt wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache im aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, da Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG insoweit nicht bestehen.
Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da die angemeldete Marke in Bezug auf die weiteren Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 19, 40 und 42 nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist; die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2015, 1198 (Nr. 59) - Kit Kat; GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608 (Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) - Sparkassen-Rot; GRUR 2015, 581 (Nr. 16) - Langenscheidt-Gelb; GRUR 2015, 173 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) - Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2015, 1198 (Nr. 59) - Kit Kat; GRUR 2014, 373 (Nr. 20) - KORNSPITZ; 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) - Sparkassen-Rot; GRUR 2016, 934 (Nr. 9) - OUI; GRUR 2015, 581 (Nr. 16) - Langenscheidt-Gelb; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2017, 186 (Nr. 29) - Stadtwerke Bremen; GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) - Sparkassen-Rot; GRUR 2015, 581 (Nr. 9) - Langenscheidt-Gelb; GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).
Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. der Priorität des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2013, 519 (Nr.46) - Deichmann; GRUR 2004, 674 (Nr. 86) - Postkantoor; BGH GRUR 2017, 186 (Nr. 30, 32) - Stadtwerke Bremen; 2014, 1204 (Nr. 12) - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270 (Nr. 11) - Link economy; GRUR 2009, 952 (Nr. 10) - Deutschland Card). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2017, 186 (Nr. 32) - Stadtwerke Bremen; GRUR 2014, 1204 (Nr. 12) – DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143 (Nr. 9) - Starsat; GRUR 2010, 1100 (Nr. 23) - TOOOR!; GRUR 2006, 850 (Nr. 28 f.) - FUSSBALL WM 2006).
2. Nach diesen Grundsätzen fehlt dem Anmeldezeichen BOOSTER für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 19, 40 und 42 jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
a) Der zur Anmeldung gebrachte Begriff BOOSTER stammt aus dem Englischen und ist abgeleitet von dem Verb „to boost“ (= „fördern, unterstützen, in die Höhe treiben, das Ansehen, den Wert erhöhen“). Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - und auch durch die zahlreichen Fundstellen des Senats, die der Anmelderin zur Verfügung gestellt worden sind, belegt wird - ist auch das Substantiv BOOSTER nachweislich umfangreich in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen:
aa) Nach dem von der Anmelderin selbst im Amtsverfahren vorgelegten Auszug aus dem Duden (vgl. Anlage 1 zum Schriftsatz vom 22. Juli 2015) ist das Wort „der Booster“ lexikalisch mit folgenden Bedeutungen erfasst:
a) (Flugwesen) Hilfstriebwerk, Startrakete
b) (Raumfahrt) Zusatztriebwerk, erste Stufe einer Trägerrakete
c) (Elektronik) zusätzlicher Verstärker zum Einbau in Antennen und Hi-Fi-Anlagen.
Eine weitere Fundstelle („www.wissen.de“, Anlage 2 zum Schriftsatz vom 22. Juli 2015) misst dem Wort „Booster“ ebenso die Bedeutung im Sinne von „Verstärker und Zusatzantrieb“ zu.
bb) Entgegen dem Beschwerdevorbringen beschränkt sich diese inländische Verwendung des Wortes aber nicht auf die o. g. technischen Bereiche.
Das Bundespatengericht hat in mehreren Entscheidungen, die ersten aus den Jahren 2003 und 2004 datierend, festgestellt, dass das Wort BOOSTER auf unterschiedlichen Warengebieten im Sinne von „kraftvolles, besonders wirksames Produkt“ verwendet wird (BPatG PAVIS PROMA, Beschluss vom 10. Dezember 2003, 28 W (pat) 50/03 - BOOSTER). Es handele sich bei „Booster“ um einen allgemeinen Begriff der englischen Sprache mit der Bedeutung „Verstärker, Unterstützer, Auffrischer“, der weiten Teilen des inländischen Verkehrs, insbesondere durch die Verwendung als Sachbegriff in der Unterhaltungsindustrie, bekannt sei und entsprechend verstanden werde (BPatG PAVIS PROMA, Beschluss vom 17. August 2004, 33 W (pat) 435/02 - Bio-Booster; vgl. aus der Rechtsprechung des BPatG ferner: BPatG 24 W (pat) 276/03 - Waschkraft-Booster; 24 W (pat) 85/03 - CURL BOOSTING; 24 W (pat) 10/07 - Power Boost-Effekt).
cc) Die derart vom Bundespatengericht bereits vor 15 Jahren festgestellte branchenübergreifende Verwendung des Wortes BOOSTER im Sinne eines werblich anpreisenden Sachhinweises - auf einen „Verstärker“, „Verbesserer“ bzw. einen „verstärkenden“ / „unterstützenden“ (BOOSTER)-Effekt der jeweiligen Waren - belegen auch die im Amts- und Beschwerdeverfahren ermittelten Fundstellen.
So ergibt sich u. a. aus einem von der Anmelderin selbst im Amtsverfahren (als Anlage 4 zum Schriftsatz vom 22. Juli 2015) vorgelegten Wikipedia-Auszug, dass das Wort „Booster“ sowohl auf dem Sektor der Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel (zur Bezeichnung von „Frucht-Smoothies mit Nahrungsergänzungsmitteln“) als auch in der der Medizin (zur Bezeichnung des sog. „Booster-Effektes“ bei Impfungen) verwendet wird; ergänzend kann insoweit auf einen der Anmelderin mit der Terminsladung übersandten, deutlich vor dem Prioritätszeitpunkt (Januar 2004) datierenden Auszug aus dem „Lexikon der Biologie“ zum sog. „Booster-Effekt“ verwiesen werden („Auffrischungseffekt, nach der Verabreichung einer sehr kleinen Antigendosis auftretende (…) sehr starke, schnelle Produktion von Antikörpern, die vorher nicht mehr nachweisbar waren.“).
Ferner hat der Senat im Hinblick auf das ursprüngliche Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Anmelderin zahlreiche Nachweise dazu übersandt, dass das Wort BOOSTER bereits deutlich vor dem Prioritätszeitpunkt auf dem Sektor der chemischen Erzeugnisse - und hier insbesondere auf dem ursprünglich relevanten Warensektor der Düngemittel/Bodenverbesserer - zur Produktbeschreibung eingesetzt wurde (vgl. für die beschreibende Verwendung etwa die Anlage „innengarten.wordpress.com/2013“: „Booster Nützliche Supplemente oder sinnlose Geldmacherei“; „allerdings können Booster, Supplemente und ähnliche Produkte dabei helfen, die Pflanzen positiv zu stimulieren“; vgl. ferner die Google-Recherche zu den Stichworten „Booster Düngemittel“ sowie die Anlage „www.massive-grow.de (9.11.2013)“: „Atami hat nun seine bisherigen Booster verbessert und die Anwendung vereinfacht. Statt jeweils 3 verschiedener Booster für Dein verwendetes Substrat gibt es nun einen „Universal“).
Nachdem die Anmelderin sodann mit Eingabe vom 8. November 2017 das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis beschränkt und insbesondere die Waren der Klasse 1 weitgehend auf den Bereich der „Hüttenindustrie“ eingegrenzt hat, hat der Senat der Anmelderin sodann Rechercheergebnisse zum Beleg dafür übersandt, dass das verfahrensgegenständliche Markenwort BOOSTER auch in der Hüttenindustrie und Metallherstellung seit langem einen Fachbegriff darstellt.
So wird bereits in einer Fachzeitschrift aus dem Jahr 1976 (Erzmetall, Band 29, S. 26) ausgeführt, dass: „Zusätze von „Boostern“, die durch Umsetzung mit einem Überschuss an Reduktionsmetall eine zusätzliche Wärmetönung geben, (…) Verbesserungen“ brächten.
Ferner werden in dem Fachbuch „Sondermetalle“ (von Kieffer/Jangg/Ettmayer, Springer Verlag, 1. Juli 2013) ebenso mehrfach „Booster“ sowie die Verfahrenstechnik des „Boostern“ erwähnt (vgl. im Einzelnen Seite 39: „Die hohe Wärmetönung der Bildung von Calciumjodid bzw. Calciumsulfid aus den Elementen steigert die zu erreichende Reaktionstemperatur („ Boostern “); „Bei nicht zu hohem Schmelzpunkt des zu gewinnenden Metalls (z. B. Uran) ist auch „ Boostern “ nicht erforderlich. Beim hochschmelzenden Thorium (Fp: 1690°C) wird Zinkchlorid als „ Booster “ und ein entsprechender Überschuss an Reduktionsmetall eingesetzt“; Seite 205: „Die calciothermische Reduktion des Thoriumfluorids mit Calciummetall unter Zusatz von Zinkchlorid als „Booster“ , der sog. Ames-Prozess, hat die Gewinnung des Thoriums aus Thoriumoxid verdrängt.“; S. 209: „Zur Erhöhung der Reaktionswärme wird Jod als „ Booster “ zugesetzt“ [bei der Gewinnung von metallischem Plutonium]; Seite 283: „Calciothermisch: (…); jedoch gibt Calcium geringere Reaktionswärme, so dass zur Bildung einer sich abtrennenden flüssigen Schlacke ein Booster zugegeben werden muss, der gleichzeitig die Schlacke verflüssigt“).
dd) Die Rechercheergebnisse belegen somit einerseits die - auch bereits deutlich vor dem Prioritätszeitpunkt erfolgte - branchenübergreifende inländische Verwendung des Markenwortes BOOSTER als werblich anpreisender Sachhinweis, so wie es ferner speziell für die hier relevanten Bereiche der Hüttenindustrie und Metallherstellung belegt ist, dass es sich bei BOOSTER um einen etablierten Fachbegriff für chemische Zusätze - als „Verstärker“, „Verbesserer“ - handelt, die zu einer verbesserten Verflüssigung der sich abtrennenden Schlacke bzw. einer Verbesserung des Schlackeflusses dienen können.
ee) Ausgehend hiervon kann im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Begriff BOOSTER von den beteiligten Verkehrskreisen auf Anhieb in seinem dargelegten Sinn- und Bedeutungsgehalt (im Sinne von „Verstärker, Verbesserer“) verstanden wird.
Das hiergegen (ursprünglich) gerichtete Beschwerdevorbringen, wonach sich die beanspruchten Waren teilweise an Endverbraucher mit beschränkten Englischkenntnissen richteten, erscheint im Hinblick auf die letztgültige Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses bereits obsolet, in jedem Fall geht es in der Sache fehl. Nach der erfolgten Beschränkung der Waren der Klasse 1 auf den Bereich „Hüttenindustrie“ ist insoweit ausschließlich der Fachverkehr angesprochen, so wie sich auch die die weiteren Waren und Dienstleistungen der Klassen 19 (spezielle Bau- und Rohmaterialien betreffend), 40 („Materialbearbeitung, nämlich Aufbereitung von Schlacke von Gusseisen und aus der Stahlverarbeitung “) sowie 42 („ Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen… “) überwiegend bzw. sogar ausschließlich an den Fachverkehr richten. In den insoweit relevanten Branchen (der Hüttenindustrie; der Baustoffe und Rohmaterialien; der Materialbearbeitung; der Wissenschaft und Forschung) gehört die Welthandelssprache Englisch im Inland aber zu denjenigen Fremdsprachen, derer sich die Fachwelt und die fachspezifisch orientierte Werbebranche erfahrungsgemäß besonders häufig bedienen, so dass sich der Sinngehalt des Markenwortes diesen Fachverkehrskreisen im Zusammenhang mit den jeweils relevanten Waren und Dienstleistungen ohne weiteres erschließen wird. Lediglich ergänzend und zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass entgegen dem Beschwerdevorbringen auch die Englischkenntnisse des normal informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers nicht zu gering veranschlagt werden dürfen (vgl. Ströbele/Hacker/ Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 8 Rn. 188), wobei vorliegend, unter Berücksichtigung der langjährigen branchenübergreifenden Verwendung davon auszugehen ist, dass auch die allgemeinen Verkehrskreise den dargelegten Bedeutungsgehalt des Begriffs BOOSTER im Zusammenhang mit „verstärkenden“ Produkten oder Produkteigenschaften ohne Weiteres im dargelegten Sinne verstehen werden.
b) Dem Verkehr wird sich das Anmeldezeichen daher hinsichtlich aller zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen auf Anhieb als werblich anpreisender Sachhinweis, nicht aber als Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung erschließen.
aa) Der Prüfung im Hinblick auf das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegt das endgültig formulierte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in der Fassung vom 3. Mai 2018. In der - wie hier - vorbehaltlos erfolgten Einreichung eines eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist zugleich der Verzicht auf die nicht mehr enthaltenen Waren und Dienstleistungen zu sehen, der einen Rückgriff auf das frühere, umfangreichere Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ausschließt (BPatG Mitt. 1994, 137; BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 325/03 Biographie; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 39 Rn. 2). Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vom 3. Mai 2018 unterliegt auch keinen Zulässigkeitsbedenken mehr. Denn im Gegensatz zu der vorhergehenden Fassung vom 9. Februar 2018, mit welcher die Anmelderin die (zuvor, am 8. November 2017, verbindlich festgelegte) Zweckbestimmungsangabe „Hüttenindustrie“ durch „Stahl verarbeitende Industrie“ ersetzt hatte, wobei es sich nach dem eigenen Vortrag der Anmelderin insoweit um ein aliud und folglich um eine unzulässige Erweiterung (vgl. hierzu Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 39 Rn. 3) handelte, kehrt die nunmehr endgültig formulierte Fassung des Verzeichnisses vom 3. Mai 2018 unter Verzicht auf unzulässige Erweiterungen zu der ursprünglich festgelegten Zweckbestimmungsangabe „Hüttenindustrie“ (in der Warenklasse 1) zurück.
bb) Ausgehend hiervon unterliegen die beanspruchten Waren der Klasse 1 (in der Fassung des Verzeichnisses vom 3. Mai 2018), im Einzelnen
„ Industrielle Chemikalien für die Hüttenindustrie, nämlich Flussmittel zur Schlackekonditionierung, auf der Basis von Kalkstein, Kalkmehl, Dolomitkalk, hydratisiertem Dolomitkalk (natürlich und/oder künstlich), Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat und/oder Dolomit, Calciumoxid, Calciumhydroxid“
dem Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da BOOSTER wie dargelegt in der Hüttenindustrie und auf dem Sektor der Metallherstellung einen etablierten Fachbegriff für industrielle Chemikalien als „Verstärker“ bzw. „Verbesserer“ des Schlackenflusses darstellt.
Werden daher „ Industrielle Chemikalien für die Hüttenindustrie, nämlich Flussmittel zur Schlackekonditionierung (…) “ mit dem Markenwort BOOSTER gekennzeichnet, wird der insoweit ausschließlich angesprochene Fachverkehr dem Markenwort unmittelbar einen werblich-anpreisenden Sachhinweis auf Chemikalien, denen ein den Schlackefluss „verstärkender“ bzw. „verbessernder“ Effekt zukommt, entnehmen.
Auf die Einwendung der Anmelderin, wonach die von ihr beanspruchten Waren sowie auch die von ihr tatsächlich hergestellten Produkte - im Gegensatz zu den vom Senat ermittelten Fundstellen - nicht geeignet seien, eine „Erwärmung oder Erhitzung“ (der Schlacke, des Stahls) herbeizuführen, kommt es nicht an.
Denn soweit BOOSTER vom angesprochen Fachverkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten „ Flussmitteln (…)“ auf Anhieb als „Verstärker“ / „Verbesserer“ verstanden werden wird, kann die Verbesserung (hier: des Schlackeflusses) außerhalb einer Erhöhung der Reaktionswärme auch durch sonstige chemische Eigenschaften und Reaktionen herbeigeführt werden. Dem entspricht es, dass die Anmelderin ausdrücklich „Flussmittel zur Schlackekonditionierung“, also Mittel zur gezielten Beeinflussung der Schlacke und Verbesserung des Schlackeflusses, beansprucht, die sich ohne weiteres unter den Begriff des (Schlackefluss-)„Verbesserers“ (BOOSTER) subsumieren lassen.
Ganz in diesem Sinne trägt die Anmelderin auch selbst vor, dass etwa die in Klasse 1 nunmehr beanspruchten Flussmittel auf Basis von kalkhaltigen Bindemitteln dazu bestimmt seien, die „Fluidität der Schlacke zu erhöhen“, und exakt mit diesen Eigenschaften - im Sinne einer „Erleichterung“ der Schlackebildung, einer „Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit“, einer „Verbesserung“ der Produktivität und Qualität - bewirbt die Anmelderin ihre eigenen Produkte (vgl. hierzu die mit Verfügung vom 5. März 2018 übersandten Auszüge der Homepage der Anmelderin: „ Branntkalk erleichtert die Bildung von Schlacke (….)“; „Dolomitkalk garantiert eine schnelle Schlackenbildung und schützt das Feuerfestmaterial“; „Dolomitkalk erhöht die Prozessgeschwindigkeit für eine bessere Produktivität und Endstähle höherer Qualität“).
cc) Bei den zurückgewiesen Waren der Klasse 19:
„ Nicht-metallische Baumaterialien in Form von Zuschlagstoff-, Korn-, Sandbestandteilen, aus Kalkmehl hergestelltem Pulver oder Suspensionen von Kalkmehl, hydratisiertes Kalkmehl, Kalkstein, Dolomitkalk, Dolomit, hydratisierter Dolomitkalk und Mischungen aus vorgenannten Materialien; Kalkmehl, Kalkstein“
handelt es sich um dieselben Rohmaterialien wie in Klasse 1, die in der Hüttenindustrie als (den Schlackefluss „verstärkende“ bzw. „verbessernde“) Flussmittel und somit als BOOSTER eingesetzt werden können. Auch insoweit erschöpft sich das Markenwort in der Wiedergabe eines in der Hüttenindustrie und Metallverarbeitung etablierten Fachbegriffs zur Beschreibung der Beschaffenheit, Bestimmung und Wirkungsweise der entsprechenden Produkte.
dd) Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 40 („ Materialbearbeitung nämlich Aufbereitung von Schlacke von Gusseisen und aus der Stahlverarbeitung “) zielen ausdrücklich auf die Aufbereitung von Schlacke ab, bei der chemische Flussmittel als BOOSTER bzw. Verfahrenstechniken des „Boosterns“ zum Einsatz gelangen können. Das Anmeldezeichen erschöpft sich daher auch insoweit in einem Sachhinweis auf die Art und den Bestimmungszweck dieser Dienstleistungen.
Soweit sich die Dienstleistungen der Klasse 40 dabei auch auf Schlacke „aus der Stahlverarbeitung “ beziehen, besteht entgegen dem Beschwerdevorbringen kein Raum für eine abweichende Bewertung. Die Einwendungen der Anmelderin überzeugen aus den bereits oben (unter bb) dargelegten Gründen nicht. Einerseits sind - die Aufbereitung von Schlacke aus der Stahlverarbeitung „verbessernde“ -BOOSTER nicht auf Verfahren zur Erhöhung der Reaktionswärme beschränkt, zum anderen nimmt die Fassung des Verzeichnisses in Klasse 40 die Verwendung derartiger BOOSTER zur Reaktionswärmesteigerung bereits nicht aus.
ee) Bei den beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 („ Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Konstruktionsdienstleistungen für die Stahl verarbeitende Industrie; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen für die Stahl verarbeitende Industrie; wissenschaftliche und technologische Assistenz und Beratung in dem Bereich der Stahl verarbeitenden Industrie “) kann es sich durchweg um solche handeln, welche die Entwicklung von BOOSTER(N) bzw. den Einsatz solcher Waren zur Verbesserung des Schlackeflusses zum Gegenstand und Ziel haben können. Auch insoweit gibt das Markenzeichen den angesprochenen Verkehrskreisen einen Hinweis auf die Art und den Bestimmungszweck dieser Forschungs-, Entwicklungs- und Beratungsdienstleistungen, so dass auch insoweit der beschreibende Charakter im Vordergrund steht.
ff) Demnach mangelt es der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich sämtlicher zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft.
3. Soweit der Anmelder auf Voreintragungen Bezug nimmt, entfalten in rechtlicher Hinsicht selbst identische oder vergleichbare Voreintragungen keine Bindungswirkung (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Nr. 18 - Bild.t.-Online.de m. w. N.; BGH GRUR 2008, 1093 Nr. 8 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BGH GRUR 2011, 230 - SUPERgirl; BGH MarkenR 2011, 66 - Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.
4. Da der angemeldeten Marke somit für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kann die Frage, ob an ihrer freien Verwendung auch ein schutzbedürftiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, dahinstehen.
Demnach ist die Beschwerde im genannten Umfang zurückzuweisen.
5. In Bezug auf die im Tenor genannten Waren können hingegen keine Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr.1 und Nr. 2 MarkenG festgestellt werden.
Wenngleich das Anmeldezeichen BOOSTER vom angesprochenen Verkehr ohne Weiteres im Sinne des dargelegten Bedeutungsgehalts („Verstärker“, „Verbesserer“) verstanden werden wird, ist die Beurteilung eines Zeichens stets in Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen vorzunehmen, für die eine Eintragung begehrt wird (EuGH, GRUR 2004, 674 (Nr. 33) - Postkantoor). Im Hinblick auf die Waren „Kalksandsteinziegel, mit Luft durchsetzter Beton, Mörtel, Gipsmörtel, Putz“ lässt sich jedoch nicht feststellen, dass das Anmeldezeichen deren Merkmale beschreibt oder zumindest einen engen beschreibenden Bezug hierzu aufweist.
Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben.