Entscheidungsdatum: 08.10.2015
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2011 065 104
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Reker und Dr. Meiser
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. August 2013 und vom 6. Oktober 2014 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 2 019 882 hinsichtlich der von der angegriffenen Marke 30 2011 065 104 erfassten Dienstleistungen der Klasse 44 („Gesundheitsberatung“) zurückgewiesen worden ist.
In dem genannten Umfang wird die Löschung der angegriffenen Marke 30 2011 065 104 angeordnet.
I.
Die Wort-/Bildmarke
ist am 30. November 2011 angemeldet und am 24. Januar 2012 unter der Registernummer 30 2011 065 104 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für die Waren und Dienstleistungen der
„Klasse 16:
Druckereierzeugnisse;
Klasse 35:
Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte (inkl. e-commerce);
Dienstleistungen einer Werbeagentur;
Klasse 44:
Gesundheitsberatung.“
Gegen diese Marke, deren Eintragung am 24. Februar 2012 veröffentlicht wurde, hat der Beschwerdeführer Widerspruch erhoben aus der am 10. Oktober 1991 angemeldeten und am 2. September 1992 eingetragenen Wortmarke 2 019 882
MEDECO
die für die Dienstleistungen der
„Klasse 44:
Dienstleistungen eines Zahnarztes und/oder Arztes einschließlich Dienstleistungen von Kliniken zur ärztlichen und/oder zahnärztlichen Therapie und Diagnose“
geschützt ist.
Mit Beschlüssen vom 21. August 2013 und vom 6. Oktober 2014, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 44 den Widerspruch zurückgewiesen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, es liege keine Verwechslungsgefahr zwischen den Kollisionsmarken vor. Ausgehend von der Registerlage stünden sich im Bereich der Klasse 44 die „Gesundheitsberatung“ und die „Dienstleistungen eines Arztes, Zahnarztes oder einer Klinik“ identisch bzw. jedenfalls im Sinne einer sehr hohen Ähnlichkeit gegenüber. Die Widerspruchsmarke verfüge von Haus aus über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft, da dem Gesamtzeichen „MEDECO“ kein unmittelbar verständlicher, beschreibender Sinngehalt hinsichtlich der von der Widerspruchsmarke beanspruchten medizinischen Dienstleistungen zukomme.
Der demnach erforderliche deutliche Abstand zwischen den Marken werde vorliegend jedoch in jeder Hinsicht eingehalten, denn die Kollisionsmarken seien nicht ähnlich. Im Rahmen des Zeichenvergleichs in der Gesamtheit ergäben sich durch die Bildelemente der angegriffenen Marke sowie ihre weiteren Wortelemente „information & quality in healthcare“ deutliche Unterschiede zur reinen Wortmarke „MEDECO“ des Widersprechenden. Eine Ähnlichkeit bestehe im Übrigen auch dann nicht, wenn man davon ausgehe, dass die angegriffene Marke in ihrem Gesamteindruck von einem ihrer Elemente geprägt werde. Die optische Zäsur nach dem vorangestellten Wortelement „med“ und dessen beschreibende Bedeutung sprächen bereits dafür, dass alleine der Bestandteil „coo“ als prägendes Element der jüngeren Marke in Betracht komme. Aber selbst wenn sich die beiden Wortelemente „medcoo“ und „MEDECO“ jeweils in Gänze gegenüberständen, bestehe keine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit. Denn der Bestandteil „med“ sei in Bezug auf medizinische Dienstleistungen nur von sehr eingeschränkter Kennzeichnungskraft, so dass sich die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf die anderen Zeichenbestandteile verlagere; die sich gegenüberstehenden Zeichenbestandteile „coo“ und „ECO“ seien jedoch in jeder Hinsicht deutlich zu unterscheiden. Zu beachten sei dabei auch, dass die angebotenen Dienstleistungen von Verbrauchern mit großem Interesse und hoher Aufmerksamkeit ausgewählt würden.
Beim klanglichen Vergleich gelte zudem, dass der angesprochene Verkehr durch die beschreibende Wortfolge „information & quality in healthcare“ zu einer englischen Aussprache der angegriffenen Marke geleitet werde. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der Verbraucher den roten ausgefüllten Kreis zwischen den Begriffen „med“ und „coo“ als ein „o“ oder „e“ sehen werde. Damit ständen sich aber die Klangbilder „med-kuh“ und „meh-deh-koh“ gegenüber, die bei entsprechender Aufmerksamkeit des Verkehrs und Konzentration auf die hinteren Zeichenteile als deutlich unterschiedlich einzuschätzen seien. Eine markenrechtliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen bestehe damit nicht und somit auch keine Verwechslungsgefahr.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er trägt vor, entgegen der Argumentation der Markenstelle sei bereits die schriftbildliche Ähnlichkeit der Kollisionszeichen ganz offensichtlich. Bei der angegriffenen Marke befinde sich zwischen den Wortbestandteilen „med“ und „coo“ die größte und farblich kräftigste der insgesamt sieben (farblich und größenmäßig abgestuften) Kreisflächen. Diese Kreisfläche könne aber, zumal sie sich auf Zeilenhöhe mit den Buchstaben der Wortbestandteile befinde, leicht für einen Buchstaben „o“, „a“ oder „e“ gehalten werden und verbinde die Wortbestandteile so zu „medecoo“, „medacoo“ oder „medocoo“.
In klanglicher Hinsicht seien nach anerkannten Grundsätzen nur die Wortbestandteile der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke zu vergleichen. Im Wortauslaut befinde sich bei der angegriffenen Marke der Doppelvokal „-oo“, der zwar gemäß englischer Aussprache wie „uh“ ausgesprochen werden könne; da es sich aber um eine deutsche Marke handele, sei die deutsche Aussprache „-oh“ ebenso naheliegend. Damit sei die angegriffene Marke klanglich mit der Widerspruchsmarke nahezu identisch, da der Vokal „e“ in der Mitte der Widerspruchsmarke bei ungünstiger oder flüchtiger Übermittlung durchaus überhört werden könne. Es sei insoweit sehr wahrscheinlich, dass die geringfügigen Unterschiede zwischen den Kennzeichen aus der Erinnerung nicht zum Tragen kämen.
Die übrigen, in der angegriffenen Wort-/Bild-Marke enthaltenen Elemente könnten gegenüber den signifikanten Übereinstimmungen nicht zur Unterscheidung beitragen. In der angegriffenen Marke seien die Begriffe „information & quality in healthcare“ im medizinischen Bereich nicht unterscheidungskräftig und nähmen daher am Schutz nicht teil. Außerdem sei die beschreibende Wortfolge im Verhältnis zu den übrigen Bestandteilen sehr klein gehalten und innerhalb des Ensembles kaum wahrnehmbar. Sie erscheine daher eher als strukturierter Unterstrich.
Aus den im Beschwerdeverfahren übersandten Ausdrucken werde überdies ersichtlich, dass die angegriffene Marke auf der Homepage der M… GmbH, de- ren Geschäftsführer der Beschwerdegegner sei, verwendet werde. Diese Homepage sei erreichbar unter dem Domainnamen „www.medcoo.de“, diejenige der M1… GmbH, auf der die Widerspruchsmarke verwendet werde, unter „www.medeco.de“. Es bedürfe insoweit keiner näheren Erläuterung, dass bei Verwendung der Kennzeichen auf derart ähnlichem Gebiet die Gefahr von Verwechslungen in hohem Maße gegeben sei.
Nach der in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2015 erklärten teilweisen Rücknahme des Widerspruchs in Bezug auf die von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der Klasse 35 beantragt der Beschwerdeführer,
die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der Klasse 44 anzuordnen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner hat vorgetragen, die von den Kollisionsmarken jeweils beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44 seien bereits unähnlich. Denn die „Leistungen eines Arztes“ hätten Krankheit und deren Heilung zum Gegenstand, während „Gesundheitsberatung“ nicht der Beseitigung von Krankheiten diene, sondern der allgemeinen Information zur Gesunderhaltung; sie erfolge mithin außerhalb des ärztlichen Tätigkeitsbereiches. Überdies sei die Widerspruchsmarke „MEDECO“ kennzeichnungsschwach. Schließlich liege eine Ähnlichkeit der Kollisionsmarken weder in klanglicher, schriftbildlicher noch in bedeutungsmäßiger Hinsicht vor. Eine Verwechslung der sich gegenüberstehenden Zeichen sei bereits aufgrund der deutlichen grafischen Ausgestaltung der angegriffenen Wort-/Bildmarke ausgeschlossen. Auch durch den weiteren, umfangreichen Bestandteil „information & quality in healthcare“ setze sich die angegriffene Marke weit von dem Zeichen des Widersprechenden ab. Auf eine Teilidentität hinsichtlich des Zeichenbestandteils „MED“ könne sich der Widersprechende nicht berufen, da dieser Bestandteil nicht prägend und im Übrigen für die eingetragenen Dienstleistungen eines Arztes oder Zahnarztes glatt beschreibend sei. In klanglicher Hinsicht werde überdies „MEDECO“ als „mede-co“ gesprochen, so dass der Bestandteil „med“ nicht eigenständig hervortrete. Hinzu komme, dass alle Teile der angegriffenen Marke aufgrund des englischsprachigen Zusatzes englisch auszusprechen seien, wodurch sich klanglich eine signifikante Differenz ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden hat auch in der Sache Erfolg. Nachdem der Beschwerdeführer den Widerspruch in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2015 im Hinblick auf die von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der Klasse 35 zurückgenommen hat, sind Gegenstand des Verfahrens lediglich noch die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44. Insoweit besteht zwischen den Vergleichsmarken in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2013, 923, Nr. 34 – Specsavers-Gruppe/Asda; GRUR 2010, 1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA BECKER; BGH GRUR 2015, 176, Nr. 9 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488, Nr. 9 – DESPERADOS/DESPERADO). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2015, 176, Nr. 9 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488, Nr. 9 – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2014, 382, Nr. 14 – REAL-Chips). Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen.
1. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen wurden, ist für die Beurteilung der Dienstleistungsähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Danach besteht zwischen den zu vergleichenden Dienstleistungen der Klasse 44 Identität. Denn die von der angegriffenen Marke erfasste „Gesundheitsberatung“ ist, wie bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, zugleich Teil der „Dienstleistungen eines Arztes und/oder Zahnarztes (…)“, wie sie die Widerspruchsmarke in der Klasse 44 beansprucht. Demgegenüber vermag der Inhaber der angegriffenen Marke nicht mit dem Argument durchzudringen, es sei zwischen „Gesundheitsberatung“ und „Krankheitsberatung“ zu unterscheiden (und lediglich letztere sei ärztliche Aufgabe und Dienstleistung). Dem steht bereits entgegen, dass der Schutz der Gesundheit als ärztliche Aufgabe ausdrücklich in § 1 Abs. 2 der Berufsordnung der in Deutschland tätigen Ärzte und Ärztinnen (abrufbar unter www.bundesaerztekammer.de) normiert ist. Dass gerade auch die Gesundheitsberatung zu den Aufgaben und Dienstleistungen in Deutschland tätiger Ärzte und Ärztinnen zählt, kann daher nicht in Zweifel gezogen werden.
2. Die Widerspruchsmarke verfügt, wie die Markenstelle ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, im maßgeblichen Dienstleistungsbereich von Haus aus über eine normale (durchschnittliche) Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 55 – Culinaria /Villa Culinaria). Bei dem Wort „MEDECO“ handelt es sich um einen Fantasiebegriff, dem sowohl gegenüber dem lateinischen Wort „medicus“ (deutsch: Arzt) als auch gegenüber den italienischen bzw. spanischen Begriffen „medico“ bzw. „médico“ (für Arzt, medizinisch) ein individualisierender Charakter zukommt, so dass sich hieraus keine Einschränkung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ergibt; die Widerspruchsmarke ist insoweit durch den Austausch des zweiten Vokals „e“ statt „i“ hinreichend verfremdet (vgl. hierzu schon BPatG, Beschl. v. 9.12.2010, 30 W (pat) 102/09 – MEDECUM/Medeco). Auch soweit die Buchstaben „MED“ einen Hinweis auf „Medizin“ darstellen können, führt dies nicht zu einer relevanten Schwächung der Gesamtmarke; im Übrigen tritt „MED“ schon von der Silbenbildung her nicht eigenständig hervor (vgl. BPatG, a. a. O – MEDECUM/Medeco), und dem Gesamtbegriff „MEDECO“ kann, wie auch die Markenstelle bereits zutreffend ausgeführt hat, insgesamt kein verständlicher, beschreibender Sinngehalt für hier relevanten Dienstleistungen zugemessen werden.
Für die Zuerkennung einer durch Benutzung erhöhten Kennzeichnungskraft fehlt es an einer ausreichenden Darlegung der hierfür erforderlichen Tatsachen.
3. Ausgehend von identischen Dienstleistungen und einer normalen (durchschnittlichen) Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein.
a) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. BGH GRUR 2014, 382, Nr. 14 - REAL-Chips; GRUR 2013, 833, Nr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2010, 235 Nr. 15 - AIDA/AIDU). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Wahrnehmungsrichtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Em-blem; GRUR 2014, 382, Nr. 25 - REAL-Chips; GRUR 2010, 235, Nr. 18 - AIDA/AIDU).
b) In Anwendung der dargelegten Grundsätze ist im vorliegenden Fall zwar nicht von einer bildlichen oder begrifflichen Zeichenähnlichkeit der Kollisionsmarken auszugehen (hierzu im Folgenden, aa), jedoch besteht unter Berücksichtigung der maßgeblichen Faktoren in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr (bb).
aa) In bildlicher Hinsicht ist wegen der markanten grafischen Ausgestaltung der angegriffenen Marke und der dadurch erzeugen Bildwirkung nicht von einer Verwechslungsgefahr auszugehen. Die Grafik in Form einer aus sieben Punkten bestehenden Linie, die diagonal von links unten nach rechts oben zwischen den Wortelementen „med“ und „coo“ verläuft, wobei sich die Punkte zur Mitte hin verdicken und der zwischen den Wortbestandteilen platzierte Punkt fast die Größe eines kleinen „o“ erreicht, verlängert das Wortbild optisch und trennt gleichzeitig die Wortbestandteile der ersten Zeile. Hinzu treten weitere deutliche schriftbildliche Abweichungen (in Gestalt des Doppel-O am Ende des zweiten Wortelements sowie der weiteren Wortbestandteile in der zweiten Zeile), die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung haben.
Eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Kollisionsmarken scheidet mangels einer Bedeutung der Zeichen aus.
bb) Jedoch hält die angegriffene Marke im Hinblick auf ihren Wortbestandteil „med coo“ klanglich den erforderlichen weiten Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke nicht mehr ein.
In klanglicher Hinsicht sind auf Seiten der angegriffenen Marke alleine die Wortbestandteile „med coo“ maßgebend. Was zunächst die grafische Ausgestaltung angeht, ist für die mündliche Benennung von dem allgemein anerkannten Erfahrungsgrundsatz auszugehen, dass der Verkehr dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst (vgl. BGH GRUR 2014, 378, Nr. 30 – OTTO CAP; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 433 m. w. N.). Aber auch die weiteren Wortbestandteile der jüngeren Marke „information & quality in healthcare“ treten neben dem Wort „med coo“ im Gesamteindruck zurück. Zum einen sind sie deutlich kleiner geschrieben als die in der ersten Zeile angeordneten Wortbestandteile „med coo“ und wirken insoweit eher wie eine grafische Unterstreichung. Zum anderen erschöpft sich diese Wortfolge in einem aus Wörtern des englischen Grundwortschatzes zusammengesetzten Werbeslogan, der von dem angesprochenen Verkehr ohne weiteres im Sinne von „Information und Qualität in der Gesundheitsfürsorge/Gesundheitspflege“ verstanden wird und deshalb jeder individualisierenden Unterscheidungskraft entbehrt (vgl. BPatG GRUR 2014, 998, 1001 – ENGEL APOTHEKE SEEHEIM/ENGEL APOTHEKE; BPatG, Beschl. v. 22.01.2015, 30 W (pat) 10/12 – diapo/ILAPO). Für den Verkehr besteht daher kein Anlass, diese Wortfolge bei mündlicher Benennung der Marke zu berücksichtigen. Demnach ist davon auszugehen, dass die englischsprachige Wortfolge im Rahmen des klanglichen Zeichenvergleichs zurücktritt und insoweit alleine dem Zeichenelement „med coo“ eine für den klanglichen Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägende Bedeutung zukommt. Zwar kann der erste Wortbestandteil „med“ auch als Hinweis auf medizinische Dienstleistungen verstanden werden, da er die gebräuchliche Abkürzung für „medizinisch, medikamentös“ ist (Duden, Das Wörterbuch der Abkürzungen, Mannheim 2011), er tritt aber wegen seiner Größe und hervorgehobenen Stellung in der Zeichenmitte der jüngeren Marke nicht zurück. Der Verkehr hat ungeachtet des beschreibenden Charakters von „med“ keine Veranlassung, dieses Wortelement, das am besonders beachteten Anfang der ersten Zeile des Zeichens steht und die größte Schrifttype aufweist, völlig zu vernachlässigen. Demzufolge wird der Verkehr die angegriffene Marke klanglich mit „med-koh“ benennen.
Soweit der Beschwerdeführer argumentiert, der mittlere Punkt der Grafik könne auch als optisch verfremdetes „e“, „a“ oder „o“ gelesen werden und verbinde die Wortbestandteile zu „medecoo“, „medacoo“ oder „medocoo“ (bzw. klanglich zu „me-de-koh“, „me-da-koh“ oder „me-do-koh“), vermag der Senat dem nicht zu folgen, da der Punkt eher als Teil der Linie und damit als rein graphisches Element denn als Buchstabe erscheint.
Jedenfalls große Teile der angesprochenen Verbraucher werden auch den Doppelvokal am Ende des jüngeren Zeichens als langes „O“ („-oh“) aussprechen. Die englische Aussprache „uh“ liegt trotz der weiteren, in der jüngeren Marke enthaltenen englischen Wortfolge eher fern, weil die Endsilbe „coo“ in englischen Begriffen nur selten vorkommt und der Verbraucher deshalb nicht ohne weiteres in dem Bestandteil „coo“ einen englischen Begriff vermutet. Das Verb „to coo“ bedeutet „gurren, girren“ bzw. „flüstern“ (vgl. http://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/englisch-deutsch/coo). Es gehört nicht zum englischen Grundwortschatz und wird deshalb vermutlich nicht einmal von englisch sprechenden Fachkreisen verstanden. Näherliegend und deshalb im Zeichenvergleich jedenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Aussprache „-koh“.
Stehen sich damit klanglich „med-koh“ auf Seiten der jüngeren Marke und „me-de-ko“ auf Seiten der Widerspruchsmarke gegenüber, besteht unter Berücksichtigung der maßgeblichen Faktoren in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr. Die Zeichen sind in fünf von sechs Lauten sowie am Wortanfang und –ende identisch, was bereits zu einer erhöhten klanglichen Ähnlichkeit führt. Zwar weist die Widerspruchsmarke eine zusätzliche Silbe auf. Diese befindet sich jedoch in der Wortmitte. Hinzu kommt, dass sich in dieser Mittelsilbe der erste Vokal wiederholt. Die genannte Abweichung vermittelt daher keinen auffällig abweichenden Klang. Dann aber kann in der Gesamtabwägung - angesichts der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie wegen der Identität der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen - eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht verneint werden, so dass die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle im tenorierten Umfang aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44 („Gesundheitsberatung“) anzuordnen war.
4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.