Entscheidungsdatum: 06.02.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 307 71 968.5
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. Februar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
Fichtenzauber
ist am 6. November 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der
"Klasse 3: Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Öle für Körper- und Schönheitspflege, insbesondere für Massagen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;
Klasse 5: pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Öle für medizinische Zwecke; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; Heilmittel, soweit in Klasse 5 enthalten;
Klasse 35: Groß- und Einzelhandel mit Waren der Klassen 3 und 5;
Klasse 44: medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen; Betrieb von Thermalbädern; Betrieb eines medizinischen Wellness-Zentrums; Durchführung von Massagen"
angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 18. Dezember 2009 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen und offengelassen, ob darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis anzunehmen sei. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Wort "Zauber" werde im Verkehr vielfach und für die unterschiedlichsten Erzeugnisse verwendet, um Waren und Dienstleistungen als solche oder hinsichtlich bestimmter Merkmale bzw. Eigenschaften werblich anpreisend als "einen Zauber", d. h. etwas Bezauberndes, als etwas mit großem, nur schwer erklärbarem Reiz oder Ausstrahlung zu bezeichnen. Bei "Fichten" handele sich um eine in Mitteleuropa stark verbreitete Nadelbaumsorte. Der Duft der Fichte werde in unterschiedlichsten Pflege- und Gesundheitsprodukten verwendet. Vergleichbare mit dem Begriff "Zauber" gebildete Wortkreationen seien zur Bezeichnung für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege im Werbesprachgebrauch üblich. Fichtenzauber weise in werbeüblich anpreisender Weise auf ein Produktmerkmal hin, dass nämlich die so bezeichneten Waren der Klassen 3 und 5 Fichtenduftaromen enthielten, die Dienstleistungen der Klasse 35 derartige Waren zum Gegenstand hätten und bei den Dienstleistungen der Klasse 44 Fichtenduftaromen, z. B. im Massageöl, eingesetzt werden würden.
Die hiergegen erhobene Erinnerung hat dieselbe Markenstelle durch Beschluss vom 30. Mai 2012 zurückgewiesen und zur Begründung ergänzend ausgeführt, das Wort "Fichte(n)" werde zur Beschreibung von Produkten eingesetzt, die Inhalts-, Aroma- oder Duftstoffe von Fichtenbäumen oder diesen Stoffen nachgebildete künstliche Aromen oder Düfte enthielten. Fichtennadelöl werde zur Herstellung von Parfüm, Badezusätzen sowie allgemein als Duft für Herrenprodukte eingesetzt. Darüber hinaus finde Fichtennadelöl in der modernen Medizin, z. B. als Bestandteil von Hustenmitteln, als Badezusatz oder in der Aromatherapie breite Verwendung. In seiner Gesamtheit weise Fichtenzauber auf Produkte hin, die in zauberhafter Weise Inhaltsstoffe der Fichte enthielten oder verwendeten, aber nicht auf einen bestimmten Hersteller. Zwischen dem Anmeldezeichen und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe ein enger beschreibender Bezug. Die Waren der Klassen 3 und 5 könnten Inhalts-, Aroma- oder Duftstoffe von Fichten oder diesen Stoffen nachgebildete künstliche Aromen oder Düfte enthalten. Die beanspruchten Handelsdienstleistungen hätten eine funktionelle Nähe zu derartigen Waren, mit denen Handel getrieben werde. Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44 weise Fichtenzauber anpreisend darauf hin, dass bei der Erbringung der Dienstleistungen in zauberhafter Weise die genannten Inhalts-, Aroma- oder Duftstoffe verwendet werden würden.
Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Marke könne von den angesprochenen Verkehrskreisen durchaus gleichzeitig als werbliche Anpreisung und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren und Dienstleistungen wahrgenommen werden. Bei einer "Fichte" handele es sich zunächst einmal um einen Nadelbaum. Als "Fichte" werde aber auch das entsprechende Holz bezeichnet. Um zu Inhalts-/Aroma- und/oder Duftstoffen zu gelangen, seien weitere Denkprozesse erforderlich. Der Markenbestandteil "Fichte" laute gerade nicht "Fichtennadelöl". Auch "Zauber" verfüge über verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Alle diesbezüglichen Interpretationsversuche bewegten sich in einem leicht nebulösen Bereich. "Zauber" bedeute auch "Blödsinn", "Quatsch" oder "Unsinn". Es frage sich auch, was darunter zu verstehen sein solle, wenn ein Produkt "in zauberhafter Weise" einen Inhaltsstoff enthalte.
Sie beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR Int. 2012, 914, 916, Rn. 23 - WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH; GRUR 2012, 610 Rn. 42 - Freixenet; GRUR 2010, 228, 229, Rn. 33 - Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2013, 731, 732, Rn. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rn. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, 1045 Rn. 9 - Neuschwanstein). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230, Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rn. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rn. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rn. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, 1045, Rn. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rn. 8 - Link economy).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rn. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826, Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006).
Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271, Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Rn. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
Nach diesen Grundsätzen fehlt dem zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Zeichen Fichtenzauber jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Das Anmeldezeichen Fichtenzauber ist lexikalisch nicht nachweisbar. Es besteht für die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise erkennbar aus den Elementen "Fichten" und "Zauber".
Das Wort "Fichte" bezeichnet "einen hochwachsenden Nadelbaum mit meist gleichmäßig um den Zweig angeordneten kurzen, einzelnen Nadeln und länglichen, hängenden Zapfen", eine "Rottanne" oder das "Holz der Fichte". "Zauber" beschreibt die "Handlung des Zauberns", "Zauberkraft", eine "auf gleichsam magische Weise anziehende Ausstrahlung, Wirkung; Faszination" oder umgangssprachlich abwertend "etwas, was für übertrieben, unnötig, lästig gehalten wird". Mit dem Ausdruck "Entspannender Duftzauber" wird in einem Beitrag über "Sauna-Aufgüsse und ihre Wirkung" auf einen "Zauber", also eine besondere Wirkung, hingewiesen, den ein Aroma-Aufguss entfalten kann (www.shape.de, Anlage 3 zum Erstbeschluss). Unter der Überschrift "Zauber der Düfte" berichtete der Bayerische Rundfunk am 18. Dezember 2009 über "Wohlgerüche und ihre Geschichten" (Anlage 4 zum Erstbeschluss). Als Hinweis auf eine besondere Wirkung findet sich "-zauber" auch in der Themenangabe "Rosenzauber" in einer Abhandlung über "Aromatherapie, Aromapflege und Aromakultur", in der es um die "Rose" als Pflanze, Symbol und Kulturgegenstand und die Herstellung und Verwendung von "Rosenöl" geht (vgl. Forum-Essenzia e.V., Ausgabe 20-2001, Anlage 1 zum Erstbeschluss). Entsprechend findet das Adjektiv "zauberhaft" als Eigenschaftsversprechen in Verbindung mit einem Wertversprechen in der Sprache der Werbung Verwendung, z. B. "Ein zauberhafter Ideen-Sommer" oder "Ein zauberhafter Blickfang" (vgl. Wörterbuch der Werbesprache, 1. Auflage, S. 257). In zahlreichen Entscheidungen des Bundespatentgerichts sind Kombinationen von Bezeichnungen eines Gegenstands mit dem Wortbildungselement "-zauber" als werbemäßige Anpreisung dieses Gegenstands oder damit zusammenhängender Produkte angesehen worden (vgl. BPatG 30 W (pat) 62/10 - Brautzauber; 24 W (pat) 140/05 - Zitrus-Zauber; 25 W (pat) 72/09 - WEIHNACHTS-ZAUBER; 26 W (pat) 160/09 - Pfirsich-Zauber; 26 W (pat) 43/10 - Küchenzauber; 29 W (pat) 196/10 - Küchenzauber; BPatG 32 W (pat) 389/95 - Früchtezauber; 27 W (pat) 166/10 - Figurzauber).
Hiervon ausgehend ist die Markenstelle zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass Fichtenzauber als Werbeaussage produktbezogener Art auf die Verwendung von Fichtennadelöl (und eine damit verbundene besondere Wirkung) hinweisen kann.
Dies gilt zunächst für die so gekennzeichneten Waren der Klassen 3 und 5, die traditionell ätherische Öle enthalten und in einer bestimmten Weise "riechen" und deshalb Fichtennadelöl enthalten können. Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 "Groß- und Einzelhandel mit Waren der Klassen 3 und 5" können ebensolche Waren zum Gegenstand haben. Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44 "medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen; Betrieb von Thermalbädern; Betrieb eines medizinischen Wellness-Zentrums; Durchführung von Massagen" kann Fichtenzauber anpreisend auf die Verwendung von Fichtennadelöl bei diesen Dienstleistungen hinweisen. So werden Massagen, Saunaaufgüsse und Bäder mit Fichtennadelöl angeboten, wie z. B. ein "Fichtenölbad" in der Gesundheitstherme "Wildbad Einöd". Auf der Internetseite www.aetherische-oele.net heißt es z. B. "Ein Vollbad in Fichtennadelöl entspannt und erfrischt zugleich …" (vgl. die Anlagen zum Erinnerungsbeschluss).
Als Werbeaussage produktbezogener Art wird Fichtenzauber in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden. Damit kann das Zeichen die Hauptfunktion einer Marke, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Bezeichnung ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.