Entscheidungsdatum: 27.10.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 307 02 368
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Hartlieb
beschlossen:
Die Beschwerde und der Kostenantrag des Widersprechenden werden zurückgewiesen.
I.
Die am 18. Januar 2007 angemeldete Wort-/Bildmarke (farbig: blau, grün, beige, rosa, weiß, schwarz)
ist am 20. Dezember 2007 unter der Nummer 307 02 368 unter anderem für die Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege, nämlich Wellnessbehandlungen“ in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 25. Januar 2008.
Gegen die Eintragung ist am 17. März 2008 - nur gerichtet gegen die oben genannten Dienstleistungen - Widerspruch erhoben worden aus der am 22. Juni 2001 unter anderem für die Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege“ eingetragenen Marke 301 22 510
Wolke 7.
Der Widerspruch ist nur auf diese Dienstleistungen gestützt.
Ausgehend von einer zulässig erhobenen und fortbestehenden Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG hat die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 2. Dezember 2009 den Widerspruch wegen fehlender Glaubhaftmachung der Benutzung zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt. Er meint, dass die Widerspruchsmarke im maßgeblichen Zeitraum für die Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege“, nämlich für „Wellnessbehandlungen“, rechtserhaltend benutzt worden sei. Insoweit bestehe wegen des in der angegriffenen Marke enthaltenen Bestandteils „Wolke Sieben“ Verwechslungsgefahr, da die Marken dadurch überwiegend identisch seien. „Wolke 7“ beschreibe einen Ort des Wohlfühlens, der Entspannung und Geborgenheit, der bei Gesundheits- und Schönheitspflege im Vordergrund stehe; dieser Assoziation bediene sich die Inhaberin der angegriffenen Marke und verletze hierdurch seine Rechte.
Der Widersprechende beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Dezember 2009 aufzuheben und die Marke 307 02 368 im angegriffenen Umfang zu löschen sowie der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat sich im Beschwerdeverfahren auf ihren Vortrag im Patentamtsverfahren bezogen. Dort hat sie ausgeführt, dass der Widersprechende ein Hotel betreibe, das über einen Wellness- und SPA-Bereich unter der Bezeichnung „Wellness-Paradies Wolke 7“ verfüge; darüber hinaus bestehe keine Benutzung, weshalb insoweit die Einrede der fehlenden Benutzung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG erhoben werde. Wegen unterschiedlicher Marken bestehe angesichts der unterschiedlichen Schreibweise des Wortes „Wolke“, das isoliert nicht schutzfähig sei, der Verwendung der ausgeschriebenen Form der Zahl 7 und der Darstellung eines Schafes aber auch keine Verwechslungsgefahr.
Der Senat hat den Verfahrensbeteiligten mit Zwischenbescheid vom 11. Juli 2011 Unterlagen zur Verwendung des Begriffs „Wolke Sieben“ zugeschickt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden ist in der Sache ohne Erfolg, weil die sich gegenüberstehenden Marken nicht der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unterliegen.
1. Dahin gestellt bleiben kann, ob von der Inhaberin der angegriffenen Marke im Verfahren vor dem Patentamt die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke überhaupt bezüglich der für das Widerspruchsverfahren maßgeblichen Dienstleistungen aufgeworfen worden ist, ob der Widersprechende eine Benutzung hinreichend glaubhaft gemacht hat oder ob die etwa erhobene Einrede der mangelnden Benutzung fallengelassen wurde. Denn selbst wenn zugunsten des Widersprechenden unterstellt wird, dass die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die für das Widerspruchsverfahren maßgeblichen Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege“ hinreichend glaubhaft gemacht worden ist, scheitert der Widerspruch jedenfalls daran, dass zwischen der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
2. Ob Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren/Dienstleistungen und der bei der Auswahl bzw. Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria SpA/HABM; GRUR 2006, 413 ff., - Nr. 17 - ZIRH/SIR; GRUR 2006, 237 ff., - Nr. 18 - Picaro/Picasso; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. § 9 Rdn. 32, 33).
Die sich angesichts des beschränkt erhobenen Widerspruchs gegenüberstehenden Dienstleistungen der Gesundheits- und Schönheitspflege können identisch sein.
Allerdings kann der Widerspruchsmarke Wolke 7 hinsichtlich der Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege“ wegen der in werbemäßig anpreisender Form darin enthaltenen sachbezogenen Angabe nur eine minimale Kennzeichnungskraft zuerkannt werden. Dem steht die Tatsache ihrer Registrierung nicht entgegen, da einer Marke hierfür nur nicht jede Unterscheidungskraft zu fehlen braucht, also bereits ein geringer Grad an Kennzeichnungskraft für die Registrierung genügt (vgl. BGH GRUR 2007, 1066, 1068, Nr. 30 - Kinderzeit; GRUR 2008, 905, 907, Nr. 20 - Pantohexal).
Die Redensart „auf Wolke Sieben schweben“ bezeichnet einen Zustand außergewöhnlicher Hochstimmung und des Überglücklichseins (vgl. Duden, Redewendungen, 3. Aufl., S. 880). Innerhalb der beteiligten Verkehrskreise ist damit von einem Verständnis der Bezeichnung Wolke 7 im Zusammenhang mit „Gesundheits- und Schönheitspflege“ in dem Sinn auszugehen, dass durch die Inanspruchnahme dieser Dienstleistungen ein Zustand des besonderen Wohlbefindens erreicht werden soll. Der Widersprechende selbst hat dazu ausgeführt, dass mit „Wolke Sieben“ ein Zustand des Wohlfühlens, der Entspannung und Geborgenheit beschrieben werde, der bei Gesundheits- und Schönheitspflege im Vordergrund stehe. Dies belegen auch die vom Widersprechenden vorgelegten Unterlagen, die unter anderem darauf Bezug nehmen, dass die Gäste im Wellnessparadies des Widersprechenden auf Wolke sieben schweben (z. B. Werbeanzeige in „rostfrei“ 03/2007). Aus den vom Senat mit dem Zwischenbescheid übersendeten Belegen zur Verwendung der Bezeichnung „Wolke 7“ ergibt sich, dass „Wolke 7“ auf dem einschlägigen Sektor der „Gesundheits- und Schönheitspflege“, zu dem auch sogenannte „Wellness-Behandlungen“ gehören, häufig im genannten Sinn werblich anpreisend verwendet wird. So bietet ein Hotel ein Arrangement mit Kräuterpeeling im Dampfbad, Bierpackung im Wasserschwebebett, Massage von Rücken und Nacken, Champagner- und Gesichtsbehandlung mit „Kuschelzeiten zu Zweit - schweben auf Wolke 7“ an. Eine Hotelkette bewirbt ein Angebot in Verbindung mit Schönheits- und Gesundheitspflege mit „Auf Wellness Wolke 7 in Hamburg und Berlin“. Eine Pension am Bodensee wirbt unter Hinweis auf Sauna, Körperpeeling und Thalasso-Bad mit „Auf Wolke 7 - Zwei Tage Bodensee-Wellness“.
Im für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (auch) maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den aus der Widerspruchsmarke erhobenen Widerspruch (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 904, Nr. 14 - SIERRA ANTIGUO) Ende Oktober 2011 ist damit bei der Bezeichnung Wolke 7 für die Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege“ von einer in werbemäßig anpreisender Form rein sachbezogenen Angabe auszugehen.
Dies kann allerdings nicht dazu führen, dass der Widerspruchsmarke der Schutz gänzlich zu versagen ist. Denn das Patentamt wie auch das Bundespatentgericht als Rechtsmittelgericht sind im Widerspruchsverfahren - ebenso wie die Zivilgerichte im Verletzungsverfahren - hinsichtlich der Eintragungsvoraussetzungen und Eintragungshindernisse an die Eintragung der Marke gebunden (vgl. BGH GRUR 2007, 780, 782, Nr. 14 - Pralinenform; GRUR 2008, 798, 799, Nr. 14 - POST; GRUR 2008, 905, 907, Nr. 20 - Pantohexal).
Nicht von der Bindungswirkung berührt wird hingegen die Frage der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, deren Grad von der jeweiligen Instanz im Widerspruchsverfahren selbständig bestimmt werden kann (vgl. BGH GRUR 2008, 905, 907, Nr. 20 - Pantohexal). Vorliegend kann der Grad der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nach den vorstehenden Ausführungen nur als äußerst niedrig angesetzt und ihr daher nur ein sehr enger Schutzumfang zugebilligt werden (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 965 - AntiVir/AntiVirus; GRUR 2008, 803, 804, Nr. 22 - HEITEC; BPatG GRUR 2002, 68, 69 - COMFORT HOTEL). Insbesondere ist bei einer Marke, die wie die vorliegende nur aus einer werbemäßig anpreisenden, rein sachbezogenen Angabe besteht, bei der also allein die sachbezogene Angabe das Maß der ihr die Schutzfähigkeit verleihenden Eigenprägung und Unterscheidungskraft bildet (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 965 - AntiVir/AntiVirus; GRUR 2008, 803, 804, Nr. 22 - HEITEC), der Schutzumfang dementsprechend auf im Wesentlichen identische Marken zu begrenzen, deren Kennzeichnungsfunktion ebenfalls allein oder im Wesentlichen auf der beschreibenden Angabe beruht, die also dem Verkehr ebenso wie die ältere Marke nur die sachbezogene, beschreibende Angabe selbst als - einziges - Kennzeichenmittel präsentieren. Dagegen würde man den Schutz einer solchen Marke unberechtigt ausdehnen, wenn man ihn darüber hinaus auch auf Zeichen erstreckt, in denen gerade nicht die beschreibende Angabe bzw. die beschreibende Angabe allein als betrieblicher Herkunftshinweis fungiert, sondern deren Kennzeichnungskraft auf einer Abwandlung der beschreibenden Angabe oder auf einem neben der beschreibenden Angabe enthaltenen weiteren kennzeichnungskräftigen Bestandteil basiert. So aber verhält es sich bei der angegriffenen Marke.
In dieser ist die die Widerspruchsmarke bildende Angabe Wolke 7 schon nicht in identischer Form enthalten. Vielmehr ist diese Angabe dahin abgewandelt, dass unter Verwendung einer Schreibschrift der Buchstabe „l“ in dem Wort „Wolke“ verdoppelt wiedergegeben ist. Die Zahl „sieben“ ist außerdem nicht als Ziffer, sondern als Wort ausgeschrieben dargestellt. Ob bereits diese Abwandlung für sich geeignet ist, einen ausreichenden Abstand von der Widerspruchsmarke zu schaffen, kann vorliegend jedoch dahingestellt bleiben. Denn hinzu kommt, dass die angegriffene Marke mit dem stilisiert gezeichneten Schaf ein Bildelement aufweist, das in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet. Jedenfalls beides zusammen führt aus dem engen Schutzumfang der Widerspruchsmarke heraus.
Zwar wird, worauf der Widersprechende wohl mit seinem Hinweis auf klangliche Markenähnlichkeit hinaus will, der klangliche Gesamteindruck einer Wort-/Bild-Marke in der Regel durch den Wortbestandteil geprägt (vgl. etwa BGH GRUR 2008, 258, 260, Nr. 23 - INTERCONNECT/T-Interconnect; GRUR 2008, 903, 905, Nr. 25 - SIERRA ANTIGUO). Diesem Erfahrungssatz steht im vorliegenden Fall auch nicht der Rechtssatz entgegen, dass schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente einer kombinierten Marke im allgemeinen bereits aus Rechtsgründen nicht geeignet sind, den Gesamteindruck der Marke zu prägen (vgl. hierzu etwa BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT; GRUR 2003, 1040, 1043 - Kinder). Denn dieser Rechtssatz ist letztlich nur ein Ausfluss des allgemeineren Grundsatzes, dass aus schutzunfähigen Elementen einer kombinierten Marke keine Rechte hergeleitet werden können. Damit bezieht er sich in erster Linie auf die ältere Marke. Dagegen ist es keineswegs ausgeschlossen, einem schutzunfähigen oder kennzeichnungsschwachen (Wort-)Element der angegriffenen jüngeren Marke eine dominierende oder prägende Stellung zuzumessen, wenn gerade dieses Element durch die Gestaltung der Gesamtmarke dem Verkehr als das dominierende Element nahegebracht wird (vgl. BGH GRUR 1998, 930, 931 f. - Fläminger). Zur Kollisionsbegründung kann dies aber nur führen, wenn der Schutzumfang der älteren Marke dies rechtfertigt. So kann Verwechslungsgefahr bestehen, wenn durch die dominante markenmäßige Herausstellung eines schutzunfähigen Bestandteils eine Kollision mit einer normal kennzeichnungskräftigen älteren Marke herbeigeführt wird (vgl. den Fall BGH GRUR 1998, 930 - Fläminger). Besteht dagegen die ältere Marke, wie im vorliegenden Fall, ihrerseits nur aus der betreffenden schutzunfähigen Angabe, so ist es ausgeschlossen, dass durch eine Abwandlung dieser Angabe in der jüngeren Marke in den Schutzbereich der älteren Marke eingegriffen wird. Das ist keine Frage der Prägung, sondern schlicht Folge des geringen Schutzumfangs.
Im Ergebnis ist daher bei der anzustellenden umfassenden Würdigung aller kollisionsrelevanter Faktoren des vorliegenden Falles, trotz der starken klanglichen Ähnlichkeit, die die Wortbildung „Wolke Sieben“ in der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke Wolke 7 aufweist, sowie der möglichen Identität der maßgeblichen beiderseitigen Dienstleistungen, unter Berücksichtigung der ausgeprägten Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke und ihres infolgedessen stark beschränkten Schutzumfangs eine rechtlich beachtliche Verwechslungsgefahr zwischen den Marken zu verneinen.
3. Der Kostenantrag des Widersprechenden ist nicht begründet. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt. Für eine Abweichung von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände. Die Tatsache des Unterliegens des Widersprechenden schließt es nicht von vornherein aus, dass dem Obsiegenden die Kosten auferlegt werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rdn. 11 m. w. N.); Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen würden, in Abweichung vom genannten Grundsatz die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Inhaberin der angegriffenen Marke aufzuerlegen, sind indessen weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus diesem Grund kommt auch, soweit mit der Beschwerde die Kostenentscheidung des Patentamts überhaupt angegriffen sein sollte, eine Auferlegung der Kosten des Patentamtsverfahrens nicht in Betracht.