Entscheidungsdatum: 19.01.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 305 64 750.4
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2010 (30. Juli 2009) unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Vogel von Falckenstein, der Richterin Winter und des Richters Paetzold
beschlossen:
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 vom 24. April 2006 und 31. Januar 2007 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung auch für folgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen wurde: „Ferngläser, Videorekorder, Projektionsgeräte, Stative; Dienstleistungen eines Einzelhandelsunternehmens, nämlich die Zusammenstellung eines Sortiments von Ferngläsern, Videorekordern, Projektionsgeräten, Stativen“.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die farbige Wort-Bild-Marke (rot, blau)
für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 1, 16, 35 und 40
"Unbelichtete Filme, Fotopapiere und Farbbilder (soweit in Klasse 1 enthalten); elektrische oder elektronische Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten), nämlich Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton- und/oder Bild- und/oder elektronisch verarbeiteten Daten (soweit in Klasse 9 enthalten), insbesondere fotografische und optische Apparate und Instrumente, insbesondere Fotoapparate, Objektive, Ferngläser, Video, Filmkameras, Videorecorder, Videoprinter, Projektoren, Belichtungsmesser, Blitzgeräte, Leinwände, Diarahmen, Stative, Fototaschen und Adapter sowie Kabel und Geräte für die Entwicklung von Filmen; Papier und Papierwaren, nämlich Fotopapiere, Dienstleistungen eines Einzelhandelsunternehmens, nämlich Zusammenstellung eines Sortiments von unbelichteten Filmen; Fotopapiere und Farbbilder; elektrische oder elektronische Geräte, nämlich Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton- und/oder Bild- und/oder elektronisch verarbeiteten Daten, insbesondere fotografische und optische Apparate und Instrumente, insbesondere Fotoapparate, Objektive, Ferngläser, Video, Filmkameras, Videorekorder, Videoprinter, Projektoren, Belichtungsmesser, Blitzgeräte, Leinwände, Diarahmen, Stative, Fototaschen und Adapter sowie Kabel und Geräte für die Entwicklung von Filmen; Papier und Papierwaren, nämlich Fotopapiere; Materialbearbeitung, nämlich Entwicklung von fotografischen Filmen; Materialbearbeitung, nämlich Entwicklung von fotografischen Filmen“.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen vom 24. April 2006 und 31. Januar 2007 wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Der Verkehr werde bei der beanspruchten Marke lediglich einen direkten Bezug zu den angesprochenen Waren und Dienstleistungen herstellen, dass sie nämlich dazu geeignet seien, den Verbraucher schnell mit digitalen Fotos zu versorgen. Die Wortfolge sei in ihrer Gesamtheit weder mehrdeutig noch interpretationsbedürftig, zumal das Wort „fix“ in Redewendungen der Umgangssprache üblich sei. Als bloßem anpreisenden Sachhinweis fehle der Marke auch in ihrer grafischen Gestaltung, die sich in einer werbeüblichen Aufmachung erschöpfe, jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass die Schutzversagung der Markenstelle auf einer zergliedernden Betrachtungsweise beruhe; sie könne keinen Bestand haben, da bei Beurteilung der Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzuwenden sei. Ein beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sei nicht herstellbar, zumal die Wortfolge grammatikalisch nicht korrekt gebildet sei; selbst die Erinnerungsprüferin habe für viele Waren keinen beschreibenden Sinngehalt dargelegt. Im Übrigen seien ähnlich gebildete Wortmarken in den betroffenen Klassen eingetragen worden. Zumindest sorge die keineswegs werbeübliche bildliche Gestaltung der Marke für die erforderliche Unterscheidungskraft.
Da auch kein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege, könne der Marke die Eintragung nicht verwehrt werden.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschlüsse der Markenstelle vom 24. April 2006 und 31. Januar 2007 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.
An der vom Senat angesetzten mündlichen Verhandlung hat sie nicht teilgenommen. Mit Schriftsatz vom 14. August 2009 hat sie das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis in den Klassen 9 und 35 wie folgt beschränkt:
„Fotoapparate, Videorecorder, Projektionsgeräte, Filmkameras, Objektive, Stative, Ferngläser; Dienstleistungen eines Einzelhandelsunternehmens, nämlich die Zusammenstellung eines Sortiments von Filmen, Fotopapieren und Farbbildern, Fotoapparaten, Filmkameras, Objektiven, Ferngläsern, Videorekordern, Projektionsgeräten, Stativen“.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur zu einem Teil begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht auch nach der (zulässigen) Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses überwiegend zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft i. S. v von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom maßgeblichen Publikum, d. h. dem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen, als Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f. (Nr. 61, 62) „Orange“; GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) „Henkel“; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 23, 24) „SAT.2“; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) „ FUSSBALL WM 2006“; BGH WRP 2008, 1428 - Marlene Dietrich-Bildnis).
Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) „Postkantoor“; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 „marktfrisch“; GRUR 2001, 1153 „antiKALK“; GRUR 2005, 417, 418 „BerlinCard“) oder eine bloße Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art (vgl. BGH GRUR 2001, 735, 736 „Test it.“; GRUR 2002, 1070, 1071 „Bar jeder Vernunft“; GRUR 2009, 778 „Willkommen im Leben“) zuordnen.
Das gilt in gleicher Weise für Wortmarken in Form von Slogans, wie die vorliegende Marke einen darstellt. Wenngleich an solche Marken keine strengeren Maßstäbe anzulegen sind als an sonstige Arten von Zeichen, ist allerdings zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbesprüchen vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen schließen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 32 - 35) „ DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT “). So werden die betroffenen Verkehrskreise einem Zeichen, das ihnen nicht auf Anhieb einen für ihren Erwerbswunsch relevante Herkunfts- und/oder Bestimmungsangabe, sondern ausschließlich eine abstrakte Werbeaussage vermittelt, nur wenig Aufmerksamkeit entgegenbringen und sich weder damit aufhalten, den verschiedenen denkbaren Funktionen des Ausdrucks nachzugehen, noch sich diesen als Marke einzuprägen (vgl. EuG GRUR Int. 2008, 853 f. Rz. 22 - Substance for Success).
Als einen derartigen Werbespruch, dem die angesprochenen Verkehrskreise für die meisten beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich eine im Vordergrund stehende werblich anpreisende Aussage, nicht jedoch die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises entnehmen werden, hat die Markenstelle die angemeldete Wortfolge zu Recht bewertet. Sie ist aus allgemein geläufigen Wörtern des deutschen Sprachschatzes gebildet und in ihrem Aussagegehalt eindeutig. Vor diesem Hintergrund werden die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Kontext der meisten zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ohne weiteres Nachdenken als werbeüblichen Hinweis auf eine Dienstleistung oder auf Waren verstehen, die dazu geeignet seien, den Verbraucher schnell mit digitalen Fotos zu versorgen (schnell ein Foto in digitaler Qualität).
Das gilt zuerst für die beanspruchten Waren der Klassen 1 und 16 „unbelichtete Filme, Fotopapiere und Farbbilder (soweit in Klasse 1 enthalten); Papier und Papierwaren, nämlich Fotopapiere“, für die der beschreibende Gehalt auf der Hand liegt. Des weiteren steht der beschreibende Gehalt der Marke auch für die Waren der Klasse 9 „Fotoapparate, Objektive, Filmkameras“ im Vordergrund, da auch sie für die schnelle Aufnahme eines digitalen Fotos besonders geeignet sein können, z. B. wegen der Ausstattung eines schnell reagierenden Autofokus-Systems. Gleichermaßen gilt der rein anpreisende Charakter der Marke für die Dienstleistungen der Klasse 40 „Materialbearbeitung, nämlich Entwicklung von fotografischen Filmen“, da die Marke lediglich darauf hinweist, dass die Bearbeitung schnell ein digitales Foto erzeugt.
Schließlich steht auch für die „Dienstleistungen eines Einzelhandelsunternehmens, nämlich die Zusammenstellung eines Sortiments von Filmen, Fotopapieren und Farbbildern, Fotoapparaten, Filmkameras, Objektiven“ die Bestimmungsangabe dermaßen im Vordergrund, dass der Verkehr in der Marke keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen wird.
Insoweit erschöpft sich die Marke somit ausschließlich in einer Bezeichnung, die in werbeüblicher Weise auf das fraglichen Waren- und Dienstleistungsspektrum hinweist. Der Verkehr wird dies ohne weitere Überlegungen erkennen und die Wortkombination nur in diesem Sinne und damit als beschreibenden Sachhinweis, nicht aber als betriebliches Herkunftszeichen im Sinne des Markenrechts verstehen.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin lässt sich die Unterscheidungskraft auch nicht aus der grafischen Gestaltung des Gesamtzeichens herleiten. An diese Ausgestaltung sind nämlich um so höhere Anforderungen zu stellen, je kennzeichnungsschwächer die Wortelemente sind (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK). Diesen erhöhten Anforderungen genügen die hier eingesetzten Stilmittel keineswegs. Sie bestehen aus der Verwendung von Groß- und Kleinbuchstaben, Standard-Schrifttypen in verschiedener Stärke sowie verschiedene Farben für die drei Worte (blau und rot). Derartige Ausgestaltungen gehören zu den einfachsten allgemein üblichen Hervorhebungsmitteln, so dass dadurch keine schutzbegründende Verfremdung der Gesamtmarke eingetreten ist.
Da der angemeldeten Marke somit bereits die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kann die Frage, ob an ihrer freien Verwendung auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, dahinstehen, obwohl angesichts des klaren Aussagegehaltes der Marke zumindest für einige der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dies nahe liegt.
Soweit die Anmelderin auf eingetragene ähnliche Marken verweist, kann sie damit nicht durchdringen, da diese nur ähnlich, aber nicht identisch sind und sich aus solchen Voreintragungen ohnehin kein Eintragungsanspruch ableiten lässt (vgl. BGH a. a. O. - „Willkommen im Leben“)
Hingegen liegen entgegen der Auffassung der Markenstelle keine Versagungsgründe hinsichtlich der verbleibenden Waren „Ferngläser, Videorekorder, Projektionsgeräte, Stative“ und die darauf bezogenen „Dienstleistungen eines Einzelhandelsunternehmens, nämlich die Zusammenstellung eines Sortiments von Ferngläsern, Videorekordern, Projektionsgeräten, Stativen“ vor. Insofern ist kein ausreichender Zusammenhang zwischen den Waren bzw. Dienstleistungen und dem Bedeutungsgehalt der Marke erkennbar. Die angesprochenen Verkehrskreise werden kaum annehmen können, dass die Waren und Dienstleistungen irgendwelchen Einfluss auf schnelle digitale Fotos haben werden. Die Markenstelle hat auch ihre Aussage insoweit nicht näher begründet.
Die Beschwerde konnte daher nur in dem im Tenor genannten Umfang Erfolg haben.