Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.08.2015


BPatG 27.08.2015 - 30 W (pat) 23/13

Markenbeschwerdeverfahren – "sweat off – Free your life" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
27.08.2015
Aktenzeichen:
30 W (pat) 23/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 033 270.3

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 27. August 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, des Richters Merzbach sowie des Richters Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

sweat off – Free your life.

3

ist am 20. Juni 2011 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die Waren und Dienstleistungen

4

„Klasse 3: Mittel zur Körper- und Schönheitspflege

5

Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate für die Gesundheitspflege

6

Klasse 9: Wissenschaftliche Apparate, insbesondere Leitungswasser-Iontophoresegeräte

7

Klasse 21: Kosmetische Geräte

8

Klasse 25: Bekleidungsstücke

9

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungs- und Forschungsarbeiten, insbesondere Forschungen auf dem Gebiet der Kosmetik

10

Klasse 44: Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“

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angemeldet worden.

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Die Markenstelle für Klasse 44 hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 22. September 2011 und 17. Mai 2013, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil es der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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Das Anmeldezeichen setze sich aus den Wortfolgen „sweat off“ und „Free your life“ zusammen, welche mit „Schweiß weg/ab“ bzw. „Befreie Dein Leben“ zu übersetzen seien. In diesem Sinne würden die Wortfolgen nicht nur die am zwischenstaatlichen Handel beteiligten und mit der Welthandelssprache Englisch vertrauten Fachkreise, sondern auch allgemeine Verkehrskreise verstehen. Beide Wortfolgen seien aus Begriffen des englischen Grund- und Aufbauwortschatzes gebildet. Der allgemeine Verkehr verfüge im Kosmetik- und Gesundheitsbereich zudem über erhöhte Fremdsprachenkenntnisse. Ferner sei er im vorliegend maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereich sowohl mit dem Begriff „sweat“ vertraut als auch an Wortkombinationen mit „off“ gewöhnt. Dies gelte auch für die Wortfolge „Free your life“, die sich in vergleichbar gebildete und allgemein verständliche Sprüche wie „free your mind“, „free your body“, „free your soul“ einreihe.

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Ein wesentlicher Teil des angesprochenen Verkehrs werde „sweat off“ dann aber in Bezug auf die beanspruchten Waren als Sachhinweis auf deren Bestimmung verstehen. So könnten „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate für die Gesundheitspflege“ der Reduzierung der Schweißbildung dienen. Gleiches gelte für „wissenschaftliche Apparate“ und „kosmetische Geräte“ sowie unter Einsatz dieser Geräte erbrachte Dienstleistungen im Rahmen der „Gesundheits- und Schönheitspflege“ (Klasse 44). „Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungs- und Forschungsarbeiten“ könnten darauf gerichtet sein, die Schweißbildung zu reduzieren. Für „Bekleidungsstücke“ sei das Element „sweat off“ ebenfalls zur Merkmalsbeschreibung geeignet, weil es bestimmte Materialien und Fasern gebe, die besser als andere geeignet seien, den Schweiß vom Körper weg zu transportieren, was z. B. bei sportlicher Betätigung als angenehm empfunden werde und dadurch leistungssteigernd wirken könne. Gerade im Bereich von Sportkleidung, die von den Waren „Bekleidungsstücke“ umfasst sei, erscheine es daher naheliegend, diese Eigenschaft kauffördernd in den Vordergrund zu stellen.

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Die Wortfolge „Free your life“ ergänze das Zeichen insoweit, als in werblich-anpreisender Form die Folge der mit „sweat off“ versprochenen Wirkung auf den Abnehmer der Ware oder Dienstleistung beschrieben werde, nämlich dass er damit „sein Leben befreie“. Gerade weil mit „sweat off“ das Abstellen einer für betroffene Menschen womöglich als belastend empfundenen Situation in Aussicht gestellt werde, sei die zweite Wortfolge des Zeichens „Free your life“ unmittelbar und ohne Weiteres verständlich, ohne dass es analysierender Zwischenschritte bedürfe. Dies gelte insbesondere in Bezug auf „Bekleidungsstücke“. Der Verkehr werde dem Gesamtzeichen insoweit nur die schlagwortartige Sachaussage entnehmen, dass der Gebrauch der so bezeichneten Bekleidungsstücke den „Schweiß weg“ transportiere und dadurch das Leben (in welcher Form auch immer) befreie. Dass unklar bleibe, ob es sich um die „Befreiung des Lebens“ von Geruch, Unwohlsein, Verletzung oder ähnlichem handele, verhelfe dem Zeichen nicht zur Schutzfähigkeit, weil gerade Slogans häufig mit mehr oder weniger verschwommenen Sachaussagen arbeiteten und dadurch ihren Werbeeffekt erzielten, ohne dass sie dadurch in markenrechtlicher Sicht ohne Hinzutreten weiterer charakteristischer Merkmale als Herkunftshinweis geeignet wären. Da der zweite Teil „Free your life“ die auf den Anwender bezogene Auswirkung des ersten Teils „sweat off“ beschreibe, gehe das angemeldete Zeichen auch in seiner maßgeblichen Gesamtheit nicht über die Summe der Einzelbestandteile hinaus. Das angemeldete Zeichen weise im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Bedeutung auf, die ohne analysierende Betrachtungsweise und gedankliche Zwischenschritte für die angesprochenen Kreise erfassbar und auch nicht mehrdeutig oder interpretationsbedürftig sei.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung hat sie sinngemäß ausgeführt, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass der deutsche Durchschnittsverbraucher „sweat off“ ohne Weiteres im Sinne von „Schweiß weg / abschwitzen“ verstehe.Im deutschen Sprachgebrauch sei das Wort „sweat“ nur in Zusammenhang mit „Sweater“ oder „Sweatshirt“ bekannt, welche mit „veraltend für Pullover“ bzw. „weit geschnittener Pullover“ übersetzt würden. Eine gedankliche Verbindung mit dem körperlichen Vorgang des Schwitzens sei daher fernliegend. Niemand würde auf die Idee kommen, „Sweater“ mit „Schwitzer“ oder „Sweatshirt“ mit „Schwitzhemd“ zu übersetzen.

17

 Zudem dürften die Fremdsprachenkenntnisse beim deutschen Durchschnittsverbraucher nicht überschätzt werden. Auch wenn der Verkehr an Wortfolgen in englischer Sprache mittlerweile gewöhnt sei, so verfüge doch ein erheblicher Bevölkerungsteil nur über unzureichende Englischkenntnisse. Dementsprechend hätten mehrere Studien des Unternehmens Endmark aus den Jahren 2003, 2008 und 2009 ergeben, dass die Mehrheit der inländischen Verbraucherkreise englischsprachige Werbeslogans nicht richtig übersetze.

18

Die Wortfolge „(to) sweat off“ könne zudem als Verb mit der Bedeutung „abschwitzen“ i. S. einer Verringerung des Körpergewichts durch Schwitzen verstanden werden, was ein beschreibendes Verständnis in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausschließe, da diese in keinem Zusammenhang mit einer Gewichtsreduzierung stünden. Die Wortfolge „sweat off“ sei daher mehrdeutig und in einem Mindestmaß interpretationsbedürftig, ohne dass ein für die maßgeblichen Waren und Dienstleistungen beschreibender Sinngehalt im Vordergrund stehe.

19

Auch hinsichtlich des Markenbestandteils „Free your life.“ könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr diese Wortfolge wortgenau ins Deutsche übersetze und im Sinne von „Befreie Dein Leben.“ verstehe.

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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. September 2011 und 17. Mai 2013 aufzuheben.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

23

Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen.

24

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) - Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) – Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) – Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) – Link economy).

25

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

26

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Nr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).

27

An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von schlagwortartigen Wortkombinationen wie die hier vorliegende Bezeichnung sweat off – Free your life. sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH GRUR Int. 2012, 914, Nr. 25 - WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH; GRUR 2010, 228, Nr. 36 - Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, Nr. 32, 44 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949, Nr. 12 - My World; BGH GRUR 2009, 778, Nr. 12 - Willkommen im Leben). Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen (EuGH GRUR 2010, 228, Nr. 38 - Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, Nr. 35, 36 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse (EuGH GRUR 2010, 228, Nr. 39 - Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, Nr. 31, 32 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Auch wenn Werbeslogans keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbeslogans vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die angesprochenen Kreise aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen schließen. Bei nach Art eines Slogans gebildeten Wortfolgen wird der Verkehr diese daher als eine Beschreibung oder Anpreisung des Inhalts oder Gegenstands entsprechender Waren und Dienstleistungen auffassen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Nr. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft; EuG GRUR Int. 2003, 834, 835 f. - Best buy; GRUR Int. 2004, 944, 946 - Mehr für Ihr Geld). Nicht unterscheidungskräftig sind demzufolge spruchartige Wortfolgen, die lediglich in sprach- oder werbeüblicher Weise eine beschreibende Aussage über die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen enthalten oder sich in Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, Nr. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; BGH GRUR 2001, 735, 736 - Test it.).

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Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke sweat off – Free your life. in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

29

Mit der Markenstelle ist zunächst davon auszugehen, dass die angemeldete Wortfolge aus den englischsprachigen Wortfolgen „sweat off“ und „Free your life.“ gebildet ist, wobei der Trennungsstrich zwischen beiden Wortfolgen bewirkt, dass diese getrennt erfasst werden.

30

Die hier schutzsuchende Bezeichnung richtet sich an die an Kosmetikprodukten interessierten Endverbraucher ebenso wie an den am Handel mit diesen Produkten beteiligten Fachverkehr, wobei in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 eher der Fachverkehr im Vordergrund steht. In dieser Branche gehört die Welthandelssprache Englisch im Inland zu denjenigen Fremdsprachen, derer sich die Fachwelt und die fachspezifisch orientierte Werbebranche erfahrungsgemäß besonders häufig bedienen. Zudem dürfen die Englischkenntnisse des normal informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers nicht zu gering veranschlagt werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8 Rdnr. 168, 169). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die einzelnen, dem englischen Grundwortschatz entnommenen Begriffe der angemeldeten Wortfolge von den beteiligten Verkehrskreisen in ihrem Sinn- und Bedeutungsgehalt ohne Weiteres verstanden werden. Dies gilt entgegen der Auffassung der Anmelderin insbesondere auch für „sweat“ als englischer Begriff für „Schweiß“, zumal dieser Begriff – wie die Recherche der Markenstelle (Anlage 3, Bl. 89 – 93 VA) verdeutlicht - Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden hat.

31

Was die Wortfolge „sweat off“ in seiner wortsinngemäßen Bedeutung „Schweiß ab/weg“ betrifft, belegt die seitens der Markenstelle durchgeführte und der Anmelderin als Anlage 4 zum Beschluss vom 17. Mai 2013 übersandte Recherche (Bl. 94 – 99 VA), dass vergleichbare, mit „off“ in der Bedeutung „weg/ab“ gebildete englischsprachige Wortkombinationen wie z. B. „Wash-off“, „Soak-Off“, „Rinse-Off“ im vorliegend maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereich der Kosmetik Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden haben. Diese beschreiben in ihren jeweiligen deutschsprachigen Bedeutungen „abwaschen“, „einweichen“ bzw. „abspülen“ in Zusammenhang mit Haut- bzw. Haarpflegeprodukten schlagwortartig Bestimmungszweck und Wirkung der entsprechenden Körperpflege- und/oder Kosmetikprodukte. Ausgehend davon werden die beteiligten Verkehrskreise, seien es Fachleute oder normal informierte und verständige Durchschnittsverbraucher, insbesondere soweit sie an Körperpflege- und Kosmetikprodukten interessiert sind, in der Wortfolge „sweat off“ lediglich eine schlagwortartige, werbemäßige Bestimmungsangabe erkennen, dass die entsprechenden Waren- und Dienstleistungsprodukte dazu dienen bzw. dazu bestimmt sind, Schweißbildung zu beseitigen bzw. dessen Entstehung zu verhindern. Hingegen ist in Anbetracht der dargelegten werbesprachlichen Übung im Körperpflege- bzw. Kosmetikbereich ein von der Anmelderin angesprochenes abweichendes Verständnis i. S. von „abschwitzen“ nicht naheliegend.

32

Sämtliche von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen können ihrem Bestimmungszweck nach der Beseitigung bzw. Verhinderung von Schweißbildung dienen oder zumindest darauf gerichtet sein. Auf die zutreffenden Ausführungen im Erinnerungsbeschluss wird Bezug genommen. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf die Waren der Klasse 9 „Wissenschaftliche Apparate, …“, da die dazu in erster Linie, aber nicht ausschließlich („insbesondere“) beanspruchten Leitungswasser-Iontophoresegeräte als Therapiegeräte zur Behandlung von Schweißhänden und –füßen eingesetzt werden können.

33

Auch in Bezug auf die weitere Wortfolge „Free your life.“ wird das Verständnis durch die angesprochenen Verkehrskreise dadurch bestimmt, dass diese sich in vergleichbar gebildete und allgemein bekannte Wortfolgen wie „free your mind“, „free your body“, „free your soul“ einreiht. Wie der als Anlage 1 zum Beschluss vom 17. Mai 2013, Bl. 81 – 84 VA beigefügten Recherche entnommen werden kann, dienen diese gegenüber „free your life“ nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich vergleichbaren Wortfolgen bei vergleichbaren, teilweise sogar identischen Beauty- oder Wellnessprodukten dazu, eine wie auch immer sich gestaltende „befreiende“ Wirkung des jeweiligen Produkts in werblich-anpreisender Form herauszustellen. Der Verkehr wird dann aber auch „Free your life.“ in seiner wortsinngemäßen Bedeutung „Befreie Dein Leben“ als allgemeine Anpreisung verstehen, dass die jeweiligen, der Verhinderung bzw. Beseitigung von Schweiß dienenden Waren und Dienstleistungen ein befreiendes Gefühl vermitteln. Die Wortfolge weist für sich gesehen keine Originalität und Prägnanz auf, sondern beschränkt sich auf eine Abwandlung bereits bekannter und – wie die vorgenannte Recherche der Markenstelle belegt – umfangreich verwendeter „Free your …“-Werbeslogans. Die Wortfolge wird daher ausschließlich als werbewirksame Anpreisung verstanden, ohne einen über diese Werbefunktion hinausreichenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren bzw. Dienstleistungen zu vermitteln.

34

Der Verkehr wird das Zeichen auch in seiner Gesamtheit nicht als betriebskennzeichnenden Herkunftshinweis wahrnehmen. Für die Schutzfähigkeit der Gesamtmarke ist zwar nicht allein ausschlaggebend, ob die einzelnen Wortbestandteile unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist, ob der damit entstandenen Gesamtaussage die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung zukommt. Dabei muss nach der Rechtsprechung des EuGH berücksichtigt werden, dass eine ausschließlich aus beschreibenden Begriffen bestehende Wortneubildung im Allgemeinen ebenfalls als beschreibend angesehen werden kann, sofern kein merklicher Unterschied zwischen der Neubildung und der bloßen Summe der Bestandteile besteht. Ein derartiger relevanter Unterschied setzt sprachliche und begriffliche Besonderheiten voraus, welche die gewählte Verbindung als ungewöhnlich erscheinen lassen. Maßgeblich ist letztlich, ob der durch die Kombination bewirkte Gesamteindruck über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht oder sich in deren Summenwirkung erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Nr. 98 - 100 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, Nr. 39 - 41 - BIOMILD; GRUR 2006, 229, Nr. 34 - 37 - BiolD; GRUR 2010, 931, Nr. 61 -63 - COLOR EDITION). Für werblich-anpreisende Ausdrücke gilt insoweit nichts anderes.

35

Die Wortfolge „sweat off – Free your life.“ weist jedoch keine ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten, sondern erschöpft sich in einer für den Verkehr ohne Weiteres erkennbaren Kombination einer beschreibenden Wirkungs- bzw. Bestimmungsangabe („sweat off“), ergänzt um einen anpreisenden Werbeslogan („Free your life“). Dabei besteht vor dem Hintergrund, dass der Verkehr – wie bereits dargelegt – auf dem vorliegend maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsgebiet an vergleichbar gebildete schlagwortartige Bestimmungsangaben bzw. Werbeslogans gewöhnt ist, kein Raum für Fehlinterpretationen, so dass die von der Anmelderin genannten „Endmark Claim Studien“ zur Fehlinterpretation von Werbeslogans nicht von Bedeutung sind. Die Verbindung der einzelnen Bestandteile und der Gesamteindruck beschränken sich auf die Aneinanderreihung beschreibender bzw. rühmend-anpreisender Elemente, ohne einen darüber hinausreichenden herkunftshinweisenden Gesamteindruck zu vermitteln, woran auch der dem Wortbestandteil „life“ hinzugefügte Punkt als einfaches und zudem im Gesamteindruck kaum wahrgenommenes Element nichts ändert (vgl. BGH GRUR 2001, 735 – Test it.).

36

Soweit die Wortfolge dabei keine Information dazu enthält, in welcher Art und Weise die so bezeichneten Waren geeignet sind, Schweißbildung zu verhindern bzw. zu beseitigen, entspricht eine solche Unbestimmtheit bzw. Verallgemeinerung dem Charakter einer schlagwortartigen Werbeaussage, einen möglichst weiten Bereich warenbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte in einer schlagwortartigen und werbewirksamen Weise zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt). Eine solche vorhandene begriffliche Unschärfe der als Marke angemeldeten Bezeichnung steht einem Verständnis als Sachangabe und damit der Feststellung eines Eintragungshindernisses nicht entgegen (vgl. EuGH GRUR 2004, 192 – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 222 - BIOMILD; GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Der Sinn- und Bedeutungsgehalt der angemeldeten Bezeichnung bleibt für den Verkehr angesichts der in der Werbung verbreiteten Übung, Sachaussagen in verkürzenden und schlagwortartigen Wortfolgen zu vermitteln, eindeutig verständlich.