Entscheidungsdatum: 13.03.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2009 037 713
(hier: Löschungsverfahren S 275/10)
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Winter und des Richters Jacobi
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
I.
Die am 30. Juni 2009 angemeldete Wortmarke
VCV
ist am 20. Juli 2009 unter der Nummer 30 2009 037 713 für die Waren der
Klasse 9: „Elektrische Stufenschalter zur unterbrechungslosen Umschaltung von Regeltransformatoren auf dem Gebiet der Hochspannungstechnik“
eingetragen worden.
Der Antragstellerin hat am 21. Oktober 2010 die Löschung dieser Marke beantragt, da sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden sei. Die Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin ergebe sich aus der Störung eines schutzwürdigen Besitzstands der Antragstellerin und einem übermäßigen Einsatz der gewerblichen Schutzrechte der Antragsgegnerin im Wettbewerbskampf.
Beide Beteiligte seien als Hersteller auf dem Markt der Hochspannungsantriebsaggregate, insbesondere im Bereich der Laststufenschalter für Regeltransformatoren („OLTC“), tätig. Die Antragsgegnerin sei einer der traditionell führenden Hersteller. Die Antragstellerin sei seit dem Jahr 1989 im Markt aktiv und vermarkte ihre „OLTCs auf Ölbasis“ u.a. unter der Bezeichnung „CV“. Seit als neue Entwicklung Vakuumschalter hinzugekommen seien, vertreibe die Antragsstellerin letztere seit 2007 weltweit u.a. unter der Bezeichnung VCV. Die Antragsgegnerin habe mit der Anmeldung der Streitmarke VCV den schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin gestört. Auf ihrer Internetpräsenz halte die Antragstellerin seit dem 12. Dezember 2008 Informationen für Produkte unter der Kennzeichnung VCV bereit. Zudem sei sie mit dieser Kennzeichnung vor Anmeldung der Streitmarke auf Messen in Dubai, Mumbai, St. Petersburg, Mailand und Prag präsent gewesen. Die Antragsgegnerin habe als enge Wettbewerberin durch umfangreiche Überwachung der Aktivitäten der Antragstellerin und durch den Besuch der Messestände der Antragstellerin positive Kenntnis von diesem Besitzstand der Antragstellerin gehabt. Es habe sich der Antragsgegnerin aufgedrängt, dass die Antragstellerin die Streitmarke über kurz oder lang auch im Inland nutzen wolle, zumindest auf der von ihr stets besuchten Messe CWIEME in Berlin. Die Einführung einer neuen Marke „CV 2“ durch die Antragstellerin bedeute nicht, dass die Kennzeichnung VCV aufgegeben worden sei.
Die Antragsgegnerin setze darüber hinaus ihre gewerblichen Schutzrechte im Wettbewerbskampf übermäßig ein. So sei sie aus einer wenig ähnlichen Marke in den USA gegen die Antragstellerin vorgegangen und habe aus der Streitmarke sofort einstweiligen Rechtschutz gegen den Messeauftritt der Antragstellerin auf der inländischen Messe CWIEME in Berlin vom 22.-24. Juni 2010 beansprucht und diesen dann sofort vollzogen.
Die Antragsgegnerin habe kein eigenes Benutzungsinteresse. Die Streitmarke VCV in Alleinstellung widerspreche dem bisherigen Markendesign der Antragsgegnerin. Diese habe für ihre Stufenschalter die Marken „OILTAP" unter Zusatz der Produktbezeichnungen „V“, „MS“, „M“, „R“, „RM“ und „G“ und für Vakuumschalter „VACUTAP" zusammen mit den Produktbezeichnungen „VV“, „VR“, „VT“, „AVT“ und „RMV“ verwendet. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragsgegnerin Buchstabenmarken erst seit 2009 eintragen lasse, obwohl dies in Deutschland bereits seit 1995 möglich sei. Ferner seien von ihr zuvor stets nur Dachmarken angemeldet und diese teils mit zwei Buchstaben kombiniert worden. Erst nachdem die Kennzeichnung VCV durch die Antragstellerin benutzt worden sei, habe die Antragsgegnerin eine erste dreibuchstabige Marke angemeldet, und dies auch noch vor der Anmeldung von bereits im Markt etablierten Kombinationen wie „VV“ oder „VT“. Die Antragsgegnerin verwende die Buchstabenkennzeichnungen auch nicht als Marken, sondern als bloße Produkt- oder Typenbezeichnungen; die Dachmarken „OILTAP“ und „VACUTAP“ stünden im Vordergrund. „Typ V“ sei im Übrigen eine Gattungsbezeichnung. Es gebe auch keine Unterlagen, die langfristige Überlegungen der Antragsgegnerin zur Einführung der Streitmarke belegten. Die im Löschungsverfahren aufgestellte Behauptung der Antragsgegnerin, ein Mitarbeiter einer Lizenznehmerin der Antragsgegnerin habe aus dem Lizenzverhältnis erlangtes Wissen für die Herstellung und Vermarktung von „OLTCs“ bei der Antragstellerin verwendet, sei nicht relevant; der damit erhobene „unclean hands“- Einwand sei unzulässig.
Dem am 10. November 2010 abgesendeten Löschungsantrag hat die Markeninhaberin am 22. Dezember 2010 widersprochen und ist dem Löschungsbegehren auch inhaltlich entgegengetreten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ein relevanter schutzwürdiger Besitzstand der Antragstellerin bestehe nicht. Die von der Antragstellerin behauptete Kenntnis von der Vorbenutzung der Kennzeichnung VCV „sei streitig“. Eine angebliche Vorbenutzung durch die Antragstellerin sei unschädlich, da das deutsche Markenrecht ein Vorbenutzungsrecht nicht kenne. Die Antragstellerin habe auch keinen schutzwürdigen Besitzstand erworben; insbesondere sei eine hinreichende Marktpräsenz nicht dargelegt. Selbst wenn dies so sein sollte, sei keine Bekanntheit im Inland gegeben. Die Antragstellerin habe die „VCV-Linie“ zwischenzeitlich auch in „CV2“ umbenannt, was gegen einen schutzwürdigen Besitzstand spreche. Ein etwaiger Besitzstand sei ohnehin nicht schutzwürdig, da die Antragstellerin selbst in wettbewerbswidriger Weise die Typenbezeichnungen der Antragsgegnerin übernommen habe. Eine Markenanmeldung zum Sperren von Nachahmungen sei zulässig. Der Firmengründer der Antragstellerin sei zuvor bei einer Lizenznehmerin der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen und habe dort technisches Know-how und Konstruktionspläne erlangt und mit diesen u.a. das Modell „V“ der Antragsgegnerin ohne deren Zustimmung nachgebaut und das Produkt dann auch noch unter der Bezeichnung „CV“ in den Markt eingeführt, um den Ruf der Antragsgegnerin auszubeuten. Hierfür spreche auch die wiederholte Annäherung der Antragstellerin an das Firmenlogo der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin habe ein erhebliches Eigeninteresse an der Streitmarke VCV, die die eigene Markenfamilie fortschreibe. Dass die Streitmarke nicht sofort auf den Markt gebracht worden sei, lasse nicht auf eine Bösgläubigkeit schließen; dies sei im Hinblick auf die fünfjährige Benutzungsschonfrist unschädlich. Die Nutzung der Marke sei bei Anmeldung beabsichtigt gewesen, worauf es allein ankomme. Die Planung für die Verwendung von VCV habe längere Zeit in Anspruch genommen. Im Markt seien lange Entwicklungszyklen die Regel. „Typ V“ sei keine Gattungsbezeichnung. Eine rechtmäßige Geltendmachung von Markenrechten könne nicht gegen die Antragsgegnerin sprechen.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 23. Januar 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Anmeldung sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar. Es handele sich bei der Streitmarke nicht um eine Spekulationsmarke. Hiergegen spreche bereits, dass die Antragsgegnerin ihren Geschäftsbetrieb seit langer Zeit genau auf dem Gebiet habe, auf dem die Streitmarke angemeldet worden sei. Die Antragsgegnerin habe auch keine Vielzahl von Marken für völlig unterschiedliche Waren und Dienstleistungen angemeldet, sondern wenige Marken auf einem ganz eng begrenzten Gebiet. Deren Nichtbenutzung sei wegen der noch laufenden fünfjährigen Benutzungsschonfrist nicht zu beanstanden.
Es liege auch keine Störung eines fremden schutzwürdigen Besitzstands vor. Mangels inländischer Vorbenutzung komme hier lediglich die ausländische Vorbenutzung in Betracht. Eine überragende Verkehrsgeltung im Ausland, die eine entsprechende Bekanntheit voraussetze, sei hier nicht feststellbar. Hiergegen sprächen der kurze Zeitraum der Benutzung durch die Antragstellerin und fehlende Nachweise für eine entsprechende Bekanntheit. So sei die Verwendung der Kennzeichnung VCV frühestens im Jahr 2007 aufgenommen und das Zeichen auf Messen erst seit dem Jahr 2008 verwendet worden, wobei die Hauptaktivität vor allem im Jahr 2009 gelegen habe. Umsatzzahlen oder andere Unterlagen, die für eine Bekanntheit sprechen könnten, seien nicht vorgelegt worden. Auch die schnelle Ersetzung von VCV durch „CV2“ sei ein gewichtiges Indiz gegen einen schutzwürdigen Besitzstand. Auch lasse sich ein zweckfremder Einsatz der Streitmarke im Wettbewerbskampf nicht feststellen, selbst wenn man unterstelle, dass das Geschäft weitgehend über Messen laufe und die Antragsgegnerin Kenntnis sowohl von der Verwendung der Kennzeichnung VCV durch die Antragstellerin im Ausland als auch von deren Absicht gehabt habe, diese in absehbarer Zeit auch im Inland zu verwenden.
Die Nichtbenutzung der Streitmarke in der Benutzungsschonfrist erlaube keinen Schluss auf eine Bösgläubigkeit, zumal längere Entwicklungszyklen auf dem hier relevanten Sektor die Regel seien. Die Streitmarke füge sich entsprechend der Ausführungen der Antragsgegnerin und den von ihr vorgelegten Nachweisen in deren Markenstrategie ein. Es bestehe auch ein berechtigtes Bedürfnis, eigene Marken durch Erweiterung und Fortentwicklung des Portfolios gegen eine Anlehnung durch Dritte zu schützen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Antragsgegnerin zeitgleich auch Buchstabenkombinationen angemeldet habe, die nicht zu den Marken der Antragstellerin passten („VCR“ und „VCT“), wohl aber zu den eigenen bisher verwendeten Buchstaben und Buchstabenkombinationen („T - VT- VCT“; „R - VR – VCR“). Zwar bestehe eine Wettbewerbssituation, jedoch sprächen hier die Pflege und Weiterentwicklung des eigenen Markenbestandes und die konkreten Planungen zum künftigen Einsatz der Streitmarke gegen einen zweckfremden Einsatz. Ein zweckfremder Einsatz könne insbesondere nicht in der legitimen Verteidigung eines Markenrechts gesehen werden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Löschungsantragstellerin. Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Löschungsverfahren ausgeführt, die Markenabteilung habe ihrer Entscheidung bestrittenen und nicht glaubhaft gemachten Sachvortrag zugrunde gelegt. Unbestrittene Tatsachen seien nicht ausreichend berücksichtigt und gewichtet worden. Die Antragsgegnerin habe den Vorwurf einer fehlenden Benutzungsabsicht nicht entkräftet. Die Behauptung, dass eine Anmeldung und Nutzung der Streitmarke schon seit längerem vorgesehen gewesen sei, werde bestritten. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht, dass sich die Streitmarke in die bisherige Markenhistorie der Antragsgegnerin einfüge. Die Antragsgegnerin habe zuvor keinen dritten Buchstaben in die Mitte eingefügt. Eine Markenserie sei nicht vorhanden. VCV reihe sich auch nicht in früher benutzte Markenzeichen „VACUTAP" oder „OILTAP" ein. Die zuvor verwendeten Kennzeichnungen erzwängen nicht die Einführung von VCV als Bezeichnung für einen neuen Produkttypen. Die Entwicklung von VCV über „C" und „VC" sei weder nachgewiesen noch logisch. Die Antragstellerin selbst habe sich auch nicht in verwerflicher Weise an den Buchstaben „V" der Antragsgegnerin angelehnt. Die Antragstellerin habe ihre Kennzeichnung VCV vielmehr basierend auf der generischen Typenbezeichnung „V" entwickelt und für ihre Produkte benutzt.
Sie beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenabteilung 3.4, vom 23. Januar 2012 aufzuheben, die Marke 30 2009 037 713 zu löschen und die Kosten des Verfahrens der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.
Die Löschungsantragsgegnerin und Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie – über ihr Vorbringen im Löschungsverfahren hinaus – ausgeführt, das behauptete Schutzhindernis der Bösgläubigkeit könne nicht, jedenfalls nicht zweifelsfrei, angenommen werden. Der bloße Vorwurf der Bösgläubigkeit, verbunden mit der Aufzählung vermeintlicher einzelner Indizien, genüge nicht, eine sekundäre Darlegungs- und Feststellungslast der Antragsgegnerin zu begründen. Ein schutzwürdiger Besitzstand an der Streitmarke sei für die Antragstellerin nicht begründet worden. Bezeichnenderweise enthalte die Beschwerdebegründung auch keine Ausführungen hierzu. Weder in Deutschland noch im Ausland sei VCV so bekannt gewesen, dass sich daraus ein schutzwürdiger Besitzstand der Antragstellerin ergeben hätte. Der Bekanntheitsgrad des Zeichens und somit auch der Wert des Besitzstandes könne nur aus dem Umsatz hergeleitet werden. Es sei nicht ausreichend, wenn ein Zeichen lediglich in Preislisten und auf Ausstellungen zur Bezeichnung eines von mehreren Erzeugnissen desselben Herstellers benutzt werde. Schließlich scheine auch die Antragstellerin selbst nicht von der Erlangung eines schutzwürdigen Besitzstandes an der Streitmarke auszugehen, wenn sie ihr ehemals unter VCV angebotenes Produkt zwischenzeitlich in „CV2“ umbenannt habe. Da die Antragstellerin den Eintritt in den deutschen Markt offensichtlich selbst nicht von Anfang an beabsichtigt habe, könne auch der Antragsgegnerin keine Vorkenntnis bzw. ein „Wissenmüssen“ ob des zu erwartenden Markteintritts der Antragstellerin in Deutschland angelastet werden. Eine Behinderungsabsicht der Antragsgegnerin sei nicht gegeben. Die Antragsgegnerin wolle die Streitmarke auch benutzen. Sie sei dabei, entsprechende Produkte auf den Markt zu bringen, was sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe. Die Streitmarke VCV füge sich in die bisherige Markenfamilie und -strategie der Antragsgegnerin ein und spiegele die Weiterentwicklung der so gekennzeichneten Produkte wider. Seit 1973 lasse sich eine konsequent entwickelte Markenstrategie nachweisen, die in den Produktreihen „V -VV – VCV“, „M - VM – VCM“, „T - VT – VCT“ und „R - VR – VCR“ zum Ausdruck komme. Die Antragsgegnerin habe ihre Markenfamilie in einem mehrstufigen Prozess über Jahrzehnte systematisch aufgebaut. In einer ersten Stufe seien die Typenbezeichnungen für die Stufenschalter nach der Öltechnologie entwickelt worden, nämlich „M“, „V“, „T“ und „R“. In einer zweiten Stufe seien die entsprechend weiterentwickelten, korrespondierenden Schalter nach der Vakuumschalttechnologie durch ein Voranstellen des Buchstabens „V“ für „Vakuum“ mit entsprechenden Marken bezeichnet worden, also „VV“ „VM“, „VT“ und „VR“. In einer dritten Stufe seien schließlich die Marken für besonders konzipierte, spezielle Ausführungen dieser Kategorie von Schaltern nach der Vakuumtechnologie entwickelt worden, nämlich VCV, „VCM“, „VCT“ und „VCR“. Dass die Antragsgegnerin die Buchstaben in der Reihenfolge VCV angeordnet habe, hänge mit den Bedeutungen zusammen, die sie den einzelnen Buchstaben beimesse. Während der Buchstabe „V“ das Produkt in seiner ursprünglichen Form, den Grundtypus, bezeichne, stehe der Buchstabe „C“ für eine besondere konstruktive Abwandlung dieses Grundtypus. Die Antragsgegnerin habe bereits vor der Anmeldung der Streitmarke mit der Bezeichnung „VV“ (und den übrigen Bezeichnungen „VR“, „VT“ etc.) die grundsätzliche Entscheidung getroffen, den Buchstaben bzw. das Zeichen für den jeweiligen Grundtypus - als schnell zu erkennenden Hauptnenner der Bezeichnung - nach hinten zu stellen bzw. ganz rechts einzuordnen. Ein „Auseinanderreißen“ der produktbezogenen Bezeichnungen „V“ und „C“ sei für die Antragsgegnerin nicht in Betracht gekommen. Selbst bei Unterstellung einer Behinderungsabsicht sei die Antragsgegnerin nicht bösgläubig gewesen. Hier sei nämlich von Bedeutung, dass sich die Antragstellerin seit 1989 fortlaufend und im hohen Maße an die Leistungsergebnisse der Antragstellerin angelehnt habe. Die Antragstellerin selbst setze das Löschungsverfahren als unlauteres Mittel des Wettbewerbskampfes gegen die Antragsgegnerin ein.
Unter anderem gestützt auf die Streitmarke hat das Landgericht Berlin der hiesigen Antragstellerin im Verfahren 52 O 183/10 nach Abmahnung auf Antrag der hiesigen Antragsgegnerin im Zusammenhang mit einem von der Antragstellerin beabsichtigten Messeauftritt in Berlin vom 22. bis 24. Juni 2010 durch einstweilige Verfügung vom 24. Juni 2010 untersagt, die Kennzeichnung VCV zu benutzen und diese Entscheidung mit Urteil vom 14. April 2011 bestätigt. Die gegen dieses Urteil von der hiesigen Antragstellerin eingelegte Berufung hat das Kammergericht durch Urteil vom 16. April 2013 (Gz 5 U 102/11) zurückgewiesen. Beide Instanzen haben eine Bösgläubigkeit der hiesigen Antragsgegnerin im Ergebnis verneint. Während das Landgericht, wie die Markenabteilung, von einem Einfügen der angegriffenen Marke in das Markenkonzept der hiesigen Antragsgegnerin und in diesem Zusammenhang von der Verwendung des Buchstabens „C“ für besonders konzipierte spezielle Ausführungen bestimmter Kategorien von Stufenschaltern der Antragsgegnerin ausgegangen ist, hat das Kammergericht eine konsequente Fortschreibung der von der Antragsgegnerin gebrauchten Kennzeichnungen verneint. Beide Gerichte haben der hiesigen Antragsgegnerin im Rahmen der Gesamtabwägung aber zugebilligt, mit der Anmeldung berechtigte Verteidigungsinteressen zu verfolgen, um den weiteren Einbruch von Kennzeichnungen der Antragstellerin in den eigenen Markenbestand zu verhindern.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Marke VCV entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingetragen worden ist. Die Markenabteilung hat den Löschungsantrag deshalb zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Löschungsantrag ist zulässig; für den Löschungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG besteht keine Antragsfrist (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 50 Rn. 15); die in § 50 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG genannte Frist betrifft allein die Löschung von Amts wegen.
2. Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 MarkenG gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Schutzhindernissen zweifelsfrei feststeht. Wird - wie hier - geltend gemacht, die Eintragung habe gegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG verstoßen, kommt es nur auf den Zeitpunkt der Anmeldung und nicht auch auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag an (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 50 Rn. 8, 9). Ist die Feststellung eines Schutzhindernisses, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, muss es - gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen - bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (BPatG GRUR 2006, 155 - Salatfix; zur Feststellungslast des Löschungsantragstellers vgl. BGH GRUR 2010, 138, 142, Rn. 48 - ROCHER-Kugel; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 664; § 54 Rn. 18 und 19).
3. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Löschungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG läßt sich nicht zweifelsfrei feststellen.
Bösgläubigkeit eines Anmelders i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG liegt vor, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig - im Sinne wettbewerbsrechtlicher Unlauterkeit - erfolgt ist (BGH GRUR 2004, 510, Rn. 20 - S. 100; BPatG 30 W (pat) 61/09 - Cali Nails). Der Schutzversagungsgrund soll Anmeldungen von Marken erfassen, die von vornherein nicht dazu bestimmt sind, im Interesse eines lauteren Wettbewerbs Waren und Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens zu individualisieren, sondern Dritte im Wettbewerb zu behindern (Hacker, Markenrecht, 3. Aufl. 2013, Rn. 158). Auszugehen ist davon, dass ein Anmelder nicht allein deshalb unlauter handelt, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für dieselben Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (vgl. EuGH GRUR-Int 2013, 792, Rn. 37 - Malaysia Dairy Industries). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Besondere Umstände können darin liegen, dass die Markenanmeldung in der Absicht vorgenommen wird, die Marke nicht selbst zu benutzen, sondern (nur) andere an ihrer Benutzung zu hindern (sog. Spekulationsmarke, vgl. BGH GRUR 2001, 242, Rn. 35 - Classe E; GRUR 2009, 780, Rn. 16 ff. - Ivadal; Hacker, a.a.O., Rn. 160; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 688-693). Umstände dieser Art können auch darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund die gleiche Bezeichnung für gleiche Waren mit dem Ziel anmeldet, den Besitzstand des Vorbenutzers zu stören, oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch des Zeichens zu sperren (vgl. BGH GRUR 2008, 621, Rn. 21 - AKADEMIKS; GRUR 2004, 510 - S. 100), oder dass er die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH GRUR 2008, 917, Rn. 20 - EROS; GRUR 2008, 621, 623, Rn. 21 - AKADEMIKS; GRUR 2008, 160, Rn. 18 - CORDARONE; GRUR 2005, 581- The Colour of Elégance; GRUR 2005, 414 - Russisches Schaumgebäck; GRUR 2004, 510 – S. 100; GRUR 2000, 1032 - EQUI 2000; GRUR 1998, 1034 - Makalu; GRUR 1980, 110 - TORCH; Hacker, a.a.O., Rn. 160). Auch wenn auf Seiten des Vorbenutzers ein schutzwürdiger Besitzstand im Inland noch nicht besteht, kann sich die Bösgläubigkeit der Markenanmeldung daraus ergeben, dass der Anmelder das Zeichen ohne eigene Benutzungsabsicht als Marke hat eintragen lassen, um den Marktzutritt eines Dritten - insbesondere des Vorbenutzers - zu verhindern (vgl. BGH GRUR 2012, 429, Rn. 10 - Simca m.w.N.). Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, braucht dabei nicht der einzige Beweggrund für die Anmeldung zu sein; vielmehr reicht es aus (ist aber auch erforderlich), wenn (dass) diese Absicht - nach dem Ergebnis der anzustellenden Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles (vgl. EuGH GRUR 2009, 763, Rn. 37 f., 51-53 - Lindt & Sprüngli / Franz Hauswirth; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 695) - das wesentliche Motiv war (BGH GRUR 2000, 1032 - EQUI 2000; GRUR 2008, 621, Rn. 32 - AKADEMIKS; GRUR 2008, 917, Rn. 23 - EROS).
Nach diesen Grundsätzen können die Voraussetzungen für eine Löschung der Streitmarke wegen Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin im Anmeldezeitpunkt nicht zweifelsfrei festgestellt werden.
Im Einzelnen:
a) Zu Recht hat die Markenabteilung die Streitmarke VCV nicht als Spekulationsmarke angesehen. Derartiges hat noch nicht einmal die Antragstellerin behauptet; vielmehr hat diese das Unternehmen der Antragsgegnerin als traditionell führenden Hersteller bezeichnet und die Behauptung der Antragsgegnerin, zum Kerngeschäft der Antragsgegnerin gehörten gerade Waren der beanspruchten Art, nicht bestritten.
b) Die Anmeldung der Streitmarke stellt sich auch nicht als die Störung eines schutzwürdigen Besitzstands der Antragstellerin dar; denn die Antragstellerin hat einen solchen Besitzstand weder im Inland noch im Ausland dargetan.
Ein schutzwürdiger Besitzstand setzt voraus, dass der Vorbenutzer das betreffende Zeichen tatsächlich für seine geschäftliche Betätigung im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen - also als Marke - benutzt und das Zeichen dadurch eine hinreichende Bekanntheit im Verkehr erlangt hat (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 699).
Da eine Vorbenutzung der angegriffenen Marke in Deutschland weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, kommt hier allenfalls eine Vorbenutzung im Ausland in Betracht. Weil die Anmeldung eines bekanntermaßen von anderen im Ausland benutzten Zeichens aber aufgrund des markenrechtlichen Territorialitätsprinzips grundsätzlich rechtlich unbedenklich ist, müsste das im Ausland genutzte Zeichen insoweit eine überragende Verkehrsgeltung erlangt haben und so zu einem wertvollen ausländischen Zeichen geworden sein (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 700 m.w.N.); dies ist hier nicht feststellbar.
Bis zum Tag der Anmeldung der Streitmarke am 30. Juni 2009 finden sich in den vorgelegten Unterlagen zwar Anhaltspunkte für eine - von der Antragsgegnerin im Übrigen nicht bestrittene - Vorbenutzung der Kennzeichnung VCV durch die Antragstellerin in einer englischsprachigen Produktbroschüre „Huaming Products Range“ aus dem April 2007 (Anlage ASt 2), auf einer Messe in Mumbai im Januar 2008 (Anlagen ASt 26 bis 28), in einer Werbeanzeige für asiatische Verkehrskreise im Magazin „Transformer“ im Juli 2008 (Anlage ASt 4), auf einer Messe in Dubai im Februar 2009 (Anlagen ASt 29 und 30), in einer in englischer Sprache verfassten Bedienungsanleitung aus dem November 2008 (Anlage Ast 6), in einer Werbe-E-Mail an die Firma S… Ltd. Ch… vom April 2009 (Anlage ASt 5) sowie auf Messen in St. Petersburg im Mai 2009 (Anlagen ASt 31 bis 33) und Mailand im Mai 2009 (Anlagen ASt 34-37).
Auf der Grundlage dieser Indizien ist jedoch eine Feststellung, dass die Kennzeichnung VCV für die Antragstellerin zu einem wertvollen ausländischen Zeichen geworden wäre, nicht möglich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die - allein hinsichtlich der genannten Messeauftritte - angebotenen Zeugen über die von diesen eidesstattlich versicherten Sachverhalte hinaus (vgl. Anlagen ASt 26 bis 37) weitere Angaben machen können. Nicht belastbar, weil nicht nachvollziehbar, ist die von der Antragstellerin vorgelegte Anlage ASt 3, bei der es sich um in chinesischer Sprache abgefasste Kaufverträge aus dem November 2007 handeln soll. Bei Anlage ASt 7, die eine weltweite Abrufbarkeit von Informationen über VCV-Produkte der Antragstellerin belegen soll, handelt es sich um einen nicht aussagekräftigen Eigenbeleg der Antragstellerin. Weitere Darlegungen, z.B. zu Warenumsätzen, Werbeaufwendungen oder Angaben zu Marktanteilen, fehlen, so dass allenfalls eine Vorbenutzung der Kennzeichnung VCV im Ausland, jedoch keine überragende Verkehrsgeltung festgestellt werden kann.
Die Anmeldung der angegriffenen Marke stellt sich mithin nicht als Störung eines schutzwürdigen Besitzstands der Antragstellerin dar.
c) Ebensowenig ist anhand objektiver Fallumstände (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 707 f.) feststellbar, dass wesentliches Motiv für die Anmeldung eine konkrete Missbrauchsabsicht der Antragsgegnerin im Sinne einer Behinderungsabsicht war.
Insoweit sprechen die im Rahmen der wertenden Gesamtabwägung zu berücksichtigenden Umstände angesichts des geringen Grades des rechtlichen Schutzes, der einer Vorbenutzung der angegriffenen Marke durch die Antragstellerin allenfalls zukommt, im Ergebnis mehr für eine Fokussierung der Antragsgegnerin auf eine eigene Geschäftstätigkeit und gegen die Annahme, dass eine Behinderung der Antragstellerin das wesentliche Motiv gewesen ist. Eine Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin kann damit auch insoweit nicht zweifelsfrei festgestellt werden.
aa) Das auf Seiten der Antragstellerin zu berücksichtigende wirtschaftliche Interesse an der Kennzeichnung VCV, insbesondere auch im Hinblick auf einen möglichen Eintritt in den deutschen Markt, war zum maßgeblichen Zeitpunkt allenfalls gering ausgeprägt bzw. ist Gegenteiliges nicht feststellbar.
Wie dargelegt, hat die Antragstellerin die Kennzeichnung VCV im Inland überhaupt nicht und im näheren Ausland nur auf Messen und in Produktinformationen unklarer Marktrelevanz benutzt. Selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin trotz fehlender konkreter Darlegungen hierzu auch eine Präsentation eines mit VCV gekennzeichneten Produkts auf einer Messe in Prag vom 31. März bis 2. April 2009 unterstellt, ergibt sich mit Messeauftritten in Mumbai, Dubai, Prag, St. Petersburg und Mailand allenfalls eine Ausdehnungstendenz in Richtung Zentraleuropa. Objektive Anhaltspunkte für einen beabsichtigten Eintritt in den deutschen Markt finden sich indessen nicht.
Ein von der Antragstellerin beabsichtigter Eintritt in den offenkundig bedeutsamen deutschen Markt dürfte allerdings im Rahmen einer natürlichen Entwicklung nahegelegen haben, weil es sich bei den vermarkteten und von der angegriffenen Marke beanspruchten „Stufenschaltern“ um sehr spezielle Bauteile mit nur einigen wenigen Herstellern weltweit handelt, und kann deshalb zugunsten der Antragstellerin unterstellt werden. Der Grad des rechtlichen Schutzes kann allerdings ohne detaillierte Umsatzangaben oder sonstige Gesichtspunkte zur Einschätzung des Marktanteils (auch in örtlicher Hinsicht) nicht, jedenfalls nicht positiv, bewertet werden, zumal die Marktrelevanz der von der Antragstellerin dargelegten Werbemaßnahmen (Herausgabe einer Produktbroschüre, eine Werbeanzeige, eine Werbe-E-Mail und Messeauftritte in Mumbai, Dubai, Prag, St. Petersburg und Mailand) nicht einschätzbar ist. Eine besondere Bedeutung der Kennzeichnung ist damit nicht feststellbar.
Die Antragstellerin selbst hat mit der Umbenennung ihres VCV-Produkts in „CV2“ bereits im November 2010 - entsprechend der unbestritten gebliebenen Behauptung der Antragsgegnerin und ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Produktbroschüre der Antragstellerin (Anlage AGegn 22) - gezeigt, dass sie ihr wirtschaftliches Interesse an der Kennzeichnung VCV für nicht verteidigungswürdig hält. Dieses „Einlenken“ spricht in bedeutsamer Weise gegen eine besondere Bedeutung der Kennzeichnung, also für einen nur kleinen Grad des rechtlichen Schutzes.
bb) Eine Kenntnis der Antragsgegnerin von den Vermarktungsaktivitäten der Antragstellerin ist von der Antragsgegnerin nicht bestritten worden und im Übrigen auch wahrscheinlich.
Die Feststellung der Antragsgegnerin, „es sei streitig“, dass die Antragsgegnerin Kenntnis von der Vorbenutzung der angegriffenen Marke durch die Antragstellerin gehabt habe, entspricht nicht den Tatsachen. Weder im Verfahren vor der Markenabteilung noch im Beschwerdeverfahren hat die Antragsgegnerin nämlich die unter Beweisantritt erhobene Behauptung der Antragstellerin tatsächlich bestritten.
Dass der Geschäftsführer der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts Berlin vom 14. April 2011 (Az.: 52 0 183/10, Anlage AGegn 25) eidesstattlich versichert hat, „persönlich“ keine Kenntnis von der Vorbenutzung der Kennzeichnung VCV durch die Antragstellerin gehabt zu haben, spricht nicht gegen eine Kenntnis der Antragsgegnerin.
Eine Kenntnis der Antragsgegnerin ist vielmehr auch wahrscheinlich, weil es sich um einen sehr speziellen Markt handelt und die Antragsgegnerin die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin – ausweislich der von der Antragstellerin vorgelegten Präsentation der Antragsgegnerin „Benchmarking Vergleich Huaming CV vs. MR V“ vom 25. November 2009 (Anlage ASt 19) – genau beobachtet hat.
cc) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann der Antragsgegnerin ein Wille zur Benutzung der angegriffenen Marke nicht abgesprochen werden.
(1.) Zunächst ist in rechtlicher Hinsicht darauf hinzuweisen, dass bei dem Anmelder einer Marke grundsätzlich zu vermuten ist, dass er den Willen hat, die angemeldete Kennzeichnung auch zu benutzen (BGH GRUR 2001, 242, Rn. 38 - Classe E; GRUR 1988, 820 - OIL OF ...). Auf der Grundlage dieser Erkenntnis löst bereits die Anmeldung einer Marke einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch aus (ständige Rechtsprechung, z.B. BGH GRUR 2009, 1055, Rn. 18 – airdsl; GRUR 2009, 484, Rn. 70 – Metrobus; GRUR 1993, 556 - TRIANGLE; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 55 Rn. 52), sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die gegen eine Benutzungsabsicht sprechen (BGH GRUR 2010, 838, Rn. 24 – DDR-Logo; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 14 Rn. 399).
(2.) Für die Annahme, dass auf Seiten der Antragsgegnerin nicht der Wille zur Benutzung im Vordergrund gestanden hätte, wären deshalb deutliche Anhaltspunkte für einen fehlenden Benutzungswillen erforderlich. Derartige Anhaltspunkte sind hier jedoch nicht feststellbar, so dass der zu vermutende Benutzungswille nicht eindeutig widerlegt ist.
(a.) Die tatsächliche Wettbewerbssituation beider Beteiligten und die festgestellte aktive Beobachtung der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin deuten zunächst auf eine Behinderungsabsicht hin.
(b.) Gegen eine Behinderungsabsicht und für einen Benutzungswillen spricht indessen, dass die angegriffene Marke keine Vielzahl von Waren (vgl. BGH GRUR 2001, 242, Rn. 35 - Classe E), sondern allein die Ware „elektrische Stufenschalter zur unterbrechungslosen Umschaltung von Regeltransformatoren auf dem Gebiet der Hochspannungstechnik“ beansprucht, die zum traditionellen Betätigungsfeld und dem Kerngeschäft der Antragsgegnerin gehören.
(c.) Die Streitmarke VCV fügt sich zwar nicht logisch zwingend in ein Markenbildungsprinzip der Antragsgegnerin ein, widerspricht diesem allerdings auch nicht, so dass daraus keine Schlüsse gegen einen Benutzungswillen der Antragsgegnerin gezogen werden können.
Eine auf die angegriffene Marke hinauslaufende logisch nachvollziehbare Markenbildungstradition kann der Senat aus den von der Antragsgegnerin in der Vergangenheit tatsächlich verwendeten Kennzeichnungen nicht ableiten. Ausweislich einer Produktbroschüre der Antragsgegnerin (Anlage AGegn 3) hat diese im Jahr 1980 Stufenschalter mit der Bezeichnung „Typ V" in verschiedenen Ausführungen vermarktet; Stufenschalter dieser Art waren auch Gegenstand eines Lizenzvertrags vom 19. Dezember 1983 (Anlage AGegn 2). Nach der eidesstattlichen Versicherung des Leiters des Patentbüros der Antragsgegnerin vom 7. März 2011 (Anlage AGegn 4) will die Antragsgegnerin den Buchstaben „C“ seit 1966 zur Kennzeichnung einer konstruktiven Abwandlung verwendet haben; konkrete Beispiele hierfür sind von der Antragsgegnerin allerdings nicht genannt worden und auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich. Ab September 1999 hat sie für die „Vakuumversion“ eines Schalters „Typ V“ die Kennzeichnung „VV“ verwendet („VACUTAP® Type V V II ...“, Anlagen AGegn 7a und 7b). Im Juli 2003 finden sich in einer Werbebroschüre der Antragsgegnerin Produkte mit den Kennzeichnungen „VACUTAP®VR“ mit den Varianten „VACUTAP“ „VRC“, „VRD“, „VRE“, „VRF“, „VRG“, „M“, „RM“, und „OILTAP®“ „M“, „R“ und „RM“ (Anlage AGegn 10).
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und auch des Kammergerichts in seiner Entscheidung vom 16. April 2013 (Gz 5 U 102/11) kann eine markenmäßige Benutzung der genannten Buchstaben bzw. Buchstabenkombinationen nicht deshalb verneint werden, weil diese - anders als „VACUTAP“ oder „OILTAP“ - nicht als Hinweis auf die Antragsgegnerin verstanden werden, sondern lediglich der Unterscheidung der Produkte der Antragsgegnerin dienen und so wahrgenommen werden. Diese Erwägung (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2010, 433, Rn. 23 und 24 - Oerlikon) gilt allenfalls für die im Anschluss an die Buchstaben von der Antragsgegnerin auch verwendeten römischen Ziffern, aber nicht für die Buchstaben/-kombinationen, zumal die Antragsgegnerin nach den vorgelegten Unterlagen erst im Jahr 1999 überhaupt begonnen hat, den bis dahin verwendeten Buchstabenkennzeichnungen die Kennzeichnung „VACUTAP“ (Anlage AGegn 7a und 7b) und im Jahr 2003 „OILTAP“ (Anlage AGegn 10) voranzustellen. Es handelt sich insoweit vielmehr um Mehrfachkennzeichnungen (BGH GRUR 2009, 766, 771, Rn. 51 - Stofffähnchen I).
Dass es sich bei dem Buchstaben „V“ (zumindest aktuell) um eine generische Produktbezeichnung für bestimmte „OLTC“ handelt, wird zwar von der Antragstellerin unter Vorlage einer Bestätigung einer chinesischen Vereinigung nicht bekannter Zusammensetzung vom 15. Juli 2011 („Transformer Chapter of China Electrical Equipment Industry Association“) in bemerkenswert unbestimmter Weise behauptet (vgl. Anlage ASt 42); für welche Produktarten im Einzelnen dies der Fall sein soll, wird aber nicht klar und ist auch sonst nicht ersichtlich. Dagegen spricht jedenfalls, dass sich auf dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Auszug von der Internetseite des Konkurrenzunternehmens ABB vom 24. August 2011 (Anlage AGegn 28) die „OLTC“-Typen „UCG“, „VUCG“, „UCL“ und „UZ“, nicht aber „V“ finden. Ferner spricht gegen einen generischen Charakter dieses Buchstabens, dass in einem „OLTC“-Angebot des Herstellers „ELEGANT“ vom 7. März 2011 auf die Kompatibilität mit „MRs V Type“, also mit einem Produkt der Antragsgegnerin, hingewiesen wird (Anlage AGegn 5).
Auch die Erklärungsbemühungen der Antragsgegnerin hinsichtlich einer logisch plausiblen Markenentwicklung von „V“ über „VV“ zur angegriffenen Marke VCV haben den Senat angesichts der dokumentierten Buchstabenvielfalt nicht überzeugen können; insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Buchstabe „C“, der für eine technische Abwandlung stehen soll, in der Mitte der Streitmarke VCV auftaucht. Als Hinweis auf eine technische Abwandlung des Produktes „VV“ hätte insoweit eine Kennzeichnung „VVC“ näher gelegen.
Gleichwohl lässt sich nicht feststellen, dass VCV dem in der Vergangenheit verwendeten Markenbildungsprinzip der Antragsgegnerin zuwiderlaufen würde.
(d.) Die Antragsgegnerin hat die Benutzung der Streitmarke VCV auch tatsächlich innerhalb eines Zeitraums aufgenommen, der den üblichen Entwicklungsabläufen und marktüblichen Gepflogenheiten entspricht, was ein gewichtiges Indiz für einen ernsthaften Benutzungswillen ist, da die Markenanmeldung dann nämlich auch dem eigenen Produktabsatz dient (vgl. BGH GRUR 2008, 621, Rn. 32 – AKADEMIKS).
Insoweit hat die Antragsgegnerin eine Produktdokumentation aus dem Jahr 2011 (Anlage AGegn 26), eine Broschüre „Technical Data“ aus dem Jahr 2012 (Anlage AGegn 33) und ein fast hundert Seiten starkes Handbuch („Operating Instructions“) aus dem Jahr 2013 (Anlage AGegn 34) vorgelegt. Dabei handelt es sich nicht ersichtlich um eine „nachgeschobene“ Benutzung, allein um den Einwand einer Bösgläubigkeit zu entkräften. Zwar finden sich auch Beispiele, dass die Antragsgegnerin in der Vergangenheit Produkte zunächst auf den Markt gebracht und erst Jahre später die Eintragung der entsprechenden Marke beantragt hat (z.B. Markteintritt „VT“ im Jahr 1992, Anlage AGegn 9, Markenanmeldung „VACUTAP VT“ im Jahr 2008, Anlage ASt 23, bzw. „VT“ im Jahr 2011, Anlage ASt 40; Markteintritt „VACUTAP® Type VV“ im Jahr 1999, Markenanmeldung „VACUTAP VV“ im Jahr 2008, Anlage ASt 23, bzw. „VV“ im Jahr 2011, Anlage ASt 40). Die Antragsgegnerin hat in der Vergangenheit jedoch auch mehrfach zunächst eine Kennzeichnung angemeldet und dann erst mit einer gewissen Verzögerung ein so gekennzeichnetes Produkt auf den Markt gebracht (z.B. Markenanmeldung „VACUTAP“ im Jahr 1995, Anlage ASt 21, Markteintritt im Jahr 2003, Anlage AGegn 10; Markenanmeldung „OILTAP“ im Jahr 2001, Anlage ASt 16, Markteintritt im Jahr 2003, Anlage AGegn 10; Markenanmeldung „VACUTAP VM“ im Jahr 2007, Anlage ASt 22, Markteintritt im Jahr 2010, Anlage AGegn 11).
Dass die Antragsgegnerin am 30. Juni 2009 mit der Streitmarke auch noch die weiteren Marken „VCM“, „VCT“ und „VCR“ angemeldet hat, könnte zwar auch auf eine Verschleierungstaktik hindeuten. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin aber bereits Jahre vorher auch aus drei Buchstaben bestehende Kennzeichnungen - zumindest in der Werbung - verwendet, nämlich im Juli 2003 u.a. „VRC“, „VRD“, „VRE“, „VRF“, „VRG“ (Anlage AGegn 10) und im Dezember 1989 „RMV“ (Anlage AGegn 8), alles Kennzeichnungen, die - soweit ersichtlich - nicht von der Antragstellerin verwendet wurden. Eine „Verschleierungstaktik“ kann der Antragsgegnerin deshalb nicht unterstellt werden.
Ein Benutzungswille kann der Antragsgegnerin nach alledem nicht abgesprochen werden.
dd) Die zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Marken-Verletzungsverfahren sprechen nicht gegen die Antragsgegnerin.
Die Abmahnung und das Erstreiten der einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit dem von der Antragstellerin beabsichtigten Messeauftritt in Berlin im Juni 2010 könnte zwar prima facie als Indiz für eine von Beginn an bestehende Behinderungsabsicht (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 8 Rn. 706) gewertet werden. Dagegen spricht jedoch, dass die Antragsgegnerin insoweit nur Gebrauch von den gesetzlich vorgesehenen Instrumenten des Markenrechts gemacht hat und im Verfahren überdies obsiegt hat. Das von der Antragsgegnerin in den USA anhängig gemachte Markenverletzungsverfahren wegen einer Übernahme der grafischen Gestaltung des Firmenlogos der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin ist für die hiesige Antragsgegnerin zwar gerichtlich erfolglos geblieben (vgl. die vorgelegte Entscheidung des U.S. District Court Dallas vom 19. Mai 2006, Anlage ASt 15); hat jedoch zu einer Vereinbarung der Beteiligten geführt, aufgrund der die Antragstellerin ab dem Jahr 2006 ein neues Logo verwendete.
ee) In der Gesamtabwägung aller Umstände kann selbst bei Annahme einer Kenntnis der Antragsgegnerin von einem beabsichtigten Eintritt der Antragstellerin in den deutschen Markt nicht festgestellt werden, dass eine Behinderungsabsicht das wesentliche Motiv der Anmeldung der angegriffenen Marke war, und die Anmeldung deshalb als bösgläubig anzusehen ist.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass der eigene Benutzungswille der Annahme einer unlauteren Behinderungsabsicht im Rahmen einer Gesamtabwägung nicht entgegensteht (BGH GRUR-RR 2012, 271, Rn. 13 – Sachsendampf). Von ausschlaggebender Bedeutung ist hier die nur als gering einzuschätzende Schutzwürdigkeit des Interesses der Antragstellerin an der Weiternutzung der Kennzeichnung VCV, die dazu führt, dass die Abwägung der genannten Umstände nicht eindeutig und zweifelsfrei zu Lasten der Antragsgegnerin ausfällt und deshalb im Ergebnis nicht von einem Überwiegen einer Behinderungsabsicht der Antragsgegnerin ausgegangen werden kann.
Aus diesem Grund bedarf der Gegeneinwand der Antragsgegnerin, sie habe gegenüber der Antragstellerin – im Sinne einer gerechtfertigten Pflege ihres Markenbestands (BGH GRUR 2005, 581, Rn. 22 – The Color of Elégance) - ein Abwehrrecht, weil die Antragstellerin ihrerseits Produkte der Antragsgegnerin kopiert und auch deren Markenbildungsstrategie übernommen habe, keiner Entscheidung. Hinsichtlich des Vorwurfs, die Antragstellerin habe mit der Markteinführung von „CV OLTC“ im Jahr 1991 u.a. die Kennzeichnung „V“ der Antragsgegnerin übernommen, sind insoweit schon konkrete Tatsachen für den Eingriff in einen schutzwürdigen Besitzstand der Antragsgegnerin in zeitlicher und örtlicher Hinsicht weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, zumal nicht bekannt ist, ob und inwieweit die Antragstellerin ihre Kennzeichnung „CV“ Anfang der 90er Jahre überhaupt in Deutschland verwendet hat. Deshalb bedarf auch die vom Landgericht Berlin und vom Kammergericht bejahte Frage, ob die grafische Annäherung an die Marke eines Dritten (hier: der Antragsgegnerin) diesem Dritten das Recht gibt, die weitere Geschäftstätigkeit des Annähernden (hier: der Antragstellerin) bei anderen Produkten und anderen Kennzeichnungen in einem anderen Territorium zu behindern, keiner Entscheidung des Senats.
4. Die Beschwerde konnte nach alledem keinen Erfolg haben.
III.
Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 MarkenG).