Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 25.04.2013


BPatG 25.04.2013 - 30 W (pat) 110/11

Markenbeschwerdeverfahren "Baygon (Wort-Bildmarke)/BAYROL" – Warenähnlichkeit - klangliche Verwechslungsgefahr -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
25.04.2013
Aktenzeichen:
30 W (pat) 110/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 303 60 299

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters Jacobi

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. September 2011 (Erinnerungsbeschluss) aufgehoben, soweit darin der Beschluss derselben Markenstelle vom 19. Februar 2008 (Erstbeschluss) aufgehoben und der Widerspruch aus der Marke 398 23 937 zurückgewiesen worden ist.

Die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 18. November 2003 angemeldete Wort-/Bildmarke (farbig rot, grau, weiß)

Abbildung

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ist am 24. März 2004 unter der Nummer 303 60 299 für die Waren

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"Mittel zur Unkrautvertilgung und Vertilgung von schädlichen Tieren; Insektizide; Pestizide; Fungizide; Herbizide"

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in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen und am 23. April 2004 veröffentlicht worden.

5

Gegen die Eintragung ist am 21. Juli 2004 Widerspruch erhoben worden aus der Marke 398 23 937

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BAYROL

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die seit dem 23. Juli 1998 nach beantragter Teillöschung für folgende Waren eingetragen ist:

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"Chemische Erzeugnisse ausschließlich für Schwimmbäder, sonstige wasserführende Anlagen und für den anlagentechnischen Sektor (soweit in Klasse 1 enthalten), nämlich Mittel zur pH-Regulierung, Oxidation, Enttrübung, Fäulnisverhinderung, Chlorung, Flockung, Entkalkung, Filterung, Wasseranalyse, insbesondere zur Chlorwert- und pH-Wert-Analyse, Härtestabilisation, zum Korrosionsschutz; Konservierungsmittel für die Herstellung und Verpackung von Lebensmitteln einschließlich Trinkwasser und Getränke; Mittel ausschließlich für Schwimmbäder, sonstige wasserführende Anlagen und für den anlagentechnischen Sektor, nämlich Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, Schwimmbad-Reinigungsmittel, Schwimmbad-Entfettungsmittel, Sauna-Aufgußmittel einschließlich ätherischer Öle, Dampfbad-Emulsionen; Desinfektionsmittel, nämlich ausschließlich zur Schwimmbadwasser- und Fußsprühdesinfektion und zur Flächendesinfektion für Schwimmbäder, sonstige wasserführende Anlagen und für den anlagentechnischen Sektor; Algizide, Viruzide und Bakterizide ausschließlich für Schwimmbäder, sonstige wasserführende Anlagen und für den anlagentechnischen Sektor".

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Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat zunächst mit Beschluss vom 19. Februar 2008 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 398 23 937 die Marke 303 60 299 gelöscht. In Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände bestehe unter Zugrundelegung einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer mittleren Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren wegen Prägung der angegriffenen Marke durch das Wort "Baygon" die Gefahr klanglicher Verwechslungen.

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Auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Markenstelle in einem zweiten Beschluss vom 30. September 2011 eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint, den Erstbeschluss vom 19. Februar 2008 aufgehoben und den Widerspruch aus der Marke 398 23 937 gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen. Angesichts unterdurchschnittlicher Warenähnlichkeit und zum Vergleich stehender Kurzworte mit einem kennzeichnungsschwachen Wortanfang "Bay", der bei Marken der Klasse 5 verbreitet sei, werde der Verkehr sich an den weiteren Markenbestandteilen orientieren, so dass in der Gesamtschau eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Eine Äußerung zur Sache im Beschwerdeverfahren ist nicht zu den Akten gelangt. Im Patentamtsverfahren hat sie unter Hinweis auf Warenidentität zumindest klangliche Verwechslungsgefahr angesichts identischer Wortanfänge, identischer Vokalfolge und gleicher Silbenzahl sowie gleicher Betonung für gegeben erachtet.

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Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),

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unter Wiederherstellung des Erstbeschlusses vom 19. Februar 2008 den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. September 2011 insoweit aufzuheben als dort der Widerspruch zurückgewiesen wird und die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen den Beschluss vom 19. Februar 2008 zurückzuweisen.

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Eine Äußerung zur Sache ist seitens der Inhaberin der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren nicht zu den Akten gelangt. Im Patentamtsverfahren hat sie die Auffassung vertreten, dass sich angesichts unterschiedlicher Einsatzgebiete unähnliche Waren gegenüberstünden und weiter ausgeführt, dass der Verkehr an eine Vielzahl von Marken mit der Vorsilbe "Bay-" gewöhnt sei, so dass wegen deutlicher Unterschiede in den Zweitsilben Verwechslungsgefahr ausscheide.

15

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

16

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht für das angesprochene Publikum die Gefahr von Verwechslungen in klanglicher Hinsicht (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Dies führt zur Aufhebung des Erinnerungsbeschlusses der Markenstelle und zur Zurückweisung der Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke und damit zur Bestätigung der im Erstbeschluss angeordneten Löschung gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.

17

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010, 1098 Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Nr. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915 Nr. 45 – UNIWEB/UNIFONDS; BGH GRUR 2012, 1040 Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930 Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64 Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235 Nr. 15 - AIDA/AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2012, 1040 Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930 Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64 Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103 Nr. 37 - Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).

18

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken die Gefahr von klanglichen Verwechslungen zu besorgen.

19

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wurde von der Markenstelle zutreffend als durchschnittlich angesehen. Eine Reduzierung der Kennzeichnungskraft durch Drittmarken – hier mit dem Bestandteil "Bay-", wie von der Markeninhaberin geltend gemacht - kommt nur ausnahmsweise in Betracht (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rdn. 152). Die Voraussetzungen für eine solche Annahme liegen hier nicht vor, da über die Benutzungslage dieser Drittmarken nichts bekannt ist.

20

Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Waren ist von der Registerlage auszugehen. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinanderkonkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie - was zu unterstellen ist - mitidentischen Markengekennzeichnet sind, wobei vom größten Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 f., Nr. 22 - 29 - Canon; EuGH GRUR 2006, 582 ff., Nr. 85 - VITAFRUIT; BGH GRUR 2006, 941 ff., Nr. 13 - TOSCA BLU; 2004, 241, 243 - GeDIOS; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 57 m. w. N.).

21

Auf dieser Grundlage können die im Verzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Waren "Mittel zur Unkrautvertilgung und Vertilgung von schädlichen Tieren; Pestizide; Fungizide; Herbizide" jedenfalls mit den Waren "Algizide, Viruzide und Bakterizide ausschließlich für Schwimmbäder, sonstige wasserführende Anlagen und für den anlagentechnischen Sektor" der Widerspruchsmarke identisch sein, da sie in Beschaffenheit, Verwendungszweck und Funktionsweise zur Bekämpfung schädlicher Tiere und Pflanzen sowie in den Herstellerbetrieben übereinstimmen können. Engste Ähnlichkeit besteht hinsichtlich der "Insektizide" der angegriffenen Marke, die ebenfalls im Hygienebereich zum Einsatz kommen und daher deutliche Berührungspunkte vorliegen können. Entgegen der Auffassung der Inhaberin der jüngeren Marke führt die genannte im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgenommene Bestimmung der Waren nicht zu einer Einschränkung des Ähnlichkeitsbereichs, da die unter die im Warenverzeichnis der jüngeren Marke unter die Oberbegriffe fallenden Einzelwaren aus dem Bereich Unkraut-/Schädlingsbekämpfungsmittel ebenfalls für Schwimmbäder, sonstige wasserführende Anlagen und für den anlagentechnischen Sektor verwendet werden können.

22

Im Bereich der sich danach gegenüberstehenden teils identischen, teils einander eng ähnlichen Waren hat die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand einzuhalten, um der Gefahr von Verwechslungen zu begegnen. Dieser Anforderung wird sie nicht gerecht.

23

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH GRUR 2008, 258, Nr. 26 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 905, Nr. 12 - Pantohexal; GRUR 2008, 909, Nr. 13 - Pantogast), wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 211). Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl. m. w. N. BGH GRUR 2009, 772, 776, Nr. 57 - Augsburger Puppenkiste). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 414, Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, 1044, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, 487, Nr. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60 ff., Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei kann für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2010, 235, Nr. 18 - AIDA/AIDU m. w. N.; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 224 m. w. N.).

24

In der Gesamtwirkung der Vergleichsmarken besteht in keiner Hinsicht Zeichenähnlichkeit. Wegen des nur in der jüngeren Marke enthaltenen Bildelements sowie deren farblicher Ausgestaltung unterscheiden sich die Zeichen in jeder Hinsicht deutlich.

25

Im Unterschied zum bildlichen wird der klangliche Gesamteindruck einer Wort-/Bild-Marke in der Regel allerdings durch den Wortbestandteil geprägt, wenn er schutzfähig ist (vgl. etwa BGH GRUR 2008, 258, 260, Nr. 23 - INTERCONNECT/T-Interconnect; GRUR 2008, 903, 905, Nr. 25 - SIERRA ANTIGUO). Nach diesem Grundsatz ist im vorliegenden Fall von einer Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke durch das Wort Baygon auszugehen, da beschreibende Bezüge zu den registrierten Waren nicht erkennbar sind; das Wort wird dementsprechend von einem nicht nur unerheblichen Teil des Verkehrs auch als Herkunftshinweis aufgefasst werden.

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Die danach klanglich zum Vergleich stehenden Markenwörter Baygon und BAYROL sind hochgradig ähnlich. Sie stimmen in der Anfangssilbe, in der Vokalfolge, in Buchstaben- und Silbenzahl sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus überein. Die Abweichung in den nicht klangstarken Anfangs- und Endkonsonanten der zweiten Silbe der jüngeren Marke ("g-n") reichen unter diesen Umständen nicht aus, um ein sicheres Auseinanderhalten der Vergleichswörter zu gewährleisten, zumal zweisilbige Wörter mit fünf oder mehr Buchstaben entgegen der Auffassung der Markenstelle keine Kurzmarken darstellen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 241 m. w. N.). Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke auf zahlreiche eingetragene Marken mit der Silbe "Bay-" verwiesen hat und meint, dass deshalb die Aufmerksamkeit des Verkehrs mehr auf den weiteren Wortbestandteilen liege, kann dem nicht gefolgt werden. Denn, wie oben bereits ausgeführt, ist zu deren Benutzung nichts bekannt.

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In der Gesamtabwägung führt dies vorliegend zu dem Ergebnis, dass die angegriffene Marke angesichts der identischen bzw. eng ähnlichen Waren wegen weitgehender Übereinstimmung in den prägenden Elementen der Vergleichsmarken den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht einhält und jedenfalls in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr besteht, was ausreicht (vgl. BGH GRUR 2008, 714, 717, Nr. 37 - idw).

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Vor allem in der europäischen Rechtsprechung finden sich zwar Erwägungen, dass die klangliche Zeichenähnlichkeit in der rechtlichen Beurteilung der Verwechslungsgefahr in den Hintergrund tritt, soweit die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen überwiegend auf Sicht gekauft bzw. in Anspruch genommen werden (EuG GRUR Int. 2003, 1017, 1019, Nr. 55 - BASS-PASH; EuG MarkenR 2004, 162, 167, Nr. 51 - ZIRH/SIR; EuGH GRUR 2006, 313, 414, Nr. 21 - ZIRH/SIR); hinsichtlich der hier vorliegenden Marken lässt sich indessen schon nicht feststellen, dass sie vor allem visuell wahrgenommen werden.

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Zudem wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hervorgehoben, dass auch dem "Kauf auf Sicht" häufig mündliche Nachfragen, Empfehlungen und auch Gespräche unter Verbrauchern vorausgehen, bei denen klangliche Verwechslungen von Marken stattfinden können (vgl. BGH GRUR 1999, 241, 244 - Lions). Abgesehen davon wird erfahrungsgemäß selbst bei einer nur optischen Wahrnehmung einer Marke gleichzeitig der klangliche Charakter des den Gesamteindruck prägenden Markenwortes unausgesprochen mit aufgenommen und damit die Erinnerung an klanglich ähnliche Marken geweckt, die von früheren Begegnungen bekannt sind. Die klangliche Verwechslungsgefahr wird insoweit nicht durch ein unmittelbares Hören, sondern durch die ungenauen Erinnerungen an den Klang einer der beiden Marken ausgelöst (vgl. BPatGE 23, 176, 179 - evit/ELIT; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 230 m. w. N.).

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Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass es für die Feststellung der Verwechslungsgefahr ausreichend ist, dass nur in einer Richtung Markenähnlichkeit besteht.

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Die Beschwerde ist daher begründet; die Löschung der angegriffenen Marke durch den Erstbeschluss der Markenstelle ist zu Recht erfolgt.

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Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch ersichtlich sind.