Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 21.12.2011


BPatG 21.12.2011 - 30 W (pat) 101/10

Markenbeschwerdeverfahren – "meso/Body Therapy (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
21.12.2011
Aktenzeichen:
30 W (pat) 101/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 30 182.6

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. Dezember 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. November 2008 und vom 23. November 2010 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen „Seifen, Parfums, ätherische Öle, Haarwässer, Zahnputzmittel, Lippenstifte, künstliche Nägel; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Kosmetika, nämlich Haut- und Gesichtscremes, Haut- und Gesichtslotionen, Puder für kosmetische Zwecke, Maskara, Lidschatten, Eyeliner, Nagelpflegemittel, Make-up, Rouge, Blush und Camouflage; Veranstaltung von Schulungen und Seminaren auf dem Gebiet der Rhetorik; Durchführung von kosmetischen Dienstleistungen im Bereich Wellness/Massagen“ zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wort/-Bildmarke in das Markenregister angemeldet ist

Abbildung

Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

2

für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 41 und 44, nämlich für:

3

„Seifen, Parfums, ätherische Öle, Haarwässer, Zahnputzmittel, Lippenstifte, künstliche Nägel; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Kosmetika, nämlich Haut- und Gesichtscremes, Haut- und Gesichtslotionen, Puder für kosmetische Zwecke, Maskara, Lidschatten, Eyeliner, Nagelpflegemittel, Make-up, Rouge, Blush und Camouflage; Veranstaltung von Schulungen und Seminaren auf dem Gebiet der Verkaufspsychologie, der Verkaufstechnik, der Produkt- und Behandlungskunde sowie der Rhetorik; Gesundheits- und Schönheitspflege; Durchführung von kosmetischen Dienstleistungen im Bereich Wellness/Massagen“.

4

Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Erstbeschluss vom 26. November 2008 gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen, weil dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle. Begründend ist unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid ausgeführt, dass „meso“ die Kurzform sei für „Mesotherapie“, eine komplementärmedizinische Behandlungsmethode, die bei einer Reihe von den Körper betreffenden Erkrankungen sowie auf dem Gebiet der Gesundheits- und Schönheitspflege eingesetzt werde; „Body Therapy“ bedeute „Körpertherapie“; die angesprochenen Verkehrskreise würden die angemeldete Bezeichnung bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen daher als Sachhinweis auf eine mesotherapiebasierte Körpertherapie auffassen. Die werbeübliche grafische Gestaltung sei nicht geeignet, das Eintragungshindernis zu überwinden. Vom Anmelder angeführte Voreintragungen könnten kein Recht auf Eintragung begründen. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung hat dieselbe Markenstelle durch Beschluss vom 23. November 2010 zurückgewiesen.

5

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hält mit näheren Ausführungen das angemeldete Zeichen für schutzfähig, weil „meso“ nicht die übliche Kurzbezeichnung für „Mesotherapie“ sei und dieses Wort deshalb wegen fehlenden beschreibenden Bezugs zu den Waren und Dienstleistungen den Schutz der Gesamtmarke begründe. Er hat im Patentamtsverfahren unter anderem auf Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „meso/Meso“ verwiesen.

6

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

7

die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

9

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache im aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, da Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht bestehen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet; die angemeldete Marke ist insoweit wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

10

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit diese Produkte und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; EuGH GRUR 2008, 608 ff. - Rn. 66, 67 - EUROHYPO; GRUR 2006, 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2004, 674 - Rn. 34 - POSTKANTOOR; BGH GRUR 2010, 935 - Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 - Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 952 - Rn. 9 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 - Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2005, 257 - Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - anti KALK). Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Die maßgeblichen Verkehrskreise definiert der EuGH als den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 29 m. w. N.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 411, 413 - Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla).

11

Keine Unterscheidungskraft kommt Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren und Dienstleistungen hergestellt wird (BGH WRP 2010, 1504, 1506 - Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2009, 949, 951 - Rn. 20 - My World; GRUR 2009, 411 - Rn. 9 - STREETBALL; GRUR 2006, 850, 854 - Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006).

12

1. Nach diesen Grundsätzen fehlt dem zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Zeichen teilweise jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, nämlich für die Dienstleistungen „Veranstaltung von Schulungen und Seminaren auf dem Gebiet der Verkaufspsychologie, der Verkaufstechnik, der Produkt- und Behandlungskunde; Gesundheits- und Schönheitspflege“.

13

Das zur Eintragung angemeldete Zeichen ist im Wortbestand gebildet aus „meso“, „Body“ und „Therapy“. Dabei ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass die englischen Wörter „body“ und „therapy“ im Deutschen „Körper“ bzw. „Therapie“ (Behandlung) bedeuten;  wie die Markenstelle unter Übersendung von Nachweisen belegt hat, ist die englischsprachige Wortbildung „Body Therapy“ auch im Deutschen die geläufige Bezeichnung für „Körpertherapie“, die ganz allgemein zur Behandlung von Beschwerden durch am Körper angewendete Techniken eingesetzt werden kann.

14

Allerdings enthält die angemeldete Marke auch das Wort „meso“. Ob „meso“ als solches die gebräuchliche Kurzform des Wortes „Mesotherapie“ ist, wie die Markenstelle meint, bedarf indessen keiner Entscheidung. Denn durch das auch in der Anmeldung enthaltene Wort „Therapy“ wird mit der Marke selbst eine Verbindung zwischen „meso“ und „Therapy“ hergestellt und den angesprochenen Verkehrskreisen mit der Begriffsbildung „Meso-Körpertherapie“ zugleich der Fachbegriff „Mesotherapie“ vor Augen geführt. „Mesotherapie“ ist nach den Ausführungen des Anmelders und dazu von ihm vorgelegten Nachweisen sowie den Ermittlungen des Senats eine medizinische Behandlungsmethode, bei der durch Injektionen Medikamente in die mittlere Hautschicht eingebracht werden. Wie diesen Nachweisen weiter zu entnehmen ist, wird die Mesotherapie bei zahlreichen medizinischen Problemen, etwa Rheuma, Sportverletzungen oder Migräne und auch im Bereich der ästhetischen Medizin angewendet, zum Beispiel zur Hautstraffung und Faltenbehandlung (vgl. auch HABM R1563/08-4 - ELECTROMESOTERAPIA). Eine derartige Behandlung fällt ohne weiteres in den Bereich der hier beanspruchten Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege“.

15

Das begriffliche Verständnis der Gesamtbezeichnung „meso Body Therapy“ im Sinn von „Mesokörpertherapie“, also Behandlung des Körpers durch Mesotherapie, bereitet dem angesprochenen Publikum somit keinerlei Schwierigkeiten. Die Mesotherapie für den Körper gehört, ebenso wie Mesotherapie für das Gesicht, tatsächlich auch zum Behandlungsspektrum der Mesotherapie, wie den vom Anmelder eingereichten Unterlagen zu entnehmen ist. Bei diesem Verständnis ergibt die Anmeldung hinsichtlich der Dienstleistungen „Veranstaltung von Schulungen und Seminaren auf dem Gebiet der Verkaufspsychologie, der Verkaufstechnik, der Produkt- und Behandlungskunde; Gesundheits- und Schönheitspflege“ einen Sachhinweis in dem Sinn, dass ihr Gegenstand die Mesotherapie am Körper ist.

16

Die grafische Gestaltung ist nicht geeignet, die Unterscheidungskraft zu begründen. Wie die Markenstelle bereits ausgeführt hat, sind Fettdruck und Kleinschrift ebenso wie ein Wechsel der Schrifttypen werbeüblich. Der vertikale Strich ist ein Satzzeichen, nämlich ein Verkettungszeichen, das bei einem deutschen Tastaturlayout über die Tastenkombination Alt Gr + < > erzeugt wird und Möglichkeiten der Worttrennung anzeigt (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., S. 9, unter 6.).

17

Die Schutzfähigkeit des Zeichens insoweit ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von der Anmelderin angeführten Voreintragungen, die ebenfalls mit dem Wort „meso/Meso“ gebildet sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofes als auch des Europäischen Gerichtshofes geht davon aus, dass die Schutzfähigkeit einer neu angemeldeten Marke bezogen auf den konkreten Einzelfall und ausschließlich anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen ist, die insoweit keinen Ermessensspielraum vorsehen; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (BGH GRUR 2008, 1093, 1095, Nr. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rn. 57 - American Clothing/HABM, jeweils m. w. N.; BGH GRUR 2011, 230, - Rn. 10, 12 - SUPERgirl).

18

Die Marke kann damit insoweit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Dienstleistungen „Veranstaltung von Schulungen und Seminaren auf dem Gebiet der Verkaufspsychologie, der Verkaufstechnik, der Produkt- und Behandlungskunde; Gesundheits- und Schönheitspflege“ zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Marke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im genannten Umfang von der Eintragung ausgeschlossen.

19

2. In dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang können Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG indessen nicht festgestellt werden. Eine Bezeichnung für eine medizinische Behandlungsform durch Injektionen beschreibt weder Merkmale der beanspruchten Waren der Klasse 3 noch die Dienstleistungen „Veranstaltung von Schulungen und Seminaren auf dem Gebiet der Rhetorik; Durchführung von kosmetischen Dienstleistungen im Bereich Wellness/Massagen“.