Entscheidungsdatum: 28.02.2012
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 129 232 (DE 699 11 804)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm, des Richters Guth, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Gerster sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 129 232 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
„1. Vorrichtung zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend:
- eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck;
- wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt;
- eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt;
- wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren,
- die PVD-Vorrichtung für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist,
- eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand;
- eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände, und
- wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt,
dadurch gekennzeichnet, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels UV-Strahlung aushärtet, und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit UV-Strahlung, dass die Träger langgestreckt sind und die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die Träger im Wesentlichen in der Längsrichtung zu bewegen, und dass die Träger mit austauschbaren Gegenstandshaltern versehen sind, welche auf sich vertikal erstreckenden Wellen, die drehbar in den Trägern befestigt sind, platziert sind.
2. Vorrichtung gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Nachverarbeitungsvorrichtung eine Gebläsevorrichtung zum Ausblasen von Staub von den zu behandelnden Gegenständen aufweist.
3. Vorrichtung gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Oberflächenverarbeitungsvorrichtung aufweist, die vor der Anwendungsvorrichtung zur Bearbeitung der Oberfläche der zu behandelnden Gegenstände verbunden ist.
4. Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Nachverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mit Strahlung, beispielsweise UV-Strahlung aushärtet, und eine Vorrichtung zur Bestrahlung der lackierten Gegenstände mit der relevanten Bestrahlung.
5. Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Beladungs-/Entladungs-Station zwischen der Nachverarbeitungsvorrichtung und der Vorverarbeitungsvorrichtung zum Entladen der bearbeiteten Gegenstände und zum Beladen von zu bearbeitenden Gegenständen angeordnet ist.
6. Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die PVD-Vorrichtung mittels einer einzigen Schleuse mit der Umgebung verbunden ist, sich die Transportvorrichtung durch die Schleuse erstreckt und die Schleuse dazu angepasst ist, einen Träger gleichzeitig in und aus der PVD-Vorrichtung zu transportieren.
7. Vorrichtung gemäß Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Transportvorrichtung eine geschlossene Konfiguration besitzt und sich in zwei Richtungen durch die PVD-Vorrichtung erstreckt.
8. Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass gezahnte Räder auf den Wellen zum drehenden Antreiben der Wellen angeordnet sind.
9. Vorrichtung gemäß Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass gezahnte Räder unter der Oberseite des Trägers angeordnet sind.
10. Vorrichtung gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die gezahnten Räder in Öffnungen eingelassen werden, die in dem Träger angeordnet sind, und dass die gezahnten Räder aus den Seitenwänden des Trägers hervorstehen.
11. Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung mit Nocken versehen ist, um mit den gezahnten Rädern während des Durchlaufs der Träger in Eingriff zu gelangen und die gezahnten Räder zu drehen.
12. Vorrichtung gemäß Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Nocken einen Teil einer antreibbaren Kette bilden, um die Wellen dazu zu bringen, unabhängig von der linearen Bewegung des Trägers zu rotieren.“
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreit werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 11. November 1999 beim europäischen Patentamt angemeldeten, die Priorität der niederländischen Anmeldung 1010531 vom 11. November 1998 in Anspruch nehmenden mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 129 232 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 699 11 804 geführt wird. Das Streitpatent mit der Bezeichnung „APPARATUS FOR COATING OBJECTS THROUGH PVD“ (Vorrichtung zum Beschichten von Gegenständen mittels PVD) umfasst 18 Patentansprüche und wird gemäß Hauptantrag in unverändertem Umfang sowie mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträgen 1 bis 8 beschränkt verteidigt. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet in der Amtssprache Englisch:
„1. Apparatus for applying at least one coating to objects by means of vapour deposition (PVD) under vacuum, comprising:
- a PVD device for coating the object under a vacuum;
- at least one lock separating the PVD-device from the ambient;
- a transport device which extends though the PVD-device and into the lock;
- wherein the transport device is adapted to transport objects arranged on carriers;
- the PVD device is adapted for semi-continuous treatment of objects arranged on the carriers;
- a preprocessing device for performing a preprocessing on the object;
- a postprocessing device for postprocessing the objects; and
- wherein the transport device extends though said at least one lock, the preprocessing device and the postprocessing device,
characterized in that the preprocessing device comprises an application device for applying onto the objects for treating a lacquer which cures with radiation, for instance UV or IR radiation, and a device for irradiating the lacquered objects with the relevant radiation.”
Patentanspruch 1 lautet in deutscher Übersetzung:
„Vorrichtung zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend:
- eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck;
- wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt;
- eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt;
- wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren,
- die PVD-Vorrichtung für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist,
- eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand;
- eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände, und
- wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt,
dadurch gekennzeichnet, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels Strahlung, beispielsweise UV- oder IR-Strahlung, aushärtet, und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit der relevanten Strahlung.“
Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 18 wird auf die Patentschrift EP 1 129 232 B1 verwiesen.
Die Klägerin greift das Patent in vollem Umfang an und macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:
BM 1 EP 1 129 232 B1 (Streitpatent)BM 1T DE 699 11 804 T2BM 1M Merkmalsanalyse des Anspruchs 1 des StreitpatentsBM 1A WO 00/28105 A1BM 2 R.M. Rainey, „Sputtercoating - A Production Reality“, Proceedings of the 23rd Annual Technical Conference (1980), S. 50 bis 53BM 3 DE 39 13 014 A1BM 4 EP 0 632 847 B1BM 5 DE 24 41 600 C3BM 6 DE 28 54 317 A1BM 7 DE 39 08 119 A1BM 8 US 5 780 526 ABM 9 G. Kienel (Hrsg.), Vakuumbeschichtung 3, VDI - Verlag Düsseldorf 1994, S. 3 bis 7BM 10 DE 197 01 193 C1BM 11 G. Kienel (Hrsg.), Vakuumbeschichtung 2, VDI - Verlag Düsseldorf 1995, S. 190/191BM 12 Prioritätsunterlagen PCT/NL 99/00689 zum StreitpatentBM 12T Übersetzung dieser Unterlagen ins Englische
BM 13 Lehrbuch der Lacktechnologie, Hrsg. U. Zorll, Vincentz Verlag, Hannover, 1998, S. 270/271
BM 14 Handbuch des Umweltschutzes und der Umweltschutztechnik, Band 2, Produktions- und produktintegrierter Umweltschutz, Hrsg. H. Brauer, Springer-Verlag Berlin, 1996, S. 857/858
BM 15 Lehrbuch der Lacktechnologie, Hrsg. U. Zorll, Vincentz Verlag, Hannover, 1998, S. 336/337
BM 16 DE-OS 1 804 930BM 17 DE 693 02 787 T2BM 18 DE 43 27 468 A1BM 19 DE 33 06 870 A1BM 20 DE-OS 20 20 457.
Sie ist der Ansicht, der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Form sei insbesondere gegenüber dem Stand der Technik gemäß BM 2 bis BM 4 weder neu, noch beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit in Verbindung mit den Druckschriften BM 5 bis BM 8 oder BM 9, BM 10 und BM 20. Die in den Entgegenhaltungen BM 2 bis BM 4 gezeigten und beschriebenen Beschichtungsvorrichtungen dienten nämlich wie der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 zum Aufbringen eines Überzugs auf Gegenstände mittels PVD und wiesen eine PVD-Vorrichtung, eine Vorverarbeitungsvorrichtung, eine Nachbehandlungsvorrichtung und eine Transportvorrichtung auf. Diese bekannten Vorrichtungen könnten auch halbkontinuierlich im Sinn des Streitpatents betrieben werden.
Die abhängigen Ansprüche seien ebenfalls nicht patentfähig. Dies gelte auch für die erst in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsanträge, wobei insbesondere noch die Druckschrift BM 19 zu berücksichtigen sei. Die Gegenstände der Hilfsanträge 1 und 2 seien außerdem gegenüber dem Offenbarungsgehalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen unzulässig erweitert.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das europäische Patent 1 129 232 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung der Hilfsanträge 1 bis 8, übergeben in der mündlichen Verhandlung, erhält.
Gemäß Hilfsantrag 1 wird Patentanspruch 1 in deutscher Sprache dahingehend eingeschränkt, dass die Vorrichtung zusätzlich gekennzeichnet ist dadurch,
„dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels UV-Strahlung aushärtet, und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit UV-Strahlung, dass die Träger langgestreckt sind und die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die Träger im Wesentlichen in der Längsrichtung zu bewegen, und dass die Träger mit austauschbaren Gegenstandshaltern versehen sind, welche auf sich vertikal erstreckenden Wellen, die drehbar in den Trägern befestigt sind, platziert sind.“
Die erteilten Unteransprüche 6 und 9 bis 13 werden gestrichen, die übrigen Unteransprüche werden umnummeriert und angepasst.
Wegen der beschränkten Verteidigung gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 8 wird auf die Anlagen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und verweist auf folgende Dokumente:
NB 1 CD mit einem Film über die manuellen Handhabungsschritte bei einer Anlage der Beklagten
NB 2 BT-Drucksache 16/11339 Seiten 21 und 22
DR1 Urteil des LG Düsseldorf vom 22. Juni 2010Az 4b O 42/09.
Die Beklagte ist der Auffassung BM 2 erfordere explizit eine manuelle Handhabung der Teile zwischen den Prozessstationen, wogegen sich beim Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 die Transportvorrichtung von der Vorverarbeitungsvorrichtung durch die Schleuse und die PVD-Vorrichtung in die Nachverarbeitungsvorrichtung erstrecke. BM 3 und BM 4 enthielten keine konkrete Lehre zur Art des Transports zwischen den Prozessstationen und durch die Prozessstationen hindurch. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei daher gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu und auch erfinderisch. Jedenfalls aber sei das Streitpatent in den hilfsweise verteidigten Fassungen patentfähig, da entsprechende Kombinationen der Merkmale weder Stand der Technik noch durch diesen nahegelegt seien.
Der Senat hat den Klägervertretern eine Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf die in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge 1 und 2 bis zum 4. November 2011 und den Beklagtenvertretern eine Anschlussschriftsatzfrist hierauf bis zum 25. November 2011 eingeräumt. Die Klägerin ist der Ansicht, die Hilfsanträge, zu denen sie im Termin nicht abschließend Stellung nehmen konnte, seien als verspätet zurückzuweisen, da die Beklagte die Verspätung nicht habe entschuldigen können und die Gewährung einer Schriftsatzfrist im Nichtigkeitsverfahren gem. § 283 ZPO nicht zulässig sei. Vertrete der Senat eine andere Ansicht, sei eine erneute mündliche Verhandlung erforderlich. Die Beklagte entgegnet, die Hilfsanträge enthielten lediglich bekannte Merkmale der erteilten Unteransprüche, die mit den Merkmalen des erteilten Hauptanspruchs kombiniert seien, und daher um einen Sachverhalt, auf den sich die Klägerin kurzfristig habe einstellen können.
I.
Die auf den Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ) gestützte Klage ist zulässig. Sie erweist sich auch teilweise als begründet.
1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Überziehen von Gegenständen mittels eines PVD-Verfahrens mit einer Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand, einer PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter einer Atmosphäre, die sich von der Umgebungsluft unterscheidet, und einer Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände (BM 1T Abs. [0001]).
Solche Vorrichtungen sind allgemein bekannt. Sie werden z. B. dazu verwendet, eine dünne Schicht aus Metall auf Plastik aufzubringen, um dem Gegenstand ein metallisches Erscheinungsbild zu geben. Die Gegenstände zur Verarbeitung werden dabei auf Gestellen platziert und mit einem Lacküberzug versehen, der die Klebekraft zwischen dem Plastik und dem Metallüberzug erhöht. Der Lacküberzug sorgt darüber hinaus für eine gleichmäßige Oberfläche des Gegenstandes, sodass die Reflexion des zu überziehenden Metalls darauf verbessert ist. Die zu verarbeitenden Gegenstände werden dann in einem Unterdruckbehälter platziert. Darin wird ein Unterdruck erzeugt und mittels einer Verdampfung von metallischen Gegenständen wird ein Metalldampf in den Unterdruckbehälter eingeführt, der sich auf den lackierten Gegenständen ablagert. Dieser Prozess ist als „physikalische Dampfablagerung“ (PVD) bekannt. Nach der Verdampfung des relevanten Elements wird der Behälter wieder belüftet, wonach die metallisierten Gegenstände auf den Gestellen entfernt werden können. Die Gegenstände werden danach einer Nachbehandlung unterzogen, die im Allgemeinen durch eine Lackierbehandlung realisiert wird, um die extrem dünne leicht zu beschädigende Metallschicht zu schützen. Bekannt ist auch ein Gerät, bei dem mittels PVD unter Vakuum ein Gegenstand, vorzugsweise aus Glas, mit Metallüberzügen durch Sputtern (Kathodenstrahlzerstäubung) überzogen wird, bei dem eine Transportvorrichtung sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse erstreckt, und das Gerät für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände angepasst ist (BM 1T Abs. [0002, 0003, 0005, 0006, 0007, 0008, 0010, 0011]).
Ein Problem bei diesen Verfahren liegt darin, dass viele Vorgänge unvermeidlich manuell durchgeführt werden müssen. Dies wird durch den diskontinuierlichen Charakter des PVD-Prozesses und durch die relativ lange Trocknungszeit der Lacke, sobald diese auf die Plastikgegenstände aufgebracht wurden, hervorgerufen. Die Arbeit wird dadurch schwierig (BM 1T Abs. [0009]).
Dem Streitpatent liegt deshalb die technische Aufgabe zugrunde, ein Gerät zu schaffen, das dazu angepasst ist, einen Metallüberzug auf Materialien aufzubringen, die nur überzogen werden können, wenn sie durch einen Lacküberzug bedeckt wurden, und mit dem eine weitgehende Automatisierung dieses Beschichtungsprozesses erreicht wird (vgl BM 1T Abs. [0012, 0014]).
Die Aufgabe wird durch die Vorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag mit folgenden Merkmalen gelöst:
1. Vorrichtung zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend:
1.1 eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck;
1.1.1 wobei die PVD-Vorrichtung für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist,
1.2 wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt;
1.3 eine Transportvorrichtung,
1.3.1 die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt;
1.3.2 wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren,
1.3.3 wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt,
1.4 eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand;
1.4.1 wobei die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels Strahlung, beispielsweise UV- oder IR-Strahlung, aushärtet,
1.4.2 und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit der relevanten Strahlung aufweist,
1.5 eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände.
2. Bei der Beurteilung der Patentfähigkeit ist abzustellen auf ein Team aus einem Diplomchemiker, der über Erfahrung bei der Beschichtung von Gegenständen mit Lacken und Metallüberzügen verfügt, und einem Maschinenbauingenieur oder Diplomphysiker mit Erfahrung im Bau von Anlagen in der Vakuumtechnik.
3. Die Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag ist zulässig.
Der erteilte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag geht aus den Ansprüchen 1, 3 und 9 der ursprünglichen Unterlagen i. V. m. den Figuren 2 und 9 gemäß WO 00/28105 A1 (BM 1A) hervor. Die geltenden Ansprüche 2 bis 18 basieren auf den Ansprüchen 8, 10, 11, 12, 2, 3 und Fig. 8, 9 i. V. m. S. 10 Z. 28 bis S. 11 Z. 13, sowie den Ansprüchen 4, 5, 6, 7 und 13 bis 19 der ursprünglichen Unterlagen (BM 1A). Auch das Merkmal im Patentanspruch 1, dass die Vorrichtung wenigstens eine Schleuse aufweist, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt, ist im Gegensatz zur im nachgelassenen Schriftsatz in Zusammenhang mit der Zulässigkeit dieses Merkmals im gleichlautenden Oberbegriff der jeweiligen Patentansprüche 1 des Hauptantrags (und des Hilfsantrags 1) geäußerten Auffassung der Klägerin aus den ursprünglichen Unterlagen gemäß BM 1A ersichtlich. Im Anspruch 3 bzw. S. 3 Z. 17 bis 21 der Erstunterlagen wird eine Ausgestaltung der PVD-Vorrichtung mit einer einzigen Schleuse bzw. Abtrennung (im englischen Original „lock“) gegenüber der Umgebung als bevorzugt beschrieben. Dies bedeutet, dass eine einzige Schleuse bevorzugt ist, aber nicht, dass die Anzahl der Schleusen zwingend auf eine einzige beschränkt ist. PVD-Beschichtungen werden nämlich in Vakuumbehältern durchgeführt (BM 1A S. 1 Z. 32 bis 38), die zwingend von der Umgebung abgetrennt werden müssen. Die Figur 1 veranschaulicht zwei hintereinander liegende Vakuumkammern, die durch Schleusen (locks) von der Umgebung getrennt sind und in Figur 9 weist die Vakuumkammer zwei Schleusen (locks) auf. Damit geht aus den Erstunterlagen hervor, dass die Vorrichtung wenigstens eine Schleuse aufweist. Dieses Merkmal wurde auch im Prüfungsverfahren vom Europäischen Patentamt als auf den Erstunterlagen beruhend angesehen (Bescheid vom 30. Juli 2002) und demzufolge der Patentanspruch 1 des Streitpatents mit diesem Merkmal erteilt.
4. Es kann dahinstehen ob der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere den Druckschriften BM 3 oder BM 4, neu ist. Jedenfalls beruht er gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann von Vorrichtungen ausgehen, mit denen Gegenstände, die vorher mit einem Lacküberzug versehen wurden, durch PVD beschichtet werden. Die aus BM 4 bekannte Durchlaufanlage für die Beschichtung von Formkörpern weist eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen von Gegenständen unter Unterdruck auf, die vorher mit einem Lack überzogen wurden. Zunächst wird dabei der aufgegebene Formkörper in einer Vorbehandlungszone gereinigt, entfettet, und getrocknet, dann einer Pulverkabine zugeführt, in der ein automatisches Auftragen einer Grundschicht, vorzugsweise Pulverlackschicht erfolgt, und anschließend einem Ofen zugeführt, in dem eine IR-Zone durchfahren wird. Nachdem die Grundschicht eingebrannt ist, durchfahren die mit Lack beschichteten Formkörper eine durch Schleusen voneinander getrennte Hochvakuum-Mehrkammer-Durchlaufanlage, wobei die erste Kammer einen Eingangspuffer, die zweite Kammer die eigentliche Beschichtungskammer, in der der Formkörper vorzugsweise durch Plasmabedampfen beschichtet wird, und die dritte Kammer einen Ausgangspuffer darstellt. Nach Verlassen der Kammer wird der Formkörper einer weiteren Pulverkabine zugeführt, in der eine Deckschicht aufgebracht wird, wonach ein Ofen mit Infrarot- und Einbrennzone durchlaufen wird, und dann der Formkörper dem Kreislauf entnommen wird, vgl. Sp. 4, Z. 44 bis Sp. 5 Z. 43 i. V. m. Fig. 2. Die aus BM 4 bekannte Durchlaufanlage weist also gemäß den Merkmalen 1., 1.1, 1.2, 1.4, 1.4.1, 1.4.2 und 1.5 des Patentanspruchs 1 eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen von Gegenständen unter Unterdruck mit einer Schleuse, eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung, wobei die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände umfasst, der mittels Strahlung (hier IR-Strahlung) aushärtet, eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit der relevanten Strahlung und eine Nachverarbeitungsvorrichtung (hier eine Pulverbeschichtungsvorrichtung) auf. BM 4 umfasst aber zusätzlich auch eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein, sowie durch die Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung gemäß den Merkmalen 1.3, 1.3.1 und 1.3.3 erstreckt, obwohl die Formulierung „Transportvorrichtung“ in BM 4 nicht explizit verwendet wird. Denn die Fig. 2 zeigt einen Kreislauf, in dem das durchgehende mit Pfeilen versehene durch Fettdruck hervorgehobene Band den Durchlauf der Anlage symbolisiert, wobei lediglich vor der Vorbehandlung Formköper aufgegeben (Doppelpfeil „Aufgabe“) und nach dem Abkühlen abgenommen (Doppelpfeil „Abnahme“) werden. Dies ist auch den zugehörigen Erläuterungen in der Beschreibung so zu entnehmen (Sp. 4 Z. 44 bis Sp. 5 Z. 23). Demnach wird der Formkörper vor der Vorbehandlung aufgegeben (Sp. 4 Z. 47 bis 50) und nach dem Abkühlen dem Kreislauf entnommen (Sp. 5 Z. 21 bis 23). Zwischen den einzelnen Anlagenabschnitten der Durchlaufanlage wird der Formkörper immer zugeführt, bzw. durchfährt der Formkörper den Abschnitt oder verlässt er den Abschnitt. Von einer Aufgabe und Abnahme von Formkörpern zwischen der Vorbehandlung, der Lackbeschichtung, der HV-Mehrkammer-Durchlaufanlage und der Nachbehandlung ist dabei nicht die Rede. Ein manueller Transport zwischen den einzelnen Anlagenabschnitten ist damit entgegen der Auffassung der Patentinhaberin nicht vorgesehen. Auch ein elektrostatisches Auftragen der Pulverlackschicht (Sp. 4, Z. 55 bis 56) mag zwar im Durchlaufverfahren technisch komplex sein, wie die Patentinhaberin vorträgt, es erfordert aber gemäß Sp. 4 Z. 55 bis Sp. 5 Z. 4 und Fig. 2 kein manuelles Umpacken der Formteile vor dem Durchfahren der IR-Zone. Aus den Angaben der BM 4 ist also zu schließen, dass die Durchlaufanlage gemäß BM 4 eine Transportvorrichtung umfasst, die sich durch die PVD-Vorrichtung in die Schleuse hinein, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt. Auch die halbkontinuierliche Verfahrensweise gemäß Merkmal 1.1.1 ist bei BM 4 verwirklicht. Denn nach der Eingangsschleuse wird die Eingangspufferkammer auf den Druck der Prozesskammer evakuiert, wobei der in diese Kammer eingefahrene Formkörper darin verweilt, bis der Druck der Prozesskammer erreicht ist, und dessen Schleusen geöffnet werden können. Somit muss hier der ansonsten kontinuierliche Prozess angehalten werden (Sp. 5 Z. 24 bis 43).
BM 4 lässt sich lediglich nicht entnehmen, dass die zu beschichtenden Gegenstände auf Trägern angeordnet sind, und die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren (Merkmale 1.1.1 und 1.3.2).
Um die Aufgabe durch die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 des Hauptantrags zu lösen, erhält der Fachmann ausgehend von der Durchlaufanlage BM 4 aus BM 2 bzw. BM 3 die Anregung, die zu beschichtenden Formkörper bzw. Gegenstände auf Trägern anzuordnen, wobei der Fachmann im Rahmen seines handwerklichen Könnens die Transportvorrichtung auch entsprechend Merkmal 1.3.2. in der Weise ausgestaltet, dass die auf den Trägern angeordneten Gegenstände transportieren werden können. BM 2 und BM 3 beschreiben nämlich jeweils PVD Anlagen zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenständen, die auf Trägern angeordnet sind, und die eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung durch Aufbringen und Aushärten eines Lacks und eine Nachverarbeitungsvorrichtung aufweisen.
Die aus BM 3 bekannte Anlage umfasst dabei eine Fördervorrichtung, die die auf sogenannten Rahmen, also Trägern, montierten Gegenstände von einer Vorverarbeitungsvorrichtung, bei der die Gegenstände mit einer Überzugszusammensetzung elektrostatisch besprüht werden, durch eine UV-Aushärtungskammer in eine Trockenvakuummetallisierungskammer (Zerstäubungskammer) bewegt, und anschließend in eine Nachverarbeitungsvorrichtung fördert (Sp. 5, Beispiel 1, Fig. 2 i. V. m. Sp. 2 Z. 36 bis Sp. 3 Z. 5 und Ansprüche 8, 12 und 16). Auch bei BM 2 wird ein Förderband verwendet, auf dem Träger (Fixtures) für die zu behandelnden Gegenstände angebracht sind, wobei die Gegenstände nach der Vorverarbeitung erst vor der Schleuse manuell auf dem Träger angebracht und bereits nach dem PVD-Prozess (Sputtern) wieder manuell entfernt werden, bevor die Nachbehandlung durchgeführt wird (S. 52 Fig. 6 i. V. m. li. Sp. Mitte bis re. Sp. Mitte).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag wird damit vom Stand der Technik nahegelegt und hat daher keinen Bestand. Nachdem die Beklagtenvertreter die Haupt- und Hilfsanträge als jeweils geschlossene Anspruchssätze verstehen, erübrigt es sich festzustellen, ob in den nachgeordneten Patentansprüchen 2 bis 18 des Hauptantrags ein bestandsfähiger Rest zu erkennen ist.
5. Die von der Beklagten hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 verteidigte Fassung der Patentansprüche 1 bis 12 erweist sich dagegen als bestandsfähig.
6. Die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 1 ist zulässig. Sie ist sowohl in den erteilten Unterlagen als auch in den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents offenbart.
Der Patentanspruch 1 geht aus den Patentansprüchen 1, 6, 12 und 13 i. V. m. Absatz [0015], [0023] und [0024] des Streitpatents hervor. Er ist auch aus den Patentansprüchen 1, 2, 3, 9, 13 und 14 i. V. m. den Figuren 2 und 9 sowie S. 3 Z. 9 bis 12, S. 5 Z. 13 bis 15 und Z. 22 bis 25 der Erstunterlagen BM 1A ableitbar. Der Klägerin ist zwar zuzustimmen, dass die ursprünglichen Ansprüche 13 und 14 auf Träger und nicht auf eine Vorrichtung gerichtet sind. Der Anspruch 13 und mit diesem der auf diesen rückbezogene Anspruch 14 betrifft aber Träger zur Verwendung in einer Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, sodass ein direkter Zusammenhang zwischen den auf Träger gerichteten Ansprüchen und den Vorrichtungsansprüchen in den ursprünglichen Unterlagen hergestellt ist. Dies zeigt auch der in den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 aufgenommene ursprüngliche auf eine Vorrichtung gerichtete Anspruch 2, der die langgestreckte Ausgestaltung der Träger in der Vorrichtung und die Anpassung der Transportvorrichtung dazu, die Träger im Wesentlichen in der Längsrichtung zu bewegen, betrifft. Nachdem also der Rückbezug der Ansprüche 13 und 14 auch auf diesen Anspruch durch die ursprüngliche Offenbarung hergestellt ist, ergeben sich durch die Aufnahme der Merkmale der Ansprüche 13 und 14 in den Vorrichtungsanspruch 1 im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin keine ursprünglich nicht offenbarten Merkmalskombinationen. Die im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 vorhandene Merkmalskombination geht daher nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus.
Auch können keine Missverständnisse aufkommen, was unter einem langgestreckten Träger und in diesem Zusammenhang einer Bewegung der Träger in Längsrichtung zu verstehen ist, da gemäß Wortlaut des Patentanspruchs, die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die in Längsrichtung selbstverständlich auch in Längsrichtung langgestreckten Träger durch die einzelnen Anlagenteile zu fördern. Das Patent wird damit gemäß Hilfsantrag 1 im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin mit einem Patentanspruch 1 beschränkt verteidigt, der dem Erfordernis einer deutlichen (klaren) und knappen Anspruchsfassung genügt (vgl. BGH - GRUR 2010, 709 - Proxyserversytem).
Die Patentansprüche 2 bis 12 des Hilfsantrags 1 sind sowohl aus den erteilten Unterlagen (Ansprüche 2 bis 5, 7, 8 und 14 bis 18) als auch den ursprünglichen Unterlagen (BM 1A; Ansprüche 8, 10, 11, 12, 3, 4, 15, 16, 17, 18, 19) ableitbar.
7. Die Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ist gegeben.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 weist gegenüber dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags zusätzlich folgende Merkmale auf:
1.4.1 dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels UV-Strahlung aushärtet,
1.4.2 und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit UV-Strahlung,
1.5.1 dass die Träger langgestreckt sind
1.5.2 und die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die Träger im Wesentlichen in der Längsrichtung zu bewegen,
1.5.3 und dass die Träger mit austauschbaren Gegenstandshaltern versehen sind,
1.5.4 welche sich auf vertikal erstreckenden Wellen, die drehbar in den Trägern befestigt sind, platziert sind.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist bereits durch die Beschränkung in den Merkmalen 1.4.1 und 1.4.2 auf die Aushärtung des Lackes mittels UV-Strahlung und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit UV-Strahlung gegenüber BM 4 neu, da bei der aus BM 4 bekannten Vorrichtung der aufgebrachte Lack durch IR-Strahlung aushärtet und eine Vorrichtung zum Bestrahlen mit dieser Strahlung aufweist (Anspruch 2 i. V. m. Fig. 2 und Sp. 4 Z. 57 bis Sp. 5 Z. 4). Auch die aus BM 2 bekannte Sputtercoating-Anlage nennt keine Bestrahlung mit UV eines aufgebrachten Lacks (S. 51 li. Sp. „Basecoat“). Bei der aus BM 3 bekannten Anlage, die eine Vorverarbeitungsvorrichtung, eine PVD-Anlage und eine Nachverarbeitungsvorrichtung aufweist, wird zwar der Lack entsprechend den Merkmalen 1.4.1 und 1.4.2 mit UV-Strahlung gehärtet, und die Anlage umfasst dementsprechend eine Vorrichtung zum Bestrahlen mit UV-Strahlung (Sp. 5 Beispiel 1, insbesondere Z. 45 bis 48). Als Träger werden aber im Gegensatz zu den Merkmalen 1.5.1 bis 1.5.4 drehbare Spulenrahmen verwendet, auf die Bandmaßgehäuse montiert sind. Der Auffassung der Klägerin kann nicht beigetreten werden, dass die Träger nicht Bestandteil der Vorrichtung seien. Denn die Vorrichtung umfasst eine Transportvorrichtung und mit dieser verbundene Träger, die, wie auch die Beschreibung und Figuren des Streitpatents zeigen, zum Transport von Gegenständen in Zusammenhang mit der Transportvorrichtung gemäß den Merkmalen 1.3.2 und 1.5.1 bis 1.5.4 ausgestaltet werden müssen. In BM 9 wird zwar auf einen automatisierten Materialfluss von Vakuumbeschichtungsanlagen hingewiesen, eine Anlage gemäß Patentanspruch 1 mit einer Vorverarbeitungsvorrichtung, einer PVD-Vorrichtung und einer Nachverarbeitungsvorrichtung ist aber in BM 9 nicht beschrieben. Aus BM 19 ist zwar eine Vorrichtung zum Herstellen von Schichten mit rotationssymmetrischem Dickenprofil auf Substraten durch Katodenzerstäubung, also eine Vorrichtung zur Aufbringung eines Überzugs mittels Dampfablagerung, bekannt, die Substrathalter auf einem gemeinsamen Fahrgestell aufweist (Anspruch 1). Diese Vorrichtung beschreibt aber keine Vorverarbeitungsvorrichtung und keine Nachverarbeitungsvorrichtung. Die weiteren Entgegenhaltungen liegen vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 noch weiter entfernt. Die Entgegenhaltungen BM 10 und BM 20 beschreiben zwar eine Vorrichtung zum Beschichten von Rädern von Kraftfahrzeugen bzw eine Oberflächenbehandlungsanlage, bei der die Weitergabe des Behandlungsgutes von Behandlungsstation zu Behandlungsstation in vorbestimmten Takten erfolgt, jedoch ohne eine Beschichtung oder eine Oberflächenbehandlung mit PVD zu erwähnen (BM 10 Anspruch 1 i. V. m. Sp. 2 Z. 30 bis 33; BM 20 Anspruch 1, S. 1 Abs. 1 und S. 12 Abs. 3). Eine Vorrichtung zum Beschichten von Gegenständen mittels PVD, mit den Merkmalen 1 bis 1.4.2, die langgestreckte Träger aufweist, an die dann eine Transportvorrichtung zu deren Transport in Längsrichtung angepasst ist, und auf denen austauschbare Gegenstandshalter auf drehbar an den Trägern befestigten vertikalen Wellen platziert sind, ist daher auch diesen Druckschriften nicht zu entnehmen.
8. Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Zur Lösung der technischen Aufgabe, ein Gerät zu schaffen, das dazu angepasst ist, einen Metallüberzug auf Materialien mittels einer Dampfablagerung unter Unterdruck aufzubringen, die nur überzogen werden können, wenn sie durch einen Lacküberzug bedeckt wurden, und mit dem eine weitgehende Automatisierung dieses Beschichtungsprozesses erreicht wird, konnte der Fachmann von der aus BM 4 bekannten Vorrichtung ausgehen. Aus dieser Druckschrift ist ihm bereits eine weitgehende Automatisierung von Anlagen bekannt, die eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Aufbringung eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände, eine PVD-Vorrichtung zur Aufbringung eines Überzugs auf die Gegenstände und eine Nachverarbeitungsvorrichtung umfasst, wie bereits unter Punkt 4 zum Hauptantrag dargelegt wurde. Bei dieser Anlage wird aber der in der Vorverarbeitungsvorrichtung aufgebrachte Lack, hier ein Pulverlack, mit IR-Strahlung und nicht mit UV-Strahlung, wie es nach den Merkmalen 1.4.1 und 1.4.2 des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 erforderlich ist, ausgehärtet (Anspruch 2 i. V. m. Fig. 2 und Sp. 4 Z. 57 bis Sp. 5 Z. 4). Außerdem erfährt der Fachmann in BM 4 nichts über Träger und damit weder über eine Anpassung einer Transportvorrichtung an den Transport der zu beschichtenden Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, noch deren Ausgestaltung gemäß den Merkmalen 1.3.2 und 1.5.1 bis 1.5.4 des Hilfsantrags 1. Einen Hinweis oder eine Anregung anstelle eines Pulverlackes, der mit IR-Strahlung ausgehärtet werden muss, einen mit UV-Strahlung härtbaren Lack in der Vorverarbeitungsvorrichtung zu verwenden und dementsprechend eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit UV-Strahlung vorzusehen, erhält der Fachmann zwar noch aus BM 3 (vgl. Beispiel 1 auf Sp. 5). Diese Druckschrift beschreibt nämlich eine PVD-Anlage, die eine Vorverarbeitungsvorrichtung, die eine Lackierung mit einem durch UV-Strahlung härtbaren Lack und eine entsprechende Vorrichtung zum Bestahlen mit UV-Lack umfasst, und auch eine entsprechende Nachverarbeitungsvorrichtung aufweist. Bezüglich der Anpassung einer Transportvorrichtung an den Transport von Gegenständen, die auf Trägern angeordnet sind, und die Ausgestaltung der Träger in Zusammenhang mit der Transportvorrichtung, um zur Lösung der Aufgabe eine weitgehende Automatisierung des Beschichtungsprozesses zu erreichen, erhält der Fachmann aus BM 3 aber keine Anregung. Denn bei BM 3 werden lediglich Bandmaßgehäuse als Gegenstände, die auf drehbaren Spulenrahmen als Träger montiert sind, beschichtet (Sp. 5 Z. 11 bis 16).
Auch vom weiteren Stand der Technik wird der Fachmann nicht zur Lösung der Aufgabe durch den Gegenstand der Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags angeregt. Aus BM 2, die ebenfalls eine PVD-Anlage mit Vorverarbeitungsvorrichtung und Nachverarbeitungsvorrichtung betrifft, kann der Fachmann lediglich entnehmen, dass Gegenstandsträger (fixtures) manuell auf Sputterträger (sputtering platens) verbracht werden sollen. Aus BM 19 ist zwar eine Vorrichtung zum Herstellen von Schichten auf Substraten durch Kathodenzerstäubung bekannt, bei der drehbare Substrathalter (Gegenstandshalter) auf einem gemeinsamen Fahrgestell, das gegenüber der Zerstäubungskathode verfahrbar ist und als Träger im Sinne des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 angesehen werden kann, angeordnet sind (Anspruch 1). Dabei kann das Fahrgestell auch als langgestreckt angesehen werden, eine Verfahrbarkeit in Längsrichtung ist auch gemäß den Merkmalen 1.5.1 und 1.5.2 gegeben und die Substrathalter sind gemäß Merkmal 1.5.4 auf sich vertikal erstreckenden Wellen platziert, die drehbar auf dem Fahrgestell befestigt sind (Figur i. V. m. S. 11 Abs. 2 und S. 12 Abs. 2). Einen Hinweis aber, die Vorrichtung gemäß den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags auszugestalten, kann BM 19 nicht liefern. Denn BM 19 verfolgt eine von der patentgemäßen Aufgabenstellung völlig unterschiedliche Zielrichtung, nämlich eine höhere Produktivität bei gleichzeitig genauer Einhaltung des Dickenprofils der kondensierten Schicht zu ermöglichen. Um dieses Ziel - ein rotationssymmetrisches Dickenprofil - zu erreichen, sind daher in BM 19 den Substrathaltern zwingend Masken zugeordnet, die das auf den Substrathaltern angebrachte kreisscheibenförmige Substrat gegenüber der Zerstäubungskathode teilweise abdecken (Anspruch 1, S. 11 Abs. 1 und S. 12 Abs. 2 i. V. m. der Figur). Diese Substrathalter mit Abdeckmasken sind für den Einsatzzweck in der Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatent per se ungeeignet, da sie sich nicht für die Lackierung und UV-Härtung in der Vorbehandlungsvorrichtung und der Nachbehandlungsvorrichtung eignen. Auch ist die erforderlich Austauschbarkeit der Gegenstandshalter gemäß Merkmal 1.5.3 des Patentanspruchs 1 bei der bekannten Trägerkonstruktion nicht gegeben. Zur Anpassung einer Transportvorrichtung, die sich durch eine Vorbehandlungsvorrichtung, eine mit Schleusen abgetrennte PVD-Vorrichtung und eine Nachbehandlungsvorrichtung erstreckt, zum Transport von Gegenständen, die auf Trägern mit austauschbaren Gegenstandshaltern versehen sind, gemäß der Lösung der patentgemäßen Aufgabe, kann die Druckschrift BM 19 daher kein Vorbild liefern. Die weiteren in der mündlichen Verhandlung und den nachgelassenen Schriftsätzen diskutierten Entgegenhaltungen liegen vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 noch weiter entfernt und können den Fachmann ebenfalls nicht zur patentgemäßen Lösung der technischen Aufgabe des Streitpatents anregen.
9. Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 hat daher Bestand. Mit ihm haben die darauf rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 12 des Hilfsantrags 1, die vorteilhafte Ausführungsformen des Gegenstands des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 betreffen, ebenfalls Bestand.
10. Entgegen der Ansicht Klägerin waren die in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge nicht als verspätet zurückzuweisen oder eine erneute mündliche Verhandlung anzuberaumen, da die Parteien innerhalb der vom Senat gewährten Äußerungsfristen genügend Gelegenheit hatten, zu allen entscheidungserheblichen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen.
10.1. Zwar teilt der Senat die Meinung der Klägerin, dass diese in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend Gelegenheit hatte, zu den neuen Hilfsanträgen Stellung zu nehmen und dass die verspätete Vorlegung der Hilfsanträge von der Beklagten nicht hinreichend entschuldigt wurde. Jedoch ist die Zurückweisung verspäteten Vorbringens gem. § 83 Abs. 4 PatG nicht zwingend, sondern steht im Ermessen des Senats. Der Senat hat vorliegend von einer Zurückweisung abgesehen, da dem Erfordernis der Gewährung rechtlichen Gehörs durch Einräumung einer nachträglichen Schriftsatzfrist gem. § 99 Abs. 1 PatG, § 283 ZPO Rechnung getragen werden konnte.
10.2. Für den Senat sind keine durchgreifenden Gründe dafür ersichtlich, dass § 283 ZPO im Nichtigkeitsverfahren nicht anwendbar sein sollte.
§ 99 Abs. 1 PatG verweist generell auf die Vorschriften der ZPO; es ist anerkannt, dass § 283 ZPO grundsätzlich auch im Verfahren vor dem Patentgericht anwendbar ist (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 99, Rn. 5). Auch die nunmehr eingeführten Präklusionsvorschriften für das Nichtigkeitsverfahren schließen diese Anwendung weder nach ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn und Zweck nach aus.
Der im Nichtigkeitsverfahren herrschende Grundsatz der Mündlichkeit steht einer Anwendung des § 283 ZPO nicht entgegen, weil selbst im zivilgerichtlichen Verfahren, in dem der Grundsatz der Mündlichkeit ebenfalls gilt und mit § 296 ZPO strenge Präklusionsvorschriften existieren, die Möglichkeit besteht, die Präklusion durch Einräumung einer Schriftsatzfrist zu vermeiden. Allerdings ist die Neufassung des § 83 PatG eher an die betreffende Vorschrift des für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltenden § 87b Abs. 3 VwGO angelehnt (BT-Drucksache 16/11339 S. 22 re. Sp.). Aber auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kann nach ganz allgemeiner Meinung § 283 ZPO Anwendung finden (vgl. etwa BayVGH Beschluss vom 30.6.2009 Az 1 ZB 07.3431, veröffentlicht in juris; BVerwG Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 143). Damit könnte - wie von der Klägerin für das Nichtigkeitsverfahren befürchtet - auch in diesen Verfahren durch entsprechende Anträge bzw. durch Gewährung einer Schriftsatzfrist eine Präklusion umgangen werden, was der Gesetzgeber im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung bei diesen Verfahrensarten offenbar in Kauf genommen hat und auch von der Rechtsprechung nicht angezweifelt wird. Warum dies für das Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht anders sein sollte, ist nicht ersichtlich.
Es entspricht vielmehr dem Zweck der Änderung des § 83 PatG, von der Möglichkeit des § 283 ZPO im Nichtigkeitsverfahren Gebrauch zu machen. Ziel der Änderung war es, das Verfahren hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen beim Bundespatentgericht zu konzentrieren, um den BGH zu entlasten (vgl. BT-Drucksache 16/11339 S. 15). Dies bedeutet einerseits, dass das Bundespatentgericht bestrebt sein muss, den jeweiligen Fall möglichst umfassend zu klären und deshalb möglichst wenig von den Präklusionsmöglichkeiten Gebrauch macht. Andererseits aber soll die Gesetzesänderung zu einer Straffung und Beschleunigung der Nichtigkeitsverfahren führen (vgl. BT-Drucksache a. a. O.). Diese Zielrichtung spricht gegen die verfahrensverzögernde Durchführung mehrerer mündlicher Verhandlungen und für die Möglichkeit, gegebenenfalls das rechtliche Gehör durch nachgereichte Schriftsätze gem. § 283 ZPO zu gewähren. Denn die nachträgliche Erreichung eines Schriftsatzes soll die sonst nötige Vertagung vermeiden und durchbricht insoweit das Mündlichkeitsprinzip im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit durch Straffung des Verfahrens (vgl. Baumbach/Lauterbach, Zivilprozessordnung, 70. Aufl., § 283 Rn. 2). Damit sprechen überwiegende Gründe für eine Anwendbarkeit des § 283 ZPO.
Diesem Ergebnis steht nicht die Entscheidung „Crimpwerkzeug“ (BGH GRUR 2004, 354) entgegen, da in jenem Fall im Verfahren vor dem Bundespatentgericht eine Vertagung beantragt worden war und der Bundesgerichtshof sich darum nicht mit der Frage einer Schriftsatzfrist auseinandersetzen musste. Die hierauf bezogene Rechtsprechung des 4. Senats (Az. 4 Ni 16/10 (EU)) setzt sich ebenfalls nicht konkret mit dem Problem der Anwendbarkeit des § 283 ZPO auseinander.
10.3. Auch ein erneuter rechtlicher Hinweis des Senats und/oder eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung waren, anders die Klägerin unter Verweisung auf BGH GRUR 2011, 851 - Werkstück meint, nicht erforderlich. Diese Entscheidung stellt klar, dass das Gericht in der Endentscheidung von einer in einem gerichtlichen Hinweis geäußerten Rechtsauffassung nur abweichen darf, wenn für die Verfahrensbeteiligten - sei es durch den Verlauf der mündlichen Verhandlung, sei es durch einen ausdrücklichen weiteren Hinweis des Gerichts - erkennbar wird, dass sich entweder die Grundlage verändert hat, auf der das Gericht den ursprünglichen Hinweis erteilt hat, oder dass das Gericht bei unveränderter Entscheidungsgrundlage nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung in Erwägung zieht als den Beteiligten angekündigt.
Dies trifft jedoch vorliegend nicht zu, da der Gegenstand des nunmehr geltenden Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 in eingeschränkter Form auf die Kombination der Patentansprüche 1, 6, 12 und 13 sowie Absatz [0015], [0023] und [0024] zurückgeht und damit gegenüber dem qualifizierten Hinweis des Senats vom 27. Mai 2011, der den Hauptantrag und den damaligen Hilfsantrag betraf und von dem der Senat in seiner Entscheidung auch nicht abweicht, ersichtlich eine neue Grundlage geschaffen wurde. Der Gegenstand des Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 wurde außerdem sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch in den nachgelassen Schriftsätzen ausführlich diskutiert. Es bestand darum weder das Erfordernis für einen weiteren gerichtlichen Hinweis noch für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.