Entscheidungsdatum: 01.07.2014
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 137 766
(DE 699 27 520)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm sowie des Richters Guth, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 137 766 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Ansprüche folgenden Wortlaut erhalten:
„1. Use of an anti-interleukin-12 antibody for the preparation of a pharmaceutical formulation for the treatment of psoriasis, wherein said antibody is the only agent used in said treatment of psoriasis which has the capability of affecting the severity of psoriasis.
2. The use according to claim 1, wherein said anti-interleukin-12 antibody is a monoclonal antibody.
3. The use according to claim 2, wherein said anti-interleukin-12 antibody is capable of neutralizing interleukin-12.”
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 8. Dezember 1999 als internationale Patentanmeldung PCT/US99/29123 angemeldeten, die Priorität der US-Patentanmeldung 111642 P vom 9. Dezember 1998 in Anspruch nehmenden und u. a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland vor dem europäischen Patentamt in der regionalen Phase in der Amtssprache Englisch erteilten europäischen Patents EP 1 137 766 B1 (Streitpatent), dessen Erteilung am 28. September 2005 veröffentlicht worden ist und das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 699 27 520 geführt wird. Das Streitpatent, das in vollem Umfang und hilfsweise eingeschränkt mit acht Hilfsanträgen verteidigt wird, trägt die Bezeichnung „USE OF IL-12 ANTIBODIES TO TREAT PSORIASIS “ (Verwendung von IL-12 Antikörpern zur Behandlung von Psoriasis) und umfasst 11 Patentansprüche, die folgendermaßen lauten:
„1. Use of an anti-interleukin-12 antibody for preparing a pharmaceutical formulation for treating psoriasis.2. The use according to claim 1, wherein said anti-interleukin-12 antibody is a monoclonal antibody.3. The use according to claim 2, wherein said monoclonal antibody is capable of binding interleukin-12 with a binding affinity of at least 108 M-1.
4. The use according to claim 2, wherein said anti-interleukin-12 antibody is capable of neutralizing interleukin-12.5. The use according to any one of claims 2 to 4, wherein said monoclonal antibody is a chimeric monoclonal antibody or a humanized monoclonal antibody.6. The use according to claim 5, wherein said monoclonal antibody is 5F2, 16F2, 16G2, or 20E11 in a chimeric or humanized form.7. The use according to any one of claims 2 to 4, wherein said monoclonal antibody is a human monoclonal antibody.8. The use according to any one of the claims 1 to 7, wherein said pharmaceutical formulation is suitable to be administered to a patient orally, topically, subcutaneously, intramuscularly, or intravascularly.9. The use according to any one of the claims 1 to 8, wherein said pharmaceutical formulation is suitable to administer anti-interleukin-12 antibody in a dose of 0.01-100 mg/kg body weight.10. The use according to claim 9, wherein said anti-interleukin-12 antibody is in a dose of 0.1-10 mg/kg body weight.11. The use according to any one of claims 1 to 10, wherein said treatment is suitable to reduces PASI by at least 50%.”
In deutscher Übersetzung lauten die Patentansprüche:
„1. Verwendung eines Anti-Interleukin-12-Antikörpers zur Herstellung einer pharmazeutischen Formulierung zur Behandlung von Psoriasis.2. Verwendung nach Anspruch 1, wobei der Anti-Interleukin-12-Antikörper ein monoklonaler Antikörper ist.3. Verwendung nach Anspruch 2, wobei der monoklonale Antikörper in der Lage ist, Interleukin-12 mit einer Bindungsaffinität von mindestens 108 M-1 zu binden.4. Verwendung nach Anspruch 2, wobei der Anti-Interleukin-12-Antikörper in der Lage ist, Interleukin-12 zu neutralisieren.5. Verwendung nach einem der Ansprüche 2 bis 4, wobei der monoklonale Antikörper ein chimerer monoklonaler Antikörper oder ein humanisierter monoklonaler Antikörper ist.6. Verwendung nach Anspruch 5, wobei der monoklonale Antikörper 5F2, 16F2, 16G2 oder 20E11 in chimerer oder humanisierter Form ist.7. Verwendung nach einem der Ansprüche 2 bis 4, wobei der monoklonale Antikörper ein humaner monoklonaler Antikörper ist.8. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei die pharmazeutische Formulierung geeignet ist, einem Patienten oral, topisch, subkutan, intramuskulär oder intravaskulär verabreicht zu werden.9. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, wobei die pharmazeutische Formulierung geeignet ist, Anti-Interleukin-12-Antikörper in einer Dosis von 0,01 bis 100 mg/kg Körpergewicht zu verabreichen.10. Verwendung nach Anspruch 9, wobei der Anti-Interleukin-12-Antikörper in einer Dosis von 0,1 bis 10 mg/kg Körpergewicht vorliegt.11. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 10, wobei die Behandlung geeignet ist, PASI um mindestens 50 % zu reduzieren.“
Die Klägerin, die das Patent in vollem Umfang angreift, stützt ihre Nichtigkeitsklage auf die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Ausführbarkeit und der fehlenden Patentfähigkeit. Sie stützt ihr Vorbringen im Wesentlichen auf folgende Dokumente:
NK01 EP 1 137 766 B1 (Streitpatent)
NK02 US 60/111 642 (Prioritätsbeleg)
NK03 DE 699 27 520 T2 (deutsche Übersetzung des Streitpatents)
NK04 Übertragungserklärung von Kenneth Hong und Cary Queen vom 10. Februar 2000
NK05 Übertragungserklärung von Rolf Ehrhardt vom 25. April 2000
NK06 WO 00/34459 A1 (dem Streitpatent zugrunde liegende Patentanmeldung)
NK07 WO 98/16248 A1
NK08 WO 98/22137 A1
NK10 WO 98/41232 A2
NK11 WO 00/56772 A1
NK13 Hong et al., The Journal of Immunology, 1999, 162, Seite 7480 bis 7491
NK17 Nickoloff et al., Molecular Medicine Today, 1998, Seite 512 bis 513
NK20 Adorini et al., IL-12. Chem Immunol. Basel, Karger, 1997, 68, Seite 175 bis 197
NK23 Yarwalkar et al., ESDR/JSID/SID Abstracts, März 1998, 16 Suppl. 1, Seite S193
NK34b Arachnid, Inc. v. Merit Industries, Inc., 939 F.2d1574 ( Westlaw Abstract)
NK34c DDB Technologies, L.L.C. v. MLB Advanced Media, L.P., 517 F.3d 1284 ( Westlaw Abstract)
NK34d Board of Trustees of the Leland Stanford Junior University v. Roche Molecular Systems, Inc., 583 F.3d 832 ( Westlaw Abstract)
NK34e Ipventure , Inc., v. Prostar Computer, Inc., 503 F.3d 1324 ( Westlaw Abstract)
NK36k Trinchieri , Immunology Today, 1993, 14, Seite 335 bis 338
NK38 Auszug aus dem Lehrbuch „Psoriasis", 3. Aufl., Hrsg. Roenigk und Maibach, Verlag Marcel Dekker, Inc., New York (1998), Seite 191 bis 208
NK40 Lucey et al., Clinical Microbiology Reviews, 1996, 9, Seite 532 bis 562
NK41 Griffiths und Voorhees , J. Royal Soc. Med., 1996, 89, Seite 315 bis 319
NK42 Auszug aus dem Lehrbuch „Immunology“, 5. Aufl., Roitt , Brostoff und Male, Mosby International Ltd., London (1998), Seite iii bis viii und 121 bis 138
NK56 Nickoloff und Wrone-Smith, The Journal of Investigative Dermatology, 1998, 110, Seite 459 bis 460
Die Klägerin ist der Ansicht, das Streitpatent könne die Priorität der US-An-meldung 111642 P (NK02) sowohl aus formellen als auch aus materiellen Gründen nicht wirksam in Anspruch nehmen.
Im Falle der Wirksamkeit der Priorität sei die Verwendung gemäß Patentanspruch 1 jeweils gegenüber den Druckschriften NK07, NK08 oder NK10 nicht neu. Für den Fall, dass die beanspruchte US-Priorität unwirksam sei, handele es sich zudem bei den Dokumenten NK11 und NK13 um neuheitsschädlichen Stand der Technik.
Die erfinderische Tätigkeit sei ausgehend vom Dokument NK17 in Verbindung mit einem oder mehreren der Dokumente NK20, NK23, NK36k und NK38 nicht gegeben.
Die Lehre des Streitpatents sei außerdem nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, denn die Beispiele des Streitpatents beträfen ein Mausmodell, mit dem lediglich gezeigt werde, dass durch die Neutralisierung einer künstlich erzeugten Störung die Wirkung der Störung abgeschwächt werden könne, was allerdings die Hypothese der Erfinder, dass Anti-IL12-Antikörper zur Behandlung von Psoriasis beim Menschen eingesetzt werden könnten, nicht bestätige.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das europäische Patent 1 137 766 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 5, 1 bis 4, 6 oder 7 gemäß Schriftsatz vom 12. Mai 2014, in dieser Reihenfolge, weiter hilfsweise die Fassung des Hilfsantrags 8 gemäß Schriftsatz vom 30. Mai 2014, jeweils in englischer Sprache, erhält.
Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 1 (ehemals Hilfsantrag 5) unterscheiden sich von der erteilten Fassung darin, dass der Patentanspruch 1 den Wortlaut
„Use of an anti-interleukin-12 antibody for the preparation of a pharmaceutical formulation for the treatment of psoriasis, wherein said antibody is the only agent used in said treatment of psoriasis which has the capability of affecting the severity of psoriasis.”
erhält, die erteilten Patentansprüche3 und 5 bis 11 gestrichen werden und der erteilte Patentanspruch 4 zu Patentanspruch 3 wird.
Wegen des Wortlauts der weiteren Hilfsanträge wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 12. Mai 2014 und vom 30. Mai 2014 mit Anlagen verwiesen.
Die Beklagte stützt sich auf folgende Dokumente:
IB01 Prinz, Clinical and Experimental Dermatology, 1999, 24, Seiten 291 bis 295IB02 Schön, The Journal of Investigative Dermatology, 1999, 112, Seiten 405 bis 410IB03 Arbeitsvertrag zwischen PDL und Rolf Ehrhardt vom 18. Februar 1997IB04 Arbeitsvertrag zwischen PDL und Kenneth Hong vom 30. Juni 1997IB05 Anstellungsschreiben an Rolf Ehrhardt vom 2. Dezember 1996IB06 Anstellungsschreiben an Kenneth Hong vom 23. Juni 1997IB07 FilmTec Corp. v. Allied-Signal Inc., 939 F.2d 1568 (Fed. Cir. 1991)IB08 Beech Aircraft Corp. v. Edo Corp., 990 F.2d 1237 (Fed. Cir. 1993)IB09 Preston v. Marathon Oil Co. 684 F.3d 1276 (Fed. Cir. 2012)IB10 Mathies et al., „Klassifikation der Erkrankungen des Bewegungsapparates“, Compendia Rheumatologica 4, Eular Publishers, Basel, 1979, Seiten 4 bis 7IB11 Bonifati et al., International Journal of Dermatology, 1999, 38, Seiten 241 bis 251IB12 Fachinformationen der Firma janssen zu Stelara® , 45 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze, September 2010IB13 Reddy et al., Cellular Immunology, 2007, 247, Seiten 1 bis 11IB14 Machold et al., Ann. Rheum. Diseases, 1992, 51, Seiten 1039 bis 1043IB15 Panitch et al., The Lancet, 1987, Seiten 893 bis 895IB16 Jacob et al., The Journal of Immunology, 1989, 142, Seiten 1500 bis 1505IB17 Erklärung von Prof. Dr. Schön vom 24. Juli 2013 mit AnlageIB18 Beglaubigte deutsche Übersetzung von Abschnitten aus IB03IB19 Rechtsgutachten von Donald S. Chisum vom 15. November 2013IB19A Deutsche Übersetzung von IB19IB20 Hess et al., Eur. J. Immunol, 1996, 26, Seiten 187 bis 191IB21 van Oosten et al., Neurology, 1996, 47, Seiten 1531 bis 1534IB22 Elliott et al., Arthritis Rheum., 1993, 36, Seiten S92 bis S101IB23 Billiau et al., The Journal of Immunology, 1988, 140, Seiten 1506 bis 1510IB24 Rott et al., Eur. J. Immunol., 1994, 24, Seiten 1434 bis 1440IB25 Persson et al., Scand. J. Immunol, 1996, 44, Seiten 607 bis 614IB26 Walmsley et al., Immunology, 1998, 95, Seiten 31 bis 37IB27 Barna et al., Acta Derm . Venereol. ( Stockh ), 1994, Suppl. 186, Seiten 9 bis 11IB28 Vollmer et al., Eur. J. Immunol., 1994, 24, Seiten 2377 bis 2382IB29 Ameglio et al., Arch. Dermatol. Res., 1997, 289, Seiten 399 bis 403IB30 Bresnihan et al, Arthritis & Rheumatism, 1998, 41 (12), Seiten 2196 bis 2204IB31 Cooper et al., J. Invest. Dermatol., 1990, 95 (Suppl), Seiten 24S bis 26SIB32 Webster et al., J. Am. Acad. Dermatol., 1996, 34, Seiten 365 bis 367IB33 Urteil „Rothschild v Cree, Inc.“ vom 13. Mai 2010, US District Court for the District of Massachusetts, Civil Action No. 10-10133-WGYIB34 Erklärung von Kenneth Hong vom 6. Mai 2014 mit AnlagenIB35 Prof. Dr. Theo Bodewig, Gutachterliche Stellungnahme zu Fragen des Prioritätsrechts in den USA vom 27. Mai 2014IB36 Auszug aus „Kurzes Lehrbuch der Immunologie“, Roitt et al, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1995, Seiten 82 bis 88
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie ist insbesondere der Meinung, die Erstanmelder hätten bereits mit ihren Arbeitsverträgen automatisch sämtliche Rechte im Zusammenhang mit der Voranmeldung – und damit auch das Prioritätsrecht – rechtswirksam und unwiderruflich mit dinglicher Wirkung auf ihre Arbeitgeberin und Rechtsvorgängerin der Patentinhaberin übertragen. Die Priorität werde auch materiell zu Recht beansprucht, weil die Behandlung von Patienten mit einer manifestierten Psoriasis mit Anti-IL12-Antikörpern im Prioritätsdokument u. a. im Anspruch 25 explizit genannt werde.
Die vorveröffentlichten Entgegenhaltungen NK07, NK08 oder NK10 könnten die Verwendung des Patentanspruchs 1 gemäß Streitpatent nicht neuheitsschädlich vorwegnehmen. Nach Ansicht der Beklagten finde sich in der NK07 keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung für eine erfolgversprechende therapeutische Behandlung von Psoriasis mit Anti-IL12-Antikörpern. Mit dem in NK08 beschriebenen Kombinationspräparat werde nicht die Hauterkrankung „Psoriasis“ sondern vielmehr die Gelenkserkrankung „psoriatische Arthritis“ behandelt und in NK10 sei der Anti-IL12-Antikörper nur als einer von vielen IL-12 Antagonisten und Psoriasis lediglich in einer großen Liste von Krankheiten genannt.
Die von der Klägerin genannten Entgegenhaltungen offenbarten nach Ansicht der Beklagten zudem weder allein noch im Zusammenhang mit anderen Dokumenten eine Veranlassung für den Fachmann Psoriasis mit Antikörpern gegen Interleukin 12 zu behandeln.
Der Gegenstand des Streitpatents sei zudem so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann ihn auch ausführen könne, da der in den patentgemäßen Beispielen 1 und 2 beschriebene Antikörper sowohl die p40-Untereinheit von Interleukin 12 alleine, als auch im Zusammenhang mit dem p70-Heterodimer erkenne. Einen Beleg für die Wirksamkeit eines solchen Antikörpers bei der Behandlung von Psoriasis liefere die Klägerin selbst, da sie einen entsprechenden Antikörper in ihrem Produkt „ Stelara “ verwende. Zudem sei das im Streitpatent beschriebene Mausmodell ein in der Fachwelt für die Psoriasisforschung anerkanntes Modell.
Die auf die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ und Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. b) EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und erweist sich auch teilweise als begründet.
I.
Das Streitpatent und die diesem zu Grunde liegende PCT-Nachanmeldung vom 8. Dezember 1999, die als Anmelderin die Protein Designs Labs, Inc. nennen, nehmen zu Recht die Priorität der im Namen der Erfinder Ehrhardt und Hong hinterlegten US-Patentanmeldung 111642 P vom 9. Dezember 1998 in Anspruch. Die Protein Design Labs, Inc. ist Rechtsnachfolgerin der Erfinder Ehrhardt und Hong, da deren Rechte an der Erfindung bereits zum Zeitpunkt der prioritätsbegründenden US-Patentanmeldung und der dem Streitpatent zu Grunde liegenden PCT-Anmeldung wirksam übertragen waren.
1. Gemäß Art. 87 Abs. 1 EPÜ genießt der Anmelder einer Ersthinterlegung oder sein Rechtsnachfolger ein Prioritätsrecht (vgl. auch Art. 4 Buchst. A. Abs. 1 PVÜ), das als selbständiges vermögenswertes Recht übertragbar ist (Benkard/Grabinski, EPÜ, 2. Aufl., Art. 87 Rdnr. 3 m. w. N.).
Eine derartige Vereinbarung ist vorliegend getroffen worden. Die Erfinder Erhardt und Hong haben dem Angebot über eine Anstellung bei der Protein Design Labs, Inc. (PDL) zugestimmt, wie die Dokumente IB05 und IB06 belegen, und als Abschluss eines Arbeitsvertrags anzusehen sind. Die nähere vertragliche Ausgestaltung erfolgte durch die von der Arbeitgeberin vorformulierten Verträge vom 18. Februar 1997 (IB03) und vom 30. Juni 1997 (IB04). Diese Verträge enthalten u. a. unter Ziffer 2.2 „Regelungen betreffend die Übertragung von Erfindungsgegenständen“ und unter Ziffer 2.4 „Patentanmeldungen“ Regelungen betreffend die Mitwirkungspflicht der Arbeitnehmer bei der Anmeldung von Arbeitnehmererfindungen durch die Arbeitgeberin. Dabei heißt es jeweils unter Ziffer 2.2. in deutscher Übersetzung:
„…. stimmt der Mitarbeiter zu, dass alle Erfindungsgegenstände, die der Mitarbeiter während seines oder ihres Anstellungsverhältnisses bei PDL erfindet, Eigentum von PDL sind und der Mitarbeiter tritt unwiderruflich dauerhaft jegliche und sämtliche Rechte des Mitarbeiters (einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf, sämtliche Patente, Urheberrechte, Halbleiterschutz und andere Eigentumsrechte) an jeglichen und sämtlichen Erfindungsgegenständen an PDL ab und wird diese unwiderruflich abtreten („....irrevocably assigns .... and will irrecovably assign“). Der Mitarbeiter stimmt weiterhin zu, jegliche und sämtliche weiteren Schritte zu unternehmen, die eventuell erforderlich sind, um der Abtretung der Rechte des Mitarbeiters an derartigen Erfindungsgegenständen Wirkung zu verleihen und um PDLs Rechte nachzuweisen und zu vervollkommnen. PDL kann ohne weitere Verpflichtung gegenüber dem Mitarbeiter weltweit jede Nutzung oder Nichtnutzung der Erfindungsgegenstände vornehmen.“ (Übersetzung laut IB18; Hervorhebungen und englische Originalformulierung jeweils in Klammern hinzugefügt).
2. Nach Auffassung des Senats haben diese Vereinbarungen die Übertragung der Rechte an der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Erfindung an die PDL bewirkt.
2.1. Nach welchem nationalen Recht die Wirksamkeit einer Übertragung des Rechts zur Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung zu beurteilen ist, bestimmt sich nach den Regelungen des internationalen Privatrechts. Danach unterfällt die Übertragung des Rechts auf Inanspruchnahme der Priorität dem Recht des Staates der ersten Anmeldung, hier also dem US-amerikanischen Recht (Benkard/Grabinski, EPÜ, 2. Aufl., Art. 87 Rdnr. 5; BGH GRUR 2013, 712 – Fahrzeugscheibe), wobei sich die Feststellung des ausländischen Rechts nach § 293 ZPO richtet (vgl. dazu auch Thomas-Putzo, ZPO, 35. Aufl. § 293 Rn. 1ff.). Die ausländischen Rechtssätze sind, sofern diese dem Gericht unbekannt sind, Beweisgegenstand. Den Parteien obliegt insofern eine Mitwirkungspflicht. Das Gericht ist dabei allerdings nicht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise beschränkt. Übereinstimmender Parteienvortrag darf aber in aller Regel als richtig zu Grunde gelegt werden (Thomas-Putzo a. a. O., Rdn. 4)
2.2. Dem Senat liegen mehrere von den Parteien eingereichte Gutachten der Professoren Chisum, Bodewig und Wagner sowie Entscheidungen von US-Gerichten zu den hier maßgeblichen Rechtsfragen vor. Die Gutachten stimmen betreffend den hier maßgeblichen Fragen des materiellen Rechts im Wesentlichen überein und betreffen folgende Annahmen:
2.3. Das US-Recht kennt keine Regelungen, die die Rechtsnachfolge von Arbeitnehmererfindungen regeln, sondern dies ist eine Frage freier vertraglicher Gestaltung, die üblicherweise durch den Arbeitsvertrag erfolgt. Es handelt sich bei der streitgegenständlichen Erfindung um eine während des Dienstverhältnisses gemachte Erfindung, die grundsätzlich der Arbeitgeberin zusteht.Ein Patent insgesamt und Rechte aus dem Patent können im Voraus vertraglich übertragen werden, auch, wenn diese noch nicht entstanden sind. Das Eigentumsrecht am Patent umfasst alle Rechte an einer gemachten Erfindung, also auch das Prioritätsrecht. Die Übertragungserklärung muss eindeutig und unmissverständlich sein.
Es gibt im US-Recht zwei vertragliche Möglichkeiten, das Recht am Patent zu übertragen. Einmal ist es möglich, eine vertragliche Verpflichtung zur Übertragung festzulegen. Dann ist zur Übertragung des Patentes ein weiterer Übertragungsakt erforderlich. Zum anderen ist es auch möglich, vertraglich sogleich die (dingliche) Übertragung des Patentes zu vereinbaren, d.h. eine Verfügung zu treffen, so dass das Patent sofort ohne weiteren Übertragungsakt („automatisch“) übergeht.
Auch der Senat hat keine Zweifel, dass diese durch dem Senat vorliegende Rechtsprechungsdokumente von US-Gerichten belegten Ausführungen zutreffen.
3. Entscheidend ist somit die Vertragsauslegung, nämlich festzustellen, ob eine „automatische Übertragung“ (Verfügung über das künftige Recht) oder nur eine Verpflichtung zur Übertragung zwischen den Erfindern und der Arbeitgeberin Protein Design Labs, Inc. vorliegt. Maßgeblich ist hierbei, ob die Formulierung „....irrevocably assigns....and will irrevocably assign“ als rein schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung anzusehen ist oder ob sie einen „automatischen“ Übergang des Streitpatents (mit dinglicher Wirkung) bewirkt hat.
4. Die Vertragsauslegung nach US-amerikanischem Recht orientiert sich ähnlich wie nach deutschem Recht an der Auslegung der Erklärungen unter Berücksichtigung des Erklärungszusammenhangs. Dabei sind allerdings die Eigenarten des amerikanischen Vertragsrechts zu berücksichtigen. Auch nach Kenntnis des Senats enthalten Verträge nach amerikanischem Recht nicht wie Verträge nach deutschem Recht im Allgemeinen möglichst abstrakte, umfassende Formulierungen, sondern bestehen – entsprechend der amerikanischen Fall-Rechtsprechung – aus sehr vielen Einzelfallregelungen und Fallbeispielen, um möglichst alle Lücken auszufüllen und auch unerwartete und gegenwärtig noch nicht absehbare Fallgestaltungen explizit zu erfassen. Dabei kann es – wie auch auf den Seiten 8 und 9 des Gutachtens IB35 ausgeführt wird, zu Doppelbenennungen, Überschneidungen und scheinbar nicht kompatiblen Formulierungen kommen. Entsprechend dem vor allem auf obergerichtliche Entscheidungen von Präzedenzfällen abstellenden US-amerikanischen Rechtssystem sind bei der Formulierung und Auslegung von Verträgen daher Entscheidungen insbesondere der Obergerichte in vergleichbaren Fällen von besonderer Bedeutung.
5. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt hier eine wirksame (dingliche) Verfügung über das Recht vor. Nach Auffassung des Senats ist der vorliegende Fall vergleichbar mit dem, der der Entscheidung „Stanford v. Roche“ (NK34d) zu Grunde lag, die allerdings den Wortlaut „I will assign and do hereby assign“ zum Gegenstand hatte und zu dem Ergebnis kam, dass eine „automatische Übertragung“ vorgelegen habe.5.1. Einer Übertragung des Ergebnisses dieses Präzedenzfalles auf den vorliegenden Fall steht weder entgegen, dass sich die Entscheidung „Stanford v. Roche“ auf die Aktivlegitimation in einem Verletzungsstreit bezog, noch dass dort eine „inverse Formulierung“ verwendet worden ist.Wie aus der Entscheidung und den weiteren von den Beteiligten vorgelegten Entscheidungen hervorgeht, war nach den einschlägigen Vorschriften des US-amerikanischen Rechts Voraussetzung für die Aktivlegitimation die Berechtigung bzw. das Eigentum am Streitpatent. Es ist aber nicht einzusehen und von der Klägerin auch nicht substantiiert in Abrede gestellt worden, weshalb und inwieweit für die Frage des Eigentums (bzw. der Berechtigung) am Streitpatent in Verbindung mit der Aktivlegitimation etwas anders gelten soll als für die Übertragung des Rechts auf Inanspruchnahme der Priorität.
Auch die im Vergleich zu der Entscheidung „Stanford v. Roche“ „inverse Formulierung“ in den Vertragstexten IB03 und IB04 („übertragen wird und hiermit überträgt“) vermag nichts daran zu ändern. Denn nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung gemäß US-amerikanischer Rechtsprechung ist vom Vertragswortlaut und vom Gesamtzusammenhang des Vertrages auszugehen. Aus den Verträgen IB03/IB04 ist aber zu ersehen, dass eine umfassende Übertragung der Rechte an Arbeitnehmererfindungen der Beschäftigten gewollt war, wie nicht nur die Nennung der verschiedensten gewerblichen Schutzrechte unter Punkt 2.2. sowie die umfassenden Definitionen unter 2.1. zeigen, sondern auch die „salvatorische Klausel“ belegt, dass der Arbeitnehmer jegliche sämtliche weiteren Schritte unternehmen wird die erforderlich sind, um der Übertragung der Rechte des Arbeitnehmers an derartigen Erfindungsgegenständen Wirkung zu verleihen (Punkt 2.2.). Die Formulierung „überträgt unwiderruflich dauerhaft jegliche und sämtliche Rechte des Arbeitnehmers… an jeglichen und sämtlichen Erfindungsgegenständen auf PDL und wird diese unwiderruflich übertragen“ erscheint auch sachgerecht, da diese Formulierung laut Klammerzusatz „(including but not limited to all patent, copyright, semiconductor chip protection, and other proprietary rights)“ eine Vielzahl verschiedener Schutzrechte erfassen soll, bei denen die Entstehungs- und Übertragungsvoraussetzungen möglicherweise unterschiedlich und Entstehung und/oder Übertragung von formellen Handlungen abhängig sein könnten. Daraus ergibt sich, dass der Vertrag ersichtlich alle möglicherweise entstehenden Rechte und Möglichkeiten des Übergangs dieser Rechte an geistigem Eigentum auf den Arbeitgeber bzw. der Übertragung auf den Arbeitgeber abdecken soll. Die Klauseln der Verträge regeln deshalb eindeutig und unmissverständlich, dass – soweit rechtlich und nach der Sachlage möglich – die Rechte übergehen sollen, ohne dass weitere Übertragungshandlungen erforderlich sind, und dass bei Rechten, für deren Übertragung weitere Mitwirkungshandlungen erforderlich sind, ganz gleich, ob konstitutiv, deklaratorisch oder formell, der Arbeitnehmer verpflichtet ist, diese auszuführen.
Ebenso kann der Senat keinen wesentlichen Unterschied darin erkennen, dass im streitgegenständlichen Vertragstext nicht wie in der Entscheidung „Stanford v. Roche“ die Formulierung „hereby assign“ verwendet wird, denn durch den Wortlaut „irrevocably assigns and will irrevocably assign“ wird in gleicher Weise eindeutig die Ernsthaftigkeit, Unwiderruflichkeit und Endgültigkeit der Übertragungserklärung dokumentiert.Damit greift die Argumentation der Klägerin nicht durch, die Formulierungen der Verträge seien für gesonderte Vertragsabschlüsse nach Antritt des Arbeitsverhältnisses gedacht gewesen, da nur Vereinbarungen über die Übertragung schon bestehender Rechte sinnvoll gewesen seien, so dass es sich bezüglich der zukünftigen Arbeitnehmererfindungen nur um eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung gehandelt habe. Nach Kenntnis des Senats ist es auch nicht unüblich, zunächst einen Rahmenarbeitsvertrag zu schließen, der durch einen weiteren Vertrag vor Arbeitsantritt näher spezifiziert wird.
5.2. Die Übertragungserklärungen hinsichtlich der US-Anmeldung sowie das bei der Anmeldung der europäischen Anmeldung eingereichte Formblatt „Erfinderbenennung“ veranlassen ebenfalls nicht zu einer anderen Auslegung (vgl. NK04 und NK05).Zunächst ist es auch im US-Recht anerkannt, dass die Wiederholung einer bereits wirksamen Übertragung nicht schadet, sondern lediglich deklaratorische Bedeutung hat.Außerdem handelt es sich sowohl bei der Patentanmeldung in den USA – ebenso wie in Deutschland und in anderen Ländern und vor dem Europäischen Patentamt – um ein formalisiertes Verfahren, bei dem die Verwendung von Formblättern und standardisierten Erklärungen erforderlich ist. Es ist durchaus nahe liegend, dass in solchen Verfahren nochmals rein deklarative Erklärungen abgegeben werden, um einen bereits wirksam erfolgten Rechtsübergang eindeutig und aktenkundig zu belegen. Dies besonders, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Übertragung des Rechts sich lediglich aus einem Dienstvertrag ergibt, der außerdem noch ausgelegt werden muss, und aus dem Umstand heraus, dass die Erfindung in einer gewissen Zeit mit Mitteln des Arbeitgebers gemacht worden ist. Denn in diesem Fall ist die „automatische“ Rechtsnachfolge für das Patentamt weder ersichtlich noch eindeutig dokumentiert und belegbar.
5.3. Auch die weiteren von der Klägerin angeführten US-amerikanischen Entscheidungen können das Ergebnis der Auslegung nicht in Frage stellen, weil diese jeweils Formulierungen betreffen, die entweder eindeutig auf eine „automatische“ Übertragung (DBB v. MLB – NK34c) oder eine Verpflichtung ( IPVENTURE vs. PROSTAR – NK34e; ARACHNID vs. MERIT – NK34b) hinweisen und diese Formulierungen und Klauseln nicht mit denen im vorliegenden Fall vergleichbar sind.5.4. Dieses Ergebnis wird vielmehr auch durch die in ihrer Präjudizwirkung umstrittene Entscheidung „Rothschild“ (IB33) bestätigt, die sich auf ihrer Seite 10 mit der sehr ähnlichen und in Sinn und Regelungszweck übereinstimmenden Formulierungen beschäftigt, wie sie in den Verträgen von Hong und von Ehrhardt (IB03, IB04) vorkommen („hereby assigns and agrees to assign“). Anders als die Klägerin bzw. deren Gutachter meint, beschäftigt sich diese Entscheidung unter Berücksichtigung der Grundsätze der einschlägigen Rechtsprechung intensiv mit der rechtlichen Bewertung dieser Klausel und zwar in vergleichbarem Umfang und unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung wie die übrigen Entscheidungen. Dass die Bewertung als „automatische Übertragung“ zwischen den dortigen Parteien unumstritten war, kommt ergänzend hinzu. Auch wenn diese Entscheidung möglicherweise nicht als Präjudiz-Entscheidung im Sinne des US-Rechts anzusehen sein sollte, so kann sie doch als gewichtiges Indiz für die Richtigkeit der Vertragsauslegung des Senats gesehen werden.
6. Der Erholung eines Rechtsgutachtens (§ 99 Abs. 1 PatG, § 293 ZPO) bedurfte es nicht, da zu den entscheidungserheblichen Rechtsgrundsätzen im Wesentlichen übereinstimmende Rechtsgutachten sowie die maßgeblichen US-amerikanischen Entscheidungen vorliegen und die Rechtsanwendung im konkreten Fall allein dem erkennenden Senat obliegt.
7 Die US-Priorität vom 9. Dezember 1998 wird vom Streitpatent auch in der erteilten Fassung auch materiell wirksam in Anspruch genommen.
Voraussetzung für die materiell wirksame Inanspruchnahme der Priorität ist, dass Prioritätsdokument und Nachanmeldung dieselbe Erfindung enthalten. Identität der Erfindung bedeutet dabei allerdings nicht wörtliche Übereinstimmung, sondern sachliche Kongruenz. Entscheidend ist dabei, dass Vor- und Nachanmeldung auf dem gleichen Gedanken beruhen (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 41 Rdn. 35). Dies ist vorliegend der Fall.
Im Patentanspruch 1 des Streitpatents wird die Verwendung eines gegen Interleukin 12 gerichteten Antikörpers zur Behandlung von Psoriasis gelehrt. Ein entsprechender Erfindungsgedanke findet sich auch im Prioritätsdokument NK02. So wird im Anspruch 25 des Prioritätsdokuments ein Verfahren zur Behandlung eines an Psoriasis leidenden Patienten beschrieben, bei dem dem Patienten u. a. ein Anti-IL12-Antikörper verabreicht wird. Der Einsatz dieses Verfahrens zur kurativen Behandlung einer bereits bestehenden Psoriasis wird ferner dadurch deutlich, dass mit dem in NK02 beschriebenen Wirkstoffscreening nach Substanzen gesucht wird, die das Fortschreiten der Krankheit beeinflussen (vgl. NK02, S. 13, Z. 3 bis 8). Zudem wird das im Prioritätsdokument beschriebene Wirkstoffscreening dazu verwendet, um damit Substanzen zu identifizieren, mit denen ein Rückgang bestehender Läsionen erreicht werden kann und die bereits beim Ausbruch der Erkrankung einsetzbar sind, was ebenfalls eine existierende Psoriasis voraussetzt (vgl. NK02, S. 14/15, seitenübergreifender Satz). Damit zielt auch das in NK02 offenbarte Wirkstoffscreening auf einen kurativen Behandlungsansatz ab.
Das Argument der Klägerin, der im Prioritätsdokument verwendete Begriff „treating“ bzw. „Behandlung“ ziele nur auf die prophylaktische Behandlung der Psoriasis ab und könne daher die kurative Behandlung des Streitpatents nicht stützen, vermag nicht zu überzeugen. Es mag zwar zutreffend sein, dass die im Prioritätsdokument NK02 offenbarte Lehre den Erfindungsgedanken mit einschließt, Anti-IL12-Antikörper bereits prophylaktisch und damit zur Vermeidung des Entstehens von Psoriasis einsetzen zu können. Diese Form der Behandlung stellt allerdings nur eine von zwei gleichrangig nebeneinander im Prioritätsdokument NK02 genannten Behandlungsmethoden dar. Denn sowohl im Anspruch 25 als auch im letzten Satz der Beschreibung des Prioritätsdokuments wird darauf hingewiesen, dass mit dem darin beschriebenen Einsatz von Antikörpern, die u. a. gegen Interleukin 12 gerichtet sein können, auch eine kurative Behandlung der Psoriasis beabsichtigt ist (vgl. NK02, Anspruch 25, S. 34, Z. 26 bis 28). Die beiden Alternativen, bestehend aus prophylaktischer und kurativer Behandlung, finden im Prioritätsdokument NK02 – wie bereits zuvor erwähnt – darüber hinaus auch im darin beschriebenen Wirkstoffscreening Berücksichtigung (vgl. NK02, S. 14, Z. 10 bis S. 15, Z. 2).
Nicht zu überzeugen vermag im Zusammenhang mit der Beurteilung der materiellen Wirksamkeit der US-Priorität auch das Argument der Klägerin, im Prioritätsdokument finde sich keine Stütze für eine kurative Behandlung mit einem Anti-IL-12-Antikörper, weil im Anspruch 27 nur Antikörper genannt würden, die nicht gegen IL12 gerichtet seien, so dass nach der Lehre des Prioritätsdokuments Anti-IL12-Antikörper für einen therapeutischen Einsatz nicht vorgesehen seien. Der Inhalt der Prioritätsanmeldung bestimmt sich jedoch nach der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen und nicht nur nach dem Inhalt der dortigen Ansprüche (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 41 Rdn. 33). So wird in der Beschreibung des Prioritätsdokuments NK02 neben den Antikörpern des Anspruchs 27 auch einem gegen Interleukin 12 gerichteten Antikörper besondere Beachtung geschenkt, da den Versuchstieren in den Ausführungsbeispielen zur Prophylaxe ausschließlich ein monoklonaler Anti-IL12-Antikörper verabreicht wird (vgl. NK02, S. 15, Z. 15/16 i. V. m S. 31, Z. 7 bis 9 und 24 bis 30). Aber auch der kurative Einsatz dieses Antikörpers findet, anders als von der Klägerin angenommen, im Prioritätsdokument eine Stütze. Denn zum einen findet sich in der Beschreibung der NK02 der Hinweis, dass sich prophylaktisch wirksame Behandlungen häufig auch bei der Behandlung der manifestierten Erkrankung als wirksam erweisen, wodurch selbst ein zur Prophylaxe eingesetzter Anti-IL12-Antikörper bereits als kurativ wirksame Substanzen qualifiziert wird (vgl. NK02, S. 15, Z. 1/2). Zum anderen finden sich in der Beschreibung des Prioritätsdokuments Tierversuche, die mit der Überschrift „Einleitung und Behandlung psoriatischer Läsionen bei scid-Mäusen“ umschrieben werden und bei denen Mäusen am Tag 7 und 35 nach der Auslösung der Krankheit ein Anti-IL12-Antikörper verabreicht wird. In den anschließenden Kapiteln „Klinische Bewertung“ sowie „Histopathologische Analyse und Immunhistologie der Hautgewebeproben“ werden semiquantitative klinische Werte erläutert, die bei der Beurteilung der Schwere des Krankheitsverlaufs bei den einzelnen Versuchstieren herangezogen werden (vgl. NK02, S. 19, Z. 6 bis S. 20, Z. 18). Daraus ergibt sich, dass der am Tag 7 und 35 nach Induktion der Psoriasis verabreichte Anti-IL12-Antikörper bei diesen Versuchen auch auf seine kurative Wirkung getestet wird.
Nachdem die im Prioritätsdokument NK02 genannten Antikörper als humanisiert, monoklonal und als die biologische Wirkung von Lymphokinen neutralisierend charakterisiert werden, kann auch für die in den erteilten Patentansprüchen 2 und 4 sowie 5 und 7 – soweit diese auf die Patentansprüche 2 und 4 rückbezogen sind – beschriebene Lehre die US-Priorität vom 9. Dezember 1998 wirksam in Anspruch genommen werden (vgl. NK02, Anspruch 26 und S. 15, Z. 11 bis 14).
II.
1. Das Streitpatent betrifft die Verwendung von Anti-IL-12-Antikörpern zur Behandlung von Psoriasis.Psoriasis ist eine chronische Hauterkrankung, die durch Schuppen und Entzündungen gekennzeichnet ist. Wenn sich eine Psoriasis entwickelt, werden Teile der Haut dick, gerötet und überziehen sich mit silbrigen Schuppen, die als Plaques bezeichnet werden. Etwa 10% der Menschen mit Psoriasis entwickeln zudem eine Gelenksentzündung, die Arthritissymptome erzeugt. Eine psoriatische Haut ähnelt auf vielerlei Weise der Hautheilung in einer Wunde oder einer Reaktion auf einen Auslöser, wie eine Infektion, bei der die Keratinozyten vom normalen Wachstumsmodus auf eine regenerative Zellreifung umschalten. Die genaue Ursache für Psoriasis beim Menschen ist jedoch nicht bekannt, obwohl allgemein angenommen wird, dass sie eine genetische Komponente hat und in neueren Untersuchungen festgestellt wurde, dass sie auch eine Autoimmunkomponente besitzt. Die chronische Hautentzündung der Psoriasis steht mit hyperplastischen epidermalen Keratinozyten und infiltrierenden mononukleären Zellen, einschließlich CD4+-T-Gedächtniszellen, Neutrophilen und Makrophagen, in Verbindung. Wegen dieses stark gemischten Entzündungsbilds und der sich daraus ergebenden komplexen Zusammenhänge zwischen diesen unterschiedlichen Zellen ist es sehr schwierig, die Mechanismen zu analysieren, die der Einleitung und dem Fortschreiten der Erkrankung zugrunde liegen. In der Fachwelt sind daher zahlreiche und sehr unterschiedliche Behandlungsstrategien bekannt (vgl. NK03, Abs. [0002 bis 0005] i: V. m. Tabelle 1).
2. Ausgehend davon ist die dem Streitpatent objektiv zugrunde liegende Aufgabe – die im Streitpatent selbst nicht formuliert wird – darin zu sehen, ein wirksames Mittel bei der Behandlung der Psoriasis zu verwenden.
Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur richtet sich die Formulierung der Aufgabe allein nach dem tatsächlich, d.h. objektiv, Erfundenen. Die Aufgabe muss daher auf das Ergebnis der Erfindung abgestellt sein, weshalb Ausgangspunkt das gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich Geleistete ist. Ferner kann sie nur an solchen Problemen orientiert werden, die durch die Erfindung tatsächlich gelöst werden (vgl. BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 – Fettsäurezusammensetzung m. w. N.).
Vorliegend ist demzufolge zu berücksichtigen, dass die patentgemäß beanspruchte Problemlösung auf die Verwendung von Anti-IL12-Antikörpern zur gezielten Behandlung der Psoriasis gerichtet ist. Die Leistung des vorliegend Erfundenen besteht folglich darin, aus einer Vielzahl bereits bekannter, pharmazeutisch wirksamer Substanzen einerseits die Stoffklasse der Antikörper herauszugreifen und daraus andererseits einen Antikörper auszuwählen, der gegen das Interleukin 12 gerichtet ist. Von einer Aufgabenstellung, die auf die Bereitstellung eines alternativen Anti-Zytokin-Antikörpers zur Behandlung der Psoriasis gerichtet ist, wie sie die Klägerin schriftsätzlich formuliert hat, kann demzufolge nicht ausgegangen werden, da die Verwendung eines Anti-Zytokin-Antikörpers bereits Teil des Lösungsprinzips ist und daher nicht der Aufgabe zugerechnet werden kann (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 12. November 2013, S. 50, unten; Schulte, PatG, 9. Auflage, § 1 Rdn. 48 Punkt a)).
3. Die Aufgabe wird durch die Verwendung mit den im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag genannten Merkmalen gelöst:
1. Verwendung eines Anti-IL12-Antikörpers
2. zur Herstellung einer pharmazeutischen Formulierung
3. zur Behandlung von Psoriasis.
4. Bei dem zuständigen Fachmann handelt es sich um einen in der klinischen Forschung tätigen Facharzt der Dermatologie, der mit einem auf dem Gebiet der Immunologie promovierten und berufserfahrenen Biochemiker oder Biologen in einem Team zusammenarbeitet (vgl. BGH GRUR 2010, 123, 125 Tz. [27] – Escitalopram; BGH GRUR 2007, 404, 406 Tz. [26] – Carvedilol II).
III.
Die Klage hat insoweit Erfolg, als sich die im geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beschriebene Verwendung als nicht patentfähig erweist.
Ob der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit vorliegt, weil - wie von der Klägerin vorgetragen wurde - im Streitpatent keine beim Menschen therapeutisch wirksamen Antikörper offenbart seien, kann dahingestellt bleiben, da die Verwendung des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag jedenfalls nicht neu ist.
1. Im Rahmen der vor der Prüfung auf Patentfähigkeit vorzunehmenden Auslegung sind Begriffe in den Patentansprüchen so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 232, Ls. – Brieflocher und 1999, 909, 2. Ls. – Spannschraube).
Die Lehre des Streitpatents ist auf die Behandlung von Psoriasis gerichtet (vgl. NK03, Abs. [0001]). Diese Erkrankung wird im Streitpatent als eine chronische Hauterkrankung definiert, in deren Folge sich die Haut verdickt, rötet und mit silbrigen Schuppen überzieht. Nach Angaben des Streitpatents sind am häufigsten Hautstellen an den Ellenbogen, Knien, der Kopfhaut, dem unteren Rücken, im Gesicht sowie an Händen und Füßen betroffen (vgl. NK03, Abs. [0002]). Im Streitpatent findet der Fachmann des Weiteren Angaben dazu, dass sich psoriatische Haut ähnlich verhält, wie die Haut einer Wunde (vgl. NK03, Abs. [0003]). In Kenntnis dessen wird der Fachmann, bei dem es sich - wie bereits zuvor unter Punkt II.4 ausgeführt – u. a. um einen in der Klinik tätigen Facharzt der Dermatologie handelt, unter dem Begriff „Psoriasis“ ausschließlich eine Hauterkrankung verstehen, zumal auch die in den Beispielen des Streitpatents zur Bewertung der klinischen Ergebnisse sowie der histopathologischen Analysen verwendeten Kriterien gezielt auf den Nachweis einer Hauterkrankung ausgerichtet sind (vgl. NK03, Abs. [0025, 0026 und 0054 bis 0057]). An einem solchen Verständnis der Psoriasis ändert auch die im Streitpatent enthaltene Aussage nichts, dass 10% der an Psoriasis erkrankten Patienten Gelenksentzündungen aufweisen, die Arthritissymptome erzeugen, da sich diese entsprechend den Angaben in der Streitpatentschrift für den Fachmann als Begleiterkrankung der Hauterkrankung Psoriasis darstellen und er deshalb auch in den genannten 10% eine Untergruppe von Psoriasis-Patienten mit einer dermatologischen Grunderkrankung erkennt (vgl. NK03, Abs. [0002], letzter Satz).
Bei der Auslegung des im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag enthaltenen Begriffs „treating“ bzw. „Behandlung“ ist zu berücksichtigen, dass eine Patentschrift im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellt (vgl. BGH GRUR 1999, 909, 2. Ls. – Spannschraube). Der Fachmann entnimmt dem Streitpatent in diesem Zusammenhang, dass mit der patentgemäßen Verwendung der „Psoriasis Area Severity Index“ (PASI) reduziert werden soll, was nur bei einer bereits bestehenden psoriatischen Erkrankung möglich ist (vgl. NK03, Abs. [0014] i. V. m. Anspruch 11). Darüber hinaus werden im patentgemäßen Beispiel 2, mit dem die Wirksamkeit der verwendeten Antikörper nachgewiesen wird, die Anti-IL12-Antikörper entweder bei einer akuten psoriatischen Erkrankung oder aber einer späten Stufe der Erkrankung verwendet (vgl. NK03, Abs. [0054 bis 0057]). Eine prophylaktische Behandlung, wie sie nach Ansicht der Klägerin unter dem allgemein genannten Begriff „treating“ bzw. „Behandlung“ ebenfalls zu subsumieren sei, assoziiert der Fachmann im Hinblick auf die im Streitpatent objektiv offenbarte Lösung demzufolge nicht, sondern ausschließlich die kurative Behandlung einer bereits bestehenden Psoriasis. Dabei ist es allerdings unerheblich, ob es sich um eine akute Form der Psoriasis oder die symptomfreie Phase einer manifestierten Psoriasis handelt.
Da eine Auslegung unterhalb des Wortlauts eines Patentanspruchs generell nicht zulässig ist und im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag weder die Anti-IL12-Antikörper noch die Art der Behandlung näher spezifiziert werden, umfasst dieser Patentanspruch nach geltender Rechtsprechung sämtliche Antikörper, die eine immunologische Bindung mit IL12 eingehen und auch alle bei der Verwendung von Antikörpern üblichen Behandlungsformen. Die allgemeine Formulierung des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag schließt darüber hinaus nicht aus, dass außer einem Anti-IL12-Antikörper noch weitere Substanzen verwendet werden (vgl. BGH GRUR, 2007, 309, 1. Ls. – Schussfädentransport).
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist gegenüber der Druckschrift NK07 nicht neu.
Für die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, ist maßgeblich, welche technische Information dem Fachmann im Gesamtinhalt der Vorveröffentlichung unmittelbar und eindeutig offenbart wird. Dabei setzt die Neuheit einer medizinischen Indikation voraus, dass die Verwendung des Arzneimittels in der Art seiner Anwendung oder für sein medizinisches Einsatzgebiet noch nicht als wirksam oder zumindest erfolgversprechend vorbeschrieben oder vorbenutzt ist (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 3 Rdn. 93 bis 96, 157 Teilpunkt i) und 177; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 3 Rdn. 134 und 165; Benkard/Melullis, PatG, 10. Aufl., § 3 Rdn. 91c; BGH, GRUR 2011, 999, Rdn. 31, 33 – Memantin). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Verwendung eines Arzneimittels mit einem Anti-IL12-Antikörper als Wirkstoff zur Behandlung von Psoriasis war zum Prioritätszeitpunkt im Stand der Technik bereits als wirksam vorbeschrieben.
Die vor dem Prioritätstag veröffentlichte Druckschrift NK07 offenbart im Patentanspruch 11 die kurative oder prophylaktische Behandlung einer Autoimmunerkrankung, bei der dem Patienten ein Inhibitor von Interleukin 12 verabreicht wird. Gemäß den Patentansprüchen 12 und 13 werden als Inhibitoren Antikörper, bevorzugt monoklonale Antikörper eingesetzt. Folglich wird in der Druckschrift NK07 die therapeutische Anwendung einer pharmazeutischen Formulierung mit einem Anti-IL12-Antikörper als Wirkstoff im Sinne der streitpatentgemäßen Merkmale 1 und 2 beschrieben. Die mit einer solchen pharmazeutischen Formulierung behandelbare Autoimmunerkrankung wird im Patentanspruch 18 als Psoriasis definiert und damit auch das streitpatentgemäße Merkmal 3 unmittelbar und eindeutig in der Druckschrift NK07 offenbart. Die streitpatentgemäße Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag mit den Merkmalen 1 bis 3 ist in den Patentansprüchen 11, 13 und 18 der Druckschrift NK07 somit neuheitsschädlich vorbeschrieben.
Den Ausführungen der Beklagten, dass es sich bei der Druckschrift NK07 schon deshalb nicht um neuheitsschädlichen Stand der Technik handeln könne, weil die darin offenbarte Lehre wegen des gleichzeitig zu verwendenden Antigens bei der Behandlung von Psoriasis nicht ausführbar sei, da ein solches Antigen bis heute nicht bekannt sei, kann sich der Senat nicht anschließen.
Der Beklagten ist zwar insofern zuzustimmen, als eine Offenbarung nur dann neuheitsschädlich ist, wenn die offenbarte Lehre auch ausführbar ist (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 3 Rdn. 94, letzter Abs.). Die Ausführbarkeit der in NK07 beschriebenen Lehre ist jedoch gegeben. In der Fachwelt wurden zum Prioritätstag von verschiedenen Fachleuten bereits unterschiedliche Antigene im Zusammenhang mit der Entstehung von Psoriasis diskutiert. So findet sich in der Druckschrift NK17 der Hinweis auf ein als „HLA-Cw6“ bezeichnetes Autoantigen, das mit einer Prädisposition für Psoriasis in Verbindung gebracht wird (vgl. NK17, S. 512, re. Sp, erster Abs.). In der NK56 wird grundsätzlich die Rolle von Superantigenen, Autoantigenen und pathogenen T-Zellen bei der Entstehung von Psoriasis diskutiert (vgl. NK56, S. 459, li. Sp., zweiter Abs.) und im Kapitel „Superantigens“ der Druckschrift NK41 wird auf die seit vielen Jahren bekannte Tatsache hingewiesen, dass einer akuten Psoriasis häufig eine durch Streptokokken ausgelöste Rachenentzündung vorausgeht (vgl. NK41, S. 315, letzter Abs. bis S. 316, Z. 13). Eine solche durch Streptokokken ausgelöste Infektion wird auch in der im Prioritätsintervall veröffentlichten Druckschrift IB01 als Ursache für die Manifestation einer Psoriasis erörtert (vgl. IB01, S. 293, Fig. 2). In Kenntnis dessen, waren dem Fachmann somit mehrere mit Psoriasis assoziierte Antigene bzw. Autoantigene mit den in NK07 definierten Eigenschaften bekannt, die er bei der Nacharbeitung der in NK07 beschriebenen Lehre einsetzen konnte (vgl. NK07, S. 6, Z. 6 bis 21).
Daran ändert auch die von der Beklagten aus dem Stand der Technik zitierte Aussage nichts, dass das (die) für die Entstehung von Psoriasis verantwortliche(n) Antigen(e) noch nicht identifiziert sei(en) (vgl. NK17, S. 512 li Sp, spaltenübergreifender Satz; NK41, S. 318, re. Sp., letzter Satz). Diese Aussage signalisiert lediglich, dass in der Fachwelt – wie üblich – weiterhin nach einem universellen Antigen gesucht wird, das in Zukunft einen gesicherten diagnostischen Nachweis sowie eine noch zuverlässigere Behandlung von Psoriasis als bisher ermöglicht. Der Fachmann orientiert sich bei seiner täglichen Arbeit allerdings weiterhin an den ihn bekannten Forschungsergebnissen, so dass er die zuvor erwähnten und bereits identifizierten Antigene/Autoantigene, die im Zusammenhang mit der Entstehung von Psoriasis in der Fachliteratur diskutiert werden, nach wie vor als erfolgversprechend ansehen wird. Demzufolge verwundert es nicht weiter, dass auch im Streitpatent für das Einleiten einer psoriatischen Erkrankung bei Mäusen ein Lipopolysaccharid (LPS) von Salmonella enteritidis sowie Interleukin 12 verwendet wird (vgl. NK03, Abs. [0023]).
Da an die Offenbarung einer Entgegenhaltung die gleichen Maßstäbe wie an die Offenbarung einer Patentanmeldung oder -schrift anzulegen sind und die Wirksamkeit eines gegen Interleukin 12 gerichteten Antikörpers sowohl im Streitpatent als auch in der NK07 lediglich anhand eines Tiermodells nachgewiesen wird, vermag auch der Einwand der Beklagten nicht durchzugreifen, dass die Ausführbarkeit der in NK07 beschriebenen Lehre nicht gegeben sei, da diese nur für ein allgemeines Tiermodell gezeigt werde, nicht aber für die Behandlung am Menschen.
Der weitere von der Beklagten vorgetragene Einwand, dass die in der Fachliteratur bekannten Antigene – wie das HLA-Cw6 – bei einer oralen Verabreichung durch die Magensäure zerstört würden, so dass der Fachmann diese von vornherein als wirkungslos erkenne, führt zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage. Denn der teilweise Abbau eines Antigens durch die Magensäure findet bei allen oral verabreichten Antigenen statt, was die Fachwelt jedoch nicht davon abhält, an der oralen Gabe von Antigenen weiterhin festzuhalten, da allgemein bekannt ist, dass auch das Bruchstück eines Antigens noch immunstimulierende Eigenschaften aufweisen kann.
Ein Wirkungsnachweis ist entgegen der Auffassung der Beklagten zum Nachweis einer medizinischen Indikation, wie sie in der NK07 beschrieben wird, im Übrigen nicht erforderlich. Vielmehr ist es ausreichend, dass der Stand der Technik dem Fachmann den Stoff und seine Anwendung in einem medizinischen Verfahren so deutlich und vollständig offenbart, dass er eine bestimmte Krankheit erfolgreich behandeln kann (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 3 Rdn. 142, Punkt c)). Für die Neuheitsschädlichkeit der NK07 ist es dabei unerheblich, dass in der NK07 das Antigen als wirksame Substanz zur Behandlung der Psoriasis beschrieben wird, während im Anti-IL12-Antikörper lediglich ein Mittel zu dessen Verstärkung gesehen wird, dem selbst keine pharmazeutische Wirkung zugeschrieben wird. Denn die Neuheitsschädlichkeit einer Entgegenhaltung ist auch dann gegeben, wenn sich der darin beschriebene Erfolg bisher nur zufällig oder unbewusst einstellte, auf Grund der neuen Anweisung nunmehr aber bewusst und planmäßig erzielt wird. Einen Beleg dafür, dass mit dem Verfahren der NK07 die Behandlung einer Psoriasis tatsächlich erzielbar ist, liefert vorliegend das Streitpatent selbst, da darin nachgewiesen wird, dass der verwendete Anti-IL12-Antikörper per se bereits eine therapeutische Wirkung entfaltet, auch wenn dies in der NK07 noch nicht beschrieben ist (vgl. NK07, S. 3, Z. 14 bis 18 und S. 18, Z. 10 bis 12).
Zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage führt auch das von der Beklagten vorgebrachte Argument, bei der Psoriasis handle es sich nur um eine von vielen mit der in NK07 beschriebenen Methode behandelbaren Erkrankungen, weshalb die Psoriasis darin im Sinne der BGH-Entscheidung Olanzapin nicht unmittelbar und eindeutig offenbart sei. Es mag zwar zutreffend sein, dass auf der von der Beklagten zitierten Seite 5 in der Beschreibung der NK07 Psoriasis in einer längeren Liste von Autoimmunerkrankungen erwähnt wird (vgl. NK07, S. 5, Z. 15). Im Patentanspruch 18 wird die technische Lehre der NK07 jedoch expressis verbis auf die Behandlung von Psoriasis fokussiert, so dass der Fachmann keine Auswahl aus einer Vielzahl von Erkrankungen treffen muss, um die Möglichkeit der Behandlung von Psoriasis mit der in NK07 beschriebenen Lehre erkennen zu können - vielmehr drängt sie sich ihm beim Studium der NK07 auf (BGH GRUR 2009, 382, Rdn. 25 und 26 – Olanzapin).
Die Neuheitsschädlichkeit der NK07 wird – anders als von der Beklagten angenommen – auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die NK07 keine Beispiele zur Behandlung der Psoriasis offenbart, da der maßgebliche Inhalt einer neuheitsschädlichen Entgegenhaltung durch den Gesamtinhalt des Dokuments bestimmt wird, zu dem nach allgemeiner Rechtsauffassung nicht nur die Beschreibung, sondern auch die Patentansprüche zählen, die hinsichtlich der Offenbarung gleichberechtigt nebeneinander stehen (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 3 Rdn. 92 und 93 m. w. N.). Demzufolge ist die im Patentanspruch 18 der NK07 genannte Behandlung von Psoriasis für eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung ausreichend.
Der Einwand der Beklagten, dass nach der Lehre der NK07 für eine erfolgversprechende Behandlung der Psoriasis keine Monotherapie mit einem Anti-IL12-Antikörper im streitpatentgemäßen Sinn sondern vielmehr eine Kombinationstherapie, bestehend aus der parenteralen Verabreichung eines Anti-IL12-Antikörpers und der gleichzeitigen oralen Gabe eines mit der Autoimmunerkrankung assoziierten Antigens als erforderlich erachtet werde, kann ebenfalls nicht durchgreifen. Denn aus den bereits zuvor unter Punkt III.1 genannten Gründen, schließt der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag aufgrund seiner allgemeinen Formulierung den Einsatz mehrerer pharmazeutischer Formulierungen wie in NK07, die zur gleichen Zeit aber getrennt voneinander verabreicht werden, nicht aus, da es der Wortlaut des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag lediglich erfordert, dass eine der dabei verwendeten pharmazeutischen Formulierungen einen Anti-IL12-Antikörper enthält. Dies wird bei der in NK07 beschriebenen Behandlung von Psoriasis bereits realisiert (vgl. NK07, S. 17, Z. 28 bis 31).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist somit vom Stand der Technik neuheitsschädlich vorbeschrieben und hat daher keinen Bestand.
3. Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 11 des Hauptantrags bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie den Hauptantrag als geschlossenen Anspruchssatz verteidigt (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).
IV.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 3 nach Hilfsantrag 1 (ehemals Hilfsantrag 5) sind bestandsfähig.
1. Ergänzend zu den vorangegangenen Ausführungen unter Punkt III.1 bedarf das vorliegend im Vergleich zum Patentanspruch 1 des Hauptantrags zusätzlich aufgenommene Merkmal 4, welches besagt, dass der Antikörper der einzige bei der Behandlung von Psoriasis verwendete Wirkstoff ist, der die Fähigkeit besitzt, den Schweregrad der Psoriasis zu beeinflussen, einer Auslegung.
Dem Streitpatent entnimmt der Fachmann den Hinweis, dass das Antikörper-Medikament bei der Behandlung einer akuten Psoriasis sowie nach der induzierten Remission der Krankheit jeweils mit dem alleinigen Ziel verabreicht wird, die Schwere der Psoriasis zu reduzieren (vgl. NK03, Abs. [0013 bis 0015]). Demzufolge geht der Fachmann davon aus, dass die Beschränkung des streitpatentgemäßen Merkmals 4 auf die alleinige Verwendung des Anti-IL12-Antikörpers zur Behandlung von Psoriasis abzielt. Ferner wird der Fachmann die in Tabelle 1 des Streitpatents genannten immunsuppressiven Medikamente oder Therapien, die gemäß einer Ausführungsform der streitpatentgemäßen Lehre nach oder in Kombination mit dem Antikörper-Medikament verabreicht werden können, nur als eine beispielhafte Aufzählung der bei der Behandlung von Psoriasis einsetzbaren Mittel interpretieren. Denn letztendlich muss der Fachmann in jedem Einzelfall in Abhängigkeit von Schwere und Verlauf der Psoriasis sowie unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Vorerkrankungen und Allgemeinzustand des Patienten aufgrund seines allgemeinen Könnens und Wissens entscheiden, welches Mittel er bei der Therapie des Patienten einsetzt. Auf Grund dessen muss der Fachmann zur Verminderung der Schwere einer Psoriasis unter Umständen auch solche Mittel in Betracht ziehen, die in der Tabelle 1 des Streitpatents nicht genannt werden. Demzufolge wird er die Aufzählung in Tabelle 1 des Streitpatents nicht als abschließend erachten (vgl. NK03, Abschnitt „Relevante Literatur“, erster Absatz). Aus diesem Grund ist die mit dem patentgemäßen Merkmal 4 getroffene Beschränkung aus fachmännischer Sicht so zu verstehen, dass damit nicht nur alle im Streitpatent in Tabelle 1 genannten Wirkstoffe ausgenommen werden, sondern auch alle weiteren Substanzen, die ebenfalls mit der Reduzierung des Schweregrades einer Psoriasis in direktem Zusammenhang stehen. Das streitpatentgemäße Merkmal 4 lässt folglich keinen Zweifel daran erkennen, dass demnach nur ein Anti-IL12-Antikörper als pharmazeutisch wirksame Komponente zur Behandlung von Psoriasis eingesetzt werden soll.
2. Die US-Priorität vom 9. Dezember 1998 wird für die Patentansprüche 1 bis 3 des Hilfsantrags 1 wirksam in Anspruch genommen.
Die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag1 mit dem zuvor unter Punkt IV.1 dargelegten Sinngehalt findet im Prioritätsdokument eine Stütze, da an mehreren Stellen im Prioritätsdokument eine Behandlung von Psoriasis mit einem Anti-IL12-Antikörper angesprochen wird, ohne dass in diesem Zusammenhang weitere therapeutische Maßnahmen erwähnt werden. So wird im Anspruch 25 des Prioritätsdokuments eine auf der Verabreichung eines Antikörpers basierende Methode zur Behandlung von Psoriasis beschrieben, bei der in einer Alternative ein Antikörper gegen Interleukin 12 verabreicht wird. Von einer Monotherapie mit einem Anti-IL12-Antikörper geht auch das im Prioritätsdokument genannte Beispiel aus, bei dem Mäuse mit psoriatischen Läsionen ausschließlich mit einem Anti-IL12-Antikörper behandelt werden (vgl. NK02, S. 19, Z. 24 bis 27). Nachdem die im Prioritätsdokument genannten Antikörper zudem als monoklonale Antikörper beschrieben werden, die Lymphokine neutralisieren, sind auch die Merkmale der Patentansprüche 2 und 3 des Hilfsantrags 1 Teil der im Prioritätsdokument offenbarten Lehre (vgl. NK02, S. 3, Z. 26 bis 28 und S. 15, Z. 11 bis 14).
Die Bevorzugung einer Kombinationstherapie im Prioritätsdokument NK02 – wie sie von der Klägerin aufgrund der darin verwendeten Pluralformen des Begriffs „agents“ vermutet wird – ist aus den zuvor genannten Gründen somit nicht erkennbar. Im Prioritätsdokument wird zudem festgelegt, dass die im Singular verwendeten Begriffe stets die Pluralform mit einschließen. Daraus wird ersichtlich, dass im Prioritätsdokument die Singularform des Begriffs „agent“ in jedem Fall mit offenbart ist und somit zur Behandlung von Psoriasis nach der Lehre des Prioritätsdokuments NK02 nicht zwingend mehrere Wirkstoffe verwendet werden müssen (vgl. NK02, S. 17, Z. 1 bis 5).
3. Die in den Patentansprüchen 1 bis 3 des Hilfsantrags 1 vermittelte Lehre weist gegenüber der ursprünglichen Offenbarung keine unzulässige Erweiterung auf.
Die Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 sind aus den erteilten Patentansprüchen 1 und 11 sowie den Angaben im Absatz [0013] der Streitpatentschrift ableitbar (vgl. NK03); sie gehen ferner auf die Patentansprüche 25 und 29 der Erstunterlagen sowie auf die Angaben der Seite 16, Zeilen 23 bis 34 in der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung zurück (vgl. NK06).
Der Patentanspruch 2 basiert auf dem erteilten Patentanspruch 2 der Streitpatentschrift (vgl. NK03); er geht ferner auf den Patentanspruch 31 der Erstunterlagen sowie auf die Angaben der Seite 14, Zeilen 31 und 32 in der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung zurück (vgl. NK06).
Der Patentanspruch 3 basiert auf dem erteilten Patentanspruch 4 der Streitpatentschrift (vgl. NK03); er geht ferner auf den Patentanspruch 31 der Erstunterlagen sowie auf die Angaben der Seite 14, Zeilen 27 bis 30 in der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung zurück (vgl. NK06).
Entgegen den von der Klägerin geäußerten Bedenken wird der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 auch nicht dadurch unzulässig erweitert, dass die Aufnahme des Merkmals 4 eine Kombinationstherapie ausschließt. Die Lehre des Anspruchs 25 der ursprünglichen Anmeldung NK06 stellt auf ein Verfahren zur Behandlung von Psoriasis ab, bei dem ein Antikörper verabreicht wird, der gegen Interleukin 12 gerichtet sein kann. Weitere Behandlungsschritte schließt der Wortlaut des Anspruchs 25 zwar nicht aus, sieht diese – anders als von der Klägerin angenommen – aber auch nicht als zwingend erforderlich an. Auch die Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung NK06 schließt eine Monotherapie mit einem Anti-IL12-Antikörper nicht aus. So geht aus den auf der Seite 16 in NK06 gewählten Formulierung, dass „… der Antikörper oft nach oder in Kombination mit einem oder mehreren anderen immunsupressiven Mitteln oder anderen Therapien verabreicht wird“ bzw. „…der Anti-IL12-Antikörper auch zusammen oder in Kombination mit anderen Antikörpern verwendet werden kann“, eindeutig hervor, dass die Mono- und die Kombinationstherapie als gleichwertige Alternativen für den Einsatz eines Anti-IL12-Antikörpers erachtet werden, ohne einer der genannten Alternativen eine bevorzugte Stellung einzuräumen (vgl. NK06, S. 16, Z. 29 bis 34).
Der Auffassung der Klägerin, die Aufnahme des Merkmals 4 in den Patentanspruch 1 des Hilfsantrags sei auch deshalb unzulässig, weil dadurch die medizinische Behandlung von Psoriasis und nicht die Verwendung selbst beschränkt werde, kann sich der Senat ebenfalls nicht anschließen. Denn anders als von der Klägerin angenommen wird durch das Merkmal 4 nicht die Art der Behandlung eines an Psoriasis leidenden Patienten verändert, da diese nach wie vor aus einer in üblicher Weise erfolgenden Verabreichung eines Antikörpers besteht. Durch die Aufnahme des Merkmals 4 wird jedoch die Verwendung des Antikörpers dahingehend beschränkt, dass bei der Herstellung einer pharmazeutischen Formulierung nur mehr der Anti-IL12-Antikörper als wirksame Komponente verwendet wird.
4. Die Verwendung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 mit dem zuvor unter Punkt IV.1 angegebenen Sinngehalt wird nach Ansicht des Senats in der Streitpatentschrift auch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann diese ausführen kann.Zunächst ist festzustellen, dass das im Streitpatent verwendete Mausmodell für die Ausführbarkeit der patentgemäßen technischen Lehre ausreichend ist, da im Patentrecht aus ethisch/moralischen Gründen regelmäßig keine klinischen Versuche am Menschen als Beleg für die Ausführbarkeit einer Erfindung gefordert werden.
Die Verwendung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 stellt auch keine Hypothese der Erfinder dar, sondern beruht auf Daten, die in experimentell nacharbeitbaren Versuchen ermittelt wurden. Diese Versuche werden insbesondere im patentgemäßen Beispiel 2 beschrieben. Dabei werden Mäuse, bei denen durch die Gabe von CD4+-T-Zellen, LPS und Interleukin-12 Psoriasis induziert wird, in vier separaten Experimenten mit einem Anti-IL12-Antikörper behandelt. Die Ergebnisse der Versuche zeigen, dass bei gut etablierter Krankheit die Behandlung mit einem Anti-IL12-Antikörper äußerst wirksam ist und zu einer Verringerung der Symptome führt (vgl. NK03, Abs. [0054 bis 0057] i. V. m. Fig. 2). Das Argument der Klägerin, die Anti-IL12-Antikörper würden in den streitpatentgemäßen Beispielen nur präventiv und somit nicht zur Behandlung einer bestehenden psoriatischen Erkrankung verwendet, vermag daher nicht zu überzeugen.Die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist auch in der vollen beanspruchten Breite für den Fachmann in Kenntnis der Beschreibung der Streitpatentschrift unter Einsatz seines Fachwissens ohne unzumutbare Schwierigkeiten ausführbar. Es mag zwar – wie von der Klägerin vorgetragen wurde - zutreffend sein, dass nicht alle im Patentanspruch 1 genannten Anti-IL12-Antikörper eine Behandlung von Psoriasis im streitpatentgemäßen Sinn ermöglichen. Wie in der BGH-Entscheidung „Polyesterfäden“ aufgezeigt wird die Ausführbarkeit einer Erfindung allerdings nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass ein Patentanspruch neben tauglichen auch untaugliche Varianten umfasst, sofern der Fachmann ohne große Schwierigkeiten die tauglichen Varianten herausfinden kann (vgl. BlPMZ, 1991, 68, 2. Ls. – Polyesterfäden). Dies ist vorliegend der Fall. Denn dem Fachmann sind mit IL12 nicht nur die stofflichen Eigenschaften des Antigens bekannt, sondern dem Grundsatz nach auch der strukturelle Aufbau sowie die Herstellung von Antikörpern (vgl. NK03, Abs. [0009 und 0010]). In Kenntnis dessen umfasst der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 aufgrund der darin allgemein genannten Anti-IL-12-Antikörper keine unüberschaubare Vielzahl von Antikörpern, die der Fachmann nur durch das Prinzip von Versuch und Irrtum auffinden kann. Zudem hat die Klägerin keinen Anti-IL12-Antikörper benannt, der die streitpatentgemäße Aufgabe nicht löst. Der Senat sieht daher keine Veranlassung, an der Ausführbarkeit der im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beschriebenen Lehre zu zweifeln.
Der Einwand der Klägerin, die Beklagte selbst habe mehrere Jahre benötigt um herauszufinden, dass sich insbesondere ein gegen die p40-Untereinheit von Interleukin 12 gerichteter Antikörper bei der Behandlung von Psoriasis als wirksam erweise, ändert an diesem Sachverhalt nichts. Denn wie bereits zuvor ausgeführt, finden sich im Streitpatent ausreichende experimentelle Nachweise dafür, dass Anti-IL12-Antikörper bei der Behandlung von Psoriasis wirksam eingesetzt werden können (vgl. NK03, Beispiel 2). Damit liefert das Streitpatent eine fachliche Darstellung der darin offenbarten Lehre, die es dem immunologisch versierten Fachmann aufgrund seiner fachlichen Qualifikation ermöglicht, die wirksamsten unter den gegen Interleukin 12 gerichteten Antikörpern zu ermitteln (siehe Punkt II.4). Dass die hierfür erforderlichen Versuche und Testreihen unter Umständen Jahre in Anspruch nehmen können, ist auf dem Gebiet der Immunologie zu erwarten. Zudem gilt generell, dass Unvollkommenheiten, die sich bei der Ausführung der Erfindung einstellen, unschädlich sind, wenn das eigentliche Ziel der Erfindung für den Fachmann erreichbar ist (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 34 Rdn. 357 und 358). Von der Erreichbarkeit des Ziels und damit einer Behandelbarkeit von Psoriasis mit Anti-IL12-Antikörpern ist vorliegend auszugehen, zumal von der Klägerin kein Anti-IL12-Antikörper benannt wurde, der sich bei der Behandlung von Psoriasis als unwirksam erwiesen hat. Demzufolge steht die von der Klägerin erwähnte eigene Suche nach wirksameren Anti-IL12-Antikörpern zur Behandlung von Psoriasis einer Ausführbarkeit der in den Patentansprüchen 1 bis 3 des Hilfsantrags 1 genannten Lehre nicht entgegen.
5. Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 ist auch mangels Klarheit nicht zu beanstanden.
Nachdem der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 entsprechend den Angaben unter Punkt III.1 und IV.1 auszulegen ist und die Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 auch ausführbar ist (siehe Punkt IV. 4), ist – anders als von der Klägerin angenommen – auch die Klarheit des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 im Hinblick auf die darin nicht näher definierte „Verwendung eines Anti-IL12-Antikörpers“ nicht zu beanstanden. Es mag zwar zutreffend sein, dass aufgrund fehlender Angaben zur therapeutischen Verwendung des Antikörpers unter den Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 eine Vielzahl von Verabreichungsformen fallen. Dies allein ist jedoch kein Grund zur Beanstandung. Denn wenn ein Anspruchsmerkmal allgemein und breit gefasst ist, so dass viele Aspekte und Realisierungen des Standes der Technik darunter fallen, handelt es sich dabei nicht um eine Frage der Klarheit, sondern vielmehr der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit (vgl. BPatGE 47, 163, 1. Ls. - Frühestmöglicher Auslösezeitpunkt). Ein ermittelter Stand der Technik kann im Einzelfall dann lediglich dazu führen, dass bis dahin vermeintlich „klare“ Begriffe auslegungsbedürftig werden. Ist ein Patentanspruch – wie im vorliegenden Fall (siehe Punkt IV.1) – allerdings auslegbar, so dass er auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit geprüft werden kann, müssen wiederum alle wesentlichen Merkmale der Erfindung im Patentanspruch angegeben sein (vgl. dazu auch BGH GRUR 2013, 1210, 1211 f. – Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren) .
V.
Der von der Klägerin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit im Hinblick auf fehlende Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit ist bezüglich Hilfsantrag 1 nicht gegeben.
1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist neu.
Die im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 beschriebene Verwendung ist neu, weil in keinem der zitierten Dokumente eine Verwendung mit allen im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 genannten Merkmalen beschrieben wird.
Dies gilt auch für die von der Klägerin als neuheitsschädlich erachtete Druckschrift NK07. Darin wird eine sowohl kurativ als auch prophylaktisch anwendbare Methode zur Behandlung von Psoriasis beschrieben, die die orale Verabreichung eines Antigens sowie die Gabe eines Anti-IL12-Antikörpers vorsieht (vgl. NK07, Ansprüche 11 bis 14 und 18). Ziel dieser Vorgehensweise ist es, die orale Toleranz des Immunsystems bei einem an Psoriasis leidenden Patienten gegenüber einem mit Psoriasis assoziierten Antigen zu verstärken, wobei der Anti-IL12-Antikörper der zusätzlichen Verstärkung der oralen Toleranz dient (vgl. NK07, S. 3, Z. 14 bis 18). Eine kombinierte Verabreichung von Antigen und Antikörper ist im Hinblick auf die in NK07 offenbarte Lehre somit unerlässlich. Demzufolge wird in der NK07 keine Verwendung beschrieben, bei der zur Behandlung von Psoriasis ein Anti-IL12-Antikörper als einzige, pharmazeutisch wirksame Komponente zur Reduzierung des Schweregrads der Psoriasis entsprechend dem patentgemäßen Merkmal 4 zum Einsatz kommt (siehe auch Punkt IV.1).
Zu keiner anderen Sichtweise kann der Vortrag der Klägerin führen, dass auch der alleinige Einsatz eines Anti-IL12-Antikörpers in der NK07 mit einem positiven Effekt in Verbindung gebracht und daher bereits im patentgemäßen Sinn für die Behandlung von Psoriasis als geeignet erachtet werde. Denn die von der Klägerin zitierte Stelle in der NK07 besagt lediglich, dass bei einer Monotherapie mit einem Anti-IL12-Antikörper ein geringfügiger Rückgang der Proliferation von Zellen in den Lymphknoten der Kniegelenke beobachtet werden konnte, wobei dieser Effekt weder als therapeutisch signifikant noch als therapeutisch wirksam bei der Behandlung von Psoriasis beschrieben wird (vgl. NK07, S. 19, Z. 17 bis 21). Gegen die Auffassung der Klägerin spricht auch die weitere in NK07 getroffene Aussage, dass bei einem Kontrollversuch, bei dem Mäusen nur der Anti-IL12-Antikörper und keine Kombination aus Antigen und Anti-IL12-Antikörper verabreicht wurde, kein signifikanter Unterschied zu der Proliferation von Zellen in unbehandelten Mäusen festgestellt werden konnte (vgl. NK07, S. 18, Z. 10 bis 12). In Anbetracht dessen sowie unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Vorveröffentlichung ist das streitpatentgemäße Merkmal 4 der Entgegenhaltung NK07 demzufolge weder unmittelbar noch eindeutig zu entnehmen (vgl. BGH GRUR 2009, 382, 1. und 2. Ls. i. V. m. Rdn. 25 und 26 – Olanzapin).
Eine Verwendung mit sämtlichen im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 genannten Merkmalen offenbart auch die Druckschrift NK08 nicht, die mit der Behandlung von TNFα(Tumor-Nekrose-Faktor α)-assoziierten Erkrankungen befasst ist (vgl. NK08, Anspruch 1). In der NK08 wird die erfolgreiche Behandlung dieser Erkrankungen mit einer Kombinationstherapie aus einem TNFα-Antagonisten und einem Anti-IL12-Antikörper beschrieben (vgl. NK08, Ansprüche 1 und 10 i. V. m. S. 5, Z. 30 bis 34, S. 10, Z. 22 bis 26, S. 42, Z. 30 bis 34 sowie Figuren 1A bis 3B i. V. m. S. 8, Z. 1 bis 16). Die Monotherapie mit einem Anti-IL12-Antikörper zeigt den Angaben in der NK08 zur Folge dagegen – wenn überhaupt – nur minimale Effekte (vgl. NK08, S. 5, Z. 26 bis 28). Selbst der in Zellkulturversuchen durchgeführte Vergleich zwischen Kombinations- und Monotherapie macht deutlich, dass signifikante und damit therapeutisch relevante Ergebnisse nur mit der Kombinationstherapie erreichbar sind (vgl. NK08, S. 39, Z. 30 bis S. 40, Z. 2). Demzufolge offenbart die NK08 keine Monotherapie mit einem Anti-IL12-Antikörper entsprechend dem streitpatentgemäßen Merkmal 4. Darüber hinaus werden in der NK08 nur Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn sowie akute oder chronische Immunreaktionen nach Transplantationen als TNFα-assoziierte Erkrankungen angesehen (vgl. NK08, Anspruch 2 i. V. m. Ansprüchen 17, 22 und 43). In einer langen Liste weiterer Erkrankungen wird in der NK08 zwar auch die Psoriatische Arthritis genannt (vgl. NK08, S. 11, Z. 19). Bei diesem Krankheitsbild handelt es sich nach allgemeiner Fachkenntnis allerdings nicht um eine Haut- sondern um eine entzündliche Gelenkserkrankung (vgl. IB10, S. 6, erste Zeile). Die Behandlung der Hauterkrankung Psoriasis, wie sie im Streitpatent definiert ist, liest der Fachmann daher in der NK08 nicht mit. Die Druckschrift NK08 offenbart folglich auch keine Verwendung eines Anti-IL12-Antikörpers zur Behandlung von Psoriasis entsprechend dem patentgemäßen Merkmal 3.
In der ebenfalls vor dem für das Streitpatent maßgeblichen Prioritätstag veröffentlichten Druckschrift NK10 wird ein Verfahren beschrieben, mit dem das Ansprechen eines Patienten auf Corticosteroide verbessert werden soll. Hierfür wird dem Patienten zusätzlich zu dem Corticosteroid ein Mittel verabreicht, das einer Zielsubstanz entgegenwirkt, die die Bildung von Interferon ɣ ( IFNɣ ) reguliert. Das antagonisierende Mittel kann nach der Lehre der NK10 u. a. ein gegen Interleukin 12 gerichteter Antikörper sein (vgl. NK10, Ansprüche 1, 6 und 7 i. V. m. S. 70, Z. 37 bis S. 71, Z. 7). Unter einer Vielzahl von mit dieser Methode behandelbaren Erkrankungen wird in NK10 die Psoriasis genannt (vgl. NK10, S. 75, Z. 8 und 24 i. V. m. S. 97, Z. 5 und Anspruch 23). Ein Verzicht auf das Corticosteroid ist bei der in NK10 beschriebenen Art der Behandlung allerdings weder vorgesehen noch sinnvoll. Lediglich das antagonisierende Mittel unterliegt bei diesem Verfahren Variationen und zwar in Abhängigkeit davon, welcher Zelltyp bei der jeweiligen Erkrankung für die Bildung von INFɣ verantwortlich ist (vgl. NK10, S. 75, Z. 26 bis 37). Somit offenbart auch die NK10 keine Verwendung eines Anti-IL12-Antikörpers mit dem patentgemäßen Merkmal 4, denn – wie das Streitpatent selbst belegt (vgl. NK03, S. 4, Tabelle 1, letzte Zeile und S. 5, erste Zeile) – gehören Corticosteroide zu den bei Posriasis wirksamen Substanzen und tragen daher ebenfalls zur Reduzierung der Schwere einer Psoriasis bei. Eine Monotherapie mit einem Anti-IL12-Antikörper zur Behandlung von Psoriasis ist der NK10 folglich nicht zu entnehmen.
Die im Zusammenhang mit der Frage der Neuheit von der Klägerin ebenfalls diskutierten Druckschriften NK11 und NK13 sind vorliegend nicht zu berücksichtigen, da die US-Priorität vom 9. Dezember 1998 aus den zuvor unter Punkt I. genannten Gründen sowohl formell als auch materiell wirksam in Anspruch genommen wird und daher keinen nach § 3 Absatz 1 Satz 2 PatG relevanten Stand der Technik darstellen (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 41 Rdn. 55).
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Ausgangspunkt zur Lösung der Aufgabe bildet für den Fachmann der von Nickoloff verfasste Übersichtsartikel NK17. Auch wenn der Autor darin verschiedene wissenschaftliche Ansätze zur Behandlung von Psoriasis anspricht, stellt dieser Artikel dennoch eine Offenbarungseinheit dar, die der Fachmann beim Studium der NK17 in vollem Umfang berücksichtigt. Ihr entnimmt der Fachmann demzufolge verschiedenste Therapieansätze, die zu dem für das Streitpatent maßgeblichen Zeitpunkt bei der Behandlung von Psoriasis angewendet werden. So stellt Nickoloff unter der Überschrift „Cytokines as therapeutic targets“ einen humanen monoklonalen Antikörper vor, der gegen das in psoriatischer Haut 100-fach überexprimierte Interleukin 8 gerichtet ist (vgl. NK17, S. 512, re. Sp., zweiter Abs. bis S. 513, li. Sp., Z. 3). Des Weiteren werden von Nickoloff in der NK17 Therapieansätze angesprochen, bei denen Interleukine vom Th2-Typ wie IL10 oder IL11 eingesetzt werden, um die Immunantwort bei einem an Psoriasis leidenden Patienten von einer durch Th1-Zellen dominierten Immunantwort zu einer Immunantwort zu verschieben, bei der vorrangig T-Zellen vom Th2-Typ aktiv sind (vgl. NK17, S. 513, li. Sp., erster und zweiter vollständiger Abs.). Als vielversprechend beschreibt Nickoloff in NK17 auch den Einsatz eines humanen monoklonalen Antikörpers, der gegen das als „Lymphocyte-Function-Associated-Antigen 1“ (kurz LFA-1) bezeichnete Oberflächenmolekül von T-Zellen gerichtet ist (vgl. NK17, S. 513, li. Sp., letzter Abs.) In einem anderen von Nickoloff in der Druckschrift NK17 präsentierten Behandlungsschema werden zur Behandlung von Psoriasis Polypeptide eingesetzt, die aufgrund ihrer Bindung an den „T-Cell-Receptor“ (kurz TCR) in der Lage sind, die in psoriatischen Läsionen vorhandenen autoreaktiven T-Zellen zu eliminieren (vgl. NK17, S. 513, mittlere Sp., erster Abs.). Den Angaben in der NK17 zur Folge, werden zur Inaktivierung von T-Zellen bei der Behandlung von Psoriasis aber auch humanisierte monoklonale Anti-CD4-Antikörper eingesetzt (vgl. NK17, S. 513, mittlere Sp., spaltenübergreifender Abs.). Eine Rangliste hinsichtlich der Wirksamkeit dieser sehr unterschiedlichen Therapieansätze bei der Behandlung von Psoriasis erstellt Nickoloff in seinem Artikel jedoch nicht. In seinen abschließenden Bemerkungen weist er lediglich darauf hin, dass es sich bei Psoriasis um eine Erkrankung mit sowohl genetischen als auch entzündlichen und angiogenetischen Merkmalen handelt, so dass bei deren Behandlung zahlreiche Wirkstoffe getestet werden können, die gegen die verschiedensten Zielmoleküle gerichtet sind (vgl. NK17, S. 513, re. Sp., letzter Abs.). Folglich erhält der Fachmann in der NK17 weder einen Hinweis darauf, dass der Einsatz monoklonaler Antikörper bei der Behandlung von Psoriasis einen besonderen Vorteil bietet, noch erhält er in der NK17 die Anregung, einen Antikörper zu verwenden der gegen Interleukin 12 gerichtet ist, das nach allgemeiner Fachkenntnis die Differenzierung von T-Zellen des Th1-Typs unterstützt und damit zu den Typ1-Cytokinen zählt (vgl. NK40, S. 534, Tabelle 1; NK42, S. 124, Fig. 10.6). Denn in der NK17 werden namentlich nur die Interleukine IL8, IL10 und IL11 genannt, bei denen es sich im Falle von IL8 um einen Wachstumsfaktor und im Falle von IL10 und IL11 um Cytokine aus dem Typ2-Cytokinnetzwerk handelt (vgl. NK17, S. 512, re. Sp., letzter Abs. und S. 513, li. Sp., erster und zweiter vollständiger Abs.; NK40, S. 534, Tabelle 1). Demzufolge regt die Lehre der NK17 die Neutralisierung eines Interleukins aus dem Typ1-Cytokinnetzwerk, wie sie bei der streitpatentgemäßen Verwendung eines Anti-IL12-Antikörpers zur Behandlung von Psoriasis erfolgt, nicht an. Eine Verwendung, wie im geltenden Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 angegeben, kann die Entgegenhaltung NK17 demzufolge nicht nahelegen.
Ausgehend von NK17 benötigt der Fachmann somit weitere Informationen, um zur streitpatentgemäßen Lösung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 zu gelangen. Er wird daher auch das bereits im März 1998 von Yawalkar et al. veröffentlichte Abstract, das vorliegend als Dokument NK23 bezeichnet wird, zu Rate ziehen. Thema dieser Arbeit ist die Expression von Interleukin 12 in normaler und psoriatischer Haut (vgl. NK23, Abstract 1156, Titel). Die Autoren berichten in der NK23 über die von ihnen zu diesem Thema durchgeführten Versuche, bei denen sie die mRNA sowie das exprimierte Protein von IL12 in normaler Haut sowie in psoriatischen Hautläsionen bestimmt und dabei festgestellt haben, dass das Protein von Interleukin 12 sowohl in normaler Haut als auch in psoriatischen Läsionen nachweisbar ist, während verstärkte mRNA-Signale von Interleukin 12 sowie eine erhöhte Immunreaktivität in Bezug auf Interleukin 12 von ihnen nur in psoriatischen Läsionen nachgewiesen werden konnten. Aufgrund dieser Ergebnisse kommen die Autoren in der NK23 zu dem Schluss, dass Interleukin 12 eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der an der Pathogenese von Psoriasis beteiligten Th1-Zellantwort spielt. Einen gegen das Interleukin 12 gerichteten Antikörper verwenden Yawalkar et al. bei ihren Versuchen allerdings nur als ein für analytische Zwecke geeignetes Reagenz zum immunchemischen Nachweis exprimierter IL12-Proteine. Hinweise darauf, diesen Antikörper therapeutisch wirksam bei der Behandlung von Psoriasis einzusetzen, erhält der Fachmann in der NK23 somit nicht. In der NK23 findet der Fachmann auch keine Anregung dafür, dass mit der alleinigen Neutralisierung von Interleukin 12 eine wirkungsvolle Behandlung von Psoriasis möglich ist, da Yawalkar et al. in der NK23 keinen funktionellen Zusammenhang zwischen der von ihnen beobachteten Hochregulierung von IL12-mRNA und der Pathogenese von Psoriasis aufzeigen.
Die Druckschrift NK23 liefert dem Fachmann selbst bei einer kombinierten Betrachtung mit der NK17 lediglich eine Anregung dafür, Interleukin 12 als weiteres Zielmolekül bei der Behandlung von Psoriasis in Betracht zu ziehen. Welche der in NK17 genannten Strategien zu dessen Neutralisierung allerdings geeignet sind und ob neben Interleukin 12 noch weitere Zielmoleküle für eine wirkungsvolle Behandlung von Psoriasis neutralisiert werden müssen, erfährt der Fachmann aus der Kombination dieser Druckschriften dennoch nicht.
Einer Neutralisierung von Interleukin 12 wird der Fachmann trotz seiner Kenntnisse aus den Dokumenten NK17 und NK23 auch deshalb wenig Bedeutung beimessen, da Nickoloff in seinem Artikel NK17 (siehe NK48) der von Yawalkar et al. ein halbes Jahr zuvor aufgezeigten Verbindung zwischen IL12 und der Pathogenese von Psoriasis keine Beachtung schenkt. Um zu der im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 genannten Verwendung zu gelangen, die auf der alleinigen Verwendung eines Anti-IL12-Antikörpers zur Reduzierung des Schweregrades von Psoriasis beruht, musste der Fachmann daher selbst bei einer kombinierten Betrachtung der Druckschriften NK17 und NK23 erfinderisch tätig werden, da der Fachmann, anders als von der Klägerin angenommen, die alleinige Vermutung, dass es sich bei Interleukin 12 um ein relevantes Zielmolekül für die Behandlung von Psoriasis handeln könnte, nicht von vornherein mit der Erfolgserwartung verbindet, mit dessen alleiniger Neutralisierung durch einen Antikörper Psoriasis wirksam behandeln zu können (vgl. BGH GRUR 2009, 743, Ls. und Rdn. 37 – Airbag Auslösesteuerung). Zumal der Fachmann in seine Überlegungen stets die ihm bekannte Tatsache mit einbezieht, dass in psoriatischen Läsionen ein komplexes pathophysiologisches Cytokinnetzwerk vorliegt, so dass er ein einzelnes Cytokin nicht als Auslöser einer Psoriasis in Betracht ziehen wird (vgl. NK17, S. 513, li. Sp., erster vollständiger Abs., zweiter Satz und NK38, S. 197, li. Sp, erster und zweiter vollständiger Satz).
Der zitierte Stand der Technik vermittelt daher, entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung weder eine Anregung dafür bei der Behandlung von Psoriasis ausschließlich Antikörper zu verwenden, noch legt es der zitierte Stand der Technik nahe, Psoriasis durch die Neutralisierung der biologischen Aktivität von Interleukin 12 behandeln zu können.
An dieser Sichtweise ändert auch das von der Klägerin vorgebrachte Argument nichts, der Fachmann gelange in Kenntnis der Druckschriften NK17 und NK23 jedenfalls unter gleichzeitiger Einbeziehung seines Fachwissens, wie es in den Druckschriften NK20, NK36k und NK38 offenbart sei, ohne erfinderisches Zutun zur Lösung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1. Aus dem zitierten Stand der Technik mag dem Fachmann zwar bekannt sein, dass Antikörper bei der Behandlung von Psoriasis einsetzbar sind (vgl. NK17, S. 512, re. Sp., letzter Abs. bis S. 513, li. Sp, letzter Abs. und mittlere Sp, letzter Abs.) und dass an der Pathogenese von Psoriasis T-Zellen vom Th1-Typ beteiligt sind, deren Proliferation durch Interleukin 12 stimuliert wird (vgl. NK23 i. V. m. NK38, S. 198, re. Sp., letzter Abs.). Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Autoren der NK23 im Jahr 1998 nach wie vor einen gegen Interleukin 12 gerichteten Antikörper ausschließlich für analytische und nicht für therapeutische Zwecke einsetzen (vgl. NK23, 5. Satz). Selbst Adorini et al. weisen 1997 mit ihren in NK20 beschriebenen Methoden zur Behandlung unterschiedlichster Th1-vermittelter Autoimmunerkrankung unter Anwendung eines Anti-IL12-Antikörpers nicht in die streitpatentgemäße Richtung, da sie weder die Behandlung von Autoimmunerkrankungen aus dem dermatologischen Formenkreis noch die Psoriasis selbst in ihre Überlegungen mit einbeziehen (vgl. NK20, Titel i. V. m. S. 183, letzter Abs. bis S. 186, erster Abs.). Ergänzend dazu lehrt die aus dem Jahr 1993 stammende Druckschrift NK36k den Fachmann zwar die Existenz eines Gleichgewichts verschiedener Cytokine, das im Wesentlichen von den Interleukinen IL4 und IL12 dominiert wird und dafür sorgt, dass T-Zellen vom Th1- und Th2-Typ bei der pathophysiologischen Regulation von Immun- und Entzündungsreaktionen gebildet werden. Der NK36k entnimmt der Fachmann ferner, dass sich dieses Gleichgewicht mit Hilfe von IL-12 Antagonisten in Richtung der Th2-Zellen verlagern lässt. Auf einen Zusammenhang zwischen einer derartigen Verschiebung des Cytokin-Gleichgewichts und der Behandlung von Psoriasis wird in NK36k allerdings nicht hingewiesen (vgl. NK36k, Titel i. V. m. S. 336, Fig. 1 und S. 337, Fig. 2 i. V. m. S. 337 re. Sp., letzter Abs.). Einen solchen Zusammenhang wird der Fachmann selbst bei einer kombinierten Betrachtung von NK36k und NK17 nicht sehen. Denn in der mit der Behandlung von Psoriasis befassten NK17 werden zur Verschiebung dieses Gleichgewichts in Richtung einer Th2-Zellantwort fünf Jahre später keine IL-12 Antagonisten entsprechend der Lehre der NK36k empfohlen, sondern vielmehr der Einsatz von Interleukin IL10 oder IL11, die beide dem Cytokinnetzwerk des Th2-Typs zugerechnet werden (vgl. NK17, S. 513, li. Sp., erster und zweiter vollständiger Abs.). Nachdem die erfolgreiche Behandlung von Psoriasis mit den beiden zuvor genannten Interleukinen IL10 und IL11 in NK17 auf die Steigerung der Produktion von IL4 zurückgeführt wird, steht die Lehre der NK17 sogar im diametralen Gegensatz zu der im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 vermittelten Lehre. Denn NK17 lehrt damit die Gleichgewichtsverschiebung über eine Stimulation der Bildung von Th2-Zellen herbeizuführen, während es nach der streitpatentgemäßen Lehre vorgesehen ist, die Produktion von Th1-Zellen mit Hilfe eines Anti-IL12-Antikörpers zu stoppen (vgl. NK17, S. 513, li. Sp., erster vollständiger Abs., die letzten beiden Sätze und zweiter Abs., letzter vollständiger Satz). Demzufolge basiert der in der Druckschrift NK17 beschriebene Therapieansatz zur Behandlung von Psoriasis auf einem Wirkungsprinzip, das sich grundlegend von demjenigen unterscheidet, das mit der patentgemäßen Verwendung eines Anti-IL12-Antikörpers bei der Behandlung von Psoriasis verfolgt wird. Aus alledem ist ersichtlich, dass sich auch aus dem weiteren Stand der Technik keine Anstöße oder Anregungen ergeben, die eine therapeutisch wirksame Behandlung von Psoriasis unter alleiniger Verwendung eines gegen Interleukin 12 gerichteten Antikörpers nahe legen.
Die weiteren Entgegenhaltungen NK07, NK08 und NK10, auf die in der mündlichen Verhandlung bei der Erörterung der erfinderischen Tätigkeit nicht mehr näher eingegangen wurde, offenbaren ebenfalls keine darüber hinaus gehende Lehre, so dass auch sie nicht in der Lage sind, eine Verwendung, wie sie im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 beschrieben wird, in das Blickfeld des Fachmanns zu rücken.
Die Druckschriften NK07 und NK10 lehren jeweils den Einsatz einer Kombinationstherapie zur Behandlung von Psoriasis, wobei in der NK07 die kombinierte Gabe eines mit Psoriasis assoziierten Antigens und eines Anti-IL12-Antikörpers empfohlen wird (vgl. NK07, Ansprüche 11 bis 14 und 18), während in einer Ausführungsform der Druckschrift NK10 die Verabreichung eines Corticosteroids in Verbindung mit einem Anti-IL12-Antikörper als erfolgversprechend erachtet wird (vgl. NK10, Ansprüche 1, 6, 7 und 23). Nachdem allerdings in keiner der genannten Druckschriften Gründe genannt werden, die den Fachmann dazu veranlassen würden, auf eines der in der jeweiligen Kombinationstherapie verwendeten Mittel zu verzichten, sind auch diese Entgegenhaltungen nicht in der Lage die im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 beschriebene Verwendung nahe zu legen, bei der ausschließlich ein Anti-IL12-Antikörper zur Behandlung von Psoriasis eingesetzt wird.
Entsprechendes gilt auch für die NK08, denn auch in ihr wird die kombinierte Gabe zweier Antagonisten gelehrt, von denen der eine gegen TNF-α und der andere gegen Interleukin 12 gerichtet ist, wobei der IL12 Antagonist bevorzugt als Antikörper eingesetzt wird (vgl. NK08, Ansprüche 1, 10). In der NK08 wird zwar davon berichtet, dass die Antagonisten in einem in vitro Versuch auch einzeln zu einer Zellkultur aus Zellen von Lymphknoten zugegeben wurden und dabei jeweils ein Rückgang der antigen-spezifischen INFγ-Produktion beobachtet wurde (vgl. NK08, S. 39, Z. 30 bis 33). Dies wird der Fachmann dennoch nicht als eine Aufforderung zur Abkehr von der in NK08 beschriebenen Kombinationstherapie verstehen. Denn bereits im darauf folgenden Satz findet der Fachmann den Hinweis, dass eine signifikante Behandlung nur mit einer Kombination aus einem Anti-TNFα-Antikörper und einem Anti-IL12-Antikörper erreicht werden kann (vgl. NK08, S. 39/40, seitenübergreifender Satz). Aber auch die Anwendung der in NK08 beschriebenen Therapie zur Behandlung von Psoriasis liegt für den Fachmann nicht auf der Hand. Denn zum einen werden die vorangegangenen Aussagen im Zusammenhang mit Zellkulturversuchen getroffen, bei denen nur Zellen aus Lymphknoten, nicht aber aus psoriatischen Läsionen verwendet werden. Zum anderen wird die Psoriasis in der NK08 nicht als eine derjenigen Erkrankungen genannt, bei der die darin beschriebene Kombinationstherapie angewendet werden kann. Lediglich die psoriatische Arthritis findet darin Erwähnung, welche der Fachmann jedoch dem Kreis der Gelenkserkrankungen zurechnet (vgl. NK08, S. 11, Z. 19). Anhaltspunkte dafür, einen Anti-IL12-Antiköper als allein wirksames Mittel zur Behandlung von Psoriasis zu verwenden, entnimmt der Fachmann somit auch der NK08 nicht.
3. Der Patentanspruch 1 in der gemäß Hilfsantrag 1 (vormals Hilfsantrag 5) verteidigten Fassung hat daher Bestand. Mit ihm haben die darauf rückbezogenen, vorteilhafte Ausführungsformen des Patentanspruchs 1 betreffenden Patentansprüche 2 und 3 ebenfalls Bestand.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.