Entscheidungsdatum: 14.07.2011
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 0 640 714
(DE 694 11 644)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm sowie der Richter Dipl.-Chem. Dr. Egerer und Schell, der Richterin Dipl.-Chem. Zettler und des Richters Dipl.-Chem. Dr. Lange
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 0 640 714 wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 2,5 Millionen € festgesetzt.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 640 714 (Streitpatent), das unter Inanspruchnahme der belgischen Priorität BE 9300858 vom 23. August 1993 am 19. August 1994 angemeldet wurde. Das in englischer Sprache erteilte Streitpatent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 694 11 644 geführt. Es trägt die Bezeichnung
"Iron having an anti-friction layer"
und in deutscher Übersetzung
"Bügeleisen mit einer Antihaftschichtbeschichtung".
Es umfasst in der erteilten Fassung sieben Patentansprüche mit folgendem Wortlaut:
"1. An iron comprising a metal soleplate which is provided with an anti-friction layer, characterized in that the anti-friction layer is a scratch resistant and hard layer which comprises an inorganic polymer which is provided by means of a sol-gel process.
2. An iron as claimed in Claim 1, characterized in that the anti-friction layer also comprises fluoridized hydrocarbon compounds.
3. A method of providing an anti-friction layer on a metal soleplate, characterized in that the ironing surface is provided with a layer of a sol-gel solution which is converted into an inorganic polymer at an increased temperature.
4. A method as claimed in Claim 3, characterized in that the sol-gel solution comprises an alkoxy silicate.
5. A method as claimed in Claim 4, characterized in that the solution also comprises 3-glycidyloxypropyltrimethoxysilane, in a quantity of maximally 50 wt.% of the overall quantity of alkoxy silicate.
6. A method as claimed in Claim 4 or 5, characterized in that the solution also comprises a fluoridized silane compound.
7. A method as claimed in Claim 3, 4, 5 or 6, characterized in that the sol-gel solution is applied to the soleplate by means of spraying techniques.”
Die Klägerin, die das Streitpatent vollumfänglich angreift, stützt ihre Klage auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit wegen mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit. Darüber hinaus macht sie geltend, die Wirkungen des Streitpatents seien für die Bundesrepublik Deutschland von Anfang an nicht eingetreten, da die deutsche Übersetzung erhebliche Fehler in der Beschreibung und in den Patentansprüchen aufweise. Zu dem erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag trägt sie vor, dieser sei durch den nicht offenbarten Disclaimer gegenüber der erteilten Fassung unzulässig geändert. Zudem rügen die Klägervertreter den Vortrag der Beklagten zum neuen Hilfsantrag als verspätet und erklären, dass sie sich auf die Anträge nach Hilfsantrag nicht einlassen könnten und beantragen hilfsweise eine Vertagung des Rechtsstreits.
Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf folgende Dokumente:
Zum Streitpatent:
X1 EP 0 640 714 B1
X1a DE 694 11 644 T2
X31 DE 694 11 644 T4 (berichtigte Übersetzung des Streitpatents).
Zum Verletzungsverfahren:
X9 Klageschriftsatz der Patentinhaberin vom 15. September 2009 an das Landgericht Mannheim wegen Patentverletzung.
Zum Stand der Technik:
X2 US 3 655 604
X3 US 4 011 361
X4 GB 1 435 262
X5 GB 1 244 399
X6 US 2 683 320
X7 GB 1 176 429
X8 GB 1 114 955
X10 US 4 822 686
X11 DE 34 07 087 C2
X12 WO 92/21729 A1
X13 US 5 013 588
X14 US 4 731 264
X15 EP 0 263 428 A2
X16 US 5 182 143 A
X17 EP 0 327 311 A2
X18 DE 16 45 145
X19 US 2 592 147
X20 G. Wagner, R. Kasemann, H. Schmidt, "Anorganisch-organische Nanokomposite als abriebbeständige Korrosionsschutzschichten", VDI Berichte, Nr. 917, 1992, Seiten 115 - 118
X21 JP 03-285082 A
X21a deutsche Übersetzung der JP 03-285082 A
X22 http://www.chemie.de/lexikon/d/Sol-Gel-Prozess/ vom 12.03.2010, Internet-Auszug aus Chemie-Lexikon, Stichwort: "Sol-Gel-Prozess", Seite 1 von 1
X23 http://www.oker-chemie.de/de/siogel_ohne.htm vom 12.03.2010, Internet-Auszug der Oker-Chemie GmbH zu SIOGEL® ohne Feuchtigkeitsindikator, Seite 1 von 2
X24 http://goldbook.iupac.org/STO7151.html vom 07.03.2010, Internet-Auszug aus IUPAC Gold Book, Stichwort: "sol-gel process", Seite 1 von 1
X25 DE 21 51 858 A
X26 Hellmut Reuther, "Silikone, Ihre Eigenschaften und ihre Anwendungsmöglichkeiten" Verlag Theodor Steinkopff, Dresden, 2. Auflage, 1969, Seiten 64 - 65
X27 Christian Fehn, "Untersuchungen zur Stabilität von Tensidschäumen", Dissertation, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften der Universität Bayreuth, 2006, Seite 45, Stichwort "Silikonharze"
X28 Walter Noll, "Chemie und Technologie der Silicone", Verlag Chemie GmbH, Weinheim/Bergstr., 2. Auflage, 1968, Seiten 485 - 486, Stichwort "Siliconharz-Lacke"
X29 A. Mayot et al., "La silice amorphe: mecanisme et procédé de greffage, a temperature ambiante, sur substrat metallique”, Poster-Präsentation anlässlich des Colloque National Du GFP vom 8.11.1989 in Namur, Seiten 787 - 793
X30 http://www.chem.tu-freiberg.de/~boehme/materialien/polymere/silikone.html vom 11.5.2011, Stichworte "Polysiloxane, Silikone", 1 Seite
X32 WO 98/13544 A1
X33 WO 02/066728 A2
X34 Keiji Izumi et al., "Influence of firing conditions on adhesion of methyltri-alkoxysilan-derived coatings on steel sheets", Journal of Non-Crystalline Solids 147 & 148 (1992) 483 - 487.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 0 640 714 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Hilfsweise beantragt sie festzustellen, dass das europäische Patent 0 640 714 in der Bundesrepublik Deutschland keine Wirkung entfaltet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent bzgl. der Ansprüche 1 und 3 die Fassung des übergebenen Hilfsantrages erhält.
Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig, da die ihm zugrunde liegende Erfindung durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahegelegt werde. Hinsichtlich der als DE 694 11 644 T2 (X1a) veröffentlichten Übersetzung der Streitpatentschrift macht sie geltend, dass hier lediglich einzelne Wörter fehlten, so dass nur ein Fall der fehlerhaften Übersetzung vorliege, was den Eintritt der Wirkungen des Patents für die Bundesrepublik Deutschland nicht in Frage stellen könne. Zur Qualifikation des verständigen Fachmanns bietet die Beklagte Zeugen- und Sachverständigenbeweis an.
In der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2011 hat die Beklagte zur eingeschränkten Verteidigung des Streitpatents einen Hilfsantrag mit geänderten Ansprüchen eingereicht, nach dem die erteilten Patentansprüche 1 und 3 mit der Maßgabe verteidigt werden, dass diese wie folgt lauten:
"1. An iron comprising a metal soleplate which is provided with an anti-friction layer, characterized in that the anti-friction layer is a scratch resistant and hard layer which comprises an inorganic polymer which is provided by means of a sol-gel process, wherein the inorganic polymer is no Polysiloxane.
3. A method of providing an anti-friction layer on a metal soleplate, characterized in that the ironing surface is provided with a layer of a sol-gel solution which is converted into an inorganic polymer at an increased temperature, wherein the inorganic polymer is no Polysiloxane.”
Die Ansprüche 2 und 4 bis 7 bleiben unverändert in der erteilten Fassung.
Die Beklagtenvertreter erklären, der nunmehr gestellte Hilfsantrag sei eine Reaktion auf die Auslegung des Streitpatents im Lichte der Druckschriften X25 und X28 gemäß Schriftsatz der Klägerin vom 11. Mai 2011. Sie erklären weiter, die Unterschiedlichkeit in der Auslegung sei erst in der Vorbereitung auf diesen Termin festgestellt worden, und der erst in der Verhandlung eingereichte Hilfsantrag stelle eine Reaktion auf diese unterschiedlichen Auffassungen in der Auslegung dar. Der Disclaimer in den neuen Ansprüchen 1 und 3 sei im Übrigen in Spalte 1, Zeilen 18 bis 29, der Streitpatentschrift (X1) offenbart und sei nur eine Klarstellung gegenüber X25 und X28.
Zusätzlich stützt die Beklagte ihr Vorbringen auf folgende Dokumente:
N1 Charles E. Mortimer, Ulrich Müller, "Chemie, Das Basiswissen der Chemie", Verlag Thieme, 9. Auflage, 2007, Seite 579, Stichwort "Polymerchemie"
N2 http://www.roempp.com/prod/roempp.php vom 08.01.2009, Internet-Auszug aus RÖMPP Online, Version 3.3, Stichwort: "Anorganische Polymere”, Seite 1 von 1
N3 http://en.wikipwdia.org/wiki/Sol-gel vom 03.03.2010, Internetauszug aus WIKIPEDIA zu "Sol-gel", Seiten 1 - 8
N4 BGH GRUR 2010, 701 - Nabenschaltung II
N5 Parteigutachten von Dr. Ytsen Wielstra (Mitarbeiter der Patentinhaberin) vom 12. Mai 2011
N6 GRUR Int. 2010, 815: "Der Durchschnittsfachmann im Zusammenhang mit dem Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit im Patentrecht (Q213)".
Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gestützte Klage ist zulässig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a i. V. m. Art. 52 Abs. 1, Art. 54, Abs. 1, 2, Art. 56 EPÜ). Sie ist auch begründet, da sich der Gegenstand des Streitpatents in den gemäß Haupt- und Hilfsantrag verteidigten Fassungen mangels erfinderischer Tätigkeit als nicht patentfähig erweist. Soweit das Streitpatent über diese Fassungen hinausgeht, in der es beschränkt verteidigt wird, ist es ohne Weiteres für nichtig zu erklären (BGH Az: X ZR 135/04 Mitt. 2009, 30 Multiplexsystem).
I.
Der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Hilfsantrag war trotz der Rüge der Klägerin nicht als verspätet zurückzuweisen.
Die durch das 2009 in Kraft getretene Patentrechtsmodernisierungsgesetz (PatRModG) erfolgte Neufassung des § 83 PatG und die damit in das Nichtigkeitsverfahren eingeführten Präklusionsregeln sehen zwar grundsätzlich die Möglichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Hierfür ist es aber stets erforderlich, dass dieser Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 315). Kann das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG nicht vor (vgl. hierzu auch Schülke, 50 Jahre Bundespatentgericht, S. 435, 445). So liegt der Fall hier, weil das Streitpatent auch in der beschränkt verteidigten Anspruchsfassung nach Hilfsantrag für nichtig zu erklären ist und die Berücksichtigung dieses Hilfsantrags auch zu keiner Verzögerung des Rechtsstreits geführt hat.
II.
1. In der maßgeblichen englischen Fassung X1 betrifft das Streitpatent ein Bügeleisen mit einer metallischen Sohlenplatte, die mit einer reibungsmindernden Schicht (anti-friction layer) versehen ist. Weiter betrifft es ein Verfahren zum Anbringen einer reibungsmindernden Schicht auf einer metallischen Sohlenplatte (vgl. X1, Spalte 1, Zeilen 3 bis 6).
Nach den Angaben in der Streitpatentschrift ist ein Bügeleisen der eingangs erwähnten Art an sich bekannt. Beispielsweise sei in der DE 36 17 034 C ein Bügeleisen beschrieben, dessen Sohlenplatte mit einer reibungsmindernden Schicht aus wenigstens zwei Teilschichten versehen sei. Die erste Teilschicht bestehe aus einer Basisschicht aus z. B. Aluminiumoxid oder einer Mischung von Aluminiumoxid und Titanoxid, die z. B. mittels eines Plasmasprühverfahrens auf die metallische Sohlenplatte aufgebracht werde. Diese Basisschicht sei mit einer zweiten Teilschicht aus Kunststoff, z. B. auf Basis von Teflon, versehen (vgl. X1, Spalte 1, Zeilen 7 bis 17).
Das bekannte Bügeleisen weise Nachteile auf. So sei beispielsweise die mechanische Festigkeit (mechanical strength) der reibungsmindernden Schicht ungenügend, weil die Kunststoffschicht eine relativ niedrige Kratzfestigkeit (low scratch resistance) aufweise. Auch sei die Stabilität der Kunststoffschicht bei den für Bügeleisen üblichen Temperaturen bis max. etwa 300°C im Allgemeinen nicht optimal. Zusätzlich sei die Bereitstellung einer Doppelschicht, wie für die bekannte reibungsmindernde Schicht beschrieben, zeitaufwändig und teuer (vgl. X1, Spalte 1, Zeilen 18 bis 29).
Zum druckschriftlichen Stand der Technik nennt das Streitpatent weiter die DE 21 51 858, die ebenfalls ein Bügeleisen mit einer metallischen Sohlenplatte mit einer reibungsmindernden Schicht beschreibe. Diese Schicht bestehe aus Silikonöl, einer Silikonemulsion oder einem Silikonlack. Schichten aus solchem Silikonmaterial seien weder hart (hard) noch kratzfest (scratch resistant) und könnten beim Bügeln leicht entfernt werden (are easily removed during ironing) (vgl. X1, Spalte 1, Zeilen 30 bis 34).
Des Weiteren beschreibe die GB 956 740 A Haushaltsgeräte (household appliances), z. B. Bügeleisen, mit einer reibungsmindernden Schicht, die auf eine Oberfläche des Geräts aufgesprüht werde und aus Aluminium oder Kupfer oder deren Legierungen, aus Kupfer-Nickel-Legierungen oder Eisen oder dessen Legierungen bestehe, und wobei Poren innerhalb der Schicht mit einem nicht klebenden Material (non-stick material), wie z. B. Fluorkohlenstoff-Kunststoff (fluorocarbon polymers), gefüllt worden seien (vgl. X1, Spalte 1, Zeilen 35 bis 41).
Ein anderes Bügeleisen mit einer reibungsmindernden Schicht werde in der EP 0 227 111 A beschrieben. Diese Schicht enthalte eine erste aufgesprühte Schicht aus keramischem oder metallischem Material. Auf die erste Schicht werde eine zweite Schicht aus einem organischen Bindemittel aufgesprüht (vgl. X1, Spalte 1, Zeilen 42 bis 46).
2. Vor diesem technischen Hintergrund bezeichnet es das Streitpatent als zu lösendes technisches Problem, ein Bügeleisen zu schaffen, das die vorgenannten Nachteile nicht aufweist. Insbesondere ist es Aufgabe der Erfindung, ein Bügeleisen mit einer metallischen Sohlenplatte zu schaffen, deren reibungsmindernde Schicht (anti-friction layer) eine hohe Kratzfestigkeit (high scratch resistance) aufweist. Die reibungsmindernde Schicht soll auf einfache und preisgünstige Weise auf der Sohlenplatte aufgebracht werden können. Die reibungsmindernde Schicht soll außerdem beständig gegen Korrosion (resistant to corrosion) und beständig gegen häufige und schnelle Temperaturänderungen (frequent and rapid temperature variations) bis maximal 300°C sein. Weiter ist es Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Aufbringen einer reibungsmindernden Schicht auf eine Sohlenplatte zu schaffen (vgl. X1, Spalte 1, Zeilen 47 bis 57).
3. Nach dem in der englischen Originalsprache formulierten Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag wird die Aufgabe durch eine Kombination folgender Merkmale gelöst:
M1 An iron comprising a metal soleplate,
M2 the metal soleplate is provided with an anti-friction layer,
M3 the anti-friction layer is a scratch resistant and hard layer,
M3a the anti-friction layer comprises an inorganic polymer,
M4 the inorganic polymer is provided by means of a sol-gel process.
Weiter wird die Aufgabe nach dem nebengeordneten Patentanspruch 3 erteilter Fassung durch ein Verfahren mit folgenden Maßnahmen gelöst:
M5 A method of providing an anti-friction layer on a metal soleplate, wherein
M6 the ironing surface is provided with a layer of a sol-gel solution,
M7 the sol-gel solution is converted into an inorganic polymer at an increased temperature.
Die gemäß Hilfsantrag verteidigte Fassung der Patentansprüche 1 und 3 enthält als weiteres Merkmal M4a einen Disclaimer, der wie folgt lautet:
M4a wherein the inorganic polymer is no polysiloxane.
4. Als Fachmann auf dem vorliegenden technischen Gebiet ist ein berufserfahrener Verfahrensingenieur oder ein Chemiker im Bereich der Beschichtungstechnologie anzusehen, der bei der Entwicklung von Bügeleisen in einem Team aus mehreren Fachleuten zusammenarbeitet. Der hier maßgebliche Durchschnittsfachmann verfügt aufgrund seiner Ausbildung und mehrjährigen Berufserfahrung über die notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet von Sol-Gel-Beschichtungen, einschließlich deren Ausgangsmaterialien, Schichtherstellung, Analytik und Anwendung. Hinsichtlich der Bestimmung des Fachmannes kann nicht darauf abgestellt werden, welche Betriebe erfindungsgemäße Bügeleisen produzieren oder verkaufen und welche Ausbildung die in diesen Betrieben damit betreute Fachkraft zufällig besitzt, sondern nur darauf, auf welchem technischen Gebiet die Erfindung liegt, so dass der maßgebliche Fachmann derjenige ist, dem üblicherweise die Lösung der gestellten Aufgabe übertragen wird (vgl. BGH GRUR 78, 37 - Börsenbügel; BGH GRUR 62, 290 - Brieftaubenreisekabine II; vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 4 Rdn. 48). Deshalb kommt insoweit entgegen der Auffassung der Beklagten im vorliegenden Fall ein Hochschul- oder Fachhochschul-lngenieur der Fachrichtung Maschinenbau nicht in Betracht, da dieser lediglich die Anforderungen bestimmt, die von dem vorgenannten Fachmann technisch umzusetzen sind (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger).
Diese Einschätzung wird im Übrigen durch das von der Beklagten eingereichte Parteigutachten N5 bestätigt, das ausführt: "The person involved in the design of iron soleplates were mechanical engineers at the university and lower level. A soleplate consists typically of die-casted aluminium with an embedded heating element. Expertise in die-casting of aluminium and mold design is needed to be able to make the actual product. … But next to that, flow experts are needed that can calculate and design a proper heating element that can be embedded in the soleplate. … For the application of the Teflon to the soleplate a coating application engineer was responsible … The engineer did not develop the coating that was used but worked together with the application engineers of the supplier to have the coating properly applied to the soleplate. … For the wrapping of the plate and anodizing (if chosen) a mechanical engineer was involved. So overall the design of the soleplate was in the hands of mechanical engineers working in the "Thermo-mechanical” group. For alternative coatings a metallurgist/tribologist … was involved that looked into the area of PVD or CVD. … For sol-gel based coatings … chemists with special knowledge in the field of the sol-gel process were involved to develop the coating material (vgl. N5, Seite 4, Mitte bis Seite 5, Absatz 5) [Unterstreichungen hinzugefügt].
Infolgedessen ist der hier maßgebliche Fachmann in einem Team aus mehreren Fachleuten bei der Entwicklung von Bügeleisen eingebettet.
Den von der Beklagten zu ihrer gegenteiligen Auffassung bezüglich des zuständigen Fachmanns angebotenen Beweisen war nicht nachzugehen, da es sich bei der Bestimmung des zuständigen Fachmanns im Wesentlichen um eine vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage handelt, die der Klärung durch Zeugenbeweis nicht zugänglich ist (BGH GRUR 2006, 663, Rdn. 28 - Vorausbezahlte Telefongespräche). Zwar muss die Bestimmung des Fachmanns stets auf tatsächlichen Feststellungen beruhen (vgl. BGH GRUR 2004, 1023 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung), worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Der mit fachkundigen Mitgliedern besetzte Senat besitzt jedoch selbst die erforderliche Sachkunde für die Beurteilung der Frage, wer am Prioritätstag üblicherweise in der gewerblichen Praxis - und losgelöst von den unter Beweis gestellten tatsächlichen Verhältnissen bei der Beklagten - mit der Entwicklung und Weiterentwicklung patentgemäßer Gegenstände befasst war bzw. auf dem hier einschlägigen technischen Gebiet über die Kompetenz verfügte, um mit der Lösung der Aufgabenstellung beauftragt zu werden, die der Lehre des Streitpatents zugrunde liegt (vgl. BGH GRUR 78, 37 f. - Börsenbügel; sowie Schulte, PatG, 8. Aufl., § 4 Rdn. 48). Aus diesem Grund bedurfte es auch nicht der Einholung des von der Beklagten angebotenen Sachverständigengutachtens.
III.
Der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche 1 bis 7 in der gemäß Hauptantrag verteidigten Fassung des Streitpatents erweist sich als nicht patentfähig. Dabei spricht einiges für die Ansicht der Klägerin, dass insbesondere der Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch die X2 bis X4, jede Druckschrift für sich genommen, bereits neuheitsschädlich vorweggenommen ist. Jedenfalls beruht der Gegenstand der gemäß Hauptantrag angegriffenen Patentansprüche ausgehend von der Lehre der vorveröffentlichten Druckschrift X2 i. V. m. der Lehre der Druckschrift X20 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1. Zum Verständnis des Gegenstands des Streitpatents und der Entgegenhaltungen durch den angesprochenen Fachmann im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bedarf es zunächst eines Eingehens auf die Bedeutung des Begriffs Sol-Gel-Prozess im Hinblick auf anorganische Polymere und Silicone. Diese Begriffe sind Teil des allgemeinen Fachwissens (vgl. z. B. Auszüge aus Lehr- und Fachbüchern sowie Lexika X22, X24, X26 und X28 sowie N1 bis N3).
a) Grundlage des Sol-Gel-Prozesses ist die Bildung eines Netzwerks aus Lösung durch eine fortschreitende Änderung von flüssigen Precursoren in ein Sol zu einem Gel und schließlich zu einem trockenen Netzwerk (vgl. Definition im IUPAC Gold Book (X24): "Process through which a network is formed from solution by a progressive change of liquid precursor(s) into a sol, to a gel, and in most cases finally to a dry network. Note: An inorganic polymer, e.g., silica gel, or an organic-inorganic hybrid can be prepared by sol-gel processing.”). Die Ausgangsmaterialien des Sols, die als Precursor bezeichnet werden, sind meist Alkoxide von Metallen wie z. B. Tetraethylorthosilikat (TEOS), Tetramethylorthosilikat (TMOS) oder Tetraisopropylorthotitanat (TPOT). Aber auch beispielsweise Natriumsilikat oder Glykolester können als Precursoren dienen. Im Allgemeinen werden die Precursoren zusammen mit einer definierten Menge an Wasser und eventuellen Katalysatoren (Säuren oder Basen) in einem Lösungsmittel (z. B. Ethanol) gelöst. Den Sol-Gel-Prozess kann man vereinfacht in zwei Teilprozesse/-reaktionen unterteilen (vgl. X22):
1. Hydrolyse
M(OR)n + n H2O → M(OH)n + n ROH
2. Kondensation
M(OH)n → MOn/2 + n/2 H2O.
Abhängig von dem Gehalt an Wasser und Katalysator, kann die Hydrolyse vollständig ablaufen, so dass alle hydrolysierbaren Gruppen OR durch Hydroxylgruppen OH ersetzt werden (vgl. N3):
Si(OR)4 + 4 H2O → Si(OH)4 + 4 R-OH.
Partielle Hydrolyse führt zu Zwischenspezies, die auch durch Kondensation miteinander reagieren können (vgl. N3):
(OR)3─Si-OH + HO─Si-(OR)3 → [(OR)3 Si-O-Si(OR)3] + H-OH
oder
(OR)3─Si-OR + HO─Si-(OR)3 → [(OR)3 Si-O-Si(OR)3] + R-OH
Die Polymerisation ist also mit der Bildung eines 1-, 2- oder 3-dimensionalen Netzwerks von Siloxanbindungen [Si- O-Si] verbunden, begleitet von der Bildung von Wasser oder Alkohol (vgl. N3).
Bei den typischen Sol-Gel-Prozessen laufen die Hydrolyse und Kondensationsprozesse meist gleichzeitig ab, wobei sich zunächst Feststoffpartikel von wenigen Nanometern Größe bilden, welche in dem Dispersionsmittel kolloidal verteilt sind. Diese vernetzen sich und kondensieren zu einem Gel (vgl. X22), d. h. sobald sich ein Netzwerk aus Solpartikeln durch Hydratations- und Kondensationsreaktionen gebildet hat, spricht man von Gelierung.
Gele sind also zweiphasige Systeme, die sowohl eine flüssige (Lösungsmittel) als auch eine feste Phase (Gelgerüst) enthalten und dessen Morphologien von diskreten Partikeln bis zu kontinuierlichen Netzwerken reichen. Die Entfernung der flüssigen Phase aus dem porösen Gel erfordert einen Trocknungsprozess, der in der Regel mit einem Schrumpfen und einer Verdichtung einhergeht. Anschließend wird meist eine thermische Behandlung durchgeführt, die eine weitere Polykondensation begünstigt und die mechanischen Eigenschaften sowie strukturelle Stabilität fördert (vgl. N3). Die Produkte des Sol-Gel-Prozesses wie Beschichtungen können je nach Details im Verfahrensablauf ein breites Spektrum unterschiedlicher und meist besonderer Eigenschaften aufweisen, weshalb der Sol-Gel-Prozess eine wichtige Rolle in der Materialforschung spielt (vgl. X22) und die Kenntnisse hierüber deshalb auch bereits Eingang in Lexika (vgl. N3, X22 oder X24) gefunden haben.
Infolgedessen stehen und standen in den letzten Jahrzehnten Sol-Gel-Verfahren immer im Fokus des hier maßgeblichen Fachmanns, weshalb der Sol-Gel-Prozess - wie im Streitpatent selbst angegeben (vgl. X1, Spalte 2, Zeilen 40/41) - und die hiermit regelmäßig erzielbaren Eigenschaften (vgl. z. B. X20) bekannt sind und somit auch zum Basiswissen des Durchschnittsfachmannes zählen.
Dagegen werden Silicone dadurch gewonnen, dass man von Verbindungen ausgeht, in welchen einzelne OH-Gruppen des Si(OH)4-Moleküls durch organische Reste, z. B. Methyl-, Alkyl- und Phenylgruppen (vgl. X30), ersetzt sind, welche sich naturgemäß am Kondensationsvorgang nicht beteiligen können. Über Kondensationsreaktionen lassen sich dann ganz nach Maß bestimmte Siliconstrukturen mit charakteristischen, weitgehend abstufbaren Eigenschaften aufbauen, die je nach ihrer Molekulargröße und -struktur (Ring-, Ketten-, Blatt- und Netzstrukturen bestimmten Polymerisationsgrades) leichtflüssige, ölige, kautschukähnliche oder harzartige Substanzen darstellen und wegen ihrer thermischen und chemischen Beständigkeit ebenfalls technisch vielseitig anwendbar sind (vgl. X26 bis X28). So sind flüssige Siliconöle hochmolekulare Polysiloxane aus kettenförmigen, nicht vernetzten Makromolekülen mäßiger Kettenlänge; gummiartiger Siliconkautschuk hat gering vernetzte Ketten mit wachsender Kettenlänge; und Siliconharze sind feste, harzförmige Massen aus hochmolekularen, stark vernetzten Siloxanen (vgl. X30).
b) Für das richtige Verständnis der erfindungsgemäßen Lehre, wie sie im Patentanspruch 1 beansprucht ist, ist nun wesentlich, dass diese gerichtet ist auf eine reibungsmindernde Schicht (Merkmal M2) aus einem anorganischen Polymer (Merkmal M3a) auf einem Metallträger. Dieser Metallträger ist vorliegend die Sohlenplatte eines Bügeleisens (Merkmal M1). Unter "Sohlenplatte" versteht die Streitpatentschrift eine Metallplatte, die an der Unterseite des Bügeleisens angebracht ist und mit der gebügelt wird (vgl. X1, Figur 1 i. V. m. Spalte 3, Zeilen 50 bis 57), d. h. es ist also die Außenoberfläche der Sohlenplatte und im Ausführungsbeispiel ist dies eine Platte aus Edelstahl (stainless steel alloy). Die darauf angebrachte reibungsmindernde Schicht aus anorganischem Polymer ist - im Vergleich zu Teflon - kratzfest (Merkmal M3) (vgl. X1, Spalte 2, Zeilen 2 bis 8) und weist eine hohe Beständigkeit gegen Korrosion und gegen häufige und schnelle Temperaturschwankungen im Bereich von 20 bis 300°C auf ("… an anti-friction layer in form of an inorganic polymer exhibits a very high resistace against corrosion and against frequent and rapid temperature variations in the range from 20 - 300°C", vgl. X1, Spalte 2, Zeilen 10 bis 14). Eine solche reibungsmindernde Schicht aus anorganischem Polymer wird durch einen Sol-Gel-Prozess erhalten (Merkmal M4). Als anorganische Polymere (Merkmal M3a) nennt das Streitpatent Polysilikat (vgl. X1, Spalte 2, Zeile 4 oder 17) oder Poly-Zr-Oxid, Poly-Ti-Oxid oder Poly-Al-Oxid, wobei Polysilikat aus Kostengründen bevorzugt ist (vgl. X1, Spalte 2, Zeilen 14 bis 17) und sich Sole auf Basis von Polysilikat einfach herstellen lassen und länger stabil bleiben, als die Sole der anderen Polymetalloxide (vgl. X1, Spalte 2, Zeilen 17 bis 20; Unterstreichung hinzugefügt).
Der Fachmann wird also aufgrund der Wortwahl "Polysilikat" oder "Poly-Zr-Oxid" oder "Poly-Ti-Oxid" oder "Poly-Al-Oxid" den Begriff "anorganisches Polymer" dahingehend verstehen, dass die Beschichtung oxidartiger Natur ist, aber nicht öl-, kautschuk- oder harzähnlich ist. Das Verständnis der Klägerin, dass unter den Begriff "anorganisches Polymer" auch die Auswahl bestimmter Siliconstrukturen falle, die je nach Polymerisationsgrad leichtflüssige, ölige, harzartige oder kautschukähnliche Substanzen darstellten (vgl. X26 bis X28), lässt sich aus dem Gesamtkontext der Streitpatentschrift jedenfalls nicht ableiten.
Dass unter anorganischem Polymer vorliegend ein oxidiartiges und kein öl-, kautschuk- oder harzartiges Material zu verstehen ist, wird im Übrigen in der Streitpatentschrift durch die Ausführungen in Spalte 2, Zeilen 40 bis 55, zum Sol-Gel-Prozess gezeigt. Danach wird zunächst eine kolloidale Suspension aus Festkörperteilchen in einer Flüssigkeit zubereitet. Im vorliegenden Fall werden bevorzugt hydrolysierte Metallalkoxidteilchen in einem organischen Lösungsmittel verwendet. Bekannte Metallalkoxide sind Ti-, Zr-, Al- und Si-Alkoxide. Als organisches Lösungsmittel wird gewöhnlich Alkohol verwendet. Zu der genannten kolloidalen Lösung oder Sol wird sowohl eine geringe Menge Wasser als auch eine geringe Menge Säure oder Base als Katalysator hinzugegeben und dann wird das Sol in einer dünnen Schicht auf den gewünschten Träger aufgebracht. Der hinzugefügte Katalysator und das Wasser verursachen die Hydrolyse der Alkoxide (und eine Kondensation), danach erfolgen bei erhöhter Temperatur eine Polykondensation zu einem anorganischen Polymer und eine Austreibung der Lösungsmittel. Das anorganische Polymer wird in der Streitpatentschrift als Polysilikat (vgl. X1, Spalte 2, Zeile 4 oder 17) oder Poly-Zr-Oxid, Poly-Ti-Oxid oder Poly-Al-Oxid (vgl. X1, Spalte 2, Zeilen 14 bis 17) bezeichnet. Insofern ist das Produkt im Streitpatent beispielsweise im Falle des bevorzugten "Polysilikats" eine amorphe, quasi Quarz- bzw. Siliciumdioxid-ähnliche Beschichtung, die aufgrund der Si-O-Si-Verknüpfung sog. Siloxanbindungen aufweist.
Wesentlich ist also, dass der in der Streitpatentschrift beschriebene Sol-Gel-Prozess zur Herstellung des anorganischen Polymers von den bekannten Reaktionen "Hydrolyse von Precursor-Molekülen" und "Kondensation zwischen dabei entstehenden reaktiven Spezies" bestimmt ist, wobei das Streitpatent es allerdings offen lässt, ob die Hydrolyse (stöchiometrisch) vollständig oder unvollständig stattfindet. Bei unvollständiger Hydrolyse verbleiben am Zentralatom (Si, Ti, Zr, Al) noch hydrolysierbare Gruppen (z. B. Alkoxy-, Halogengruppen, etc.), die auch durch Kondensation miteinander reagieren können. Es werden offensichtlich Precursoren verwendet, die zu oxidischen Produkten und beispielsweise im Falle von "Polysilikat" zu Glas-, Quarz- oder Siliciumdioxid-ähnlichen Strukturen führen.
2. Der Senat hat bereits Bedenken zur fehlenden Neuheit der Erzeugnisansprüche 1 und 2 gegenüber den Druckschriften X2 bis X4, jede Druckschrift für sich genommen.
In jeder dieser Druckschriften sind Polysilikate als anorganische Polymerschichten auf Bügeleisensohlenplatten offenbart, die durch einen Sol-Gel-Prozess erhalten werden (vgl. X2, Spalte 2, Zeile 64 i. V. m. Anspruch 1; X3, Spalte 5, Zeile 36 i. V. m. Anspruch 1 sowie X4, Seite 2, rechte Spalte, Zeile 124 i. V. m. Anspruch 1). Diese Beschichtungen können einschichtig (one-coat) ausgebildet sein und sind mit Fluorkohlenwasserstoffen modifiziert (vgl. X2, Spalte 2, Zeilen 30 bis 32 und 48 bis 54; X3, Spalte 5, Zeilen 21 bis 23; X4, Seite 2, Zeilen 85 bis 90). Die Verfahrensmaßnahme "Sol-Gel-Prozess" lässt sich zwar den Druckschriften X2 bis X4 expressis verbis nicht entnehmen. Es handelt sich hier aber um ein Merkmal, das der Fachmann für die Ausführung der Lehre in X2 bis X4 selbstverständlich in Gedanken gleich mitliest (vgl. BGH GRUR 1995, 330 - Elektrische Steckverbindung). Denn dass es sich bei den in diesen Druckschriften genannten kolloidalen Kieselsolen (silica sol) um Verbindungen handelt, die in einem Sol-Gel-Prozess zu einem dreidimensionalen Netzwerk und damit zu einem anorganischen Polymer kondensieren, ist für den Fachmann offensichtlich und ergibt sich auch daraus, dass nach Aufbringen des Sols während des Lufttrocknens sich von selbst ein kontinuierlicher Film ausbildet ("… which air-dries to form a continuous film when laid down by itself"; vgl. z. B. X3, Spalte 2, Zeilen 29 bis 31), der anschließend noch thermisch behandelt wird (vgl. z. B. X2, Spalte 2, Zeilen 41 bis 42).
In X2 bis X4 sind die Eigenschaften der Schicht zwar nicht ausdrücklich angesprochen. Diesbezüglich gibt der Patentanspruch 1 erteilter Fassung an, dass die beanspruchten besonderen Eigenschaften der Schicht von dem durch einen Sol-Gel-Prozess erhaltenen anorganischen Polymer hervorgerufen werden. Damit aber ein Erzeugnis, das zumindest teilweise durch das Verfahren zu seiner Herstellung charakterisiert wird (product-by-process-Anspruch), neu ist, ist es erforderlich, dass das Verfahrensmerkmal dem Erzeugnis auch körperliche Eigenschaften verleiht, die das Erzeugnis von solchen aus dem Stand der Technik unterscheiden.
Jedoch sind vorliegend die Attribute "anti-friction" (Merkmal M2), "scratch resistant" und "hard" (Merkmal M3) zahlenmäßig unbestimmt, so dass sie das beanspruchte Erzeugnis nicht gegenständlich vom Stand der Technik gemäß X2 bis X4 abgrenzen können. Der chemische Aufbau der Schicht ist lediglich dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht ein anorganisches Polymer (Merkmal M3a) umfasst, so dass dem anorganischen Polymer noch weitere Bestandteile beigefügt werden können. Die Zulässigkeit weiterer Bestandteile in der Schicht ist aus der Anspruchsformulierung mit "comprises" in Merkmal M3a ersichtlich. In einer Ausgestaltung des Erzeugnisses gemäß Anspruch 2 wird die Schicht, die ein anorganisches Polymer enthält, mit Organofluorgruppen modifiziert, d. h. hydrophobiert, so dass die eigentliche "Antihafteigenschaft" erst mit dieser Ausgestaltung der reibungsmindernden Schicht gemäß Anspruch 1 erhalten wird. Insofern ist der Schutzbereich sehr weit, weshalb ihm auch ein umfassender Stand der Technik entgegensteht.
Nachdem sich die unbestimmten Merkmale M2 bis M3a aber nicht dazu eignen, das beanspruchte Erzeugnis von bekannten Erzeugnissen gemäß den Druckschriften X2 bis X4 abzugrenzen, steht bereits die Neuheit des Gegenstands der verteidigten Patentansprüche 1 und 2 angesichts von X2 bis X4 in Frage.
Eine Entscheidung darüber kann jedoch ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage der von der Klägerin in Abrede gestellte Neuheit gegenüber weiteren, vorgebrachten Druckschriften (z. B. X10, X25, X28), weil ein Bügeleisen mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 sowie ein Beschichtungsverfahren mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 3 des Streitpatents jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
3. Nach Auffassung des Senats war der hier zuständige Durchschnittsfachmann im Prioritätszeitpunkt des Streitspatents in der Lage, aufgrund seines Fachwissens und in Kenntnis des in das Verfahren eingeführten Standes der Technik, insbesondere X2 i. V. m. X20, das gemäß Hauptantrag verteidigte streitpatentgemäße Bügeleisen gemäß Patentanspruch 1 sowie das Beschichtungsverfahren gemäß Patentanspruch 3 in naheliegender Weise aufzufinden.
Für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert ist, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet (vgl. BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Es ist deshalb grundsätzlich nicht von einem bestimmten, nächstliegenden Stand der Technik als Beurteilungsgrundlage auszugehen, da bereits die Wahl dieses Ausgangspunktes der Rechtfertigung bedarf, die in der Regel in dem Bemühen des Fachmannes liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt (vgl. BGH GRUR 2009, 382 - Olanzapin; GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; BPatG GRUR 2004, 317 - Programmartmitteilung).
Für die Frage der Veranlassung zur Problemlösung - hier auf einfache und kostengünstige Weise eine metallische Bügeleisensohlenplatte zu schaffen, deren reibungsmindernde Schicht hart und kratzfest ist sowie eine gute Korrosionsfestigkeit und eine Beständigkeit gegen häufige und schnelle Temperaturschwankungen bis max. 300°C aufweist - ist zu beachten, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungsweges - hier die Herstellung einer reibungsmindernden, kratzfesten und harten Schicht aus einem anorganischen Polymer, vorzugsweise Polysilikat, durch einen Sol-Gel-Prozess - nicht nur als möglich, sondern als dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (vgl. BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
a) Ausgehend von der vorliegenden Problemstellung richtete der Fachmann sein Augenmerk zunächst auf bekannte Bügeleisensohlenplatten, wie sie beispielsweise in der US 3 655 604 (X2) beschrieben sind (Merkmal M1) (vgl. X2, Spalte 2, Zeile 63), und die mit einer Beschichtung versehen sind, welche ein teilchenförmiges Fluorkohlenwasserstoffpolymer, ein Ammoniak-stabilisiertes kolloidales Kieselsol und einen flüssigen Träger enthält (vgl. X2, Spalte 1, Zeilen 35 bis 41). Die Beschichtungszusammensetzung kann z. B. durch Sprühen (vgl. X2, Spalte 2, Zeile 37) auf das Substrat aufgebracht werden, gefolgt von Trocknen und Wärmebehandlung bei 230 bis 400°C (vgl. X2, Spalte 2, Zeilen 48 bis 52 i. V. m. Zeilen 41 bis 43). Hierdurch entsteht ein anorganisches Polymer. Insoweit erfüllen die aus Kieselsolen hergestellten Schichten, die ein Polysilikat als anorganisches Polymer enthalten, die Merkmale M3a und M4. Nicht angesprochen sind in X2 die Merkmale M2 und M3.
Die Überlegungen des mit der Weiterentwicklung der aus dem Stand der Technik bekannten Schichten auf Bügeleisensohlenplatten betrauten Fachmannes setzen naturgemäß bei der Analyse dessen an, was bei vorhandenen Lösungen als nicht zufriedenstellend oder verbesserungswürdig empfunden wird. Hier setzt auch die Erfindung ein, die sich ja die Aufgabe gestellt hat, die Nachteile des bekannten Standes der Technik zu verbessern. Infolgedessen ging es dem Fachmann bei der Weiterentwicklung der aus dem Dokument X2 bekannten, aus Kieselsol beschichteten Bügeleisensohlenplatte objektiv nur darum, eine in ihren speziellen Eigenschaften verbesserte Sol-Gel-Schicht zu erzielen.
Der maßgebliche Fachmann, der sich in der Praxis vor allem mit der Entwicklung von Neuerungen auf dem Gebiet der Sol-Gel-Technik beschäftigt und dabei selbstverständlich den Stand der Technik auf seinem eigenen Spezialgebiet kennt und sich in üblicher Weise auf dem Laufenden hält, z. B. durch Lesen von Fachzeitschriften (vgl. BPatGE 34, 264), wird auf der Suche nach der Lösung seines Problems sich auch der X20 zuwenden, weil dort abriebbeständige Korrosionsschutzschichten beschrieben sind, die über den Sol-Gel-Prozess erhalten werden. Die X20 stellt daher für den Fachmann einen vielversprechenden Einstieg in seine Problemstellung dar, wie ihn die Rechtsprechung erfordert (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger).
Denn wie in dem Fachartikel X20 ausgeführt ist, stellt der mechanische Schutz von Oberflächen für viele Substratmaterialien immer noch ein aktuelles Problem dar. Werden aus optischen Gründen transparente Schutzschichten verwendet, zeigen die gebräuchlichen Beschichtungsmaterialien auf Basis organischer Polymere meist geringe mechanische Stabilität gegen Verkratzung und Abrieb sowie oftmals mangelnde Resistenz bei korrosiver Belastung, z. B. Haftungsversagen bei Einwirkung von Feuchtigkeit bzw. Unterwanderung beschädigter Bereiche (vgl. X20, Seite 115, Absatz 1 der Einleitung). Über den Sol-Gel-Prozess können sog. Nanokomposite (nanoskalige Partikel, im Streitpatent als "solid particles" bezeichnet) hergestellt werden. Ausgehend von Alkoxysilanen, Organoalkoxysilanen und Metallalkoxiden (oder den entsprechenden Halogeniden) werden durch gezielte Hydrolyse und Kondensation anorganische Netzwerke aufgebaut. Durch Einbau von Precursoren, die durch organische Seitenketten modifiziert sind, können organische Komponenten auf molekularer Ebene eingebaut werden. Dabei besteht die Möglichkeit, nicht reaktive organische Seitengruppen als Netzwerkwandler als auch als Träger funktioneller Gruppen zu verwenden (im Streitpatent gemäß Anspruch 2 "fluoridized hydrocarbon compounds). Durch Polymerisation dieser zusätzlichen organischen Gruppen werden organische Netzwerke aufgebaut, die mit dem anorganischen Grundgerüst bzw. Netzwerk über chemische Bindungen verknüpft sind. Durch geeignete Reaktionsführung lassen sich flüssige Zwischenstufen herstellen und als Beschichtungsmittel nutzen (vgl. X20, Seite 116, Absatz "Synthese anorganisch-organischer Nanokomposite"). Das flüssige System wird mit üblichen Beschichtungsverfahren (z. B. Tauch-, Schleuder-, Sprühverfahren, etc.) auf Metallsubstrate aufgebracht und dann thermisch gehärtet. Die Schichtdicke wird durch Variation der Viskosität eingestellt (vgl. X20, Seite 116, letzter Absatz). Die hohe Kratz- und Abriebbeständigkeit im Vergleich zu organischen Polymeren resultiert aus den nanoskaligen anorganischen Partikeln (vgl. X20, Seite 118, Absatz 1).
Infolgedessen war es in der Fachwelt schon zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bekannt, dass mittels des Sol-Gel-Prozesses aus metallorganischen Precursoren hergestellte anorganische Polymere die Träger der charakteristischen Eigenschaften einer auf einem Substrat aufgebrachten dünnen Schicht sind, wobei der Fachmann mit Sol-Gel-Schichten vor allem Schutzschichten verbindet.
Der Fachmann wird sich daher bei der Verwirklichung seiner Zielvorstellungen bei Kenntnis der X20 zwangsläufig den üblicherweise als Precursoren verwendeten Alkoxiden zuwenden und die hieraus im Rahmen des Sol-Gel-Prozesses erhaltenen Polysilikatbeschichtungen auf die gewünschten Eigenschaften untersuchen, zumal diese speziellen Eigenschaften in der X20 bereits angesprochen sind. Bei Kenntnis des Standes der Technik im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents lag für den Fachmann deshalb die Erprobung von Alkoxiden als parate Precursoren auf der Hand, weshalb ausgehend von der X2 der Lösungsweg für den Erfindungsgedanken des Streitpatents durch die X20 nahegelegt war.
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung und damit gemäß Hauptantrag hat daher mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.
b) Die Zusammenschau der Dokumente X2 und X20 vermittelt dem Fachmann in naheliegender Weise aber auch die Merkmale M5 bis M7 des angegriffenen Patentanspruchs 3 gemäß Hauptantrag - wie vorstehend zu Patentanspruch 1 dargelegt ist - und somit insgesamt die Lehre, dass eine reibungsmindernde, harte Schicht aus anorganischem Polymer mit hoher Kratzfestigkeit sich durch ein Sol-Gel-Verfahren auch auf einer Bügeleisensohlenplatte erhalten lässt.
Folglich hat auch der erteilte Verfahrensanspruch 3 gemäß Hauptantrag mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.
c) Nicht bestandsfähig sind ebenfalls die auf Patentanspruch 1 oder 3 rückbezogenen Unteransprüche 2 sowie 4 bis 7 gemäß Hauptantrag.
Soweit das Streitpatent nach Anspruch 2 eine reibungsmindernde Schicht vorschlägt, die fluororganische Verbindungen enthält, vermag eine solche Ausgestaltung der Sol-Gel-Schicht die erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen. Denn schon in der X20 findet sich der Hinweis, dass durch Einbau von Precursoren, die durch organische Seitenketten modifiziert sind, organische Komponenten auf molekularer Ebene in die anorganischen Netzwerke eingebaut werden können. Zudem ist es auch aus X2 bekannt, die Polysilikatschicht durch Fluorkohlenwasserstoffe zu modifizieren.
Soweit das Streitpatent nach Anspruch 4 vorschlägt, eine Sol-Gel-Lösung zu verwenden, die Alkoxysilikat enthält, liegt ein solches Merkmal für den Fachmann auf der Hand, weil dies eine auf diesem Fachgebiet übliche Precursorwahl ist (vgl. X20). So heißt es sogar schon im Chemie-Lexikon X22, dass Ausgangsverbindungen des Sols meist Alkoxide von Metallen wie z. B. Tetraethylorthosilikat, Tetramethylorthosilikat oder Tetraisopropylorthotitanat sind.
Soweit das Streitpatent nach Anspruch 5 vorschlägt, eine Lösung zu verwenden, die zugleich 3-Glycidyloxypropyltrimethoxysilan in einer Menge von maximal 50 Gew.-% der Gesamtmenge an Alkoxysilikat enthält, so ist die Zugabe eines solchen Silans bei Sol-Gel-Verfahren bekannt (vgl. X11, Seite 6, Beispiele 1 und 2; vgl. X15, Seite 5, Zeile 29 sowie Seite 10, Beispiele 1 und 2). Nicht erfinderisch ist auch die Bemessung des 3-Glycidyloxypropyltrimethoxysilans, denn eine solche liegt in der handwerklichen Routine des Fachmannes.
Nach Anspruch 6 enthält die Lösung noch eine Fluorsilanverbindung. Wie bereits zu Anspruch 2 dargelegt vermag eine solche Ausgestaltung der Beschichtungslösung die erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen, denn auch die Zugabe von Fluorsilanverbindungen sind auf diesem Fachgebiet bekannt, wie u. a. X12, Seite 16, Beispiel 1 i. V. m. Seite 10, Zeilen 7 bis 19, darlegt.
Soweit das Streitpatent nach Anspruch 7 das Aufbringen einer Sol-Gel-Lösung mit Hilfe von Sprühtechniken vorschlägt, ist dies eine naheliegende Maßnahme, die zum liquiden Fachwissen gehört und in zahlreichen Dokumenten beschrieben ist (vgl. z.B. X2, Spalte 2, Zeilen 36/37; X11, Seite 5, Zeilen 41 bis 43; X12, Seite 14, Zeilen 35 bis 37; X13, Spalte 2, Zeilen 46 bis 49; X20, Seite 116, letzter Absatz; usw.).
IV.
Der Gegenstand des Streitpatents ist auch in der geänderten Fassung gemäß Hilfsantrag zumindest wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
1. Soweit die Klägerin geltend macht, der Gegenstand des Streitpatents nach Hilfsantrag gehe wegen des nicht offenbarten Disclaimers "wherein the inorganic polymer is no Polysiloxane" über den Offenbarungsgehalt des Streitpatents hinaus und stelle in dieser Fassung eine unzulässige Änderung des Schutzumfangs dar, ist festzustellen, dass die als Offenbarung des Disclaimers in der Streitpatentschrift von der Beklagten angegebene Stelle (vgl. Spalte 1, Zeilen 18 bis 29) die Nachteile eines bekannten Bügeleisens mit einer Kunststoffschicht, z. B. auf Basis von Teflon, schildert. Weiter heißt es dort, dass die Stabilität von synthetischen Harzen bei den für Bügeleisen üblichen Temperaturen bis maximal 300°C im Allgemeinen nicht optimal ist. Ein Hinweis auf Polysiloxane ist dieser Textstelle jedoch nicht zu entnehmen. Ob deshalb die Verwendung des Disclaimers in den Patentansprüchen 1 und 3 des Hilfsantrages im Hinblick auf die Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (G 1/03 - GRUR Int. 2004, 959 - Disclaimer/PPG) als unzulässig anzusehen ist, kann letztlich wegen der mangelnden Patentfähigkeit des mit dem Hilfsantrag verteidigten Gegenstand dahinstehen. Im Übrigen stellt sich ohnehin die Frage nach der Klarheit des Begriffs "Polysiloxan" im Zusammenhang mit "anorganischem Polymer" (vgl. BGH, GRUR 2010, 709 - Proxyserversystem).
2. Das Bügeleisen bzw. die Bügeleisensohlenplatte gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag nur durch das Disclaimer-Merkmal M4a. Hierdurch sollen laut Vortrag der Beklagten Polysiloxane wie Silikonöle, Silikonkautschuk und Silikonharze als anorganische Polymere vom Schutzumfang ausgeschlossen werden. Ein durch dieses Merkmal ausgestaltetes Bügeleisen ist aber nicht erfinderisch, wobei vollumfänglich auf die vorstehenden Ausführungen zu Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unter Punkt III 3a) verwiesen wird. Die dort abgehandelten Polysilikatbeschichtungen bilden zwar ein Netzwerk durch Siloxanbindungen aus, die Kondensation führt aber zu oxidartigen Schichten und nicht zu Silikonen, wie unter Punkt III 1a) und III 1b) beschrieben. Nachdem sich der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag ansonsten in keinem Merkmal von dem entsprechenden Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet, ist er aus den zum Hauptantrag ausgeführten Gründen mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.
Unter Verweis auf die vorstehenden Ausführungen unter Punkt III 3b) und III 3c) gilt Entsprechendes auch für die angegriffenen Patentansprüche 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag.
V.
Bei dieser Sachlage war auf die übrigen, von der Klägerin eingeführten Druckschriften ebenso wenig einzugehen wie auf die seitens der Beklagten vorgelegten weiteren Dokumente, aus denen sich keine Anhaltspunkte ergaben, die den Senat zu einem anderen Ergebnis hätten gelangen lassen können.
VI.
Bei dieser Sachlage musste auf den Hilfsantrag der Klägerin nicht mehr eingegangen werden, mit dem sie die Feststellung beantragt hat, dass das Streitpatent aufgrund vorhandener Übersetzungsfehler in der Bundesrepublik Deutschland keine Wirkung entfaltet.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.