Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 12.08.2015


BPatG 12.08.2015 - 29 W (pat) 91/12

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "KASSENPASS" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
12.08.2015
Aktenzeichen:
29 W (pat) 91/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 058 419

(hier: Löschungsverfahren S 69/11, S 75/11, S 76/11 und S 258/11)

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 12. August 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die angegriffene Wortmarke 30 2009 058 419

2

KASSENPASS

3

ist für die Waren und Dienstleistungen

4

Klasse 9: Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte (Hardware), Computersoftware; elektronische Datenträger;

5

Klasse 16: Papier, Papierwaren, Pappe, Druckereierzeugnisse, gedruckte Veröffentlichungen, Broschüren, Bücher; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Druckschriften, alle vorstehenden Waren insbesondere in Bezug auf Beratung (Aus- und Fortbildung) und Zertifizierungen;

6

Klasse 35: Unternehmensberatung, Personalmanagementberatung und Hilfe in Geschäftsangelegenheiten, Beratung bei der Organisation von Unternehmen auf den Gebieten Zahlungsverkehr und Warenwirtschaftssysteme;

7

Klasse 41: Aus- und Fortbildungsberatung, Unterricht und Erziehung auf dem Gebiet Zahlungsverkehr, insbesondere in Handel, Gastronomie und Hotelwesen, nämlich Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Fernkursen, Fernunterricht, Berufsberatung, Coaching, Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; Organisation und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen und pädagogischen Abschlussprüfungen in Bezug auf Zahlungsverkehr, insbesondere in Handel, Gastronomie und Hotelwesen; Unterweisung (Unterricht); Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke, insbesondere von Büchern, Broschüren, Berichten, Prospekten und Zeitschriften; Verfassen von Texten, ausgenommen Werbetexte; Organisation und Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen in Form von Schulungen, Kongressen, Konferenzen, Symposien, Seminaren, Kolloquien und Workshops (Ausbildung) auf den Gebieten der Aus- und Fortbildung, insbesondere in theoretischer und praktischer Hinsicht;

8

Klasse 42: technologische Dienstleistungen, nämlich technische und EDV-Beratung für elektronische alphanumerische, Registrier-, Scanner- und PC-Warenwirtschaftssysteme; Zertifizierungen, insbesondere auf den Gebieten Zahlungsverkehr und Warenwirtschaftssysteme,

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am 2. Oktober 2009 angemeldet und am 29. September 2010 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden. Der Eintragung war eine Beanstandung der Markenstelle für Klasse 35 wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG vorausgegangen. Die Markenstelle ließ dann die Beanstandung mit der Begründung, der Aussagegehalt der angemeldeten Wortkombination sei in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu unbestimmt, fallen und bezog sich hierbei auf die Entscheidung „Tageskarte“ des Bundespatentgerichts (Beschluss vom 25.02.2010, 29 W (pat) 33/09).

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Die angegriffene Marke wurde durch die ursprüngliche Markeninhaberin Frau V… angemeldet, im Laufe des hiesigen Beschwerdeverfahrens am 25. Januar 2013 auf die Firma V… GmbH sowie sodann von dieser am 23. Januar 2014 auf deren Geschäftsführerin persönlich und jetzige Beschwerdeführerin wegen Rechtsübergangs im Markenregister umgeschrieben. Die Rechtsnachfolgerinnen haben jeweils das Beschwerdeverfahren übernommen.

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Mit am 28. Februar 2011 (Antragstellerin zu 1), 2. März 2011 (Antragstellerin zu 3), 22. März 2011 (Antragstellerin zu 2) sowie 8. September 2011 (Antragstellerin zu 4) eingegangenen Anträgen haben die Antragstellerinnen zu 1), 3) und 4) die vollständige Löschung und die Antragstellerin zu 2) die teilweise Löschung der Marke für die Waren „Computersoftware; elektronische Datenträger; Druckschriften; Druckereierzeugnisse, insbesondere in Bezug auf Beratung (Aus- und Fortbildung) und Zertifizierungen“ sowie für sämtliche in den Klassen 41 und 42 beanspruchten Dienstleistungen wegen Nichtigkeit aufgrund absoluter Schutzhindernisse gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 MarkenG beantragt. Die Antragstellerin zu 2) hat den Löschungsantrag zudem auf den Löschungsgrund des § 50 Abs. 1 i. V. m. § 3 MarkenG gestützt.

12

Die Antragstellerinnen tragen im Wesentlichen vor, die Bezeichnung „Kassenpass“ stelle eine beschreibende Aussage dar, so dass der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft fehle und sie einem Freihaltungsbedürfnis unterliege. Dementsprechend habe das DPMA bereits eine identische Markenanmeldung der Antragsgegnerin aus dem Jahre 2003 bestandskräftig zurückgewiesen. Auch die Anmeldung aus dem Jahre 2009 sei zunächst als nicht schutzfähig beanstandet worden. Es sei seit langem üblich, für Abschlüsse von Aus- und Fortbildungen das Wort „Pass“ zu verwenden und diesem das Thema dieser Veranstaltungen – wie bei dem streitgegenständlichen Zeichen – voranzustellen. Die Bezeichnung „Kassenpass“ stelle zudem eine seit langem verwendete Bezeichnung für den Abschluss von Schulungs- und Trainingsmaßnahmen im Bereich Kassentraining mit Kassenpassprüfungen dar, weshalb es sich bei der streitgegenständlichen Marke auch um ein übliche Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG handle. So werde der Begriff seit dem Jahr 2002 als Zertifizierung für die Ausbildung auf dem Gebiet des Kassenwesens von den Arbeitsagenturen, den Bildungsträgern und den Förderstellen allgemein verwendet. Die Bundesagentur für Arbeit gebrauche den Begriff für öffentlich geförderte Schulungsmaßnahmen mindestens seit dem Jahr 2008. Auch in Stellenangeboten werde häufig ein „Kassenpass“ gefordert. Die Antragstellerin zu 3) habe im Rahmen eines Auftrags für die Bundesagentur für Arbeit ein Schulungsprogramm für den „Kassenpass“ entwickelt. In diesem Zusammenhang sei die Antragsgegnerin im Jahr 2008 als Lehrbeauftragte für die Antragstellerin zu 3) tätig gewesen. Es werde ausdrücklich bestritten, dass die Antragsgegnerin bereits im Jahr 1998 das Konzept für die Ausbildung zum „KASSENPASS“ entwickelt habe und dieser sozusagen eine „Schöpfung“ der Antragsgegnerin sei. Die Antragsgegnerin habe selbst festgestellt, dass sie Mitbewerbern nicht die Verwendung des Begriffes „Kassenpass“ untersagen könne, sofern dieser ausschließlich beschreibend verwendet werde. Die Antragsgegnerin habe bereits eine Verletzungsklage in erster und zweiter Instanz vor dem Land- bzw. K… (Geschäftsnummern: … u. …) gegen die Antragstellerin zu 2) verloren.

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Die Markenanmeldung sei darüber hinaus bösgläubig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG erfolgt. Da die Antragsgegnerin kein Bildungsanbieter der Bundesagentur für Arbeit sei, solle die Monopolwirkung der Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt werden. Angesichts der Tatsache, dass die Mitbewerber auf die Verwendung des Begriffes angewiesen seien, dränge sich der Eindruck auf, dass die Marke nur mit dem Ziel angemeldet worden sei, gegen Mitbewerber Unterlassungs- und Geldansprüche durchsetzen zu können.

14

Die Antragsgegnerin hat den ihr zugestellten Löschungsanträgen widersprochen.

15

Sie ist der Auffassung, die angegriffene Marke sei zu Recht eingetragen worden. Die Marke verfüge über die nötige Unterscheidungskraft. Der Sinngehalt von „KASSENPASS“ bleibe innerhalb eines weiten Bedeutungsspektrums und vermittle keine klare oder einigermaßen präzise Aussage. So könne es sich um einen Pass, Ausweis, eine Passkarte, Papier, einen Nachweis oder eine Vollmacht handeln, der/die sich auf eine Geldkassette, Ladenkasse oder allgemein auf Finanzen beziehe, wie z. B. die Chipkarte für eine Krankenkasse. Auch das DPMA sei im Eintragungsverfahren von verschiedenen Deutungsmöglichkeiten ausgegangen. Eine Online-Recherche belege, dass die Verbindung der Worte „KASSEN“ und „PASS“ keine sprachübliche Zusammenfügung beschreibender Angaben sei und die Wortverbindung nicht dem deutschen Sprachgebrauch entstamme. Ferner stelle das Markenwort bezüglich vereinzelter Waren und Dienstleistungen allenfalls eine mittelbar beschreibende Angabe dar. Der Sinngehalt bleibe vage, offen, unpräzise und mehrdeutig. Es sei auch auf die vergleichbare Entscheidung des Bundespatentgerichts hinzuweisen, wonach das Zeichen „Tageskarte“ für die Waren „Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitschriften“ eintragungsfähig sei. An der angegriffenen Marke bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis, weil es sich nicht um ein unmittelbar beschreibendes Zeichen handele. Es sei nicht ersichtlich, dass Mitbewerber ein schutzwürdiges Interesse an einer Benutzung der Wortkombination für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen haben könnten. Sofern das Markenwort ausschließlich beschreibend verwendet werde, könne die Antragsgegnerin Mitbewerbern ohnehin nicht die Verwendung untersagen lassen. Darüber hinaus würden die Eintragungen der vergleichbaren Marken „PASS“, „NET-PASS“, „VIP PASS“ und „Internet PASS“ die Schutzfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Marke belegen. Es handle sich bei der Marke auch nicht um eine übliche Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Die Marke stelle nämlich keine Gattungsbezeichnung dar, sondern ein Kennzeichen, welches teilweise in kennzeichenrechtsverletzender Weise von Dritten benutzt werde. Die Antragsgegnerin habe mit ihrem verstorbenen Ehemann bereits 1998 ein Ausbildungs- und Fortbildungskonzept nebst Abschlussprüfungen und Zertifizierungen auf den Gebieten Zahlungsverkehr und Warenwirtschaftssysteme entwickelt. Ab dem Jahr 2000 habe die Antragsgegnerin Zertifizierungen unter der Bezeichnung „KASSENPASS“ herausgegeben. Die Antragsgegnerin sei anfangs im Raum Berlin/Brandenburg tätig gewesen und habe die Schulungen in den ersten Jahren nur selbst durchgeführt. Das Schulungskonzept habe sich etabliert und sei bei nahezu allen Bildungsträgern sehr gefragt gewesen. Den Bildungsträgern sei es ermöglicht worden, das Unterrichtskonzept anzuwenden; die Prüfungen selbst seien von der Antragsgegnerin abgenommen worden. Die Prüfungsurkunden seien unter der Bezeichnung „KASSENPASS“ erstellt und über die Bildungsträger an die Absolventen ausgegeben worden. Aufgrund des Erfolges sei das Konzept von mehreren Mitbewerbern kopiert worden. Die Mitbewerber hätten auch die Bezeichnung „KASSENPASS“ für die Kennzeichnung von Schulungen, Seminaren und sonstigen Fortbildungsveranstaltungen und Zertifizierungen übernommen. Vor diesem Hintergrund habe die Antragsgegnerin bereits im Jahre 2003 den Versuch unternommen, die streitgegenständliche Marke schützen zu lassen. Aufgrund der Beanstandung des DPMA habe die Antragsgegnerin das Vorhaben aus finanziellen Gründen fallen lassen. In den Folgejahren sei das Schulungskonzept immer besser angenommen worden und habe sich über die Ländergrenzen Berlin/Brandenburgs hinaus etabliert. Aufgrund der hohen Nachfrage habe die Antragsgegnerin auch mit freiberuflichen Trainern zusammengearbeitet, die im Rahmen modularer Trainingsangebote für sie tätig geworden seien. Mit der Gründung der V… GmbH im September 2009 und aufgrund der verbesserten finanziellen Situation habe die Antragsgegnerin eine erneute Markenanmeldung veranlasst. Die Antragsgegnerin sei geschäftsführende Gesellschafterin der GmbH und führe nicht mehr lediglich Schulungen durch, sondern sei Kooperationspartnerin mehrerer Bildungsträger. Mittlerweile sei die V… GmbH bundesweit tätig. Sie kooperiere aktuell mit vier Prüfungszentren. Weiterhin arbeite sie mit mehreren Bildungsträgern zusammen, die als Lizenznehmer die streitgegenständliche Marke zur Kennzeichnung von Schulungen, Zertifikaten u. a. nutzten. Die von der Antragstellerin zu 2) benannte Entscheidung des Kammergerichts Berlin führe zu keiner anderen Beurteilung. Vielmehr habe das Gericht bestätigt, dass die Marke zumindest unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft besitze. Dem Verfügungsantrag sei nur deswegen nicht entsprochen worden, weil in diesem konkreten Fall in der Art und Weise der Zeichenverwendung durch die Antragstellerin zu 2) keine markenmäßige Benutzung gesehen worden sei.

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Die Anmeldung der Marke sei auch nicht bösgläubig erfolgt. Der Begriff „KASSENPASS“ sei von Anfang an mit dem Namen der Antragsgegnerin eng verbunden gewesen. Die berechtigterweise seit Jahren mit dieser Bezeichnung gekennzeichneten Zertifizierungen enthielten entweder die Unterschrift der Antragsgegnerin und/oder die Unterschrift deren verstorbenen Ehemanns bzw. später die Unterschrift einer der Geschäftsführerinnen der V… GmbH. Durch die stetige Benutzung des Zeichens werde dieses in der Branche stets mit dem Namen V…- … bzw. der V… GmbH in Verbindung gebracht. Bei dem Markenwort handle es sich nicht um eine Bezeichnung für eine Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahme, die von der Agentur für Arbeit und den Jobcentern gefördert werde. Denn diese Institutionen veranstalteten Bildungsmaßnahmen nicht selber, sondern beauftragten hierfür zertifizierte Bildungsträger. Diese wiederum beauftragten freiberufliche Träger zur Durchführung der Schulungsveranstaltungen. Selbstverständlich sei es nicht ausgeschlossen, dass sowohl Lizenznehmer der Antragsgegnerin als auch die Antragsgegnerin bzw. die V… GmbH selbst die ihr als Verwendungsbeispiele entgegengebrachten Schulungsmaßnahmen durchgeführt bzw. begleitet hätten, so dass die Marke in diesem Zusammenhang erwähnt werde. Vorstellbar sei auch, dass der jeweilige lizenzierte Bildungsträger mit der Markeninhaberin bzw. der V… GmbH zusammenarbeite und als Lizenznehmer das Zeichen zur Bewerbung der Schulungsmaßnahme anführe. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass die Schulungsmaßnahmen aus den Jahren 2007 bis 2011 stammten, die Antragsgegnerin indessen belegbar bereits im Jahr 2003 die streitgegenständliche Marke zur Eintragung habe bringen wollen. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der aufgeführten geschichtlichen Entwicklung des Zeichens stelle sich der Vorwurf der bösgläubigen Anmeldung als abwegig und unhaltbar dar. Vielmehr versuche insbesondere die Antragstellerin zu 1) als Bildungsträgerin die verfahrensgegenständliche Marke zu torpedieren und an dem guten Ruf und der Bekanntheit des Zeichens teilzunehmen.

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Mit Beschluss vom 18. Juli 2012 hat die Markenabteilung 3.4. die Löschungsverfahren S 69/11, S 75/11, S 76/11 und S 258/11 zur gemeinsamen Entscheidung miteinander verbunden und die Marke 30 2009 058 419 auf die Anträge der Antragstellerinnen zu 1) - 4) teilweise gelöscht, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

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Klasse 09: Computersoftware; elektronische Datenträger;

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Klasse 16: Druckereierzeugnisse, gedruckte Veröffentlichungen, Broschüren, Bücher; Druckschriften, alle vorstehenden Waren insbesondere in Bezug auf Beratung (Aus- und Fortbildung) und Zertifizierungen;

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Klasse 41: Aus- und Fortbildungsberatung, Unterricht und Erziehung auf dem Gebiet Zahlungsverkehr, insbesondere in Handel, Gastronomie und Hotelwesen, nämlich Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Fernkursen, Fernunterricht, Berufsberatung, Coaching, Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; Organisation und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen und pädagogischen Abschlussprüfungen in Bezug auf Zahlungsverkehr, insbesondere in Handel, Gastronomie und Hotelwesen; Unterweisung (Unterricht); Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke, insbesondere von Büchern, Broschüren, Berichten, Prospekten und Zeitschriften; Verfassen von Texten, ausgenommen Werbetexte; Organisation und Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen in Form von Schulungen, Kongressen, Konferenzen, Symposien, Seminaren, Kolloquien und Workshops (Ausbildung) auf den Gebieten der Aus- und Fortbildung, insbesondere in theoretischer und praktischer Hinsicht;

21

Klasse 42: technologische Dienstleistungen, nämlich technische und EDV-Beratung für elektronische alphanumerische, Registrier-, Scanner- und PC-Warenwirtschaftssysteme; Zertifizierungen, insbesondere auf den Gebieten Zahlungsverkehr und Warenwirtschaftssysteme,

22

sowie auf die Anträge der Antragstellerinnen zu 1), 3) und 4) darüber hinaus für die Waren und Dienstleistungen

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Klasse 16: Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate), alle vorstehenden Waren insbesondere in Bezug auf Beratung (Aus- und Fortbildung) und Zertifizierungen;

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Klasse 35: Unternehmensberatung, Personalmanagementberatung und Hilfe in Geschäftsangelegenheiten, Beratung bei der Organisation von Unternehmen auf den Gebieten Zahlungsverkehr und Warenwirtschaftssysteme.

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Im Übrigen hat die Markenabteilung die Anträge der Antragstellerinnen zu 1), 3) und 4) auf Löschung der Marke 30 2009 058 419 zurückgewiesen, nämlich im Umfang der Waren „Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte (Hardware); Papier, Papierwaren, Pappe“.

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Die Markenabteilung hat zur Begründung ausgeführt, dass der Markenbestandteil „Pass“ neben seiner in der deutschen Sprache gängigsten und nächstliegenden Bedeutung im Sinne von Ausweis auch allgemein, mit entsprechenden Zusätzen, als Bezeichnung für einen Berechtigungs- oder Befähigungsnachweis Verwendung finde; dies habe bereits das Bundespatentgericht und das Kammergericht Berlin zu Recht festgestellt und durch Beispiele belegt. Das DPMA habe in der Vergangenheit entsprechend gebildete Markenanmeldungen zurückgewiesen. In diese Entscheidungspraxis reihe sich auch die Zurückweisung der Markenanmeldung der Antragsgegnerin der gleich lautenden Wortmarke „KASSENPASS“ für Dienstleistungen der Klassen 41 und 42 im Jahre 2003 (AZ: 303 32 286) durch das DPMA ein. Die sprachüblich aus zwei Substantiven zusammengesetzte Wortverbindung „KASSENPASS“ weise - zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen - in Bezug auf die von der Teillöschung betroffenen Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend schlagwortartig darauf hin, dass sich diese Waren und Dienstleistungen thematisch mit einem Berechtigungs- bzw. Befähigungsnachweis für den Umgang mit (Registrier-)Kassensystemen befassten. Die Bezeichnung KASSENPASS werde aktuell verwendet und sei tatsächlich unstreitig auch bereits vor der Eintragung der streitgegenständlichen Marke von verschiedenen Mitbewerbern der Antragsgegnerin - wozu auch die vier Antragstellerinnen zählten - zur Bezeichnung von Zertifizierungen im Rahmen von Schulungs- und Trainingsmaßnahmen zum Umgang mit Kassen- und Zahlungssystemen beschreibend verwendet worden. So habe die Antragsgegnerin selbst vorgetragen, dass ihr Konzept bereits vor der Markenanmeldung im Jahre 2009 von mehreren Mitwerbern kopiert worden sei und diese auch die Bezeichnung „KASSENPASS“ für die Kennzeichnung von Schulungen, Seminaren und sonstigen Fortbildungsveranstaltungen und Zertifizierungen übernommen hätten. Insoweit spiele es auch keine Rolle, ob das „KASSENPASS“- Konzept ursprünglich von ihr entwickelt und die streitgegenständliche Marke von ihr „erfunden“ worden sei. Das Formalrecht an der registrierten Marke setze nämlich keine schützenswerte vorherige Leistung des Markenanmelders voraus. Auch die Berufung der Antragsgegnerin auf die Entscheidung des BPatG in Sachen „Tageskarte“ sei unbehelflich, weil bereits zweifelhaft sei, ob es sich bei dieser Wortverbindung um eine dem streitgegenständlichen Zeichen ähnliche Marke handele. Die damalige Berufung der Markenstelle auf diese Entscheidung zur Begründung der Aufgabe ihrer Bedenken gegen die Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Marke sei nicht frei von Rechtsfehlern. Zudem vermöge der Hinweis der Antragsgegnerin auf die Eintragung der vermeintlich vergleichbaren Marken an der rechtlichen Wertung ebenfalls nichts zu ändern. Soweit die Antragsgegnerin ein schutzwürdiges Interesse ihrer Mitbewerber unter Hinweis darauf, dass sie ihnen eine ausschließlich beschreibende Verwendung sowieso nicht untersagen könne, verneint habe, sei auf den unterschiedlichen Regelungszweck des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einerseits und § 23 Nr. 2 MarkenG andererseits hinzuweisen. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG werde durch die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG inhaltlich nicht eingeschränkt. Das von der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin zu 2) betriebene einstweilige Verfügungsverfahren belege im Übrigen gerade die Gefahren einer solchen Fehleintragung. Schließlich führe die Berufung der Antragsgegnerin auf die Ausführungen des Kammergerichts Berlins, wonach die streitgegenständliche Marke jedenfalls eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft besitze, zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Denn wegen des Bindungsgrundsatzes könne selbst Marken, bei denen es sich um beschreibende oder sonst schutzunfähige Angaben handele und die somit zu Unrecht eingetragen worden seien, von Verletzungsgerichten nicht jeder Schutz abgesprochen werden.

27

Das Vorliegen weiterer Schutzhindernisse, insbesondere nach § 3 MarkenG sowie § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG hat die Markenabteilung verneint. Im Umfang der Waren „Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte (Hardware); Papier, Papierwaren, Pappe“ hat die Markenabteilung keinerlei Eintragungshindernisse gesehen. Da schließlich eine Bösgläubigkeit zum Anmeldezeitpunkt seitens der Antragsgegnerin nicht festgestellt werden könne, lägen auch keine besonderen Umstände vor, die eine Kostenauferlegung rechtfertigten.

28

Gegen die Teillöschungsanordnung richtet sich die Beschwerde der jetzigen Markeninhaberin und Antragsgegnerin.

29

Sie ist der Auffassung, dass es an einem Löschungsgrund fehle. Insbesondere handle es sich nicht um eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Ein direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem Zeichen und den gelöschten Waren und Dienstleistungen sei nicht feststellbar. Der Verkehr werde nicht ohne weiteres Nachdenken auf einen Berechtigungs- und Befähigungsnachweis für den Umgang mit Kassensystemen schließen. An Hand des Wortbestandteils „Pass“ werde der Verkehr als erstes an einen Reisepass, an einen Pass im Fußball oder an einen Pass im Gebirge denken. Allenfalls in einem weiteren gedanklichen und damit mittelbaren Schritt sei in Kombination mit dem Wortbestandteil „Kasse“ an einen Berechtigungs- und Befähigungsnachweis zu denken. Ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrs werde die Begrifflichkeit „Kasse“ aber in den Bereich der kassenärztlichen Versorgung verorten. Das Zeichen „Kassenpass“ sei daher vage und mehrdeutig. Der Hinweis des DPMA auf den Beschluss des Kammergerichts gehe fehl, weil das Gericht sich dort nicht zu einem Vorliegen des Freihaltungsbedürfnisses geäußert habe. Zudem habe das Zeichen keinen unmittelbar beschreibenden Charakter bezogen auf die hier zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen. Gerade durch die Wortneubildung verschwimme der ursprüngliche Bedeutungsgehalt der einzelnen Bestandteile und es ergäben sich dadurch neue Deutungsvarianten. Selbst wenn der Verkehr aufgrund der Bezeichnung eine Assoziation dahingehend aufbauen sollte, dass die derart gekennzeichneten Dienstleistungen einen Bezug zu den klassischen Registrierkassen aufwiesen und ein Zertifikat in einem wie auch immer gearteten Zusammenhang annehme, so liege darin gerade nicht der erforderliche Umstand, dass der Verkehr ohne weiteres und ohne Unklarheiten die Bezeichnung lediglich als beschreibenden Sachhinweis aufnehme.

30

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

31

den Beschluss des DPMA vom 18. Juli 2012 betreffend die teilweise Löschung der Wortmarke „KASSENPASS“ aufzuheben und die Löschungsanträge vollständig zurückzuweisen.

32

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin zu 1) beantragt sinngemäß,

33

die Beschwerde zurückzuweisen,

34

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin zu 3) beantragt sinngemäß,

35

die Beschwerde zurückzuweisen.

36

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin zu 4) beantragt unter Wiederholung der Argumente im Amtsverfahren,

37

die Beschwerde zurückzuweisen.

38

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin zu 2) hat sich weder zur Sache geäußert noch einen Sachantrag gestellt.

39

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

40

Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

41

Der Eintragung des angegriffenen Wortzeichens „Kassenpass“ steht und stand bereits zum Anmeldezeitpunkt hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen jedenfalls das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenabteilung 3.4 hat daher im Ergebnis zu Recht die Löschung der Marke im verfahrensgegenständlichen Umfang angeordnet.

42

Da keine der Löschungsantragstellerinnen Beschwerde eingelegt hat, sind nur die Waren und Dienstleistungen streitgegenständlich, für die eine Löschung angeordnet wurde - mithin nicht die Waren „Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte (Hardware); Papier, Papierwaren, Pappe“.

43

1. Eine Marke wird nach § 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 MarkenG auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und wenn das Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 MarkenG) und im Nichtigkeitsverfahren (§ 50 Abs. 1 MarkenG) vorzunehmende Prüfung der Schutzhindernisse einheitlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und das zu diesem Zeitpunkt bestehende Verkehrsverständnis abzustellen (BGH GRUR 2014, 565 Rn. 10 - smartbook; GRUR 2014, 483 Rn. 22 - test; GRUR 2013, 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten). Der Umstand, dass die Markenabteilung 3.4 ihrer Prüfung den Eintragungszeitpunkt und damit nicht den richtigen Zeitpunkt zugrunde gelegt hat, rechtfertigt nicht die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, weil sich die dadurch entstandene geringfügige zeitliche Abweichung vorliegend nicht auswirkt. Eine Veränderung des Verkehrsverständnisses zwischen der Anmeldung am 2. Oktober 2009 und der Eintragung am 29. September 2010 lässt sich nicht feststellen und ist auch nicht geltend gemacht worden.

44

2. Die Löschung der angegriffenen Marke ist vorliegend im verfahrensgegenständlichen Umfang wegen fehlender Unterscheidungskraft nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1MarkenG geboten.

45

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2010, 228 Rn.  33 - Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2013, 731 Rn. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1396 - Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 - Link economy). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. - Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2006, 233 Rn. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229 Rn. 27 - BioID; BGH GRUR 2009, 949 Rn. 10 - My World; GRUR, 2008, 710 Rn. 12 - VISAGE). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2015, 173 Rn. 15 - for you; GRUR 2009, 411 Rn. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 - SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 - grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952 Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 - Gute Laune Drops; GRUR 2010, 1100 Rn. 20 -TOOOR!; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 12 - DüsseldorfCongress; a. a. O. Rn. 16 - Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 23 - TOOOR!; a. a. O. Rn. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rn. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rn. 97 - Postkantoor; a. a. O. Rn. 38 - BIOMILD; GRUR 2003, 58 Rn. 21 - Companyline); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rn. 77 f. - CELLTECH; a. a. O. Rn. 98 - Postkantoor; a. a. O. Rn. 39 f. -BIOMILD; a. a. O. Rn. 28 - SAT 2; BGH a. a. O. Rn. 16 - DüsseldorfCongress).

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Den vorgenannten Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt und genügte die angegriffene Marke „KASSENPASS“ bereits zum Anmeldezeitpunkt im Oktober 2009 nicht. Im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen hat das Zeichen einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt bzw. weist einen engen sachlichen Bezug zu diesen auf.Das Zeichen „KASSENPASS“ vermittelt(e) dem hier angesprochenen breiten Publikum lediglich eine Sachaussage im Sinne von „Kassen-Zertifikat, Kassenerlaubnis“ bzw. „Befähigungsnachweis im Bereich des Kassenwesens“.

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a) Die angegriffene Marke setzt sich aus den lexikalisch erfassten, allgemein bekannten deutschen Wörtern „Kassen“ und „Pass“ zusammen.

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Der Begriff „Kassen“ ist der Plural des Wortes „Kasse“. Dieses hat mehrere Bedeutungen, so z. B. (1) kastenförmiger, verschließbarer Behälter [aus Stahl], in dem Geld aufbewahrt wird, (2) Ladenkasse, Registrierkasse, (3) Bereich in einem Geschäft, wo sich die Kasse befindet und die von jemandem ausgewählten Waren bezahlt werden müssen [und verpackt werden], (4) jemandem zur Verfügung stehendes Geld, (5) (Kaufmannssprache) Barzahlung, (6) Abteilung einer Behörde oder eines Unternehmens, die Zahlungen entgegennimmt oder leistet, (7) Raum, in dem sich die Kasse befindet sowie umgangssprachlich die Kurzform für Sparkasse oder - worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist - für Krankenkasse (vgl. DUDEN Online unter www.duden.de und Brockhaus, Enzyklopädie, 21 Aufl., 2006). Viele - auch lexikalisch erfasste - Wortkombinationen mit dem Bestandteil „Kassen-„ stellen Sachbegriffe im Bereich des Zahlungsverkehrs dar, wie z. B. die Angaben Kassenprüfung, Kassenkraft, Kassenbuch, Kassentraining, Kassenwesen, Kassenabschluss, Kassenbericht etc. zeigen.

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Der weitere Wortbestandteil „Pass“ bedeutet u. a. (1) amtliches Dokument (mit Angaben zur Person, [biometrischen Daten,] Lichtbild und Unterschrift des Inhabers bzw. der Inhaberin), das der Legitimation besonders bei Reisen ins Ausland dient, (2) (im Hochgebirge) niedrigster Punkt zwischen zwei Bergrücken oder Kämmen, der einen Übergang über einen Gebirgszug ermöglicht, (3) (Ballspiele, besonders Fußball) gezieltes Zuspielen, gezielte Ballabgabe an einen Spieler, eine Spielerin der eigenen Mannschaft, (4) in der Architektur eine aus mehreren Kreisbogen gebildete Figur des gotischen Maßwerks und (5) in der Jägersprache ein ausgetretener Pfad des niederen Haarwildes (vgl. DUDEN Online).

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Neben diesen Bedeutungen ist der Wortbestandteil „-pass" in Wortkombinationen durch umfangreiche entsprechende Benutzung als Hinweis auf einen Befähigungsnachweis, eine Erlaubnis bzw. eine Qualifikation bekannt, was auch das Bundespatentgericht lange vor dem hier relevanten Anmeldezeitpunkt festgestellt hat (z. B. BPatG, Beschluss vom 06.03.2001, 27 W (pat) 261/99 - OnlinePass; Beschluss vom 17.04.2002, 32 W (pat) 49/01 - Internetpass). Auch auf dem Portal „Deutscher Wortschatz“ der Universität Leipzig (unter wortschatz.uni-leipzig.de) sind - worauf die Parteien bereits vorab hingewiesen wurden - für den Begriff „Pass“ unter der eigenen Bedeutungsgruppe „Erlaubnis“ u. a. die Begriffe „Qualifikation, Erlaubnisschein“ aufgeführt.

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b) Bei der Beurteilung des Verständnisses der angegriffenen Marke ist je nach konkreter Ware und Dienstleistung auf Unternehmensinhaber bzw. Angehörige der unternehmerischen Führungsebene (insbesondere in Bezug auf einen Teil der Dienstleistungen der Klasse 35 und 41), den Fachverkehr sowie auch auf das allgemeine, insbesondere an Aus- und Fortbildung interessierte Publikum abzustellen.

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c) Diesen Verkehrskreisen vermittelt die Wortkombination „KASSENPASS“ lediglich einen Sachhinweis, nämlich einen Hinweis auf eine Qualifikation im Bereich des Zahlungsverkehrs bzw. ein Zertifikat, mit dem Kenntnisse, Wissen und praktische Fertigkeiten in Bezug auf Kassensysteme bescheinigt werden.

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Die im Amtsverfahren vorgelegten und ergänzend vom Senat recherchierten, den Parteien vorab übersandten Unterlagen (Bl. 133/134, 136 d. A.) belegen, dass die Wortkombination „KASSENPASS“ in diesem Sinne vor dem Anmeldezeitpunkt bereits rein sachbeschreibend verwendet wurde und auch noch wird. Letztlich ist aber unerheblich, ob eine verbreitete beschreibende Verwendung des Markenworts „KASSENPASS“ schon zum Anmeldezeitpunkt mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar ist.

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Denn auch Wortneubildungen kann das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt. Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn anders als die Beschwerdeführerin meint, geht der Charakter als Sachangabe durch die konkrete Zusammenfügung der jeweils beschreibenden Einzelbestandteile „Kassen-„ und „-pass“ nicht verloren; die Kombination weist keine ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten.

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So war schon zum Zeitpunkt der Anmeldung im Oktober 2009 eine solche Wortbildung aus „-pass“ für Zertifikat/Befähigungsnachweis und vorangestellter konkretisierender Angabe des Gebiets bzw. Fachs, auf dem eine Qualifikation stattgefunden hat, sprach- und werbeüblich und ist es auch derzeit noch. Dies geht schon aus den zitierten BPatG-Entscheidungen und aus den verschiedenen von den Antragstellerinnen eingereichten sowie zusätzlich den Parteien vorab übersandten Verwendungsbeispielen hervor, vgl. u. a. die Wortbildungen Qualipass/Bildungspass (Kompetenznachweis); Europäischer Computer-Pass Xpert (EDV-Office-Zertifikat); Energiepass (Energieausweis/Zertifikat betreffend Energiebilanz von Gebäuden nach EnEV= Energieeinsparverordnung); Schiedsrichterpass (Erlaubnis/Befähigung, im Sport als Schiedsrichter tätig zu sein); Schulungspass (Nachweis über Teilnahme an Schulungen) und Pflegepass (Qualifikationsnachweis im Pflegebereich), (Bl. 142-157 d. A.). Auch Wortbildungen mit dem vorangestellten Wort „Kassen-„ als Hinweis auf den Bereich des Zahlungsverkehrs und des Kassenwesens waren und sind – wie oben bereits ausgeführt – üblich.

57

Sowohl der inländische Fachverkehr als auch das hier im Wesentlichen angesprochene breite Publikum der maßgeblichen Waren und Dienstleistungen vermag wegen der festgestellten Sprachüblichkeit ohne jegliche analysierende Betrachtung auch die verfahrensgegenständliche Wortkombination ohne weiteres in seinem Begriffsgehalt im Sinne von „Kassen-Erlaubnis/Kassen-Zertifikat/Kassen-Befähigung/Kassen-Nachweis“ zu erfassen.

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d) Sämtliche beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen können im Zusammenhang mit einem derartigen Befähigungsnachweis stehen. In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren „Computersoftware; elektronische Datenträger; Druckereierzeugnisse, gedruckte Veröffentlichungen, Broschüren, Bücher; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Druckschriften, alle vorstehenden Waren insbesondere in Bezug auf Beratung (Aus- und Fortbildung) und Zertifizierungen“ wird die angegriffene Marke inhaltsbezogen verstanden, nämlich dass diese entsprechende Schulungsinhalte zur Erlangung eines Kassenpasses vermitteln. Nachdem das Zeichen für die Medienprodukte in Klasse 9 und 16 inhaltsbeschreibend ist, ist auch in Bezug zu den Dienstleistungen der Klasse 41 „Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke, insbesondere von Büchern, Broschüren, Berichten, Prospekten und Zeitschriften; Verfassen von Texten, ausgenommen Werbetexte“ von einer Sachangabe auszugehen, denn der Begriff „KASSENPASS“ lässt eine gewisse thematische Breite zu (vgl. BGH GRUR 2014, 483 Rn. 18 - test; GRUR 2013, 522 Rn. 17 - Deutschlands schönste Seiten). Die Dienstleistungen „Unternehmensberatung, Personalmanagementberatung und Hilfe in Geschäftsangelegenheiten, Beratung bei der Organisation von Unternehmen auf den Gebieten Zahlungsverkehr und Warenwirtschaftssysteme; Aus- und Fortbildungsberatung“ können - worauf die Markenabteilung zutreffend hingewiesen hat - darauf gerichtet sein, Unternehmen zum Thema (Mitarbeiter-)Schulung im Bereich des Zahlungsverkehrs bzw. der Kassensysteme zu beraten. Im Hinblick auf die Dienstleistungen „Unterricht auf dem Gebiet Zahlungsverkehr, insbesondere in Handel, Gastronomie und Hotelwesen, nämlich Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Fernkursen, Fernunterricht, Berufsberatung, Coaching, Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; Organisation und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen und pädagogischen Abschlussprüfungen in Bezug auf Zahlungsverkehr, insbesondere in Handel, Gastronomie und Hotelwesen; Unterweisung (Unterricht); Organisation und Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen in Form von Schulungen, Kongressen, Konferenzen, Symposien, Seminaren, Kolloquien und Workshops (Ausbildung) auf den Gebieten der Aus- und Fortbildung, insbesondere in theoretischer und praktischer Hinsicht“ weist das Markenwort beschreibend auf den konkreten Gegenstand des Aus- bzw. Fortbildungsangebotes hin, nämlich auf Schulungs- und Beratungsangebote zur Erlangung eines Befähigungsnachweises für den Umgang mit Kassen- und Zahlungssystemen. Schließlich kann es sich bezüglich der „technologischen Dienstleistungen, nämlich technische und EDV-Beratung für elektronische alphanumerische, Registrier-, Scanner- und PC-Warenwirtschaftssysteme; Zertifizierungen, insbesondere auf den Gebieten Zahlungsverkehr und Warenwirtschaftssysteme“ um eine EDV-Beratung im Bereich elektronischer Kassensysteme handeln; die Zertifizierungen können einen Befähigungsbeleg in diesem Bereich zum Gegenstand haben. In Bezug auf die Dienstleistung der Klasse 35 kommt neben einer Angabe des Gegenstands und Inhalts auch ein Hinweis auf eine bestimmte Qualifikation des Anbieters in Betracht.

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e) Der Einwand der Beschwerdeführerin, es liege keine unmittelbar die Waren und Dienstleistungen beschreibende Angabe vor, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ist - wie bereits oben ausgeführt - gar nicht erforderlich; auch solche Angaben besitzen keine Unterscheidungskraft, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen.

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f) Dass den einzelnen Bestandteilen „Pass“ und „Kassen“ viele unterschiedliche Bedeutungen zukommen können, führt nicht zu einer die Schutzfähigkeit begründenden Mehrdeutigkeit. Anders als die Beschwerdeführerin meint, wird der Verkehr einerseits gerade nicht an einen Reisepass, an einen Pass im Fußball oder an einen Pass im Gebirge und andererseits an eine Krankenkasse denken, denn die Bedeutung konkretisiert sich unter der notwendigen Berücksichtigung der Kombination und der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, wobei bei einigen der Dienstleistungsformulierungen der dargestellte beschreibende Inhalt ohnehin schon durch die Bezugnahme auf die Gebiete des Zahlungsverkehrs und Warenwirtschaftssysteme deutlich wird. Die anderen Bedeutungen liegen demgegenüber nicht nahe bzw. sind abwegig. Im Übrigen kann von einem beschreibenden und mithin nicht unterscheidungskräftigen Begriff auch dann auszugehen sein, wenn das Zeichen verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibt (vgl. BGH GRUR 2014, 872 Rn. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT).

61

Die angegriffene Bezeichnung stellt und stellte nach alledem eine Sachaussage für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen dar und ist somit nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.

62

3. Da der angegriffenen Marke sowohl im Anmeldezeitpunkt wie auch im Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung über den Löschungsantrag im verfahrensgegenständlichen Umfang das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstand und noch entgegensteht, kann dahingestellt bleiben, ob weitere Löschungsgründe vorliegen.

63

4. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke zitierten Entscheidungen „smartbook“ und „Link economy“ des BGH führen nicht zu einem für sie günstigeren Ergebnis, denn anders als bei diesen Wortbildungen liegt im verfahrensgegenständlichen Fall eine sprachüblich gebildete, ohne weiteres verständliche Sachaussage vor. Auch die Entscheidung des BPatG zu „Tageskarte“ ist nicht vergleichbar; dort hatte der Senat festgestellt, dass es nicht üblich ist, Zeitschriften mit „-karte“ zu bezeichnen und ist deswegen zur Schutzfähigkeit gelangt.

64

Ohne Erfolg beruft sich schließlich die Beschwerdeführerin auf Voreintragungen anderer Marken. Diese betreffen zum Teil schon andere Waren und Dienstleistungen und mögen auch hinsichtlich ihrer Wortbildung und ihres beschreibenden Charakters wegen unterschiedlicher Kennzeichnungsgepflogenheiten anders zu beurteilen sein. Unabhängig davon sind Voreintragungen nicht bindend. Denn auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darf nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Rn. 18 - Bild-digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart; BGH, a. a. O., Rn. 45 - Gute Laune Drops; GRUR 2014, 376, Rn. 19 - grill meister; WRP 2011, 349 Rn. 12 - FREIZEIT Rätsel Woche; GRUR 2011, 230 Rn. 12 - SUPERgirl).

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5. Zur Auferlegung von Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht kein Anlass.