Entscheidungsdatum: 03.03.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 307 78 943.8
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. März 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge
beschlossen:
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2008 und vom 22. April 2009 aufgehoben.
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 7. Dezember 2007 die Wortmarke
care&share
für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 16: Papier; Pappe (Karton); Waren aus Papier und/oder Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Schreibwaren;
Klasse 35: Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet;
Klasse 40: Materialbearbeitung; Dienstleistungen einer Druckerei, nämlich Druckarbeiten;
Klasse 41: Ausbildung; Fortbildung.
Durch Beschlüsse vom 20. November 2008 und 22. April 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG für nachfolgende Waren und Dienstleistungen teilweise zurückgewiesen:
Klasse 16: Druckereierzeugnisse;
Klasse 35: Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet;
Klasse 41: Ausbildung; Fortbildung.
Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass die Bestandteile des Anmeldezeichens gebräuchlich und dem maßgeblichen normal informierten und angemessen aufmerksamen sowie verständigen Durchschnittsverbraucher verständlich seien. Es handele sich um Wörter des englischen Grundwortschatzes und um das kaufmännische „&“. In seiner Bedeutung „sich kümmern, Sorge tragen, teilhaben“ benenne das Zeichen die Thematik und Bestimmung der von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen. Sie dienten dazu, an etwas teilzuhaben und sich um etwas zu kümmern. Die Wortfolge „ care&share “ bedeute immer das Gleiche und sei in vielen Bereichen anwendbar, so dass ein Freihaltebedürfnis bestehe. Auch wenn sie nicht lexikalisch nachweisbar sei und nicht zahlreich verwendet werde, so sei sie in ihrer Aussage eindeutig und bedürfe keiner Interpretation. Es liege auch keine Schutz begründende Mehrdeutigkeit vor, zumal fernliegende Bedeutungen wie „Aktie“ des Bestandteils „share“ außer Betracht bleiben könnten. Zudem umfassten die Begriffe „sich kümmern“ und „an etwas teilhaben“ einen weiten Bereich. Im Übrigen seien bereits vergleichbare Anmeldungen nicht zur Eintragung gelangt.
Dagegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt, mit der er sinngemäß die Aufhebung des Beschlusses vom 22. April 2009 und die Eintragung des angemeldeten Zeichens für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen beantragt.
Zur Begründung trägt er vor, dass der lexikalisch nicht nachweisbare Gesamtbegriff „ care&share “ sprachregelwidrig zusammengesetzt sei und eine Vielzahl von Bedeutungen aufweise. So könne der Bestandteil „care“ mit „sich kümmern, Sorge tragen“ oder mit „Wartung, Behandlung, Obhut“, das Element „share“ mit „Anteil, Beitrag, Portion, Aktie, Teilhabe“ übersetzt werden. Folglich sei der von der Markenstelle angenommene Sinngehalt „sich kümmern, Sorge tragen, teilhaben“ nicht zwingend. Das angemeldete Zeichen weise nicht auf Eigenschaften oder den Verwendungszweck der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hin. Auch als gebräuchliches Wort der Alltagssprache könne es auf Grund seines breiten Bedeutungsspektrums nicht angesehen werden. Ebenso wenig bestehe an der Wortkombination ein Freihaltungsbedürfnis.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Das angemeldete Zeichen unterliegt nicht dem Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 48 - Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006).
a) Der englischsprachige Zeichenbestandteil „care“ ist ein Substantiv mit den maßgeblichen Bedeutungen „Betreuung, Sorge, Sorgfalt, Vorsicht“ oder ein Verb mit den vorrangigen Bedeutungen „sich um jemanden/etwas kümmern, jemanden/etwas mögen“ (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch - Deutsch, 1. Auflage, Seite 118; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Auflage, CD-ROM). Das zweite ebenfalls aus dem Englischen stammende Wortelement „share“ kann entweder als Substantiv u. a. mit „Teil, Anteil, Aktie“ oder als Verb u. a. mit „teilen, teilnehmen an“ übersetzt werden (vgl. Pons Großwörterbuch, a. a. O., Seite 822; Duden-Oxford, a. a. O.). Die beiden eben genannten Begriffe werden durch das Et-Zeichen miteinander verbunden, bei dem es sich um ein Ersatzzeichen für das Wort „und“ handelt (vgl. „Wikipedia“ unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Et-Zeichen“). Demzufolge kann das beanspruchte Zeichen vor allem als Kombination von zwei Substantiven im Sinne von „Sorge und Anteil“ oder von zwei Verben im Sinne von „sich kümmern und teilen“ aufgefasst werden.
Es ist davon auszugehen, dass diese Bedeutungen ein Großteil der angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise der Wortzusammensetzung beimessen wird. Zwar ist sie lexikalisch nicht nachweisbar, doch gehören die beiden Bestandteile „care“ und „share“ zum englischen Grundwortschatz. Auch kommen sie in Begriffen der deutschen Sprache wie „care of“ als ausgeschriebene Form von „c/o“, „ Carepaket “ oder „Share“ als bildungssprachliche Bezeichnung von Aktie vor (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage, Seiten 298 und 1396). Das Et-Zeichen wird zudem auf Internetseiten aus Deutschland häufig zur Verknüpfung von mehreren Wörtern gleicher Art, insbesondere von zwei Substantiven oder zwei Verben, verwendet (vgl. Google-Trefferliste, Suchbegriff: „&“). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sich vor bzw. nach dem Et-Zeichen jeweils ein Leerraum befindet. Der Verkehr ist mittlerweile daran gewöhnt, dass in der Werbung auf Grammatikregeln nicht oder nur beschränkt Rücksicht genommen wird. Die Zusammensetzung des angemeldeten Zeichens aus den beiden Begriffen „care“ und „share“ ist trotz des Fehlens von Leerräumen klar erkennbar.
b) Unter Zugrundelegung obiger Bedeutungen weist das angemeldete Zeichen die erforderliche Eigenart auf, um als Unternehmenshinweis für die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen vom Verkehr aufgefasst zu werden.
(1) Hierfür spricht zum einen die vom Senat ermittelten Fundstellen, nach denen die Wortkombination „ care&share “ in Verbindung mit den gegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht als Sachangabe verwendet wird. Vielmehr lassen sie darauf schließen, dass ihr die Funktion eines Kennzeichens zukommt (vgl. Google-Trefferliste, Suchbegriffe „ care&share “ bzw. „care & share“). So werden unter diesem Namen zum einen Räume zur Vermietung angeboten, in denen therapeutische, spirituelle oder heilerische Tätigkeiten ausgeübt werden können (vgl. „ care&share “ unter „http://www.careandshare.de/einleitung.html“). Zum anderen unterstützt ein Lebensmittelkonzern unter dem Motto „ Care&Share “ mit Arbeitskräften sowie Lebensmittel- und Sachspenden Bedürftige (vgl. „METRO Group“ unter „www.metrogroup.de/servlet/PB/show/1212240_l1/NHB2008-de.pdf“).
(2) Zum anderen lässt sich dem angemeldeten Zeichen keine klar verständliche Aussage in Verbindung mit den von der Zurückweisung erfassten Waren und Dienstleistungen entnehmen, da offen bleibt, worum sich gekümmert bzw. woran Anteil genommen wird:
Als Inhaltsangabe für „Druckereierzeugnisse“ bietet sich die Wortkombination „ care&share “ nicht an, da sie keine klaren Vorstellungen vermittelt. Ein Werktitel kann nur dann als nicht unterscheidungskräftig angesehen werden, wenn sich sein Gebrauch und die Behandlung des Themas in der fraglichen Form als naheliegend und branchenüblich darstellt, wobei zwischen dem Sinngehalt des Zeichens und den beanspruchten Druckereierzeugnissen ein unmittelbarer und konkreter Bezug bestehen muss (vgl. EuG GRUR Int. 2006, 1021, 1023, Rdnr. 49 und 50 - map & guide; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 8, Rdnr. 146). Dies gilt trotz vielfältiger Druckereierzeugnisse im Bereich des Finanzwesens auch dann, wenn der Bestandteil „share“ mit Aktie übersetzt wird, da die sich aus der Verbindung mit dem vorangestellten Element „care“ ergebende Gesamtaussage „Sorge und Aktie“ nicht verständlich ist.
Das gleiche gilt im Hinblick auf die Dienstleistungen „Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet“. Mag das Element „care“ auch zum Ausdruck bringen, dass sich ihr Erbringer um die Belange des Auftraggebers sorgt, so erschließt sich die Bedeutung des Bestandteils „share“ nicht ohne weiteres. Er kann beispielsweise dahingehend interpretiert werden, dass der Erbringer der Dienstleistungen an den Einnahmen zu beteiligen ist oder der Auftraggeber am Wirtschaftsleben teilnimmt.
Ebenso eignet sich das beanspruchten Zeichen nicht als Hinweis auf den Gegenstand der weiterhin beanspruchten Dienstleistungen „Ausbildung; Fortbildung“. Die sloganartige Kombination „Sorge und Anteil“ bzw. „sich kümmern und teilen“ kann zwar mit Grundwerten des gemeinschaftlichen Zusammenlebens, wie Rücksicht und Freigebigkeit, assoziiert werden. Allerdings sind auch hier verschiedene weitere Verknüpfungen denkbar, so dass die Zusammensetzung „ care&share “ als klar erkennbare Angabe des Themas der Aus- und Fortbildungsmaßnahmen nicht in Betracht kommt.
(3) Schließlich lassen die ermittelten Belege nicht darauf schließen, dass es sich bei dem beanspruchten Zeichen um eine gebräuchliche Wortkombination der englischen oder deutschen Sprache handelt. Insbesondere fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, „ care&share “ sei ein in der Werbung üblicher Slogan.
2. Es besteht auch kein Anlass, die Wortfolge „ care&share “ als eine unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe anzusehen, die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht eintragbar wäre.
Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD).
Aus den unter 1.) genannten Gründen fehlt dem angemeldeten Zeichen der ausreichend konkrete Aussagegehalt, um als verständliche Sachangabe aufgefasst zu werden. Zudem ist den angeführten Belegen zu entnehmen, dass es Mitbewerber als Hinweis auf Merkmale der gegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht benötigen.
Weitere Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich und von der Markenstelle auch nicht erörtert worden, so dass der Beschwerde stattzugeben war.