Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.01.2013


BPatG 09.01.2013 - 29 W (pat) 70/03

Markenbeschwerdeverfahren – "T-" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
09.01.2013
Aktenzeichen:
29 W (pat) 70/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend BPatG München, 19. November 2008, Az: 29 W (pat) 70/03vorgehend BGH, 10. Juni 2010, Az: I ZB 39/09
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 397 51 830.7

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 9. Januar 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Kortge und Uhlmann

beschlossen:

Der Beschluss des DPMA vom 9. Januar 2003 wird auch insoweit aufgehoben, als die Anmeldung zurückgewiesen worden ist für die Waren und Dienstleistungen der

Klasse 9:

Elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und –instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 36:

Finanzwesen;

Klasse 38:

Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Klasse 42:

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung in das Markenregister ist das Zeichen

T-

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angemeldet worden und zwar unter anderem für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen.

3

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung durch Beschluss vom 9. Januar 2003 in Bezug auf das gesamte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis von der Eintragung zurückgewiesen.

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Die dagegen eingelegte Beschwerde führte am Bundespatentgericht zur teilweisen Aufhebung. Mit Beschluss des 29. Senats vom 19. November 2008 wurde die Beschwerde jedoch für die folgenden Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:

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Elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Finanzwesen;

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Telekommunikation, Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

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Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

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Der Senat nahm an, dass der Eintragung des angemeldeten Zeichens „T-" für die in der Anmeldung genannten Waren und Dienstleistungen die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr.1 sowie Nr. 2 MarkenG entgegenstünden. Diese seien nur für einen Teil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Wege der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden. Seiner Begründung lag zu Grunde, dass es allein auf den Buchstaben „T“ ankomme, da der Bindestrich aufgrund seiner rein orthographischen Funktion vom Verkehr nicht als eigenständiges Zeichen wahrgenommen werde und daher im Sinne des § 3 Abs. 1 MarkenG nicht markenfähig sei. In Verbindung mit den Waren „elektrische, elektronische, optische Mess-, Signal, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer“ nehme der angesprochene Verkehr das angemeldete Zeichen als Typen- oder sonstige Sachbezeichnung und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahr. Diese vielfältige Verwendung von Buchstabenfolgen zur Beschreibung technischer Merkmale betreffe auch die im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie beanspruchten Dienstleistungen, nämlich

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Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtung von Telekommunikation, insbesondere für Funk- und Fernsehen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

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Hier stehe nämlich die beschreibende Bedeutung des Buchstabens „T“ im Sinne „Transmission“ oder „Tele“ im Vordergrund. Aufgrund dieses beschreibenden Aussagegehaltes sei das Zeichen auch geeignet, die Art und den Bestimmungszweck der vorgenannten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen, und sei daher den Mitbewerbern zum ungehinderten Gebrauch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freizuhalten. Dieses Schutzhindernis bestehe auch für die Dienstleistungen „Finanzwesen“.

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Die dagegen zugelassene Rechtsbeschwerde führte zum Erfolg. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung durch Beschluss vom 10. Juni 2010 auf, soweit zum Nachteil der Anmelderin erkannt worden war. Er verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Bundespatentgericht zurück.

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Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren sei grundsätzlich das angemeldete Zeichen als Ganzes. Bestehe das angemeldete Zeichen – wie hier – aus mehreren Bestandteilen, nämlich T und Bindestrich, dürfe sich die Prüfung nicht darauf beschränken, ob Eintragungshindernisse hinsichtlich eines oder mehrerer Zeichenbestandteile bestünden. Die Eintragung sei vielmehr dann zu versagen, wenn das angemeldete Zeichen auch in seiner Gesamtheit die Voraussetzungen eines Schutzhindernisses erfülle. Die Unterscheidungskraft des Zeichens müsse, auch wenn vorab eine getrennte Prüfung erfolgt sei, grundsätzlich nach seiner Gesamtheit, die alle Merkmale einzubeziehen habe, erfolgen.

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Dies sei erforderlich, weil Bestandteile, die für sich betrachtet nicht unterscheidungskräftig seien, in ihrer Kombination jedoch Unterscheidungskraft aufweisen könnten. Dies gelte auch für das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Bundespatentgericht habe hier seine Prüfung allein auf den Großbuchstaben T abgestellt. Der nachgestellte Bindestrich dürfe als reines Verbindungselement nicht unberücksichtigt bleiben. Auch ein für sich genommen schutzunfähiger Bestandteil könne für die Schutzfähigkeit des Gesamtzeichens von Bedeutung sein. Der Umstand, dass ein Bindestrich aufgrund seiner orthographischen Funktion vom Verkehr nicht als eigenständiges Zeichen wahrgenommen werde, rechtfertige es nicht, diesen Zeichenbestandteil bei der Prüfung der Schutzfähigkeit unberücksichtigt zu lassen. Da es sich bei der Anmeldung um ein zusammengesetztes Zeichen handle, sei maßgeblich, welchen Gesamteindruck der Verkehr mit dieser Zusammensetzung verbinde. Diese Zusammensetzung im Sinne einer einheitlichen Marke sei nämlich allein Gegenstand des Eintragungsbegehrens und nicht die einzelnen Elemente. Das Bundespatentgericht habe auch keine Feststellung getroffen, dass der Strich für den Gesamteindruck des Zeichens völlig ohne Bedeutung sei, weil er nicht nur nicht als eigenständiges Zeichen, sondern vom Verkehr nicht einmal als Bestandteil des Gesamtzeichens wahrgenommen werde. Nach der Gestaltung des angemeldeten Zeichens sei auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass der Verkehr den Strich bei einer den üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten entsprechenden Verwendung des angemeldeten Zeichens zur Kennzeichnung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht als einen zum Kennzeichnungsmittel gehörenden Bestandteil wahrnehmen werde.

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Darüber hinaus fehle es auch für die Annahme des Bundespatentgerichts, bei dem Strich handele es sich nur um ein reines Verbindungselement, das zwei zusammengehörige Wörter miteinander verbinde, an hinreichenden Feststellungen für ein entsprechendes Verkehrsverständnis. Aber nur dieses dürfe der Annahme seiner Verwendung zu Grunde gelegt würden. Das Bundespatentgericht habe zu Unrecht eingestellt, dass sich neben dem Strich in der tatsächlichen Verwendung weitere Wortelemente befinden werden. Dies sei nicht Gegenstand der nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt auszuliegenden Anmeldung gewesen. Dass der Verkehr bei diesem auf das „T“ mit Strich beschränkten Gegenstand der Anmeldung in dem Strich auch dann einen Bindestrich als Verbindungselement sehe, wenn nur dieses aus den beiden genannten Bestandteilen bestehende Zeichen zur Kennzeichnung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen verwendet werde, habe das Bundespatentgericht nicht festgestellt und dies sei auch nicht ohne Weiteres ersichtlich. Es könne ohne weitere Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche Verwendung des Zeichens in Alleinstellung zur markenmäßigen Kennzeichnung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen von vornherein ungeeignet sei. Es bestünden auch Bedenken, dass vom Bundespatentgericht nicht nur solche Verwendungen berücksichtigt worden seien, bei denen das angemeldete Zeichen in Alleinstellung benutzt werde, sondern maßgeblich auf die Benutzung in Zusammensetzungen, bei denen ein weiterer Bestandteil durch einen Bindestrich mit einem „T“ verbunden werde, sowie auf Abkürzungen abgestellt habe, die aus einem „T“ (ohne Strich) und anderen Buchstaben bestehen. Zusammensetzungen, die neben dem angemeldeten Zeichen weitere Bestandteile aufweisen, vom Verkehr jedoch als einheitliches und vom angemeldeten Zeichen verschiedenes Zeichen verstanden würden, müssten bei der Prüfung, ob der Eintragung des angemeldeten Zeichens Schutzhindernisse entgegenstünden, von vornherein außer Betracht bleiben. Die Eintragung als Marke könne einem Zeichen nicht deshalb versagt werden, weil für ein aus der Sicht des Verkehrs anderes Zeichen ein Schutzhindernis bestehe. Außerdem besage der Umstand, dass einzelnen Zusammensetzungen des angemeldeten Zeichens mit bestimmten anderen Bestandteilen für bestimmte Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft im Sinne vom § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle oder sie insoweit als beschreibende Angabe i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 Marken verstanden würden, nichts darüber, dass diese Schutzhindernisse auch vorlägen, wenn das angemeldete Zeichen in Alleinstellung oder in anderem Zusammenhang verwendet werde. Das Schutzhindernis könne vielmehr gerade auf dem durch die jeweilige Zusammensetzung hervorgerufenen Gesamteindruck beruhen. Daher sei nicht ausgeschlossen, dass bei anderen Verwendungen des angemeldeten Zeichens diese Eintragungshindernisse nicht bestünden. Da sich der Schutzumfang auf die eingetragene Form beschränke, stehe auch das vom Bundespatentgericht festgestellte Bedürfnis von Mitbewerbern, den Buchstaben „T“ in bestimmten Zusammensetzungen beschreibend zu verwenden, einer Eintragung nicht entgegen.

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Die Beschwerdeführerin legt im Rahmen der erneuten Prüfung durch das Bundespatentgericht umfangreich Unterlagen zu den Kennzeichnungsgewohnheiten im Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vor. Insoweit wird auf die Anlagen 1 bis 8 zum Schriftsatz vom 26. November 2012 verwiesen.

II.

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Der Beschluss des DPMA war im Hinblick auf die noch im Streit stehenden Waren und Dienstleistungen aufzuheben. Das Zeichen „T-"  ist von Hause aus schutzfähig, da keine Feststellungen getroffen werden konnten, dass das Zeichen, gebildet aus den zwei Elementen „Buchstabe T“ und „Querstrich“, für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen irgendeine Sachaussage i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG enthält oder eine Merkmals- oder Eigenschaftsangabe darstellt. Der Senat folgt – angesichts fehlender Belege hierzu - den Ausführungen des BGH in seinem zurückverweisenden Beschluss vom 10. Juni 2010.

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Bei weiterer Recherche in diversen Suchmaschinen im Internet konnte kein einziger Beleg dafür gefunden werden, dass ein Buchstabe in Verbindung mit einem Bindestrich allein für sich stehend als Sachaussage oder als Merkmalsbeschreibung verwendet wird. Fehlt es also in den gesamten Anwendungsbereich derartiger Zeichen an einer solchen Eigenschaft, dann gilt dies auch für den Bereich der hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

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Es tritt hinzu, dass entsprechend der Entscheidung des BGH zu Marlene-Dietrich-Bildnis II (GRUR 2010, 825) bei einer kennzeichenmäßigen Verwendung des Zeichens an einer Stelle auf der Ware oder bei Dienstleistungen z. B. auf Geschäftspapieren, in die Beurteilung der Schutzfähigkeit mit einfließen muss, dass dies von den Verkehrskreisen üblicherweise als Marke wahrgenommen wird. Darüber hinaus hat das Amt selbst eine weitere Eintragung eines Buchstabens mit Bindestrich im Bereich der Klasse 38 im Jahr 2005 vorgenommen. In anderen Klassen befinden sich ebenfalls Eintragungen eines Buchstabens mit Bindestrich. Insofern hat das DPMA mit seiner Eintragungspraxis Weichen zum Verkehrsverständnis gestellt.

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Im Übrigen ist auch zu berücksichtigen, dass auch T mit einem Digit im Register eingetragen ist und von der Beschwerdeführerin seit langem umfangreich benutzt wird. Inwieweit sich in der Wahrnehmung und demnach im Verkehrsverständnis der Verbraucher ein Bindestrich von einem Digit unterscheidet, konnte vom Senat nicht festgestellt werden. Bei der Prognose über die mutmaßliche Wahrnehmung der Verbraucher setzt der Senat daher das Digit mit dem Bindestrich gleich und folgert daraus die Auffassung des Verkehrs, dass das angemeldete Zeichen als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen geeignet ist.