Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.06.2015


BPatG 17.06.2015 - 29 W (pat) 67/12

Markenbeschwerdeverfahren – „pro:med Cura (Wort-Bildmarke)/Procura“ – Zurückverweisung an das DPMA – Widerspruchsberechtigung des Testamentsvollstreckers ohne Eintragung im Markenregister - Beschwerdeberechtigung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
17.06.2015
Aktenzeichen:
29 W (pat) 67/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 025 506

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Juni 2015 im schriftlichen Verfahren unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber und der Richterinnen Uhlmann und Akintche

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. April 2012 aufgehoben. Das Verfahren wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über den Widerspruch aus der Marke 395 36 800 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am 16. Mai 2009 verstorbenen B…. Er wehrt sich gegen die Verwerfung des Widerspruchs aus der zum Nachlass des Erblassers gehörenden Wortmarke 395 36 800 „procura“ gegen die angegriffene Wort-/Bildmarke „pro:med Cura“.

2

Die in den Farben orange/weiß gehaltene Wort-/Bildmarke 30 2011 025 506

Abbildung

3

ist am 6. Mai 2011 angemeldet und am 3. August 2011 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 35 und 39 eingetragen worden.

4

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 2. September 2011 veröffentlicht wurde, ist am 2. Dezember 2011 - beschränkt gegen die Waren in Klasse 5 und gestützt nur auf Waren der Klasse 3 und 5 - Widerspruch erhoben worden aus der am 5. Februar 1996 für Waren aus den Klassen 3, 5, 10 und 24 eingetragenen Wortmarke 395 36 800

5

Procura.

6

Der Widerspruch wurde von den Verfahrensbevollmächtigten des Erblassers am 2. Dezember 2011 eingelegt. Im Widerspruchsformular W 7202 ist unter Feld (7) vermerkt: „B… (verstorben) in H… Deutschland“. Unter Feld (8) „ Widersprechender ist (nur auszufüllen, wenn abweichend von Feld 7)“ angegeben: „Rechtsnachfolger von B... (verstorben)“. Dem Widerspruchsformular war ein Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten vom gleichen Tag mit einer Kopie der beglaubigten Abschrift des Testamentsvollstreckerzeugnisses des Amtsgerichts H… vom 16. Juli 2009, Geschäftsnummer 309IV –  VI 139/06, beigefügt, das den Beschwerdeführer Rechtsanwalt F… als Testamentsvollstrecker ausweist (Bl. 20 d. VA).

7

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Aktivlegitimation des Widersprechenden mit Schreiben vom 11. Februar 2012 bestritten und vorgetragen, dem Widerspruch sei nicht zu entnehmen, wer den Erblasser beerbt habe und berechtigt sei, Ansprüche aus der Eintragung der Widerspruchsmarke herzuleiten. Die Verfahrensbevollmächtigten des Widersprechenden haben dazu mit Schriftsatz vom 20. März 2012 vorgetragen, die Aktivlegitimation zur Erhebung des Widerspruchs ergebe sich aus dem bei Einlegung des Widerspruchs eingereichten Testamentsvollstreckerzeugnis (Bl. 38 d. VA).

8

Mit Beschluss vom 19. April 2012 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA den Widerspruch als unzulässig verworfen.

9

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die in § 28 Abs. 1 MarkenG aufgestellte Vermutung, dass der im Register eingetragene Inhaber auch der materiell berechtigte Inhaber der eingetragenen Marke sei, greife im vorliegenden Fall nicht, da der Inhaber verstorben sei. Mit dessen Tod sei das Recht an der Widerspruchsmarke auf dessen Rechtsnachfolger übergegangen. Dieser könne gemäß § 28 Abs. 2 MarkenG das Recht an der Marke in einem Verfahren vor dem Patentamt erst ab dem Zeitpunkt geltend machen, in dem der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs dem DPMA zugegangen sei. Ein solcher Umschreibungsantrag sei von den Erben und Rechtsnachfolgern bisher nicht gestellt worden. Daher seien die Rechtsnachfolger nicht widerspruchsberechtigt. Die Befugnis zur Erhebung des Widerspruchs liege nach der Ernennung des Testamentsvollstreckers bei diesem. Der Widerspruch sei allerdings ausdrücklich durch die Rechtsnachfolger und nicht durch den Testamentsvollstrecker eingelegt worden. Eine Auslegung, wonach der Widerspruch im Namen des Testamentsvollstreckers eingelegt werden solle, scheide damit aus. Allenfalls komme eine Genehmigung durch den Testamentsvollstrecker in Betracht, die aber bisher auch nach der Rüge der Aktivlegitimation nicht eingereicht worden sei.

10

Gegen diesen ihnen am 25. April 2012 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten „namens und in Auftrag“ des Testamentsvollstreckers mit am 23. Mai 2012 eingegangenem Schriftsatz vom 22. Mai 2012 Beschwerde eingelegt. Dem Schriftsatz ist die Telefaxkopie eines am 8. November 2011 von dem Testamentsvollstrecker unterzeichneten Schreibens beigefügt, wonach er die Verfahrensbevollmächtigten mit der Erhebung des Widerspruchs vor Ablauf der Widerspruchsfrist beauftragt hat. Ferner beigefügt ist ein Email-Ausdruck mit Datum vom 8. Mai 2012, in dem der Testamentsvollstrecker erklärt: „Mit der Einlegung des Rechtsmittels bin ich einverstanden. Bitte erklären Sie nochmals ausdrücklich, dass ich die von Ihnen eingelegten Rechtsmittel höchstvorsorglich noch einmal genehmige.“

11

Der Beschwerdeführer trägt vor, eine Umschreibung auf eine Erbengemeinschaft oder einen Rechtsnachfolger habe noch nicht erfolgen können, da zwischen den Erben noch keine Einigung habe erzielt werden können. Eine Erbauseinandersetzung sei noch nicht erfolgt. Der Verweis der Markenstelle auf §§ 2205, 2212 BGB sei nicht einschlägig, weil § 28 MarkenG als Lex specialis entgegenstehe. Durch die Einlegung des Widerspruchs seien der Tod des Markeninhabers und die Tatsache der Rechtsnachfolge gegenüber dem DPMA bekannt gemacht worden. Der zusätzlich erforderliche Nachweis der Aktivlegitimation sei jedoch noch nicht erfolgt und auch nicht möglich, da der Nachlass noch nicht abgewickelt sei, daher könne auch der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs noch nicht gestellt werden. Diese „Legitimationslücke“ werde durch die Genehmigung des durch die Erben eingelegten Widerspruchs durch den Testamentsverwalter geschlossen. Dies sei auch bereits durch Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses mit dem Widerspruch dokumentiert worden. Eine förmliche Genehmigung sei nicht erforderlich gewesen.

12

Der Beschwerdeführer stellt den Antrag,

13

1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der deutschen Marke Nr. 395 36 800 „procura“ als unzulässig verworfen wurde;

14

2. ggf. nach weiterer Anhörung der Beteiligten über den Widerspruch in der Sache, also nach Prüfung der Argumente zur Verwechslungsgefahr der einander gegenüberstehenden Marken, zu entscheiden.

15

Vorsorglich regt er die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

16

Die Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

17

die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

18

Sie trägt vor, der Beschwerdeführer sei am Verfahren vor dem Patentamt nicht beteiligt gewesen. Die förmliche Beteiligung sei aber Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerdeeinlegung, insoweit sei § 66 MarkenG eng auszulegen. Auch wenn unterstellt werde, dass die nunmehr in der Email am 8. Mai 2012 abgegebene Erklärung des Beschwerdeführers sich auf das Widerspruchsverfahren beziehe und dieses genehmigen solle, führe dies zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn eine Genehmigung sei jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn das Rechtsmittel bereits als unzulässig verworfen worden sei. Diese Sachlage sei vorliegend gegeben. Der Widerspruch sei schon am 19. April 2012 zurückgewiesen worden, die Erklärung des Testamentsvollstreckers datiere aber erst vom 8. Mai 2012. Der im Namen der Rechtsnachfolger eingelegte Widerspruch habe nicht als Widerspruch des Testamentsvollstreckers ausgelegt oder umgedeutet werden können. Die jetzt eingelegte Beschwerde könne auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass damit das Widerspruchsverfahren eröffnet werden solle. Denn die Frist zur Einlegung des Widerspruchs sei abgelaufen.

19

Der Erblasser ist noch immer als Inhaber der Widerspruchsmarke eingetragen, ein Umschreibungsantrag ist nicht gestellt.

20

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

21

Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, ohne dass in der Sache selbst zu entscheiden ist, § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG.

22

Das Bundespatentgericht kann die angefochtene Entscheidung aufheben und zurückverweisen, wenn das DPMA noch nicht in der Sache entschieden hat. Dies ist hier der Fall, weil die Markenstelle den Widerspruch zu Unrecht als unzulässig verworfen hat und deshalb noch keine Sachentscheidung ergangen ist.

23

Es konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren entschieden werden, weil die Beschwerde erfolgreich ist, der Beschwerdeführer voll obsiegt und die Beschwerdegegnerin keine mündliche Verhandlung beantragt hat.

24

1. Die Beschwerde gegen die Verwerfung des Widerspruchs ist gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Die Widerspruchsgebühr ist bezahlt.

25

a) Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG steht die Beschwerde den am Verfahren vor dem Patentamt Beteiligten zu. Dies setzt eine förmliche Beteiligung am Hauptverfahren – nicht dagegen nur in einem Nebenverfahren (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage 2010, § 66 Rn. 29; Knoll in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage 2015, § 66 Rn. 20; BPatGE 10, 31) – voraus.

26

Ist die Beteiligtenfähigkeit im Streit, gilt sie gem. § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 50, 56 ZPO bis zur rechtskräftigen Feststellung des Mangels als bestehend. Die betreffende Partei kann also auch Rechtsbehelfe einlegen, insbesondere mit dem Ziel, eine andere Beurteilung ihrer Beteiligtenfähigkeit zu erreichen, aber auch zur Erreichung eines ihr günstigen Sachurteils (BGH NJW 1993, 2943, 2944; BPatG GRUR 2002, 371, 372; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, § 50 Rn. 8, § 56 Rn. 13).

27

„Beteiligter“ im Widerspruchsverfahren ist neben dem Inhaber der angegriffenen Marke der Widersprechende. Gegenstand des angegriffenen Beschlusses ist hier gerade die Frage, wer Beteiligter des Widerspruchsverfahrens ist. Das DPMA hat die Erben als Widersprechende angesehen und den Widerspruch wegen des Fehlens eines Umschreibungsantrags auf diese gemäß §§ 28 Abs. 2, 42 Abs. 1 MarkenG verworfen. Durch den Rechtsbehelf der Beschwerde zu klären ist insoweit, ob Widersprechender der Testamentsvollstrecker ist, der nunmehr Beschwerde eingelegt hat, oder die Erben des verstorbenen Inhabers der Widerspruchsmarke, deren Identität jedoch – noch – nicht feststeht.

28

Von einer die Widerspruchsberechtigung verneinenden Entscheidung des DPMA, die sich mit der Frage, wer Widerspruch eingelegt hat, befasst, ist damit jeder der in Frage kommenden Widersprechenden als beschwert anzusehen und dementsprechend beschwerdeberechtigt. Der Testamentsvollstrecker ist durch die Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses mit Einreichung des Widerspruchs und durch die Berufung auf dieses Zeugnis zur Begründung der Aktivlegitimation für den Widerspruch im Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Widersprechenden vom 20. März 2012 (Bl. 38 d. VA) bereits am Widerspruchs (haupt-)verfahren beteiligt gewesen, so dass ihm formal die Stellung eines Beteiligten des Widerspruchsverfahrens zuerkannt werden kann. Dem steht – entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin – nicht entgegen, dass § 66 Abs. 1 S. 2 MarkenG „eng“ auszulegen ist, da insoweit lediglich ausgeschlossen werden sollte, dass Beteiligten an einem Nebenverfahren ein Beschwerderecht im Hauptverfahren eröffnet wird.

29

b) Die Beschwerde ist auch begründet. Der Widerspruch ist dahingehend auszulegen, dass er durch den Testamentsvollstrecker erhoben worden ist. Dieser war gemäß § 2205 BGB zur Einlegung des Widerspruchs berechtigt, auch ohne im Markenregister eingetragen zu sein.

30

Welche Rechtsperson im Widerspruchsverfahren Widersprechender ist, wird durch ihre Bezeichnung in der Widerspruchsschrift als die das Widerspruchsverfahren einleitende Verfahrenshandlung bestimmt, was objektiv vom Standpunkt des Amtes und des Inhabers der angegriffenen Markes festzustellen ist, allerdings auch durch Auslegung ermittelt werden darf (BPatGE 4, 85, 88; vgl. zum Berufungsverfahren Zöller/Heßler, a. a. O., § 519 Rn. 30a m. w. N.). Grundsätzlich sind an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen. Dies bedeutet zwar nicht, dass die ausdrückliche Bezeichnung allein maßgeblich wäre. Bei der Auslegung der Rechtsmittelschrift kann die maßgebliche Klarheit auch aus den etwa sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden. Dabei sind, wie auch sonst bei der Ausdeutung von Prozesserklärungen, alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Vor Ablauf der Rechtsmittelfrist muss aber bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs einer Rechtsmitteleinlegung jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelführers ausgeschlossen sein (st. Rspr., BGH NJW 1999, 291; NJW 2002, 1430).

31

Die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um wirksam Widerspruch gegen die Eintragung einer Marke einzulegen, sind in §§ 42, 65 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG i. V. m. §§ 29 Abs. 2, 30 MarkenV genannt. Danach sind obligatorische (§ 30 Abs. 1 MarkenG) und fakultative (§ 30 Abs. 2 MarkenG) Angaben zu unterscheiden.

32

Der Widerspruch kann gemäß § 42 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 30 Abs. 1 MarkenV nur vom Inhaber der Widerspruchsmarke erhoben werden, wobei gemäß § 28 Abs. 1 MarkenG die widerlegliche Vermutung besteht, dass der im Register eingetragene Inhaber auch tatsächlich Inhaber der Marke ist. Nach § 30 Abs. 1 MarkenV muss der Widerspruch allerdings nur Angaben enthalten, „die es erlauben, die Identität …. der Widersprechenden festzustellen“.

33

Die Erklärung der Verfahrensbevollmächtigten des Erblassers in Feld 8 des Widerspruchsformulars lautet „Widersprechender ist… Rechtsnachfolger von …- … B… (verstorben)“. Der im Register eingetragene B… konnte als Verstorbener damit offensichtlich nicht mehr Widersprechender sein. Nach dem Wortlaut der Erklärung in Feld 8 sind die „Rechtsnachfolger“ Widersprechende. Als „Rechtsnachfolger“ konnten die Erben namentlich jedenfalls nicht benannt werden, da sie – immer noch – unbekannt sind. Bei der gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge kann der Rechtsnachfolger im Übrigen Rechte erst von dem Zeitpunkt an geltend machen, in dem der Umschreibungsantrag gem. § 28 Abs. 2 MarkenG dem DPMA zugegangen ist (BPatGE 40, 240, 242). Der Widerspruch ist allerdings wie jede rechtlich relevante Erklärung gemäß § 133 BGB nach dem tatsächlich Gemeinten auszulegen. Auszugehen ist dabei von dem objektiven Erklärungsinhalt. Bei Zweifeln über den Sinn der Erklärung ist eine interessengerechte Auslegung zu bevorzugen. Eine Prozesshandlung ist dahingehend auszulegen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH NJW 2005, 3415).

34

Nach diesen Grundsätzen ist der Widerspruch rechtserhaltend nicht als Erklärung der Erben, sondern als Erklärung des Testamentsvollstreckers auszulegen. Dies war auch für die Markenstelle als Empfängerin der Widerspruchserklärung unmittelbar erkennbar. Denn dem Widerspruch lag eine Kopie des Testamentsvollstreckerzeugnisses bei, aus dem der Name des gemäß § 2205 BGB über den Nachlass kraft Amtes allein verfügungsberechtigten Beschwerdeführers hervorging. Die als „Rechtsnachfolger“ in Frage kommenden Erben waren dagegen nicht namentlich benannt, stattdessen wurde zur Bezeichnung des Widersprechenden ein Rechtsbegriff benutzt, der keine konkrete Person bezeichnet, sondern eine Rechtsstellung zum Ausdruck bringt.

35

Die Beifügung des Testamentsvollstreckerzeugnisses war ein deutlicher Hinweis, dass der Widerspruch durch denjenigen als eingelegt gelten sollte, der im Zeitpunkt des Widerspruchs das Nachlassvermögen verwaltet hat und damit kraft Amtes als einziger zur Ausübung der Markenrechte berechtigt und verpflichtet war. Das Testamentsvollstreckerzeugnis war das einzige Dokument, das im Zusammenhang mit dem Widerspruchsformular eine Identifizierung des Widersprechenden ermöglichte und damit diesem Formerfordernis genügte. Entsprechend haben sich die Verfahrensbevollmächtigten auch im Schriftsatz vom 20. März 2012 auf das Testamentsvollstreckerzeugnis zum Nachweis der Aktivlegitimation berufen. Die insoweit rechtlich nicht ganz korrekte Bezeichnung „Rechtsnachfolger“ ist demgegenüber als falsa demonstratio unschädlich. Sie steht dem offensichtlich erkennbaren Willen, einen wirksamen Widerspruch im Auftrag des Verfügungsberechtigten einzulegen, nicht entgegen.

36

Aus dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten – vor Einlegung des Widerspruchs an die Verfahrensbevollmächtigen gerichteten – Auftragsschreiben des Beschwerdeführers vom 8. November 2011, dessen Echtheit die Beschwerdegegnerin nicht in Zweifel gezogen hat, geht im Übrigen hervor, dass der Beschwerdeführer die Verfahrensbevollmächtigten des Erblassers vorab mit der Einlegung des Widerspruchs beauftragt hat, sie also auch zur Einlegung des Widerspruchs ausdrücklich bevollmächtigt waren. Eine nachträgliche Genehmigung der Verfahrenshandlungen (wie sie etwa im Schreiben vom 8. Mai 2012 zu sehen ist) war deshalb nicht mehr erforderlich.

37

§ 28 Abs. 2 Satz 1 MarkenG steht der Wirksamkeit des Widerspruchs nicht entgegen. Anders als der Rechtsnachfolger ist der Testamentsvollstrecker auch ohne entsprechenden Umschreibungsantrag zur Einlegung des Widerspruchs aus einer zum Nachlass des verstorbenen eingetragenen Markeninhabers gehörenden Marke gemäß § 2205 BGB berechtigt. § 28 Abs. 2 MarkenG findet auf ihn keine Anwendung. Denn er ist nicht Rechtsnachfolger des Erblassers, sondern, ähnlich wie ein Insolvenzverwalter, kraft Amtes mit der Verwaltung des Vermögens des Erblassers betraut. Er ist auch nicht als Vertreter des Nachlasses, der ja keine eigene Rechtspersönlichkeit hat, oder der Erben anzusehen, obwohl er objektiv deren Vermögen verwaltet. Denn er kann auch Erklärungen und Verfügungen gegen den Willen und das Interesse der Erben treffen und sogar gegen diese vorgehen, da er ausschließlich dem Gesetz und dem letzten Willen des Erblassers treuhänderisch verpflichtet ist (Palandt/Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aufl. 2013, Einf. vor § 2197 Rn. 2). Eine Eintragung des Testamentsvollstreckers im Markenregister ist in den Vorschriften des Markengesetzes nicht vorgesehen.

38

2. Dem weitergehenden Antrag des Beschwerdeführers, über den Widerspruch in der Sache zu entscheiden und die angegriffene Marke zu löschen, war nicht stattzugeben, sondern das Verfahren gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an die Markenstelle zurückzuverweisen, da sich die Markenstelle in der Sache mit dem Widerspruch noch nicht befasst hat.