Entscheidungsdatum: 11.12.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2009 037 360
(Kostenantrag)
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 11. Dezember 2013 unter Mitwirkung der Richterin Kortge als Vorsitzender, der Richterin Uhlmann und der Richterin kraft Auftrags Akintche
beschlossen:
Der Antrag der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
I.
Die Beschwerdeführerin hat gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke 30 2009 037 360
der Beschwerdegegnerin für Waren und Dienstleistungen der Klassen 24, 25 und 35 Widerspruch aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 007294143
erhoben, die für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28, 35, 38, 39, 41, 42 und 45 eingetragen ist.
Mit Beschlüssen vom 7. November 2011 und 5. Juli 2013, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA den Widerspruch zurückgewiesen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, auch bei unterstellter gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie unterstellter Waren- und Dienstleistungsidentität bestehe keine Verwechslungsgefahr, weil die Zeichen einander unähnlich seien. Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr scheide wegen der unterschiedlichen Bildbestandteile aus. Eine begriffliche Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, weil das Wort „Welt“ in der Widerspruchsmarke auf die Erdkugel hinweise, während das Element „Welt“ in der jüngeren Marke mit den Begriffen „Handtuch“ und „.de“ verbunden sei und eine Verkaufsstätte für Handtücher aller Art bezeichne. Klanglich seien die maßgeblichen Wortelemente „HandtuchWelt.de“ und „Welt“ wegen der unterschiedlichen Länge und Silbenzahl nicht ähnlich. Eine Prägung der jüngeren Marke durch das Element „Welt“ scheide aus, weil es in der jüngeren Marke mit einem weiteren Wortbestandteil die gesamtbegriffliche Einheit „HandtuchWelt“ bilde, was einer Prägung entgegenstehe. Mittelbare Verwechslungsgefahr sei nicht anzunehmen, weil das übereinstimmende Element „Welt“ wegen seiner Kennzeichnungsschwäche keinen Hinweischarakter auf die Inhaberin der älteren Marke besitze. Auch eine Zeichenserie, in die sich das jüngere Zeichen einreihe, bestehe nicht. Eine Verwechslungsgefahr wegen selbständig kennzeichnender Stellung komme nicht in Betracht. Die ältere Marke sei nicht in ähnlicher oder identischer Form, sondern nur in einem kennzeichnungsschwachen Element in die jüngere übernommen.
Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt.
Auf den Hinweis des Senats vom 22. Oktober 2013 über die fehlende Erfolgsaussicht der Beschwerde hat sie den Widerspruch am 14. November 2013 zurückgenommen.
Die Beschwerdegegnerin hat beantragt,
die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.
Sie hält den Kostenantrag auch nach Rücknahme des Widerspruchs aufrecht.
Sie ist der Auffassung, die Beschwerdeführerin habe das Verfahren zu dem Zweck geführt, die Beschwerdegegnerin zu einer für sie äußerst nachteiligen vertraglichen Abgrenzungsvereinbarung zu zwingen. Dabei habe ihr die Aussichtslosigkeit des Widerspruchs aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt sein müssen. Sie habe ihre wirtschaftlich erheblich potentere Stellung missbraucht, um die Beschwerdegegnerin durch Streckung des Verfahrens faktisch zum Verzicht auf die Marke zu bewegen.
Zum weiteren Vortrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Nach Rücknahme des Widerspruchs war nur noch über den zulässigen Kostenantrag der Beschwerdegegnerin zu entscheiden. Er ist unbegründet.
Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst, soweit eine Bestimmung über die Kosten nicht getroffen wird. Dies gilt gemäß § 71 Abs. 4 MarkenG auch im Fall der Rücknahme eines Widerspruchs. Eine Kostenentscheidung zu Lasten eines Beteiligten setzt voraus, dass die Kostentragung der Billigkeit entspricht. Das Gesetz knüpft damit die Kostenerstattung nicht generell an den Ausgang des Verfahrens an, sondern sieht eine Kostenerstattung nur in den Fällen vor, in denen die Anwendung des Grundsatzes, dass die Beteiligten ihre Kosten unabhängig vom Ausgang des Verfahrens selbst tragen, wegen besonderer Umstände unbillig erscheint. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgrundsätzen aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur; BPatGE 12, 238, 240).
Derartige Umstände liegen nicht vor. Weder ist der Beschwerdeführerin vorzuwerfen, dass sie mit der Beschwerde versucht hat, ihr Interesse in einer von vornherein aussichtslosen Situation durchzusetzen, noch hat sie gegen ihre prozessuale Sorgfaltspflicht verstoßen.
Die bloße Einlegung der Beschwerde rechtfertigt eine Billigkeitsentscheidung zu Lasten der Beschwerdeführerin nicht. Wie bereits aus dem Hinweis des Senats vom 22. Oktober 2013 hervorgeht, hatte die Beschwerde nach vorläufiger Prüfung zwar nur geringe Aussicht auf Erfolg, gleichwohl bestand für die Beschwerdeführerin noch Spielraum zur argumentativen Verbesserung ihrer Rechtsposition.
Auch ein Verstoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten während des Beschwerdeverfahrens ist der Beschwerdeführerin nicht vorzuwerfen. Ein Verstoß gegen die allgemeine den Beteiligten obliegende prozessuale Sorgfaltspflicht liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn aus der Sicht einer vernünftigen, rechtskundigen Partei das Verhalten eines Beteiligten nach der Verfahrenslage nicht einer sorgfältigen und auf Verfahrensförderung bedachten Prozessführung entspricht (BGH GRUR 1996, 399). Für ein solches Verhalten der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren fehlen jegliche Anhaltspunkte. Im Gegenteil hat sie die Rücknahme des Widerspruchs nach dem entsprechenden Hinweis des Senats unverzüglich erklärt.
Ihr Verhalten im Rahmen der Vergleichsverhandlungen begründet ebenfalls keine Billigkeitsentscheidung zu Lasten der Beschwerdeführerin, insbesondere rechtfertigt ein einseitig die eigenen Interessen berücksichtigender Vergleichsentwurf nicht den Vorwurf des Verfahrensmissbrauchs. Denn es ist üblich, in Vergleichsverhandlungen zunächst Maximalpositionen einzunehmen, um davon ausgehend ein gutes Verhandlungsergebnis zu erzielen.