Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 12.12.2018


BPatG 12.12.2018 - 29 W (pat) 576/17

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
12.12.2018
Aktenzeichen:
29 W (pat) 576/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:121218B29Wpat576.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 101 871.5

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Dezember 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und die Richterin Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

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SmartGrill

3

ist am 23. Februar 2017 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die Dienstleistungen der

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Klasse 11: Kochgeräte einschließlich Barbecue-Grillgeräte und Teile und Zubehör dafür, nämlich Grillabdeckungen, Grillgeräte, Grillroste, Warmhalteroste und -körbe, Holzkohleroste, Halterungen für Aromaschienen, Holzkohlebriketthalter, mechanische, elektrische und piezoelektrische Geräte zum Entzünden von Holzkohle und Briketts, Aschetöpfe für Barbecue-Grillgeräte, Deckelgriffe für Barbecue-Grillgeräte, Rollen für Barbecue-Grillgeräte, Tropfschalen und Tropfschalenhalter für Barbecue-Grillgeräte, Bedienknöpfe für Barbecue-Grillgeräte, Arbeitstische für Barbecue-Grillgeräte, Platten aus Gusseisen und Stahl, Gasbrenner für Barbecue-Grillgeräte, Regler für Barbecue-Grillgeräte;

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Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt, Küche und Barbecue [nicht aus Edelmetall oder damit plattiert]; Schwämme; Bürsten [mit Ausnahme von Pinseln]; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas [mit Ausnahme von Bauglas]; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Grillabdeckungen; Gewürzhalter; Halterungen für Grillzubehör; Bratenpinsel; Messbescher; Wender; Grillspieße; Bratenheber; Grillzangen; Tropfschalen; Koteletthalter; Bratenhalter; Woks für Barbecue-Grillgeräte; Räder für Barbecue-Grillgeräte;

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Klasse 24: Grillhandschuhe; Topfhandschuhe; Handtücher;

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angemeldet worden.

8

Mit Beschluss vom 4. April 2017 hat die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft sowie eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, „smart“ bedeute „klug, gescheit, intelligent“ und weise auf technischen Gebieten auf „intelligente“ Arbeit und Wirkungsweise hin. Die Kombination mit dem ebenfalls beschreibenden Wortbestandteil „Grill“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als rein beschreibende Angabe dahingehend verstanden, dass es sich um Grills handele, die besondere technische Eigenschaften aufwiesen und damit ein kluges, gescheites und intelligentes Grillen ermöglichten.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. April 2017 aufzuheben.

12

Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde nicht begründet und auch im Verfahren vor dem DPMA keine Ausführungen gemacht, sondern um eine Entscheidung nach Aktenlage gebeten.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

14

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

15

1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens steht hinsichtlich der beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

16

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you; BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; MarkenR 2000, 420 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder die Zeichen sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress; a. a. O. Rn. 16 – Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 23 –TOOOR!). Ferner kommt die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard).

19

Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen verfügt das angemeldete Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

20

a) Von den hier beanspruchten Waren wird überwiegend der Endverbraucher angesprochen.

21

b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus dem englischen Wort „Smart“ und dem im deutschen und englischen gleichbedeutenden Wort „Grill“ zusammen.

22

„Grill“ ist ein „Gerät zum Rösten von Fleisch, Geflügel, Fisch o. ä. auf einem Rost“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Grill_Bratrost#Bedeutung1a).

23

Das englische Adjektiv „smart“ bedeutet u. a. „klug, intelligent, gewitzt, clever, schlau“ (https://dict.leo.org/german-english/smart). In der Bedeutung von „clever, gewitzt“ ist das Wort (z. B. in Redewendungen wie „er ist ein smarter Typ“) bereits in die Deutsche Sprache eingegangen (https://www.duden.de/ rechtschreibung/smart) und auch Personen ohne Fremdsprachenkenntnisse ohne weiteres in diesem Sinne geläufig (vgl. BPatG Beschluss vom 13.03.2018, 25 W (pat) 527/16 – Smart Energy Backbone). Im Zusammenhang mit Computertechnologie und mit Maschinen wird „smart“ seit langem im Sinne von „gerätetechnische Intelligenz“ verwendet (BGH GRUR 2006, 594 Rn. 18 – Smartkey; BPatG, Beschluss vom 13.06.2017, 29 W (pat) 531/17 – Smartest Climate; Beschluss vom 5.02.2013, 24 W (pat) 531/11 – ADP SmartPay; vgl auch die Wortkombinationen „Smartcard, Smartphone“). Allerdings ist „smart“ nicht auf die Computertechnologie beschränkt, sondern impliziert auch bei anderen Produkten, unabhängig von ihrer Funktionsweise, dass diese „schlaue“ Lösungen anbieten und über außergewöhnliche Qualitäten verfügen (vgl. HABM, R0019/10-2, 19.05.2010 – SMARTFIL; R0992/08-5, 27.11.2008 – SmartShear – jeweils veröffentlicht auf PAVIS PROMA). Auch im Bereich der Haushaltsgeräte ist „smart“ ein weit verbreiteter Begriff (vgl. „Mit smarten Küchengeräten zum perfekten Weihnachtsessen“ - https://www.homeandsmart.de/ueberblick-smarte-kuechengeraete; „Smarte Küchengeräte mit App-Anbindung“ - https://deavita. com/kuche/smarte-kuchengerate-app-anbindung.html). Der Wortbestandteil „Smart“ bringt ferner zum Ausdruck, dass es sich um ein besonders gutes Produkt handelt (vgl. HABM R0019/10-2, 19.05.2010 – SMARTFIL, a. a. O.) oder auch, dass entsprechend gekennzeichnete Produkte ein pfiffiges Design aufweisen (BPatG, Beschluss vom 29.11.2006, 26 W (pat) 47/05 – Smart Can).

24

Der Verkehr wird die Kombination der beiden Wörter ohne weiteres als „smarter, intelligenter Grill“ verstehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird eine ausschließlich aus beschreibenden Begriffen bestehende Wortneubildung vom Durchschnittsverbraucher der Waren ebenfalls nur als beschreibend angesehen werden, wenn kein merklicher Unterschied zwischen der Neubildung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht. Maßgeblich ist letztlich, ob der durch die Kombination bewirkte Gesamteindruck über die bloße Zusammenfügung der beschreibenden Elemente hinausgeht, was sprachliche oder begriffliche Besonderheiten voraussetzt, die die gewählte Verbindung als ungewöhnlich erscheinen lassen, oder ob sich die Kombination in ihrer bloßen Summenwirkung erschöpft (EuGH GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD; GRUR Int. 2005, 1012, 1014 f., Nr. 34-37 – BioID). Letzteres ist bei dem angemeldeten Zeichen der Fall, weil sein Gesamteindruck nicht über die sich dem Durchschnittsverbraucher unmittelbar erschließende beschreibende Bedeutung von „smarter Grill“ hinausgeht. Daran vermag auch die Binnengroßschreibung des Buchstabens „G“ nichts zu ändern, weil diese seit langem auch im Bereich rein beschreibender Angaben absolut werbeüblich ist (EuG GRUR Int. 2005, 839, 841, Nr. 37 – MunichFinancialServices; BGH GRUR 2003, 963, 965 – AntiVir/AntiVirus; BPatG Beschluss vom 29.11.2006, 26 W (pat) 47/05 – SmartCan). Die Binnengroßschreibung führt im Gegenteil dazu, dass der angesprochene Verbraucher problemlos erkennt, dass das Zeichen aus den zwei Begriffen „smart“ und „grill“ zusammengesetzt ist.

25

c) Im Hinblick auf die beanspruchten Waren stellt „SmartGrill“ eine sachlich-beschreibende Angabe dar, wonach es sich um besondere, über außergewöhnliche Qualitäten verfügende Produkte handelt.

26

In Bezug auf die in Klasse 11 angemeldeten Waren ist „SmartGrill“ für „Kochgeräte, einschließlich Barbecue-Grillgeräte“ ein unmittelbar beschreibender Hinweis darauf, dass es sich um intelligente, technisch ausgefeilte und besonders gut funktionierende Geräte zum Grillen handelt. Dabei kann es sich z. B. um Geräte handeln, die mit einer App und Bluetooth-Technologie für maximale Präzision und Fernkontrolle sorgen, damit der Grillvorgang noch feiner getunt werden kann (vgl. https://www.tefal.de/K%C3%BCchenger%C3%A4te/ Grills/OptiGrill/OPTIGRILL-SMART/p/7211002605). Für die ebenfalls beanspruchten „Teile und Zubehör dafür, nämlich …“ erschöpft sich das Anmeldezeichen daher lediglich in einem bloßen Hinweis darauf, dass diese zu einem dergestalt intelligenten Grill gehören oder mit einem solchen zum Einsatz kommen.

27

Die Waren der Klasse 21 werden, auch wenn sie selbst nicht alle über eine gerätetechnische Intelligenz verfügen mögen, rund um die Nutzung eines Grills benötigt und eingesetzt, sei es von der Vorbereitung und Aufbewahrung des Grillguts bis hin zur Reinigung des Grills. Auch sie können daher für einen intelligenten, gut funktionierenden Grill Verwendung finden bzw. für diesen bestimmt sein. So ist z. B. für die Reinigung eines hochtechnischen Grills mit Bluetooth-Steuerung anderes Putzzeug erforderlich als für einen herkömmlichen Holzkohlengrill.

28

Gleiches gilt für die in Klasse 24 angemeldeten Waren „Grillhandschuhe; Topfhandschuhe; Handtücher“. Sie können entweder ein besonderes Design aufweisen oder aus einem technisch besonders zum Grillen geeigneten Material bestehen. Denn Kriterien wie Rutschfestigkeit oder Hitzeschutz spielen für die Beurteilung von Qualität und Einsatzmöglichkeit eine besondere Rolle (vgl. Rutsch https://grillhandschuhe-test.de/ekocrip-grillhandschuhe/; https:// napoleongrills.de/grills/grill-details/productid/2286/ccd/en-ca/bbq-handtuch).

29

Das angemeldete Zeichen erschöpft sich nach alledem in einem sachbeschreibenden Hinweis auf die beanspruchten Waren. Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme fern, dass die angesprochenen Verkehrskreise darin einen individuellen betrieblichen Herkunftshinweis sehen.

30

2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob die angemeldete Bezeichnung darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig ist.