Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 22.02.2012


BPatG 22.02.2012 - 29 W (pat) 543/11

Markenbeschwerdeverfahren – "TOP (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
22.02.2012
Aktenzeichen:
29 W (pat) 543/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 006 195.2

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 22. Februar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker sowie die Richterin Dorn und den Richter Kruppa

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wort-/Bildmarke angemeldet ist das Zeichen

Abbildung

2

Nach Einschränkung lautet das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen:

3

Klasse 16:

4

Abreißkalender, Abziehbilder; Almanache; Aufkleber; Stickers [Papeterieware]; Broschüren; Bücher; Druckereierzeugnisse; Einbände [Papier- und Schreibwaren]; Handbücher; Kataloge; Lesezeichen; Papier; Pappe; Plakate, Postkarten, Prospekte; Schriften [Veröffentlichungen]; Zeitschriften; Zeitschriften [Magazine]; Zeitungen;

5

Klasse 35:

6

Aktualisierung von Werbematerial; Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Büroarbeiten, Dienstleistungen einer Werbeagentur; Erteilen von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Geschäftsführung für Dritte; Herausgabe von Werbetexten; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Informationen in Geschäftsangelegenheiten; kommerzielle Verwaltung der Lizenzierung von Waren- und Dienstleistungen für Dritte; Marketing [Absatzforschung]; Marktforschung; Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Planung und Überwachung von Unternehmensentwicklung in organisatorischer Hinsicht; Planung von Werbemaßnahmen; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form (für Werbezwecke; Unternehmensberatung; Verbreitung von Werbeanzeigen; Verfassen von Werbetexten; Verkaufsförderung [sales promotion] [für Dritte]; Vermietung von Werbeflächen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Interne, Vermittlung von Werbeverträgen für Dritte, Verteilung von Werbemitteln, verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen; Ware- und Dienstleistungspräsentationen; Werbung; Werbung durch Werbeschriften;

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Klasse 41:

8

Bereitstellen von elektronischen Publikationen [nicht herunterladbar]; Desktoppublishing [Erstellen von Publikationen mit dem Computer]; digitaler Bilderdient; Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Durchführung von Liveveranstaltungen; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Party-Planung [Unterhaltung]; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Unterhaltung;

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Klasse 42:

10

Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechen; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Vergabe von Lizenzen für Franchising-Konzepte; Verwaltung von Urheberrechten.

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Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 8. August 2011 gem. §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen, weil dem angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle. Sie hat hierzu ausgeführt, dass das von der Anmelderin Schutz beanspruchende Zeichen, dessen Wortlaut nach aktueller Definition "von höchster Güte, hervorragend; auf dem aktuellsten Stand, hochmodern" bedeute, vom angesprochenen Publikum ohne weiteres als das Wort "Top" im o. g. Sinne verstanden werde. Infolgedessen werde dieser im Vordergrund stehende Aussagegehalt über Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vom Publikum nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Des Weiteren handle es sich um eine werbeübliche Gestaltung, so dass auch die Bildelemente des Anmeldezeichens keine Schutzfähigkeit begründen könnten.

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Gegen diese Ausführungen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, dass die graphische Ausgestaltung über den werbeüblichen Bereich hinausgehe, was unter anderem dadurch erreicht werde, dass es sich um eine vertikale Schreibweise und eine gänzlich untypische Schrifttype handle. Diese würde des Weiteren durch den blockhaften, querförmigen Eindruck der Buchstaben verfremdet und erwecke einen dreidimensionalen Eindruck beim Betrachter. Schließlich weist die Anmelderin darauf hin, dass die Farbgebung diese eigentümliche Schreibweise abrunde, so dass von einer neuen gewissen Eigenständigkeit in der Gesamtheit der Betrachtung gesprochen werden könne.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle des DPMA vom 8. August 2011 aufzuheben.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

16

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet.

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Der Eintragung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens Abbildung als Marke steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht die Eintragung versagt.

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1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 -SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkanntoor; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).

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2. Diesen an die Unterscheidungskraft zu stellenden Anforderungen wird das Anmeldezeichen Abbildung nicht gerecht.

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a) Der Wortbestandteil "TOP" des angemeldeten Zeichens ist in seiner Bedeutung "von höchster Güte, hervorragend, auf dem aktuellsten Stand, hochmodern" (vgl. hierzu http://www.duden.de/rechtschreibung/top) eine unmittelbare Sachangabe für die Qualität und Eigenschaft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Das angesprochene Publikum wird in dem Wortbestandteil des Anmeldezeichens daher keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich einen allgemeinsprachlichen, unmittelbaren Sachhinweis sehen, der insbesondere in der Werbesprache allgegenwärtig vorkommt, und zwar auch in den hier beanspruchten Branchen.

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b) Das angemeldete Zeichen erhält auch nicht durch die grafische Ausgestaltung die Funktion eines Unterscheidungsmittels.

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Zwar ist von dem Grundsatz auszugehen, dass einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2001, 1153 - anti Kalk; EuGH GRUR 2006, 229, 233 Rdnr. 73, 74 - BioID). Allerdings vermögen einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. 1153, 1154 – anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 - VISAGE). Dieses lässt sich bei einfachen und gebräuchlichen Gestaltungen des Schriftbilds, insbesondere bei Verwendung werbeüblicher Schriftformen, die sich nicht wesentlich von anderen Standardschriftformen unterscheiden, nicht finden (vgl. BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 20 - VISAGE; BPatG GRUR-RR 2009, 426, 427 -Yoghurt-Gums). So liegt der Fall hier.

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Denn den gewählten Stilmitteln, insbesondere der Schriftart, fehlt es an einer prägnanten Charakteristik. So ähneln die Schriftarten wie "Hijack TM", "Poca TM", "Register Wide A", "Bullet TM" oder "Outerspace" der des angemeldeten Zeichens und können es, bei entsprechender Bearbeitung bzw. Verfremdung einer dieser Schriftarten, auf dieselbe Art und Weise präsentieren.

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Zwar kann die farbige Ausgestaltung eines an sich nicht unterscheidungskräftigen Zeichens schutzbegründend wirken, jedoch nur, wenn diese Gestaltung innerhalb der Kombinationsmarke als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst wird. Der Farbkontrast "rot/weiß" des angemeldeten Zeichens begegnet dem Publikum in überwältigender Fülle bei der Anpreisung von Waren und Dienstleistungen, wie der Senat zum einen als Teil des angesprochenen Publikums, zum anderen auch aus seiner Fachkenntnis in den markenrechtlichen Verfahren weiß. Daher handelt es sich insoweit lediglich um ein gewöhnliches, werbeübliches Gestaltungselement, dem keine charakteristischen Merkmale zukommen, die zu einer Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens führen könnten.

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Den markenrechtlichen Anforderungen an die graphische Gestaltung, die einen über den beschreibenden Charakter des Wortbestandteils hinausgehenden schutzbegründenden Gesamteindruck bewirkt, genügt die gewählte Bildgestaltung auch in ihrer Gesamtheit nicht, da die hier verwendete Kombination aus einfachen und werbeüblichen Stilmitteln nicht geeignet ist, der unmittelbar beschreibenden Sachaussage die erforderliche Unterscheidungskraft zu verleihen. Auf Vertriebsmodalitäten, wie etwa eine Lagerung der Ware in einer Weise, dass das Wort "TOP" nicht sofort erkannt werden kann, kommt es nicht an, da hier nur über die Form zu entscheiden ist, in der das Zeichen angemeldet ist.

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3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann aus Sicht des Senats dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.