Entscheidungsdatum: 21.09.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 307 54 246.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. September 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Kortge und Dorn
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
Kultbuch
ist am 17. August 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die Waren der
Klasse 16: Kataloge, nämlich Spezialkataloge für Mobiliar und Einrichtung für Messen und Events, nämlich Stühle, Bürodrehstühle, Polsterstehhilfen, Barhocker, Polsterstühle, Sessel ein- und mehrsitzig, Sitzinseln, Tisch und Beistelltische, Präsentationstische, Konferenztische, Prospekthalter, Prospektständer, Stehgarderoben, Absperrhalter, Stehpult, Rednerpult, stapelbare Baukastenmöbel, Sideboards, Rollwagen, Rollschränke, Rolltische, Vitrinen, Papierkörbe, Steh- und Tischleuchten, stapelbares Serienporzellan, Besteck und Trinkgläser
angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 24. März 2010 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es liege ein Freihaltebedürfnis vor, da sich das den Verbrauchern ohne weiteres verständliche Gesamtwort "Kultbuch" in eine bestehende Anzahl verschiedener Zusammenstellungen mit dem Bestandteil "Kult" einreihe, wie z. B. "Kultfilm", "Kultfigur", "Kultstatus" und "Kultobjekt". Da es sich bei den beanspruchten Katalogen allgemein um gebundene Druckwerke handele, seien mit dem Bestandteil "Buch" die Waren auch unmittelbar benannt. Die Voranstellung des Wortes "Kult" führe daher zu der Gesamtaussage, dass die so bezeichneten Kataloge höchste Verehrung genießen sollten. Darüber hinaus sei der Gebrauch des Wortes "Kultbuch" auch belegt als ein Buch, das das Lebensgefühl einer speziellen jugendlichen Gruppe besonders eindringlich widerspiegele und von dieser sehr geschätzt werde. Daher komme der angemeldeten Bezeichnung die Eignung zu, eine beschreibende, nämlich die Waren bewerbende Angabe zu sein. Bei einer Kennzeichnung der beanspruchten Kataloge werde kaum anzunehmen sein, dass der fachkundige Verkehr, wie auch der allgemeine Verbraucher, darin ein Phantasiewort sehen könne. Daher sei es als beschreibende Angabe für die Mitbewerber freizuhalten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hat vorgetragen, dass das angemeldete Zeichen nicht nur abstrakt lexikalisch beurteilt werden dürfe, sondern im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren gesehen werden müsse. Von Verbrauchern werde ein Katalog jedenfalls nicht als Buch bezeichnet und die darin enthaltenen speziellen Angebote für Möbel, Messen und Events würden erst recht nicht den Gebrauch des Wortes "Kultbuch" im beschreibenden Sinne rechtfertigen. Das Wort "Kult" habe nämlich ursprünglich religiöse Bedeutung und werde für die Bezeichnung von religiösen Handlungen benutzt. Im allgemeinen Sprachgebrauch werde der Begriff weiter gefasst, und zwar in dem Kontext, dass bestimmte Handlungen ritualisiert und von einer mehr oder weniger großen Fangemeinde nachvollzogen werden könnten. Demgemäß könne auch der Titel eines Buches nie zum Kult werden, sondern Kultstatus erlange ein Buch erst dann, wenn es von eingeschworenen Fangemeinden verehrt werde. Diese Verehrung beziehe sich aber nicht auf den Begriff "Kultbuch", sondern vielmehr auf den Autor oder Titel eines solchen Buches. Daher habe der Begriff "Kultbuch" für sich genommen keinen aussagefähigen Inhalt. Es müsse immer noch die nähere Bezeichnung hinzukommen, was Gegenstand des Kultes sein solle. Daher sei die Bezeichnung eines Spezialkataloges für Mobiliar und Einrichtungen für Messen und Events als "Kultbuch" nichtssagend, so dass das Anmeldezeichen für die beanspruchten Waren keineswegs unmittelbar beschreibend sei. Das Zeichenwort erhalte auch durch den Inhalt der Spezialkataloge keine andere Bedeutung. Es werde nämlich der ganz allgemeine Bedarf bei der Messemöblierung angeboten und ohne zusätzliche Hinweise könne auch nicht erwartet werden, dass es sich bei dem Angebotenen um besondere Exponate handele. Demgemäß fehle dem Zeichen auch nicht die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Es sei kein Sachhinweis und könne daher als betrieblicher Herkunftshinweis dienen. Verkehrsüblich seien nämlich bei Katalogen Bezeichnungen wie "Herbstkatalog", "Sommerkatalog" oder "Mietmöbelkatalog". Daher sei das Markenwort ungewöhnlich und einfallsreich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet, da dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor; BGH a. a. O., Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. -FUSSBALL WM 2006).
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23, 24). Hier werden in erster Linie die Fachkreise, nämlich Veranstalter von Messen und Events, angesprochen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist dem angemeldeten Wortzeichen in seiner Gesamtheit entgegen der Auffassung des Anmelders keine Unterscheidungskraft zuzubilligen. Seiner Eintragung steht auch ein Freihaltebedürfnis entgegen.
Bei der Wortfolge "Kultbuch" handelt es sich um eine sprach- und werbeübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe zu einer ohne weiteres auf der Hand liegenden verständlichen, schlagwortartigen Sachaussage. Der Verkehr ist daran gewöhnt, mit neuen schlagwortartigen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen in einprägsamer und schlagwortartiger Form übermittelt werden, ohne hierin einen betrieblichen Herkunftshinweis zu erkennen oder zu sehen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rdn. 89). Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich selbst zwei oder mehr Sachangaben durch ihre Zusammenstellung zu einem unterscheidungskräftigen Zeichen verbinden. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass ein merklicher und schutzbegründender Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. EuGH GRUR 2006, 680, Tz. 39 - 41 BIOMILD). Die angemeldete Wortfolge weist hinsichtlich ihrer Wortelemente keine solche ungewöhnliche Struktur oder Besonderheit syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte.
Die angesprochenen Verkehrskreise nehmen die angemeldete Wortkombination in ihrer Gesamtheit und nicht zergliedert in ihre Einzelbestandteile wahr. Denn zum Einen unterzieht das Publikum ein als Marke verwendetes Zeichen schon in der Regel nicht einer näheren analysierenden Betrachtungsweise, sondern nimmt es so auf, wie es ihm entgegentritt (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 87). Zum Anderen gibt die in dem angemeldeten Zeichen gewählte Anordnung der zwei Wortelemente entgegen der Ansicht des Anmelders keine Veranlassung, sie ausnahmsweise getrennt in zwei Schritten wahrzunehmen und nicht zusammen zu lesen. Der Verkehr wird die zwei Wortelemente vielmehr als zusammengehörend erkennen. Unterstützt wird diese Wahrnehmung schließlich durch den Sinngehalt der Gesamtbezeichnung.
Das angemeldete Zeichen wird von den angesprochenen Verkehrskreisen in seiner Gesamtheit im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren ohne weiteres im Sinne eines als Buch gebundenen Kataloges mit dem Inhalt "kultiger Messe- und Eventmöblierungen" verstanden. Dem Verbraucher sind die einzelnen Begriffe auch aufgrund ihrer häufigen Verwendung in anderen Kontexten bestens bekannt, wie das DPMA zu Recht ausgeführt hat. Unerheblich für die Frage der Schutzfähigkeit ist des Weiteren, ob die beanspruchte Wortfolge in der konkreten Zusammensetzung nachgewiesen werden kann, es sich also um eine in Deutschland bisher noch nicht verwendete Wortkombination und damit womöglich um eine Wortneuschöpfung für die beanspruchten Waren handelt. Denn die Neuheit einer Wortbildung ist weder eine unabdingbare Voraussetzung für deren Eintragungsfähigkeit, noch begründet sie für sich gesehen eine hinreichende Unterscheidungskraft (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rdn. 117). Daher ist für die Annahme des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG - entgegen der Auffassung des Anmelders - auch kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe oder das Zeichen bereits im Verkehr für Kataloge geläufig ist oder verwendet wird.
Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren ist das angemeldete Zeichen daher nichts anderes als eine beschreibende Sachangabe für einen als Buch gebundenen Katalog, welcher kultige Gegenstände, d. h. im Trend liegende Möbel, beinhaltet.
Dem vom Beschwerdeführer vorgetragenen Argument zur Bedeutung des Begriffs "Kult" als aus dem religiösen Bereich entspringend mag zwar abstrakt zuzustimmen sein. Nach ständiger Rechtsprechung ist jedoch ein Zeichen jeweils in Bezug auf die mit dem Verzeichnis beanspruchten Waren anzusehen und demgemäß markenrechtlich auf seine Schutzfähigkeit hin zu beurteilen. Da es sich hier um ganz gewöhnliche Kataloge, die in Form von Büchern erscheinen, handelt und die Bücher jeweils auch im Sinne von Kult nach ihren Inhalten benannt werden können, liegt eine religiöse Bedeutung dieses Wortes und damit eine Mehrdeutigkeit des angemeldeten Gesamtbegriffs fern.
2. Das Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann vorliegend, auch soweit das Wortzeichen jedenfalls zur Zeit nicht für Spezialkataloge belegt ist, dennoch aus einer bei vernünftiger Betrachtung in Zukunft sich ergebenden wirtschaftlichen Entwicklung folgen. Trendwörter in Verbindung mit "Kult" sind nach Auffassung des Senats bei wirtschaftlicher und vernünftiger Betrachtung auch im Bereich von Ausstattungsgegenständen für Messen und Events bzw. Büchern/Katalogen hierüber nicht ausgeschlossen. So gibt es entsprechende Messen, die sich durch besondere Modernität oder eine Spezialrichtung auszeichnen und daher auch entsprechende Waren - u. a. in Katalogen - präsentieren. Dazu gehören dann die entsprechenden "Kultmöbel" für Events und Messen. Demgemäß ist das angemeldete Zeichenwort für die zukünftige Entwicklung auch für die Konkurrenten freizuhalten.