Entscheidungsdatum: 07.08.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 039 918.2
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 7. August 2013 unter Mitwirkung der Richterin Kortge als Vorsitzender, der Richterin Uhlmann und des Richters Jacobi
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
AURUM
ist am 18. Juli 2011 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren angemeldet worden:
Klasse 16: Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke;
Klasse 17: Kunststofffolien, außer für Verpackungszwecke.
Mit Beschluss vom 15. März 2012 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen.
Das Wort „Aurum“ sei der lateinische Ausdruck für „Gold“, das bei der Herstellung von Kunststofffolien Verwendung finde. Den am Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen sei bekannt, dass Aurum die Bezeichnung für das chemische Element Gold sei. Sie verstünden das Anmeldezeichen als Beschaffenheitsangabe der bezeichneten Kunststofffolien, weil bei deren Herstellung Goldpartikel oder nanostrukturiertes elementares Gold verwendet werde, wie eine Internetrecherche ergeben habe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. März 2012 aufzuheben.
Er hat die Beschwerde nicht begründet. Im Amtsverfahren hat er vorgetragen, die angesprochenen Verbraucher verstünden das Zeichen „AURUM“ nicht als Beschaffenheitsangabe, weil Kenntnisse der lateinischen Sprache in Deutschland nur wenig verbreitet seien und deshalb die deutsche Bedeutung „Gold“ für „AURUM“ nicht geläufig sei. Zudem enthielten die im Warenverzeichnis aufgeführten Folien kein Gold, sie seien aus Kunststoff, während es sich bei Gold um ein Edelmetall handele, das zu wertvoll sei, um bei Folien Verwendung zu finden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „AURUM“ gemäß § 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die beanspruchten Waren das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt.
1.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; 935 Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; a. a. O. Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard;). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 – Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. – Die Vision; 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten –Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2010, 1100, 1102 Rdnr. 23 – TOOOR!; a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
2.
Das Wort „Aurum“ ist ein der lateinischen Sprache entstammendes Fremdwort für „Gold“, das Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden hat (Duden Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006, Wortschatz Portal der Universität Leipzig) und dessen Abkürzung „Au“ das Symbol für das chemische Element „Gold“ und damit ein grundlegender Fachbegriff der Chemie ist. Dadurch unterscheidet sich der Begriff von anderen lateinischen Wörtern, deren Kenntnis im Inland nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann. Unter „Gold“ versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch nicht nur das Edelmetall, sondern auch die metallisch golden glänzende Farbe (Duden Deutsches Universalwörterbuch). So werden goldfarbene Gegenstände und Lebewesen verkürzt häufig mit der Vorsilbe „Gold-“ beschrieben, wie z. B. Goldpapier, Goldfisch, Goldfasan, Goldrahmen oder Goldlack. Unter Goldfolie versteht man sowohl Folie aus Gold oder mit goldenen Bestandteilen als auch goldfarbene Folie aus anderen Materialien.
Bei der Wahrnehmung des Zeichens ist neben dem Endverbraucher in erster Linie auf Fachverkehrskreise der Verpackungs-, Möbel-, Druck-, Fahrzeug- und anderer Industrien mit Oberflächenverarbeitung abzustellen. Denn Kunststofffolien werden sowohl für den Endverbraucher angeboten als auch zur Weiterverarbeitung etwa in der Druckindustrie, in der Fahrzeugherstellung, im Baubereich und allgemein zur Oberflächenbeschichtung eingesetzt. Sie kommen auch auf vielfältige Weise bei der Herstellung von Verpackungen zur Anwendung. Häufig werden sie in goldener Farbe angeboten, da diese Farbe gerade im Bereich der Verpackungen Hochwertigkeit signalisiert, aber auch auf anderen Gebieten technische und ästhetische Vorteile hat (Bl. 8 f., 33, 39 f. VA). Daneben existieren, wie aus der Recherche des DPMA hervorgeht, auch Folien, die eine Beschichtung mit dem Edelmetall Gold aufweisen (www.wikipedia.de: „Mulitlayer Insulation … Die Metallisierung besteht aus Silber … Bei kritischen Anwendungen greift man auf Gold zurück, das im Infraroten einen Reflexionsgrad von mehr als 99 % aufweist.“, Bl. 34 f. VA). Der hier angesprochene Fachverkehr im Bereich der Oberflächenbeschichtung, Isolierung und der Verpackungsbranche wird das Zeichen daher als Hinweis auf die Farbe oder die Zusammensetzung der angebotenen Waren und damit als beschreibende Angabe verstehen. Denn er verfügt berufsbedingt über Grundkenntnisse im Bereich der Chemie, zu denen auch die Kenntnis des Fachbegriffs „Aurum“ mit der Bedeutung „Gold“ gehört.