Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 11.03.2014


BPatG 11.03.2014 - 29 W (pat) 520/13

Markenbeschwerdeverfahren – "SV Group (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
11.03.2014
Aktenzeichen:
29 W (pat) 520/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 5 MAbk Madrid
Art 6quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke IR 1 060 466

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 11. März 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Uhlmann und der Richterin k.A. Akintche

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 - Internationale Registrierung - des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. Januar 2013 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Inhaberin der international registrierten Wort-/Bildmarke IR 1 060 466 (rot, schwarz)

Abbildung

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(Ursprungsland Schweiz mit Priorität vom 10.06.2010) hat Schutz in der Bundesrepublik Deutschland beantragt für Waren der Klassen 29, 30 und 32, sowie für die folgenden Dienstleistungen der

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Klasse 35:Conseils en organisation et direction des affaires, en particulier développement de l'organisation d'entreprises; conseils en organisation des affaires; consultation pour Ia direction des affaires en matière de personnel; consultation pour les questions de gestion de personnel; encadrement de personnel à égard operationnel (coaching); gérance d'entreprises de restauration (alimentation); gestion de services de consultation sociale; vente au détail;

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Klasse 37:Nettoyage de bâtiments; nettoyage de vêtements; services d'un concierge;

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Klasse 39:Location de places de stationnement; Services de parking;Klasse 41:Formation, formation continue, formation complémentaire de personnes, en particulier dans le domaine de la consultation pour les questions de personnel; formation de collaborateurs (Coaching) dans de domaine du personnel, orientation professionnelle;

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Klasse 42:Ingénierie de projets techniques pour des services d'alimentation;Klasse 43:Services de restauration dans des restaurants et des cantines, hébergement temporaire; services de traiteurs (catering); service de gastronomie pour des hôpitaux, des foyers de cure et des maisons de retraite;

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Klasse 44:Consultation sanitaire; services d'horticulture

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Mit Beschluss vom 22. Januar 2013 hat die Markenstelle für Klasse 35 -  Internationale Markenregistrierung - des Deutschen Patent- und Markenamts den Schutz für die angemeldeten Waren gewährt, jedoch den Schutz für die vorgenannten Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Zeichen setze sich aus dem Akronym „SV“ für Sachverständiger und dem Begriff „Group“ zusammen, der häufig im Sinne eines firmenmäßigen Zusammenschlusses verwendet werde. Das Gesamtzeichen werde daher in der Bedeutung „(Firmen)Gruppe von Sachverständigen“ verstanden und weise darauf hin, dass die beanspruchten Dienstleistungen von einem Zusammenschluss von Experten erbracht würden. Sachverständige seien häufig neben ihrer besonderen Funktion als Gutachter und Berater auch eigenständig als Dienstleister am Markt tätig. Es sei sinnvoll, dass sich Experten unterschiedlicher Branchen zu einem (General)Dienstleister zusammenschlössen, um so ihr geballtes Fachwissen an den Kunden weiterzugeben. Die beanspruchten Beratungs- und Weiterbildungsdienstleistungen würden sinnvollerweise von Experten ihres Fachs erbracht. Bei den beanspruchten Ingenieurdienstleistungen sei der Sachverstand aus unterschiedlichen Fachgebieten ein unverzichtbares Muss. Ganz ähnliches gelte für Hausmeisterdienstleistungen und die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Vermietung von Parkplätzen, Bewirtung, Hygieneberatung und Gartenbaudienstleistungen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der IR-Markeninhaberin, mit der sie sinngemäß beantragt,

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den Beschluss des DPMA vom 22. Januar 2013 aufzuheben.

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Sie trägt vor, die angesprochenen Verkehrskreise hätten keine Veranlassung, das angegriffene Zeichen in seine Wortbestandteile aufzugliedern und diese zu analysieren. Insbesondere gebe es keinen Grund, die Buchstabenfolge SV als Abkürzung eines deutschen Wortes aufzufassen, obwohl der weitere Bestandteil „Group“ aus dem Englischen stamme. Falls überhaupt, werde das Publikum die Buchstabenfolge als englische Abkürzung verstehen. Die englischen Begriffe, die mit SV abgekürzt würden, ergäben im Zusammenhang mit „Group“ aber keinerlei Sinn. Zu einem Verständnis der Buchstabenfolge als Abkürzung eines deutschen Wortes komme man wegen seiner Verbindung mit dem englischen „Group“ nur aufgrund einer eingehenden Analyse, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade für die Unterscheidungskraft eines Zeichens spreche. Zudem werde SV im Deutschen als Abkürzung für eine Vielzahl von Begriffen benutzt. Als Abkürzung für Sachverständiger sei die Buchstabenfolge aber nicht einmal in amtlichen Veröffentlichungen in Gebrauch. Es bestehe deshalb kein Anlass, die Buchstabenfolge in dieser Bedeutung zu verstehen. Selbst in der Bedeutung „Sachverständiger“ sei der Begriff SV für die beanspruchten Dienstleistungen zudem nicht beschreibend. Die Betriebswirte, die die beanspruchten Beratungsdienstleistungen in Klasse 35 erbringen, würden als Unternehmensberater und nicht als Sachverständige bezeichnet. Dies gelte ebenfalls für die Dienstleistungen der Klasse 41. Auch die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 43 würden üblicherweise nicht von Sachverständigen, sondern von Hoteliers und Restaurantbesitzern erbracht. Der Umstand, dass für die Erbringung der Dienstleistungen fächerübergreifender Sachverstand erforderlich sei, führe nicht dazu, die Erbringer als Sachverständige zu bezeichnen. Zudem vermittle jedenfalls die grafische Ausgestaltung dem Zeichen Unterscheidungskraft. Für die Eintragungsfähigkeit der Marke sprächen auch ihre Voreintragungen in anderen deutschsprachigen Ländern und ihre bereits zehnjährige Benutzung mit einem sechsstelligen Nettoumsatz in Deutschland.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist begründet.

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Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, weil der Schutzerstreckung der international registrierten Marke auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Schutzhindernisse gemäß §§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1, 8 MarkenG i.V.m. Art. 5 PMMA, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ entgegenstehen. Insbesondere fehlt ihr nicht die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH, GRUR 2010, 228, 229, Rdnr. 33 – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH, GRUR 2013, 731, 732, Rdnr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 – Link economy; GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, a.a.O. – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; a.a.O., Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 - My World; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, a.a.O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411, Rdnr. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779, Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; a.a.O. - My World).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH, a.a.O. – Die Vision; a.a.O. – Marlene-Dietrich-Bildnis II).

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Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung (BGH, GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH, GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH, GRUR 2012, 270, 271, Rdnr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a.a.O., Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; a.a.O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u.a. BGH, GRUR 2010, 1100, 1101, Rdnr. 20 - TOOOR!; a.a.O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH, a.a.O., Rdnr. 23 - TOOOR!; a.a.O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).

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Buchstabenfolgen sind grundsätzlich als betriebliche Herkunftsangabe geeignet. Wenn sie allerdings von den beteiligen Verkehrskreisen als gebräuchliche Abkürzung einer für die beanspruchte Ware oder Dienstleistung beschreibenden Angabe oder mit diesen in engem Bezug stehenden Sachangabe wahrgenommen werden, kann es ihnen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlen (EuGH, GRUR Int. 2004, 328, 330 Rdnr. 31-34 – TDI; BPatG GRUR Prax 2013, 245 – LAPD; Beschluss vom 17. Januar 2013, 30 W (pat) 549/11 - ACB; Beschluss vom 18.10.2012, 30 W (pat) 54/1 1- NC).

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2. Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wird die Marke Abbildung gerecht.

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Der Wortbestandteil der Marke besteht aus der Buchstabenfolge „SV“ und dem englischen Wort „Group“ für Gruppe. Wegen der unterschiedlichen farblichen und grafischen Gestaltung werden diese Bestandteile als Einzelelemente wahrgenommen. Der Begriff „Group“ ist im Deutschen aus Anglizismen wie boygroup, pressure group, chatgroup, peergroup oder groupy bekannt. Im Wirtschaftsbereich ist das Wort als Namensbestandteil international operierender Konzerne verbreitet (Stargate Group, Swatch-Group, Swissair Group, Telekom Austria Group, SIX Group, Warner Music Group, HVB Group, RTL Group, BMW Group, REWE Group) und auch den allgemeinen Verbrauchern als Bestandteil von Unternehmensnamen bekannt. Hier wird es regelmäßig mit weiteren Namensbestandteilen kombiniert und weist in der Bedeutung „Unternehmensgruppe“ auf die Konzernstruktur des Unternehmens hin. In diesem Sinn ist es rein beschreibend.

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Die Buchstabenfolge „SV“ wird als Abkürzung für eine Vielzahl von Begriffen benutzt. Dazu zählen „Sachverhalt, Sachverständiger, Schachverband, Schäferhundeverein, Schlagvolumen, Schülervertretung, Schwimmverband, Schwimmverein, Seglerverein, Selbstverwaltung, Servolenkung, Shareholder Value, Sicherungsverwahrung, Sichtvermerk, Siedlungsverband, Simultanverarbeitung, Skiverband, Sondervermögen, Sonderverzeichnis, Sozialversicherung, Spielvereinigung, Sportverband, Sportverein, Stammverlängerung“ und „Stiftungsverband“ (Duden, Das Wörterbuch der Abkürzungen, Mannheim, 6. Aufl. 2011).

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Das nach Auffassung der Markenstelle im Vordergrund stehende Verständnis der Buchstabenfolge SV als Abkürzung für Sachverständiger liegt für die angesprochenen Verkehrskreise nicht auf der Hand, sondern erschließt sich - wenn überhaupt - nur durch mehrere analysierende Gedankenschritte. Unter einem „Sachverständigen“ versteht man in der Rechtssprache eine Person, die aufgrund ihrer besonderen Sachkunde in einem gerichtlichen Verfahren als Gutachter auftritt oder allgemein jemanden mit Sachverstand, einen Fachmann oder Experten (Duden-online, www.duden.de). Die Abkürzung SV für einen Sachverständigen ist nach der Recherche des Senats außerhalb des hier nicht relevanten Justizbereichs nicht verbreitet. Auch in Fachtexten wird der Begriff „Sachverständiger“ nur selten zu SV verkürzt.

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In der Gesamtbetrachtung des Zeichens steht die in dem angegriffenen Beschluss festgestellte Bedeutung „Sachverständigengruppe“ für die angesprochenen Verkehrskreise, die sich für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 in erster Linie aus dem unternehmerisch tätigen Publikum und im Übrigen aus der Allgemeinheit der Verbraucher und dem Fachverkehr zusammensetzen, nicht im Vordergrund. Denn die Verbindung des deutschen Wortes „Sachverständiger“ mit dem englischen Wort „Group“ ist ungewöhnlich. Der Begriff „Sachverständigengroup“ wird im Inland nicht beschreibend benutzt. Die deutsche Bedeutung „Sachverständigengruppe“ ist zwar bei der Klassifizierung von Sachverständigen gebräuchlich, wird aber nicht zu „SV-Gruppe“ verkürzt. Daher bedarf es mehrerer analysierender Gedankenschritte, um in dem Zeichen SVGroup den Begriff „Sachverständigengruppe“ zu erkennen.

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Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff „Sachverständiger“ und die entsprechende Abkürzung SV für die beanspruchten Dienstleistungen keine Fachbegriffe sind, an deren Verwendung das angesprochene Publikum im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen so gewöhnt ist, dass es den Begriff in der Abkürzung und in der Verbindung mit Group unmittelbar erkennen wird.

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Zudem handelt es sich bei den beanspruchten Dienstleistungen nicht um Gutachtertätigkeiten. Zwar werben Unternehmensberater und Ausbildungsdienstleister gelegentlich mit ihrer Qualifikation als Sachverständiger, um die Qualität ihrer Beratungsleistungen herauszustellen. Auch bieten Sachverständige häufig neben ihrer Gutachtertätigkeit Beratungsdienstleistungen und Ausbildungsdienstleistungen an. In diesem Zusammenhang findet die Abkürzung SV nach den Recherchen des Senats aber keine Verwendung, sodass die angesprochenen Verbraucher das angemeldete Zeichen Abbildung im Bereich der Beratungsdienstleistungen und Ausbildungsdienstleistungen nicht als Abkürzung für Sachverständigengruppe verstehen werden.

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Nichts anderes gilt für die Dienstleistungen der Klassen 37, 39, 42, 43 und 44. Diese Dienstleistungen haben keinen engen Sachbezug zu der Tätigkeit eines Sachverständigen. Die angesprochenen Verbraucher werden auch nicht erwarten, dass diese Dienstleistungen von Sachverständigen erbracht werden. Deshalb werden sie das Zeichen Abbildung nicht als Hinweis auf eine Vereinigung von Sachverständigen verstehen.

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Da die Buchstabenfolge auch nicht als Abkürzung für einen anderen Fachbegriff gebräuchlich ist, der die Dienstleistungen beschreibt oder einen auf der Hand liegenden Sachbezug zu ihnen aufweist, kann dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht aus den genannten Gründen nicht.

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3. Im Hinblick auf die Dienstleistung „vente au détail“ (Einzelhandel), für die Schutzerstreckung in Klasse 35 beansprucht wird, bedarf es noch einer Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses. Die Markenstelle hatte im Beanstandungsbescheid vom 13. Juli 2011 (Bl. 7 d. VA) zutreffend auf diese Tatsache hingewiesen. Zur Eintragung als Marke bzw. der Gewährung der Schutzerstreckung sind nämlich nähere Angaben in Bezug auf die Waren oder Arten von Waren notwendig, auf die sich die Einzelhandelsdienstleistung bezieht (EuGH, GRUR 2005, 764, 767, Rn. 50 f. – Praktiker; BPatG, GRUR 2006, 63, 64). Die Klärung ist insoweit nachzuholen.