Entscheidungsdatum: 21.09.2011
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2008 036 613
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. September 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Kortge und Dorn
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Januar 2011 wird aufgehoben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke 30 2008 036 613 aufgrund der Widersprüche aus den Marken 397 49 450 und IR 513 595 für die Waren der
Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;
angeordnet worden ist.
I.
Die Wortmarke
Hice
ist am 5. Juni 2008 angemeldet und am 7. November 2008 unter der Nr. 30 2008 036 613 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für Waren und Dienstleistungen der Klasse 16 sowie für Waren und Dienstleistungen der
Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.
Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Einzelhandelsdienstleistungen mit Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, Druckereierzeugnissen, Buchbinderartikeln, Photographien, Schreibwaren, Klebstoffen für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke, Künstlerbedarfsartikeln, Pinseln, Schreibmaschinen und Büroartikeln (ausgenommen Möbeln), Lehr- und Unterrichtsmitteln (ausgenommen Apparaten), Verpackungsmaterial aus Kunststoff, Drucklettern, Druckstöcken, Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.
Gegen diese Marke, deren Eintragung am 12. Dezember 2008 veröffentlicht wurde, hat die Inhaberin der älteren Wortmarke
ICE
die am 31. März 1998 unter der Nummer 397 49 450 in das beim DPMA geführte Register eingetragen wurde für Waren der Klassen 9, 14, 18 sowie Waren der
Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;
sowie der älteren international registrierten Wortmarke
ICE
die am 31. Juli 1987 als IR-Marke unter der Nummer 513 595 eingetragen wurde und die in Deutschland für Waren der Klasse 18 und der
Klasse 25: Vêtements, chaussures, chapellerie;
geschützt ist, Widerspruch erhoben, der sich ausschließlich auf die Waren der Klasse 25 der beiden Widerspruchsmarken stützt und sich gegen die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren der Klasse 25 sowie der für sie in Klasse 35 registrierten "Einzelhandelsdienstleistungen mit Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" richtet.
Mit einem am 6. Mai 2009 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz vom 5. Mai 2009 (Bl. 95 VA) hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG erhoben. Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 17. Juli 2009 (Bl. 141 ff. VA = Zusatzordner 1) Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der beiden Widerspruchsmarken für Klasse 25 vorgelegt.
Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 6. Januar 2011 eine teilweise Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der jüngeren Marke für die Waren der Klasse 25 angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie von einer Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der beiden Widerspruchsmarken für Jeans und T-Shirts und damit für "Oberbekleidung" ausgehe. Beide Widerspruchsmarken verfügten mangels beschreibender Bedeutung in Bezug auf die zu betrachtenden Waren über normale Kennzeichnungskraft. Eine Reduzierung des Schutzumfangs im Hinblick auf eine Vielzahl eingetragener Marken mit dem Bestandteil "ICE" könne nur durch benutzte Drittmarken für vergleichbare Waren herbeigeführt werden, woran es hier fehle. Zwischen den Waren "Bekleidungsstücke" der angegriffenen Marke und den benutzten Widerspruchswaren "Oberbekleidung" bestehe Identität. Die angefochtenen Waren "Schuhwaren, Kopfbedeckungen" lägen im weiteren Sinne im Ähnlichkeitsbereich, weil sie im Zusammenhang mit Bekleidung stünden. Zu den "Einzelhandelsdienstleistungen mit Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" wiesen die benutzten Waren "Oberbekleidung" der Widerspruchsmarken kein relevantes Ähnlichkeitsverhältnis auf, weil dem Verbraucher bewusst sei, dass Einzelhandelsunternehmen nicht als Warenproduzenten tätig würden. Mit den gegenseitig eingetragenen Waren werde über den teilweise in Betracht kommenden Fachverkehr hinaus ein breites Publikum angesprochen. Anhaltspunkte für die Annahme einer besonderen Aufmerksamkeit seien nicht gegeben. Die Vergleichsmarken seien vom akustischen Eindruck angenähert. Abgesehen von der Aussprache der Widerspruchsmarken "ICE" als Buchstabenkombination, wie es für den so abgekürzten Schnellzug üblich sei, komme bei der Kennzeichnung von Bekleidungsstücken eher die englische Aussprache als einsilbiges Wort (eiß) in Betracht. Da es sich bei der angefochtenen Marke auch nicht um ein Wort des deutschen Sprachgebrauchs handele, sei hier eine an das Englische angelehnte Artikulation nicht auszuschließen. Somit stünden sich die einsilbigen Lautfolgen "heiß" und "eis" gegenüber. Der am Wortanfang nur als Hauchlaut artikulierte Buchstabe "H" verändere den klanglichen Gesamteindruck der angefochtenen Marke auch unter Berücksichtigung ihres Kurzwortcharakters nicht nachhaltig genug.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie beantragt,
den Beschluss des DPMA vom 6. Januar 2011 insoweit aufzuheben, als die Marke gelöscht wurde.
Sie ist der Auffassung, dass sich die Vergleichsmarken in schriftbildlicher Hinsicht durch den Buchstaben "H" am stärker beachteten Wortanfang der jüngeren Marke unterschieden. Dieser Unterschied in einem von vier Buchstaben falle auch deshalb deutlich auf, weil das Publikum bei Kurzzeichen jeden Bestandteil des Zeichens verstärkt wahrnehme. Auch nach dem vom angesprochenen Verkehr wahrgenommenen Sinngehalt der jeweiligen Marke bestünden Unterschiede. Da die streitgegenständlichen Waren der Klasse 25 regelmäßig "auf Sicht" gekauft und einer eingehenden Prüfung (Anprobe) unterzogen würden, erführen sie eine höhere Aufmerksamkeit von den angesprochenen Verkehrskreisen, zumal es sich um hochpreisige Luxusmode handele. Auch der unterschiedliche, konträre Sinngehalt der Vergleichsmarken verhindere eine Verwechslungsgefahr. Die Widerspruchsmarken "ICE" würden vom deutschen Durchschnittverbraucher in der englischen Sprache mit der Bedeutung "Eis" wahrgenommen, während der jüngeren Marke "Hice" weder in der englischen noch in der deutschen Sprache eine Bedeutung zukomme. Letztere werde wegen der im Deutschen unüblichen Verwendung des Buchstabens "c" in der Wortmitte in englischer Lautsprache "heiß" und nicht "hieze" ausgesprochen, so dass sich "heiß" und "eis" gegenüberstünden. Während die Bedeutung "Eis" Assoziationen mit Kälte, Coolness und Abgeklärtheit hervorrufe, assoziiere das Publikum mit der jüngeren Marke das Gegenteil, nämlich die Eigenschaften "heiß", "angesagt" und "begehrenswert". Auch in klanglicher Hinsicht unterschieden sich die Vergleichsmarken durch den vorangestellten Konsonanten "H" am Wortanfang der angegriffenen Marke ausreichend. Aufgrund der Einsilbigkeit der streitgegenständlichen Marken liege die Betonung am Wortanfang, so dass der Anfangsbuchstabe "H" stark ausgesprochen werde. Auch wegen des konträren Sinngehalts sei dieser Unterschied deutlich wahrnehmbar. Eine etwaige klangliche Ähnlichkeit werde von den bestehenden Unterschieden im Schriftbild und Sinngehalt neutralisiert.
Die Widersprechende verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt die Auffassung, dass der der jüngeren Marke vorangestellte Buchstabe "H" nicht geeignet sei, den erforderlichen Markenabstand herzustellen. Für Kurzwörter gälten in schriftbildlicher Hinsicht keine Sonderregeln. Auch hier müssten Abweichungen in jeder Hinsicht deutlich in Erscheinung treten. Da der Durchschnittsverbraucher das englische Wort für "heiß", nämlich "hot" kenne, dränge sich ihm die Bedeutung "heiß", schon gar nicht in Bezug auf Kleidungsstücke auf. Angesichts der Klangschwäche des Lautes "H" seien die Vergleichsmarken klanglich derart ähnlich, dass in erheblichem Umfang mit Hörfehlern gerechnet werden müsse. Der Buchstabe "H" werde als Anfangslaut in der Regel überhört. Der BGH habe sich der Neutralisierungstheorie des EuGH bisher nicht angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die sich gegenüberstehenden Marken unterliegen nicht der Gefahr einer Verwechslung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 107, § 112 MarkenG.
Es kann dahinstehen, ob die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der beiden Widerspruchsmarken für die Waren der Klasse 25 "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" ausreichend glaubhaft gemacht hat, weil selbst unter Zugrundelegung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarken für diese Waren eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben ist.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch einer erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2006, 60, 61 Rdnr. 12 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, 860 Rdnr. 16 - Malteserkreuz I; MarkenR 2008, 405 Tz. 10 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 906 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, 260 Rdnr. 20 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2009, 484, 486 Rdnr. 23 - Metrobus; GRUR 2010, 235 Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO/PICARO).
1. Ausgehend von den beschwerdegegenständlichen Waren der angegriffenen Marke und den als rechtserhaltend benutzt unterstellten Widerspruchswaren werden die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung identischer Waren verwendet, weil beide Marken in Klasse 25 für die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" eingetragen sind.
2. Mit den vorgenannten Waren wird über den teilweise in Betracht kommenden Fachverkehr hinaus ein breites Publikum angesprochen.
Soweit allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen sind, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware und/oder Dienstleistung befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware bzw. der in Anspruch genommenen Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (BGH MarkenR 2000, 140, 144 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1998, 942, 943 linke Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 Rdnr. 24 - Lloyd/Loint´s).
Die Aufmerksamkeit des Publikums bei der Auswahl der hier betroffenen Bekleidungsstücke wird abhängig von der Preisklasse und dem Qualitätsniveau entweder bei alltäglichen Massenartikeln gering und bei Luxusmode erhöht sein. Es kann daher insgesamt von keinem höheren als einem normalen Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen werden.
3. Die beiden Widerspruchsmarken "ICE" verfügen über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
a) Als dem englischen Grundwortschatz entstammendes Wort wird "ICE" im Deutschen mit "Eis", "Eiscreme", "Eisfläche" oder umgangssprachlich mit "Diamanten, Klunker" übersetzt (Duden - Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]; www.leo.org). Keine dieser Bedeutungen enthält eine beschreibende Aussage in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren der Klasse 25. Es gibt keine als solche bezeichnete "Eiskleidung". Abgesehen davon, dass eine mit Diamanten besetzte Bekleidung eher selten sein dürfte, sind auch zu viele gedankliche Zwischenschritte erforderlich, um einen Bezug zwischen Eis bzw. Diamanten und Bekleidung herzustellen. Das Gleiche gilt, soweit die Buchstabenkombination als Abkürzung für den "Intercityexpress[zug]" verstanden wird (Duden - Oxford - Großwörterbuch Englisch, a. a. O.; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 CD-ROM]).
b) Eine Reduzierung des Schutzumfanges durch Drittzeichen kann nicht angenommen werden. Keine der von der Widersprechenden angeführten, für die Klasse 25 eingetragenen Drittmarken (Anlage B 4, Bl. 442 - 451 VA) besteht nur aus dem Markenwort "ICE" , sondern alle verfügen über weitere überwiegend kennzeichnungskräftige Wortelemente. Für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch eine größere Anzahl im engsten Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarken liegender Drittmarken genügt es zudem nicht - wie hier -, nur die Anzahl und die Namen der Marken anzugeben, sondern es muss auch zum Umfang der Benutzung und zur Bekanntheit der Drittzeichen vorgetragen werden (BGH GRUR 2008, 1104 Rdnr. 25 - Haus und Grund II; GRUR 2009, 685 Rdnr. 25 - ahd.de).
c) Es gibt aber auch keine Anhaltspunkte für eine von der Widersprechenden behauptete, durch intensive Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der beiden Widerspruchsmarken.
Für die Annahme eines wesentlich größeren Schutzbereichs der beiden Widerspruchsmarken reichen Umsatzzahlen nicht aus, weil selbst umsatzstarke Marken häufig wenig und Marken mit geringen Umsätzen weithin bekannt sein können. Insoweit lassen nur konkrete Angaben der Widersprechenden zu ihrem Marktanteil, z. B. ermittelt durch Verkehrsbefragungen, und zu ihren Werbeaufwendungen jeweils im Vergleich zu Konkurrenzprodukten der Mitbewerber zuverlässigere Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit zu (EuGH MarkenR 1999, 236, 239 (Nr. 23, 24) - Lloyd; GRUR 2002, 804, 808 (Nr. 60 - 62) - Philips; BGH GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV; GRUR 2003, 1040, 1044 - Kinder; BPatGE 44, 1, 4 - Korodin). Weder ist der für die Widerspruchsmarken getätigte Werbeaufwand konkret beziffert worden, noch sind eine Verkehrsbefragung oder sonstige Unterlagen über den Marktanteil vorgelegt worden, obwohl auch die Beschwerdeführerin auf den unzureichenden Vortrag der Widersprechenden hingewiesen hat.
4. Trotz Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der beiden Widerspruchsmarken hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand noch ein.
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Rdnr. 1 - HEITEC). Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen. Für den Gesamteindruck eines Zeichens ist insbesondere der Wortanfang von Bedeutung, weil der Verkehr diesem regelmäßig größere Beachtung schenkt als Endsilben (BGH GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-VIBRAFLEX).
a) Die sich hier gegenüberstehenden Marken werden weder klanglich noch schriftbildlich noch begrifflich ähnlich wahrgenommen.
aa) Eine klangliche Verwechslungsgefahr besteht nicht.
Diese hat auf dem hier betroffenen Bekleidungs- und Modesektor, wo das Publikum angesichts des überwiegenden Kaufs "auf Sicht" und des zunehmenden Internet-Einkaufs die Waren und die Marken überwiegend optisch wahrnimmt, aber auch nicht dieselbe Bedeutung wie die schriftbildliche Verwechslungsgefahr, wenngleich sie etwa im Hinblick auf mündliche Empfehlungen des Verkaufspersonals oder gezielte Nachfragen von Seiten der Kunden nicht einfach unberücksichtigt bleiben kann.
Die jüngere Marke kann entweder nach der Art eines englischen Wortes wie das deutsche Adjektiv "heiß" oder "hiß" oder - den deutschen Sprachregeln entsprechend - "hi(e)ze" oder als Buchstabenkombination "H I C E" ausgesprochen werden. Die Buchstabenfolge "ICE" ist breiten Verkehrskreisen als zum englischen Grundwortschatz gehörender Begriff für "Eis" bekannt und wird dementsprechend entweder in gleicher Weise oder im Hinblick auf die bekannte Abkürzung des deutschen Schnellzuges durch Benennung der drei einzelnen Buchstaben ausgesprochen.
Eine klangliche Verwechslungsgefahr kann daher nur in Betracht kommen, wenn sich die englischen Aussprachen "heiß" und "eis" gegenüberstehen. Für eine sofortige Einordnung des Markenwortes "Hice" als englisches Wort liegen aber keine Anhaltspunkte vor (Duden - Oxford - Großwörterbuch Englisch, a. a. O.; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]).
Eine Verwechslungsgefahr in phonetischer Hinsicht scheidet aber auch in dieser Aussprachevariante aus, weil sich die Vergleichsmarken am Wortanfang durch den Buchstaben "H" der jüngeren Marke deutlich unterscheiden. Denn Wortanfänge werden im Allgemeinen stärker beachtet. Hinzu kommt, dass es sich um Kurzwörter handelt, bei denen einzelne Abweichungen im Verhältnis stärker wahrgenommen werden als bei längeren Markenwörtern. Zudem bleiben kurze Wörter besser und genauer in Erinnerung. Folglich können mitunter Abweichungen in nur einem Laut Verwechslungen ausschließen (BPatG, 26 W (pat) 324/03 - WELT/WEST; 29 W (pat) 51/10 E-tat/ETAX). So liegt der Fall auch hier.
Aufgrund der Einsilbigkeit der Vergleichsmarken liegt die Betonung am stärker beachteten Wortanfang, so dass der Anfangsbuchstabe "H", auch wenn es sich um einen klangschwachen Konsonanten handelt, deutlich ausgesprochen wird. Ferner handelt es sich um Kurzwörter, so dass jede Abweichung, insbesondere bei den Anfangsbuchstaben, besonders auffällt und nicht überhört werden kann. Der zusätzliche Anfangskonsonant "H" in der angegriffenen Marke und der nachfolgende Vokal verbinden sich zudem derart, dass die Lautfolge der Widerspruchsmarken nicht mehr eigenständig hervortritt.
bb) Die Vergleichsmarken unterscheiden sich auch in schriftbildlicher Hinsicht deutlich.
Bei der insoweit maßgeblichen visuellen Wahrnehmung ist zu berücksichtigen, dass das Schriftbild von Marken erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel sogar wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort (BPatGE 43, 108, 114 - Ostex/OSTARIX; BPatG GRUR 2004, 950, 954 - ACELAT/Acesal). Den bildlichen Gesamteindruck bestimmen meist die Anfangs- und Schlussele-mente von Wörtern stärker als die Wortmitte. Längere Marken-wörter werden nicht nur klanglich, sondern auch schriftbildlich leichter verwechselt als Kurzmarken und umgekehrt (EuG, Urt. v. 23.9.2009, T-391/06 (Nr. 41) - S-HE/She).
Neben den vorhandenen Gemeinsamkeiten, nämlich der Übereinstimmung in drei aufeinander folgenden Buchstaben, bildet das der jüngeren Marke vorangestellte "H" schon aufgrund seiner Umrisscharakteristik einen markanten Unterschied. Es wird zudem aufgrund seiner Stellung am Wortanfang visuell deutlich wahrgenommen und prägt maßgebend den optischen Gesamteindruck, wodurch sich die angegriffene Marke schriftbildlich von den beiden Widerspruchsmarken absetzt.
cc) Auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr ist wegen des unterschiedlichen Sinngehalts der Vergleichsmarken ausgeschlossen.
Die beiden Widerspruchsmarken werden entweder im deutschen Sprachgebrauch als Abkürzung für "Intercityexpress[zug[" verstanden oder als das englische Wort für "Eis" wahrgenommen. Die jüngere Marke ist dagegen sowohl im Deutschen als auch im Englischen ein unbekannter Fantasiebegriff.
b) Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr oder eine solche im weiteren Sinne sind bei den streitgegenständlichen einsilbigen Markenwörtern ebenfalls zu verneinen.