Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.03.2012


BPatG 07.03.2012 - 29 W (pat) 49/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Entertainer/Der Allround-Entertainer!" – zur Kennzeichnungskraft – Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr - keine mittelbare Verwechslungsgefahr - keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
07.03.2012
Aktenzeichen:
29 W (pat) 49/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 22 622

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. März 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, der Richterin Kortge und der Richterin am Landgericht Uhlmann

beschlossen:

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Dezember 2008 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

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Entertainer

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ist am 5. April 2006 angemeldet und am 13. Oktober 2006 unter der Nummer 306 22 622 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für u. a. folgende Dienstleistungen der

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Klasse 35:

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Werbung für Sportartikel; Bewerbung von Dienstleistungen vorzugsweise durch Veröffentlichung und Vermarktung von gewerblichen Anzeigen, nämlich Vermietung von Werbeflächen und Werbematerial, insbesondere im Internet; Vermietung von Werbematerial und/oder Werbeflächen; Vermittlung von Verträgen für Dritte über Veräußerung von Waren; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren.

6

Gegen diese Marke, deren Eintragung am 17. November 2006 veröffentlicht wurde, hat der Inhaber der älteren Wortmarke

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Der Allround-Entertainer!

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die am 6. Mai 2004 unter der Nummer 304 12 363 eingetragen wurde u. a. für folgende Dienstleistungen der

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Klasse 35:

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Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet (Bannerexchange); Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Werbung im Internet für Dritte;

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Widerspruch erhoben, der sich ausschließlich gegen die oben aufgeführten Dienstleistungen der jüngeren Marke richtet und auf die unten genannten Dienstleistungen gestützt wird.

12

Mit Beschluss vom 15. Dezember 2008 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken bejaht und die Löschung der jüngeren Marke für die vom Widerspruch erfassten Dienstleistungen angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, nach der maßgeblichen Registerlage bestehe zwischen den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der angegriffenen Marke und den Dienstleistungen, auf die sich der Widerspruch stütze, Identität oder hochgradige Ähnlichkeit. Denn es handele sich jeweils um Werbe- und Vermittlungsdienste, die deutliche Gemeinsamkeiten im Hinblick auf Art, Erbringung, Inanspruchnahme, Anbieterbetriebe und wirtschaftliche Bedeutung erkennen ließen. Die Widerspruchsmarke weise eine noch durchschnittliche Kennzeichnungskraft aus. Zwar bestehe sie im Wesentlichen aus zwei im Inland bekannten Begriffen des englischen Grundwortschatzes, aber diese stünden nicht in einem hinreichenden Zusammenhang zu den in Rede stehenden Dienstleistungen. Während ein Entertainer eine Person bezeichne, die durch Schauspiel, Gesang oder Kabarett Menschen unterhalte, bedeute der Begriff "Allround" "vielseitig" oder "allumfassend". Für Unterhaltung wäre die Bezeichnung "Der Allround-Entertainer!" sicherlich glatt beschreibend, aber nicht für die hier in Betracht kommenden Werbe- und Vermittlungsdienste. Die erforderlichen strengen Anforderungen an den Zeichenabstand erfülle die angegriffene Marke nicht. Zwar sei eine unmittelbare klangliche oder schriftbildliche Verwechslungsgefahr nicht gegeben, da die Widerspruchsmarke "Der Allround-Entertainer!" als eine aufeinander bezogene Sinneinheit aufgefasst werde und die Vergleichsmarken auch in begrifflicher Hinsicht (Entertainer/vielseitiger Entertainer) keine vollständigen Synonyme darstellten. Aber es liege eine mittelbare Verwechslungsgefahr vor, weil die angesprochenen Verkehrskreise bei der Begegnung mit der jüngeren Marke als Kennzeichnung von Werbe- und Vermittlungsdiensten zu der Überzeugung gelangten, dass es sich um spezielle Angebote oder Weiterentwicklungen der Widerspruchsmarke handele. Denn letztere verkörpere keinen echten Gesamtbegriff, der den Aussagegehalt gegenüber der angegriffenen Marke maßgeblich verändere. Vielmehr sei die Vielseitigkeit bei einem Entertainer eine besonders nahe liegende Eigenschaft, so dass die Widerspruchsmarke die damit verbundene begriffliche Vorstellung lediglich wiederhole.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers, mit der er sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA vom 15. Dezember 2008 aufzuheben.

15

Er vertritt die Ansicht, die Widerspruchsmarke sei eine so genannte Mehrwortmarke, die aus den zwei gleichwertigen, mittels Bindestrich gekoppelten Substantiven "Allround" und "Entertainer", dem bestimmten Artikel "der" sowie einem Ausrufezeichen am Ende bestehe. Aufgrund der Gleichgewichtigkeit der beiden Substantive, die einen einheitlichen Begriff bildeten (vgl. BGH GRUR 1996, 777 – Foot-Joy/JOY) sei kein Bestandteil, also auch nicht der Begriff "Entertainer", allein prägend. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei herabgesetzt, weil beide Hauptbegriffe allgemeinverständlich, lexikalisch nachweisbar und ausweislich einer durchgeführten Internetrecherche in unterschiedlichsten Zusammensetzungen benutzt würden. Allein die Suche nach dem Begriff "Allround" bei www.google.de habe weit über … Millionen Treffer ergeben. Eine weitere Schwächung der Kennzeichnungskraft erfahre der Begriff "Allround-Entertainer" durch die erhebliche Drittzeichenlage. Denn bei einer Internetrecherche unter www.yahoo.de seien allein bei Seiten aus Deutschland über … Einträge gefunden worden. Zwischen den gegenseitigen, fraglichen Dienstleistungen bestehe bestenfalls Ähnlichkeit, aber keine Identität.

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Die Widersprechende beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, ihre Marke enthalte keine gleichgewichtigen Elemente. Sie werde vielmehr durch den Markenbestandteil "Entertainer" geprägt. Denn zum einen beschreibe das Adjektiv "Allround" in seiner bekannten Bedeutung "vielseitig, allumfassend" die fraglichen Dienstleistungen und trete deshalb in den Hintergrund. Zum anderen neige das Publikum dazu, Bezeichnungen wie die Widerspruchsmarke in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen. Die einzige plausible Verkürzung ihrer Marke sei der Bestandteil "Entertainer". Der Wortbestandteil "Allround" ergänze lediglich beschreibend den Bestandteil "Entertainer". Er sei daher kennzeichnungsschwach und trete weit genug in den Hintergrund, so dass eine Verwechslungsgefahr – selbst für den Fall, dass die Widerspruchsmarke nicht allein durch den Wortbestandteil "Entertainer" geprägt werde – nicht ausgeschlossen werden könne. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei insgesamt nicht geschwächt, weil sie in Bezug auf die in Rede stehenden Dienstleistungen allenfalls geringe beschreibende Anklänge habe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

21

Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

22

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2006, 60, 61 Rdnr. 12 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, 860 Rdnr. 16 – Malteserkreuz I; MarkenR 2008, 405 Tz. 10 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 906 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, 260 Rdnr. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2009, 484, 486 Rdnr. 23 – Metrobus; GRUR 2010, 235 Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; EuGH GRUR 2006, 237, 238 – PICASSO/PICARO).

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1. Ausgehend von den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen in Klasse 35 werden die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung teils identischer teils hochgradig ähnlicher Dienstleistungen verwendet.

24

Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (BGH GRUR 2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN, GRUR 2004, 601 – d-c-fix/CD-FIX; EuGH MarkenR 2009, 47, 53 Rdnr. 65 – Edition Albert René).

25

a) Identität besteht zunächst zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke "Bewerbung von Dienstleistungen vorzugsweise durch Veröffentlichung und Vermarktung von gewerblichen Anzeigen, nämlich Vermietung von Werbeflächen und Werbematerial, insbesondere im Internet" sowie "Vermietung von Werbematerial und/oder Werbeflächen" und den Widerspruchsdienstleistungen "Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien, Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet (Bannerexchange); Werbung im Internet für Dritte".

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b) Den übrigen streitgegenständlichen Dienstleistungen der angegriffenen Marke stehen die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zumindest hochgradig ähnlich gegenüber.

27

aa) Bei den für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistungen "Vermittlung von Verträgen für Dritte über Veräußerung von Waren; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren" besteht der Nutzen für den Leistungsempfänger in der Anbahnung und im Abschluss eines Warenkaufvertrages. Die Widerspruchsdienstleistungen "Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet" ermöglichen dem Leistungsempfänger einen "Handelskontakt", der ebenfalls zum Abschluss von Kaufverträgen führen kann.

28

bb) Die für die angegriffene Marke geschützte Dienstleistung "Werbung für Sportartikel" weist eine hochgradige Ähnlichkeit zu der Widerspruchsdienstleistung "Werbung im Internet für Dritte" auf. Denn Werbung im Internet für Dritte umfasst auch "Werbung für Sportartikel".

29

2. Die Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

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Grundsätzlich kommt durchschnittliche Kennzeichnungskraft den Marken zu, die von Hause aus, also unabhängig von ihrer Benutzung, uneingeschränkt dazu geeignet sind, Waren/Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von den Waren/Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR Int 1999, 734, 746 (Nr. 22) – Lloyd; GRUR 1988, 922 - Canon).

31

a) Eine Reduzierung des Schutzumfanges durch Drittzeichen kann nicht angenommen werden.

32

Auch wenn eine Internetrecherche unter www.yahoo.de mit dem Suchwort "Allround-Entertainer" über … Treffer liefert (vgl. Seite 6 der Beschwerdebegründung vom 5. Januar 2009, Bl. 21 GA), ist hieraus weder erkennbar, dass es sich bei den Treffern um Kennzeichen handelt, noch geht der Umfang der Benutzung oder Bekanntheit daraus hervor. Hinzu kommt, dass diese Rechercheergebnisse lediglich die Verwendung der Wortkombination "Allround-Entertainer" als Berufsbezeichnung des jeweils genannten Unterhaltungskünstlers (Wolf Frank, Herman van Veen, Johannes B. Kerner, Justin Timberlake, Götz Alsmann) belegen. Eine Verwendung als Marke für Waren oder Dienstleistungen ist nicht ersichtlich.

33

Für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch eine größere Anzahl im engsten Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarken liegender Drittmarken genügt es zudem nicht, nur die Anzahl und die Namen der Marken anzugeben, sondern es muss auch zum Umfang der Benutzung und zur Bekanntheit der Drittzeichen vorgetragen werden (BGH GRUR 2008, 1104 Rdnr. 25 – Haus und Grund II; GRUR 2009, 685 Rdnr. 25 – ahd.de).

34

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist auch nicht aufgrund einer beschreibenden Bedeutung oder eines beschreibenden Anklangs für die relevanten Dienstleistungen geschwächt.

35

aa) Die Widerspruchsmarke setzt sich aus den englischen Wortbestandteilen "Allround" im Sinne von "vielseitig, alles könnend, universal" (www.leo.org) und "Entertainer" im Sinne von "Unterhaltungskünstler" (www.leo.org) zusammen, die durch einen Bindestrich verbunden sind und denen der deutsche bestimmte männliche Artikel "Der" vorangestellt sowie ein Ausrufezeichen nachgestellt ist.

36

Die Begriffe "Allround" und "Entertainer" gehören zum englischen Grundwortschatz und haben inzwischen Eingang in die deutsche Sprache gefunden, wie die bereits erwähnte Internetrecherche belegt. "Entertainer" wird als Synonym für einen Unterhaltungskünstler benutzt (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Der Begriff "Allround" wird als Präfix mit der Bedeutung "allseitig, für alle Gelegenheiten" verwendet (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.). Daher bereitet die Verbindung der ursprünglich englischen Begriffe mit dem deutschen Artikel "Der" keine Verständnisprobleme.

37

Die Widerspruchsmarke wird somit ohne weiteres als "Der vielseitige Unterhaltungskünstler!" verstanden. In Bezug auf die relevanten Dienstleistungen in den hier betroffenen Bereichen der Werbung und der Vertragsvermittlung stellt diese Bezeichnung keine unmittelbar beschreibende Angabe dar.

38

bb) Auch ein die Kennzeichnungskraft schwächender enger sachlicher Bezug bzw. beschreibender Anklang der Widerspruchsmarke für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen kann nicht festgestellt werden.

39

Werbedienstleistungen werden entweder durch Angabe der Art des verwendeten Mediums oder der Zielgruppe der Werbung bzw. Branche, in welcher die Werbedienstleistungen erbracht werden, beschrieben (BGH GRUR 2009, 949 ff. Rdnr. 24 – My World). "Allround-Entertainer" sind Teil der Unterhaltungsbranche, aber bilden keine eigene.

40

Auch in Bezug auf die Vertrags- und Handelskontaktvermittlungsdienstleistungen trifft die Widerspruchsmarke weder eine beschreibende Aussage noch stellt sie einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her.

41

3. Trotz Identität und hochgradiger Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen sowie durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand noch ein.

42

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 – Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). In diesem Zusammenhang kommt es für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Widerspruchsverfahren allein auf die Gegenüberstellung der im Register eingetragenen Zeichen an. Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln.

43

a) Die sich hier gegenüberstehenden Marken werden weder klanglich noch schriftbildlich noch begrifflich ähnlich wahrgenommen.

44

aa) Eine klangliche Verwechslungsgefahr kommt dann in Betracht, wenn der in beiden Marken identisch enthaltene Bestandteil "Entertainer" eine kollisionsbegründende Stellung einnimmt.

45

Er weist aber keine die ältere Marke prägende Funktion auf, weil das Wortelement "Allround" mit der Bedeutung "vielseitig" (www.leo.org) für die angesprochenen Verkehrskreise nicht in einer Weise zurücktritt, dass es für den Gesamteindruck vernachlässigt werden kann (EuGH GRUR 2007, 700 Rdnr. 41 – HABM/Shaker [Limoncello]; EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859 Rdnr. 18 – Malteserkreuz I; GRUR 2007, 888 Rdnr. 22 u. 31 – Euro Telekom; MarkenR 2008, 405, 406 Rdnr. 18 – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2009, 772, 776 Rdnr. 57 – Augsburger Puppenkiste).

46

Denn beide Elemente bilden einen untrennbaren Gesamtbegriff, der, wie schon die Internetrecherche des Beschwerdeführers unter www.yahoo.de mit … Treffer bei dem Suchwort "Allround-Entertainer" (Bl. 21 GA) gezeigt hat, bereits häufig verwendet wird.

47

Mithin stehen sich phonetisch die Vergleichsmarken "Entertainer" und "Der Allround-Entertainer!" gegenüber, deren Vokalfolge, Silbenlänge sowie Sprech- und Betonungsrhythmus deutlich differieren.

48

bb) Die Vergleichsmarken unterscheiden sich auch in schriftbildlicher Hinsicht ausreichend.

49

Bei der visuellen Wahrnehmung ist zu berücksichtigen, dass das Schriftbild von Marken erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel sogar wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort (BPatGE 43, 108, 114 – Ostex/OSTARIX; BPatG GRUR 2004, 950, 954 – ACELAT/Acesal).

50

Die Widerspruchsmarke ist eine mehrgliedrige Marke, so dass deutliche schriftbildliche Abweichungen hinsichtlich Zeichenlänge und –kontur von der angegriffenen Einwort-Marke festzustellen sind. Das der Widerspruchsmarke vorangestellte Element "Der Allround-" bildet schon aufgrund seiner Umrisscharakteristik und der unterschiedlichen Wortlänge einen markanten Unterschied.

51

cc) Eine begriffliche Verwechslungsgefahr ist wegen des unterschiedlichen Sinngehalts der Vergleichsmarken ausgeschlossen.

52

Für die Feststellung einer allein kollisionsbegründenden begrifflichen Ähnlichkeit genügt es nicht, dass nur begriffliche Assoziationen ausgelöst werden (BGH GRUR 2004, 779, 782 – Zwilling/Zweibrüder). Vielmehr ist eine unmittelbare begriffliche Verwechslung dann zu befürchten, wenn die gegenüberstehenden Begriffe vollständig synonym sind.

53

Die Bezeichnung "Allround-Entertainer" kann aber nicht synonym für "Entertainer" verwendet werden. So sind nachweislich auch "Musik-Entertainer", "Sport-Entertainer" und "Sprach-Entertainer" bekannt (Anlagen PAK 2 bis PAK 4, Bl. 39 – 41 GA). Diese Begriffe haben gerade eine von einem "Allround-Entertainer" abweichende Bedeutung. Zudem tragen der vorangestellte Artikel "Der" sowie die Verbindung der Wörter "Allround" und "Entertainer" mittels eines Bindestrichs dazu bei, dass die Bezeichnung "Allround-Entertainer" als Gesamtbegriff wahrgenommen wird.

54

b) Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr oder eine solche im weiteren Sinne sind bei den streitgegenständlichen Markenwörtern ebenfalls zu verneinen.

55

aa) Die mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens greift unter dem Begriff des gedanklichen In-Verbindung-Bringens der jüngeren mit der älteren Marke dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (BGH GRUR 2007, 1071 Rdnr. 40 - Kinder II).

56

Abgesehen davon, dass die Widersprechende nicht vorgetragen hat, dass sie über eine auf dem Markt präsente Markenserie mit dem Stammbestandteil "Entertainer" verfügt (EuGH GRUR Int. 2007, 1009 Rdnr. 64 - Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]), tritt der gemeinsame Bestandteil "Entertainer" in der älteren Marke wegen der Verbindung zu einem eigenen, in sich geschlossenen Gesamtbegriff nicht in der Art eines eigenständigen Wortstammes hervor und führt damit von der Vorstellung weg, es handele sich um eine Serienmarke ein und desselben Unternehmens.

57

bb) Auch eine mittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr lässt sich nicht feststellen.

58

Im Rahmen der mittelbaren Verwechslungsgefahr kann die Gefahr bestehen, dass beide Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, wenn trotz der erkannten begrifflichen Unterschiede wegen einer ausgeprägten Ähnlichkeit im Sinngehalt und einem übereinstimmenden Bildungsprinzip der Marken auf eine Zusammengehörigkeit (Produktserie, Hinweis auf verschiedene Zielgruppen, Verkleinerungsform, usw.) geschlossen wird (BPatG GRUR 1984, 655 – Black John/Lord John; BGH NJW-RR 1991, 1066 – Jenny/Jennifer). Bei der Annahme einer mittelbaren begrifflichen Ähnlichkeit ist jedoch Zurückhaltung geboten. Die gedankliche Verbindung zwischen den Marken muss derart auffällig sein, dass sie sich geradezu aufdrängt (BGH GRUR 2004, 779, 782 – Zwilling/Zweibrüder). Darüber hinaus sind besondere Umstände erforderlich, welche die Verkehrskreise zur Annahme einer Zusammengehörigkeit veranlassen, da die erforderlichen analysierenden Gedankenschritte vom Verkehr in der Regel nicht durchgeführt werden.

59

Abgesehen davon, dass die beiden Markenwörter, wie bereits eingehend dargelegt, keine Synonyme bilden und keine ausgeprägte Ähnlichkeit im Sinngehalt aufweisen, fehlt es bereits an einem übereinstimmenden Bildungsprinzip.

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Das Aufbauprinzip der Widerspruchsmarke "Der Allround-Entertainer!" ist in der Voranstellung eines Adjektivs vor dem mit Bindestrich verbundenen Substantiv "Entertainer" zu sehen. Dieser Aufbau ist in der deutschen Sprache allgemein üblich, wenn ein Sinnbezug zwischen Adjektiven und Substantiven hergestellt werden soll. Zu dem charakteristischen Aufbau der Widerspruchsmarke tragen außerdem der vorangestellte bestimmte Artikel und das nachgestellte Ausrufezeichen bei. Von diesen Aufbaumerkmalen macht die angegriffene Marke keinen Gebrauch. Sie besteht nur aus einem Wort, einem Substantiv.

61

cc) Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne liegt nicht vor. Eine solche wird angenommen, wenn die Vergleichskennzeichen zwar als unterschiedlich und als solche verschiedener Unternehmen aufgefasst werden, jedoch gleichwohl aufgrund besonderer Umstände, insbesondere wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung, geschlossen wird, dass zwischen dem Unternehmen Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art bestehen. Von einer solchen Verwechslungsgefahr kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn die ältere Marke zugleich Unternehmenskennzeichen ist (BGH GRUR 2004, 598, 599 – Kleiner Feigling; GRUR 2004, 865, 867 – Mustang). Dies ist vorliegend nicht der Fall.