Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 11.04.2011


BPatG 11.04.2011 - 29 W (pat) 3/10

Markenbeschwerdeverfahren – "urban edition (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis - zur Verkehrsdurchsetzung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
11.04.2011
Aktenzeichen:
29 W (pat) 3/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 42 904.7

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. April 2011 unter Mitwirkung der Richterinnen Kortge und Dorn sowie des Richters Kruppa

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. März 2008 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Waren der

Klasse 19: Denkmäler (nicht aus Metall)

zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Die Wort-/Bildmarke

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ist am 11. Juli 2006 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

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Klasse 6: unedle Metalle und deren Legierungen; Baumaterialien aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Schienenbaumaterial aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Metallrohre; Geldschränke; Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten; Erze;

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Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall); Denkmäler (nicht aus Metall);

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Klasse 20: Möbel, Spiegel, Rahmen; Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildplatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen;

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Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten;

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Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten.

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Mit Beschluss vom 28. März 2008 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung überwiegend gemäß §§ 37 Abs. 1 und 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Für schutzfähig erachtet hat sie allerdings sämtliche in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen, die in Klasse 6 beanspruchten Waren "unedle Metalle und deren Legierungen", "Geldschränke" und "Erze" sowie die Waren in Klasse 21 mit Ausnahme der Waren "rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten". Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die werbeüblich grafisch ausgestaltete und sprachüblich aus den englischen Begriffen "urban" ("städtisch, Stadt ...") und "edition" ("Ausgabe, Produktreihe/serie") gebildete Wortkombination von den angesprochenen Verkehrskreisen als Sachhinweis auf eine städtische Produktreihe verstanden werde. Zwar sei die Wortzusammensetzung nicht lexikalisch nachweisbar und entstamme nicht der deutschen Sprache, aber "urban" im Sinne von "städtisches Umfeld bzw. Lebensraum" und "edition" in der Bedeutung von "Ausgabe" seien sowohl den angesprochenen Fachkreisen, die sich mit Stadtgestaltung beschäftigten, als auch interessierten breiten Verkehrskreisen bekannt. Die für schutzunfähig erachteten Waren, wie z. B. die transportablen Bauten und das Baumaterial, könnten der Gestaltung des städtischen Lebensraumes dienen. In der Regel würden im ländlichen Raum eher Naturmaterialien wie Holz oder Backstein verwendet, während in Großstädten oft Glas und Stahlbeton verbaut würden. Auch bei Möbeln und Innenausstattungen gebe es einen Landhaus- oder Countrystil, während eine Stadtwohnung weniger rustikal eingerichtet werde. Parkbänke könnten zudem speziell für den städtischen Raum angefertigt und bestimmt sein. Wie eine Internetrecherche ergeben habe, seien vergleichbare Bezeichnungen, wie das "Urbane Jahrtausend", "Urbane Qualitäten", "urbane Mobilität", "Urbane Innenentwicklung" oder "Urban Communication" nicht ungewöhnlich (Anlagen zum angefochtenen Beschluss, Bl. 112 – 116 VA). Im Zusammenhang mit Bauen und Baumaterialien würden bereits Begriffe wie "urbane Wohnungstypen" und "Urbane Dachverdichtung" verwendet (Anlagen zum angefochtenen Beschluss, Bl. 110 f. VA). Das angemeldete Wort-/Bildzeichen beschreibe daher lediglich Produktart und Verwendungsort der Waren. Die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen seien nicht vergleichbar. Da es kaum eine spezielle Produktlinie von Möbeln und Dekorationsartikeln für Dome gebe, sei die u. a. für Möbel und Dekorationsartikel für den Innen- und Außenbereich in Klasse 20 angemeldete und am 2. Juni 2005 eingetragene Wortmarke "DOM EDITION" (30518849.6, Bl. 75 f. VA) zu Recht eingetragen worden. Auch der Aussagegehalt der u. a. für Küchenmöbel in Klasse 20 am 5. Februar 2002 eingetragenen Wort-/Bildmarke "Edition B1" (30123934.7, Bl. 80 – 84 VA) sei unklar. Die grafische Ausgestaltung der für vergleichbare Waren in Klasse 20 und 21 am 2. Oktober 2000 eingetragenen Wort-/Bildmarke "FUN EDITION" (30035217.4, Bl. 77 f. VA) enthalte deutlich mehr Gestaltungselemente als die verfahrensgegenständliche Markenanmeldung, welche nur über eine werbeübliche Schriftart in grauer Farbe verfüge. Im Übrigen seien die Zeichen "urban elements" (30426339.7), "URBAN CAMPUS" (30725908.0) und "URBAN CLASSICS" (30751540.0) ebenfalls nicht eingetragen worden.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. März 2008 aufzuheben.

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Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer am 14. April 2009 eingegangenen Beschwerdebegründung ihr Waren-/Dienstleistungsverzeichnis (Bl. 18 GA) wie folgt eingeschränkt:

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Klasse 6: unedle Metalle und deren Legierungen; transportable Bauten aus Metall, nämlich Stadt- und Außenmöblierungsartikel für den gewerblichen und öffentlichen Bereich; Geldschränke; Erze;

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Klasse 19: transportable Bauten (nicht aus Metall (soweit nicht in Klasse 20 enthalten), nämlich Stadt- und Außenmöblierungsartikel für den gewerblichen und öffentlichen Bereich aus Beton; Denkmäler (nicht aus Metall);

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Klasse 20: Möbel, nämlich Stadt- und Außenmöblierungsartikel für den gewerblichen und öffentlichen Bereich, aus Metall (soweit nicht in Klasse 19 enthalten) Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildplatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen;

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Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne;

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Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten.

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Sie trägt vor, sie sei ein seit fast … Jahren bestehendes, auf die öffentliche Freiraummöblierung spezialisiertes Unternehmen, das historische und moderne Möbel, Abfallbehälter, Fahrradständer, Tische, Pflanzenkübel und Sitzbänke aus unterschiedlichsten Materialien herstelle und das für deren hochwertige Verarbeitung und deren ästhetisches Design bekannt sei. Der von Prof. L… aus H… entworfene Kunststoff-Abfallbehälter "CITYBOY" sei 1985 als ständiges Ausstellungsstück in die neue Sammlung des S… …in M… aufgenommen worden. An diese Tradition habe sie mit der Einführung ihrer "urban"-Zeichenserie nahtlos anknüpfen können (Ausdruck der Internetseite der Anmelderin, Anlage B 3, Bl. 32 GA). Im Jahre 2002 habe sie mit ihrem Premiumprogramm "urban selection" ein völlig neues Freiraummöblierungsprogramm präsentiert. 2008 seien sowohl der Abfallbehälter "Fly" als auch die Parkbank "Harmonie" aus der "urban selection"-Reihe von der international besetzten Jury des renommierten i… für exzellente Gestaltung aus gezeichnet worden (Ausdruck der Internetseite der Anmelderin, Anlage B 4, Bl. 33 GA). Auch vorliegend gehe es um Außen- und Stadtmöblierungsartikel für den gewerblichen und öffentlichen Bereich. Die Abnehmer ihrer Produkte seien Großkunden wie Gemeinden, Städte oder Unternehmen, so dass angesichts des spezifischen Charakters der Waren spezialisierte, gut informierte, aufmerksame und verständige Verkehrskreise angesprochen seien, die den Marken in diesem Bereich ein besonderes Interesse sowie besondere Aufmerksamkeit widmeten. Die in Klasse 6 angemeldeten Waren seien keine Endprodukte, sondern Rohstoffe, Halb- und Fertigfabrikate, welche unterschiedlichsten Zwecken dienten und keinen Hinweis auf eine "Produktlinie für das urbane Umfeld" oder eine "Ausgabe für den Stadtbereich" gäben. Entgegen der Auffassung der Markenstelle komme Außenraummöblierung auch im ländlichen Raum zum Einsatz, zumal dieser immer mehr "urbanisiert" werde. Die Vielfalt der für die Außenmöblierung produzierten Bänke sei zudem derart groß, dass eine Zuordnung zum städtischen oder ländlichen Bereich nicht möglich sei (Anlage B 1, Bl. 30 GA). Der Begriff "urban" weise nicht auf einen konkreten Stil hin, er werde in vielfältiger Weise gebraucht und u. a. mit "modern" gleichgesetzt. Das Zeichen

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habe daher einen Anpreisungscharakter im Sinne von innovativen, modernen und weltmännischen Außenmöbeln, so dass es nicht geeignet sei, wesentliche Merkmale der fraglichen Waren und Dienstleistungen konkret zu bezeichnen. Ein Freihaltebedürfnis scheide ebenfalls aus. Dem Wortbestandteil "edition", der vor allem im Sinne von Herausgabe und Ausgabe von Büchern und Zeitschriften, also in Bezug auf das Verlagswesen, zu verstehen sei, komme im Zusammenhang mit Außenraummöblierung kein sinntragender Inhalt zu. Das angemeldete Zeichen bezeichne angesichts der Auswahl an Interpretations- und Übersetzungsmöglichkeiten weder eindeutig noch beschreibend die Art (Möbel, Einrichtungsgegenstände), die Beschaffenheit (Holz, Metall, Beton), die Bestimmung (Verwendung im Außenbereich) oder sonstige Eigenschaften der angemeldeten Waren. Der Bildbestandteil bestehe neben der grauen Farbe aus einer besonderen, auf üblichen Betriebssystemen nicht erhältlichen Schriftart, der "Scala Sans Regular", welche von dem Schriftartdesigner M1… entworfen und bereits ausgezeichnet worden sei sowie von der Firma F… AG in B… vertrieben werde (Anlage B 2, Bl. 31 GA). Das gewählte Schriftbild unterstreiche das zeitlose, klassische Design der Außenmöblierungsartikel, indem es die rundlichen Formen der Wasserspiegelung der Bank "Elegance", einem ihrer Premiumprodukte, aufgreife. Die Farbe "grau" korrespondiere mit dem Grau der Edelstahlversion und der ebenfalls in grau gehaltenen Wasserspiegelung, welche unter ihren Kunden einen hohen Wiedererkennungswert habe (Anlagen B 5/1 bis B 5/3, Bl. 35 – 37 GA). Das L1… … habe in seinem rechtskräftigen Urteil vom 13. Januar 2006 (…, Bl. 67 – 74 VA) festgestellt, dass der Marke

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für den Bereich der Stadt- und Außenmöblierung eine rein beschreibende Bestimmungsangabe nicht zu entnehmen sei. Der Zeichenbestandteil "urban" sei der Stammbestandteil ihrer Markenfamilie, welche die ebenfalls für Stadt- und Außenmöblierungsartikel in den Klassen 6, 19 und 20 und damit teilweise für identische Waren am 10. Januar 2002 eingetragenen Wort-/Bildmarken "urban selection" (30201013), "urban basics" (30201014), "urban classics" (30201015) und "urban projects" (30201016) in ähnlicher grafischer Ausgestaltung umfasse. Die Programme "urban basics", "urban classics" und "urban projects" seien 2005 eingeführt worden. Innerhalb des angesprochenen Fachpublikums habe sie für ihre Produkte und den Wortbestandteil "urban" einen Bekanntheitsgrad von weit über … % (vgl. eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers R… vom 10. Oktober 2008 nebst Anlagen, Bl. 34 GA). Seit 2002 seien … Kataloge/Broschüren an die maßgeblichen Verkehrskreise verteilt worden. Zusätzlich seien die Produkte "entsprechend ihrer Produktlinien" in Fachzeitschriften umfangreich beworben worden (Ausstellungsfotos von der Messe B1… 2007 in München u. der Messe E… … 2009, B 5/3, Bl. 37 GA; Berichte und Anzeigen in Fachzeitschriften von 2002 bis 2008, B 5/4 u. B 5/5, Bl. 38 u. 39 GA). Im Zuge der Ausrichtung der "Produkte nach Produktlinien" habe somit auch der Stammbestandteil "urban" in der konkreten grafischen Ausgestaltung eine Verkehrsbekanntheit im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG erlangt, die sich auf die angemeldete Wortkombination übertrage. Im Hinblick auf die Vielzahl der vom DPMA eingetragenen Zeichen mit den Bestandteilen "urban" (117 Marken, Anlage B 6, Bl. 40 – 44 GA) oder "edition" (419 Marken, Bl. 85 –102 VA) bestehe zudem ein Gleichbehandlungsanspruch.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.

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1. Der Eintragung des vorliegenden Wort-/Bildzeichens Abbildung

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als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die in Klasse 19 beanspruchten "Denkmäler (nicht aus Metall)" kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen. Für die übrigen beschwerdegegenständlichen Waren der

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Klasse 6: transportable Bauten aus Metall, nämlich Stadt- und Außenmöblierungsartikel für den gewerblichen und öffentlichen Bereich;

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Klasse 19: transportable Bauten (nicht aus Metall (soweit nicht in Klasse 20 enthalten), nämlich Stadt- und Außenmöblierungsartikel für den gewerblichen und öffentlichen Bereich aus Beton;

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Klasse 20: Möbel, nämlich Stadt- und Außenmöblierungsartikel für den gewerblichen und öffentlichen Bereich, aus Metall (soweit nicht in Klasse 19 enthalten) Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildplatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen

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stellt die angemeldete Bezeichnung eine nicht unterscheidungskräftige Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG dar.

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a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; 935 Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; a. a. O. Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard;). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. – Die Vision; 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 -anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2010, 1100, 1102 Rdnr. 23 – TOOOR!; a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistungen ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – BuchPartner). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; 674, 678 Rdnr. 97 -Postkantoor; 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD; GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; a. a. O. Rdnr. 29 - BioID; a. a. O. Rdnr. 98 - Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 – SAT 2).

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b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das angemeldete Wort-/Bildzeichen nur für die in Klasse 19 beanspruchten "Denkmäler (nicht aus Metall)". Für die übrigen beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 6, 19 und 20 weist es einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf.

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aa) Das angemeldete Zeichen setzt sich aus zwei Wortbestandteilen lateinischen Ursprungs, nämlich "urban" und "edition" zusammen, die mit ihren Bedeutungen "städtisch, für die Stadt, für städtisches Leben charakteristisch, gebildet und weltgewandt, weltmännisch" (lat. urbanus = zur Stadt gehörend, Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; Duden – Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]) und "Auflage, Ausgabe, Bearbeitung, Herausgabe, Fassung, Veröffentlichung von Büchern oder Musikalien" (lat. editio = Herausgabe, Duden - Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.; Duden – Das Fremdwörterbuch, a. a. O.; weitere Nachweise vgl. BPatG 29 W (pat) 2/09 – Privat Edition) sowohl in den deutschen als auch in den englischen Sprachgebrauch eingegangen sind (Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]).

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bb) Alle noch beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 6, 19 und 20, bei denen es sich mit Ausnahme der nicht aus Metall bestehenden Denkmäler um transportable Bauten oder Möbel als Stadt- und Außenmöblierungsartikel für den gewerblichen und öffentlichen Bereich aus Metall, Beton, Holz oder anderen Materialien handelt, können der Gestaltung städtischer Anlagen oder in der Stadt gelegener gewerblicher Anlagen und deren Möblierung, z. B. mit Abfallbehältern, Tischen, Pflanzenkübeln, Sitzbänken etc., dienen.

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cc) Der Begriff "urban" wird dabei nicht nur für das Design von Möbeln im Innenbereich, sondern auch für die Gestaltung von Möbeln im Außenbereich sowie als Synonym für Stadtgestaltung und Stadtmöblierung verwendet, wie folgende Fundstellen belegen:

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- Möbelmarkt online vom 26. April 2002 "VDM: Urban Design als neuer Einrichtungstrend"; Möbel Bo Concept " ... Mit welcher Leidenschaft das dänische Möbelhaus für Urban Design an die Arbeit geht ..." (www.boconcept.de);

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- Meldung der BauNetz Media vom 11. Mai 2004: "Urban Design – Tagung zu öffentlichem Raum in Leipzig ... soll nun die Gestaltung öffentlicher Räume im genaueren Maßstab thematisiert werden. Dazu gehören alle Formen der Stadtmöblierung, ..." (www.baunetz.de);

34

- Städtischer Pressedienst der Stadt Dortmund vom 14. Januar 2005 "URBAN DESIGN – Stadtmöblierung" (http://dev.presse.dortmund.de);

35

- Buch mit dem Titel: Urban Design. Standpunkte und Projekte. Edition Garten und Landschaft – Fraunhofer IRB, 2006 (www.baufachinformation.de);

36

- Das unabhängige Fachmagazin für Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung vom 24. März 2011: "Urban-Design-Forum auf der Messe Bau 07 in München ... wurde für den Bereich Urban-Design erstmals ein eigener Ausstellungsbereich eingerichtet. Damit wird das Thema "Urban-Design" – Landschaftsarchitektur und Stadtmöblierung auf der BAU 07 weiter ausgebaut. ..." (www.stadtinfo.eu).

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dd Der ursprünglich aus dem Bereich des Verlagswesens stammende Begriff "Edition" wird mittlerweile für Waren unterschiedlichster Art zur Bezeichnung von besonderen Ausgaben bzw. Serien eines bestimmten Produktes oder einer bestimmten Produktlinie eingesetzt (vgl. EuGH GRUR 2010, 931, 932 – COLOR EDITION; EuG Urt. v. 21. Januar 2011 T-310/08 – executive edition; BPatG 24 W (pat) 249/97 – ONLINE-Edition; 26 W (pat) 142/02 – EDITION; 24 W (pat) 121/06 – hot edition; 24 W (pat) 122/06 – cool edition). Auch im Bereich des Inneneinrichtungsmobiliars wird der Begriff in diesem Sinne benutzt (Meldung vom 7. August 2008 "Eigenartige Möbeledition von arndt mennenöh", www.onejournal.de). Von Produktserien wird auch im Sektor der Stadt- und Außenmöblierung gesprochen, wie z. B. von einer Sitzbankserie (D 100 bis D 400, www.heinze.de), von einer für den Außenbereich bestimmten Möbelserie "Urban City" (www.happy-kids.at), von einer Serie bei Abfallbehältern (www.madeko24.de), von seriengefertigten Frontgitterzäunen (www.heinze.de), von einer Holzbank- oder Metallbankserie (Serie C 5, Serie C 8 u. Serie C 10, www.madeko24.de), von Pflanzentrogserien (Serien D 1, D 2 und D 3, www.madeko24.de) und von einer Absperrpfostenserie (Serie G 2, www.madeko24.de).

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ee) Mit den beschwerdegegenständlichen Waren werden private Geschäftskunden und solche der öffentlichen Hand wie Städte und Gemeinden ebenso wie die durchschnittlichen, aufmerksamen Bürgerinnen und Bürger in ihrer Eigenschaft als Wahlberechtigte und potentielle Nutzer der beanspruchten Waren im öffentlichen Raum angesprochen. Ihnen sind die Begriffe "urban" und "edition", wie bereits dargestellt, auch im Bereich der Innen- und Außen- sowie der Stadtmöblierung geläufig.

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ff) Auch in ihrer Gesamtheit weist die Wortkombination des angemeldeten Zeichens keinen über die Zusammenfügung zweier beschreibender Begriffe hinausgehenden Sinngehalt auf. Aufgrund ihrer Gesamtbedeutung einer "städtischen Produktlinie" bzw. einer "Ausgabe für die Stadt" werden die angesprochenen Verkehrskreise in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren mit der angemeldeten Bezeichnung die Vorstellung einer bestimmten Sortiments- oder Produktlinienbezeichnung verbinden und sie daher nur als Hinweis auf deren Art und Bestimmungszweck, nämlich für den städtischen Bereich, aber nicht als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.

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gg) Davon ausgenommen sind die in Klasse 19 beanspruchten "Denkmäler (nicht aus Metall)". Denn Denkmäler sind zum Gedächtnis an eine Person oder an ein Ereignis errichtete, größere plastische, meist künstlerische Darstellungen (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.), die zwangsläufig einmalig sind und nicht in Serie produziert werden. Bei ihnen macht die angemeldete Bezeichnung mit der Bedeutung einer "städtischen Produktlinie" somit keinen Sinn. Für sie ist das angemeldete Wort-/Bildzeichen daher unterscheidungskräftig. Da die Wortfolge auch keine Merkmale oder Eigenschaften von Denkmälern unmittelbar beschreibt, ist ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ebenfalls zu verneinen.

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hh) Der Annahme einer beschreibenden Angabe der angemeldeten Wortfolge für die übrigen beschwerdegegenständlichen Waren steht nicht entgegen, dass sie eine gewisse Unbestimmtheit dahingehend aufweist, wie die städtische Produktlinie ausgestaltet ist und aufgrund welcher Gestaltung sie für den städtischen Bereich besonders geeignet ist. Denn eine beschreibende Benutzung setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat und nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (BGH GRUR 2008, 900, 901 Rdnr. 15 – SPA II; GRUR 2000, 882 f. – Bücher für eine bessere Welt).

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b) Auch die grafische Ausgestaltung kann die Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens Abbildung

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nicht begründen.

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Zwar ist von dem Grundsatz auszugehen, dass einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; a. a. O. - anti Kalk; EuGH GRUR 2006, 229, 233 Rdnr. 73, 74 - BioID). Allerdings vermögen einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. - anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 - VISAGE). Das ist hier nicht der Fall.

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Die gewählte Schriftgestaltung in grauer, schnörkelloser Druckschrift auf weißem Grund ist, auch wenn es sich um eine besondere, auf üblichen Betriebssystemen nicht erhältliche, von dem Schriftartdesigner M1… entworfene Schriftart "Scala Sans Regular" handelt, nur wenig auffällig. Aufgrund der sich im Rahmen üblicher Schriftgestaltungen bewegenden Bild- und Gesamtwirkung tritt die grafische Ausgestaltung des Anmeldezeichens gegenüber den Wortbestandteilen zurück und bleibt selbst nicht prägnant als betriebskennzeichnend in Erinnerung.

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2. Da es an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob der angemeldeten Bezeichnung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

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3. Die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG können auch nicht gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG durch Verkehrsdurchsetzung überwunden werden.

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Die Bestimmung des § 8 Abs. 3 MarkenG erfordert, dass sich eine zur Eintragung angemeldete Marke infolge ihrer Benutzung für die mit ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen in einem erheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise durchgesetzt hat. Als im Rechtssinne erheblich ist es dabei anzusehen, wenn die Mehrheit der angesprochenen Verkehrskreise in der Marke nicht mehr nur eine nicht unterscheidungskräftige Sach- oder sonstige Angabe, sondern einen auf ein bestimmtes Unternehmen bezogenen kennzeichnenden Herkunftshinweis sehen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 727 Rdnr. 52 - Chiemsee; GRUR 2002, 804, 808 Rdnr. 65 - Philips; BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2006, 760, 762 - LOTTO; BPatG GRUR 2005, 337, 341 f. - VISAGE). Es ist daher eine schlüssige und durch entsprechendes Tatsachenmaterial belegte Darlegung erforderlich, dass die Marke infolge ihrer Benutzung für die beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen von den beteiligten Verkehrskreisen oder zumindest einem erheblichen Teil dieser Kreise im gesamten Bundesgebiet wahrscheinlich als von einem Unternehmen stammend erkannt wird (Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band I, Markenverfahrensrecht, 1. Teil, 2. Kap., Rdnr. 509). Dies setzt Angaben voraus, aus denen sich ergibt, von wem in welcher Form für welche Waren und/oder Dienstleistungen in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die angemeldete Bezeichnung im Verkehr nach Art einer Marke eingesetzt worden ist. Hierfür geeignete Belege sind insbesondere Kataloge, Preislisten, Werbematerial (unter Angabe der jeweiligen Auflagenzahl) sowie Angaben zu den getätigten Werbeaufwendungen und zu den bisher erzielten Umsätzen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rn. 432). Diesen Anforderungen ist die Beschwerdeführerin trotz entsprechenden Hinweises des Senats nicht hinreichend nachgekommen.

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Ihre Behauptung, innerhalb des angesprochenen Fachpublikums habe sie für ihre Produkte und den Wortbestandteil "urban" einen Bekanntheitsgrad von weit über … % erreicht, hat sie nicht belegt. Ohne Angaben zu den getätigten Werbeaufwendungen und den bisher erzielten Umsätzen genügt die von ihr vorgelegte eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers R… vom 10. Oktober 2008 nebst Anlagen (Bl. 34 GA) nicht. Sie hat auch  weder die von ihr seit 2002 verteilten noch aktuelle Kataloge von 2009 und 2010 eingereicht. Die vorgelegten Ausstellungsfotos von der Messe B1… 2007 in M… und der Messe E… 2009 (B. 5/3, Bl. 37 GA) sowie die Berichte und Anzeigen in Fachzeitschriften von 2002 bis 2008 (B 5/4 u. B 5/5, Bl. 38 u. 39 GA) sind allein nicht geeignet, den erforderlichen Durchsetzungsgrad zur Überwindung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nachzuweisen.

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4. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Vielzahl eingetragener Marken mit den Bestandteilen "urban" (117 Marken, Anlage B 6, Bl. 40 – 44 GA) und "edition" (419 Marken, Bl. 85 – 102 VA) beruft, sind diese entweder nicht vergleichbar oder sie hat trotz ausdrücklichen gerichtlichen Hinweises ihre Mitwirkungsverpflichtung nicht erfüllt.

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Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 – print24). Allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.

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Was die Voreintragungen "DOM EDITION" (30518849.6, Bl. 75 f. VA), "Edition B1" (30123934.7, Bl. 80 – 84 VA) und "FUN EDITION" (30035217.4, Bl. 77 f. VA) betrifft, fehlt es, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, bereits an der Vergleichbarkeit. Die u. a. für Möbel und Dekorationsartikel für den Innen- und Außenbereich in Klasse 20 angemeldete und am 2. Juni 2005 eingetragene Wortmarke "DOM EDITION" ist zu Recht für schutzfähig erachtet worden, weil es keine spezielle Produktlinie von Möbeln und Dekorationsartikeln für Dome gibt oder geben wird. Im Gegensatz zur angemeldeten Bezeichnung kann der für Küchenmöbel am 5. Februar 2002 eingetragenen Wort-/Bildmarke "Edition B1" kein konkreter Aussagegehalt entnommen werden. Bei der u. a. für vergleichbare Waren in Klasse 20 und 21 am 2. Oktober 2000 eingetragenen Wort-/Bildmarke

Abbildung

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besitzt die grafische Ausgestaltung derart charakteristische Merkmale, dass diese bereits allein zur Schutzfähigkeit führt.

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Die ebenfalls für Stadt- und Außenmöblierungsartikel in den Klassen 6, 19 und 20 und damit teilweise für identische Waren am 10. Januar 2002 eingetragenen Wort-/Bildmarken "urban selection" (30201013), "urban basics" (30201014), "urban classics" (30201015) und "urban projects" (30201016) in ähnlicher grafischer Ausgestaltung rechtfertigen ebenfalls keinen Eintragungsanspruch. Die Wort-/Bildmarke "urban classics" ist bereits am 26. September 2008 aufgrund eines Antrages Dritter wegen mangelnder Unterscheidungskraft gelöscht worden (vgl. BPatG 26 W (pat) 10/07 – urban classics). Die Eintragungen der Wort-/Bildmarken "urban selection" (30201013), "urban basics" (30201014) und "urban projects" liegen bereits mehr als neun Jahre zurück und sind schon deshalb nicht vergleichbar.

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Hinsichtlich der übrigen von der Beschwerdeführerin aufgeführten eingetragenen Marken mit den Bestandteilen "urban" (117 Marken, Anlage B 6, Bl. 40 – 44 GA) und "edition" (419 Marken, Bl. 85 – 102 VA), ist sie ihrer – die Amtsermittlung immanent einschränkenden – materiellen Mitwirkungslast nicht nachgekommen. Dazu hätte sie substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen müssen. Es genügt nicht, – wie hier – ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien schlicht aufzuzählen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 – Freizeit-Rätsel-Woche).