Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.10.2014


BPatG 07.10.2014 - 29 W (pat) 23/12

Markenbeschwerdeverfahren – „Merkez/MERCK“ – keine Kostenauferlegung auf die Widersprechende


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
07.10.2014
Aktenzeichen:
29 W (pat) 23/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 40 229

(hier: Kostenentscheidung)

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 7. Oktober 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Uhlmann und der Richterin Akintche

beschlossen:

Der Antrag der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin die Kosten aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

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Merkez

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wurde am 11. August 2009 unter der Nummer 306 40 229 für die folgenden Waren und Dienstleistungen in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen:

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Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; Wurstwaren; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und –fette;

5

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

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Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen im Zusammenhang mit Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Fleischextrakten, Wurstwaren, konserviertem, getrocknetem und gekochtem Obst und Gemüse, Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotten, Eiern, Milch und Milchprodukten, Speiseölen und -fetten, Bieren, Mineralwässern und kohlensäurehaltigen Wässern und anderen alkoholfreien Getränken, Fruchtgetränken und Fruchtsäften, Sirupen und anderen Präparaten für die Zubereitung von Getränken.

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Gegen die Eintragung hat die Beschwerdeführerin und Inhaberin der prioritätsälteren, für zahlreiche Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 1 - 42 eingetragenen Gemeinschaftswortmarke 000283986

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MERCK

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Widerspruch erhoben. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Amtsverfahren die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für den hier relevanten Warenbereich bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin eine Reihe von Unterlagen, unter anderem zwei eidesstattliche Versicherungen eingereicht.

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Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat mit Beschlüssen vom 28. Oktober 2010 und 5. Dezember 2011, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen. In ihrem Beschluss vom 28. Oktober 2010 hat sie ausgeführt, die in zulässiger Weise erhobene Nichtbenutzungeinrede greife durch. Die eingereichten Unterlagen seien zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für Waren aus den Klassen 29 und 32 nicht geeignet bzw. nicht ausreichend. Auf den entsprechenden Antrag der Inhaberin der angegriffenen Marke wurden der Widersprechenden zudem die Kosten des Verfahrens auferlegt.

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Die von der Widersprechenden zulässig eingelegte Erinnerung ist erfolglos geblieben, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Widerspruchs richtete. In ihrem Beschluss vom 5. Dezember 2011 hat die Markenstelle die Auffassung vertreten, eine Verwechslungsgefahr komme schon mangels hinreichender Markenähnlichkeit nicht in Betracht, so dass Benutzungsfragen dahingestellt bleiben könnten. Die Kostenentscheidung des Erstbeschlusses hat die Erinnerungsprüferin mit der Begründung aufgehoben, dass es auf Fragen der Benutzung im vorliegenden Fall nicht ankomme und auch nicht der Fall vorliege, dass die Widersprechende keinerlei Versuch zur Glaubhaftmachung der Benutzung unternommen und keine Unterlagen eingereicht habe. Aus den eingereichten Rechnungskopien gehe vielmehr sogar hervor, dass von der Widersprechenden ein Multivitaminsaft vertrieben werde. Zudem könnten sich durchaus auf einer Verpackung zwei Marken, nämlich Hersteller- und Produktmarke, befinden. Billigkeitsgründe, die ein Abweichen von dem Grundsatz rechtfertigten, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen habe, seien daher nicht erkennbar.

12

Gegen die Zurückweisung des Widerspruchs durch die Markenstelle hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt.

13

Nach einem Verfahrenshinweis des Senats vom 11. Juli 2014, wonach mit einer Zurückweisung der Beschwerde zu rechnen sei, weil eine rechtserhaltende Benutzung für Waren oder Dienstleistungen, die im Identitäts- oder Ähnlichkeitsbereich zu den angegriffenen Waren lägen, nicht bzw. nicht ausreichend glaubhaft gemacht und eine Benutzung für solche Waren und Dienstleistungen auch nicht gerichtsbekannt sei, hat die Beschwerdeführerin ihren Widerspruch gegenüber dem DPMA am 11. August 2014 zurückgenommen und das Gericht hierüber mit Telefax vom gleichen Tag informiert.

14

Die Beschwerdegegnerin beantragt mit Schreiben vom 3. September 2014,

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der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

16

Sie hat vorgetragen, die Beschwerdeführerin habe im Verfahren vor dem Bundespatentgericht ihren Widerspruch zurückgenommen, ohne ihrer Pflicht zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke nachzukommen. Die Glaubhaftmachung sei vollständig unterblieben, auch nach dem gerichtlichen Hinweisschreiben. Die Beschwerdeführerin habe durch dieses Verhalten die ihr obliegende Sorgfaltspflicht verletzt. Es entspreche daher der Billigkeit, die der Beschwerdegegnerin entstandenen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.

II.

17

Der Kostenantrag der Beschwerdegegnerin ist auch nach Rücknahme des Widerspruchs durch die Beschwerdeführerin zulässig (§ 71 Abs. 4 MarkenG). In der Sache ist er jedoch unbegründet.

18

Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt, § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG. Eine Abweichung von diesem Grundsatz kommt nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nur dann in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht. Das Gesetz knüpft damit die Kostenerstattung nicht generell an den Ausgang des Verfahrens an, sondern sieht eine solche nur in den Fällen vor, in denen die Anwendung des Grundsatzes der eigenen Kostentragung wegen besonderer Umstände unbillig erscheint. Solche besonderen Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist zum Beispiel auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur; BPatGE 12, 238, 240; Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 71 Rn. 17; Knoll in Ströbele/Hacker, 10. Auflage, § 71 Rn. 12).

19

Derartige Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich.

20

Die bloße Einlegung der Beschwerde rechtfertigt eine Billigkeitsentscheidung zu Lasten der Beschwerdeführerin nicht. Denn von einer ersichtlich fehlenden Markenähnlichkeit kann im Hinblick auf die Übereinstimmungen bzw. Annäherungen der Vergleichszeichen keinesfalls ausgegangen werden.

21

Auch die Tatsache, dass die Widersprechende ihren Widerspruch durch Einlegung der Beschwerde weiterverfolgt hat, ohne einen erneuten Glaubhaftmachungsversuch einer rechtserhaltenden Benutzung vorzunehmen, führt nicht zur Kostenauferlegung. Die Erinnerungsprüferin - die die Fragen der Benutzung dahingestellt ließ - hat im Zusammenhang mit der Aufhebung der Kostenentscheidung des Erstbeschlusses zutreffend darauf hingewiesen, dass von der Widersprechenden Benutzungsunterlagen - sogar eine Rechnung aus dem Warenbereich der Klasse 32 - eingereicht wurden. Von einem völlig untauglichen oder nicht ernst gemeinten Versuch einer Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ist daher nicht auszugehen. Eine von dem Erstbeschluss abweichende Beurteilung der Benutzungslage mag zwar wenig wahrscheinlich gewesen sein, war aber unter Berücksichtigung der Ausführungen der Erinnerungsprüferin nicht von vornherein ausgeschlossen. Aus diesem Grund stellt es auch keinen Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht dar, dass die Widersprechende nach dem gerichtlichen Hinweis keinen weiteren Glaubhaftmachungsversuch unternommen hat.

22

Schließlich rechtfertigt die auf den Verfahrenshinweis des Senats hin erklärte Rücknahme des Widerspruchs für sich gesehen noch keine Kostenauferlegung, was bereits aus der Vorschrift des § 71 Abs. 4 MarkenG folgt.

23

Der Kostenantrag musste daher erfolglos bleiben.