Entscheidungsdatum: 27.03.2018
betreffend die Marke 30 2009 008 634
(hier: Rückzahlung der Beschwerdegebühr - SB 22/16 Lösch)
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. März 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Akintche und Seyfarth
beschlossen:
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Die hiesige Beschwerde hat sich wegen Löschung der streitgegenständlichen Marke in der Hauptsache erledigt. Sie richtete sich gegen die Mitteilung der Vorsitzenden der Markenabteilung 3.4 vom 27. Juli 2016, in der diese den Löschungsantragsteller gemäß § 53 Abs. 4 MarkenG auf den Klageweg vor den ordentlichen Gerichten nach § 55 MarkenG verwiesen hatte. Gegenstand der Beschwerde war die Frage, ob der Widerspruch gegen die beantragte Verfallslöschung durch die im Verfahren aufgetretene Bevollmächtigte der Inhaberin der angegriffenen Marke wirksam erklärt wurde oder nicht, § 53 Abs. 3 und Abs. 4 MarkenG.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer hat mit am 14. Januar 2016 beim Deutschen Patent und Markenamt (DPMA) eingegangenem Antrag die Löschung der am 13. Februar 2009 angemeldeten und am 11. Dezember 2009 für Waren der Klassen 9, 25 und 28 eingetragenen Wortmarke 30 2009 008 634
PHENOM
wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 MarkenG beantragt. Als Löschungsgrund wurde angegeben, dass die Marke nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden sei.
Im DPMAregister ist als Inhaberin der angegriffenen Marke die S.... Ltd., B... aufgeführt; als Zustellanschrift ist die Angabe „S... Ltd., Zweigniederlassung Deutschland, z. Hd. D..., G...hof in H...“ erfasst. Die S... Ltd. ist eine mittlerweile aus dem britischen Handelsregister gelöschte („dissolved“) Gesellschaft in der Rechtsform einer „private company limited by shares“ nach englischem Recht mit dem Unternehmensgegenstand „Handel mit und Verwaltung von gewerblichen Schutzrechten; Handel und Entwicklung von Sportartikeln und Bekleidung, Handel mit Waren und Fahrzeugen, Factoring, Consulting und das Betreiben von Internetshops“. Geschäftsführende Direktoren („directors“) waren zunächst D1... und D... laut englischem Register war D... seit 2. September 2013 nicht mehr geschäftsführender Direktor („resigned“). Die englische Limited ist am 10. Februar 2015 gelöscht worden. Daraufhin ist von Amts wegen gem. § 395 FamFG wegen der Löschung der Hauptniederlassung am 27. August 2015 auch die Zweigstelle aus dem deutschen Handelsregister ausgetragen worden.
Nach Eingang des Löschungsantrags hat das DPMA mit Schreiben vom 15. Februar 2016 beim Einwohnermeldeamt der Gemeinde H... die aktuelle Adresse des D... erfragt. Dieses hat mitgeteilt, dass die Abmeldung des Herrn D... am 31. Oktober 2013 von Amts wegen erfolgt sei, als Hauptwohnung zu diesem Zeitpunkt in N..., A... Str. gemeldet war und als Nebenwohnung G...hof in H... Der Löschungsantrag wurde am 29. Februar 2016 mit der Aufforderung, binnen zwei Monaten mitzuteilen, ob dem Antrag widersprochen werde, vom DPMA daraufhin an die S... Ltd., z. Hd. Herrn D... an die Adresse in N... (... Str.) mit Einschreiben durch Übergabe abgesandt. Das Schreiben kam als nicht abverlangt zurück. Daraufhin hat das DPMA mit Auskunftsersuchen vom 16. März 2016 an das Einwohnermeldeamt N... die aktuelle Meldeadresse des D... erfragt. Dieses hat die Adresse G... Straße, N... mitgeteilt. Der Löschungsantrag wurde mit Amtsschreiben vom 27. April 2016 mit der Aufforderung, binnen zwei Monaten mitzuteilen, ob dem Antrag widersprochen werde, vom DPMA an Herrn D... dessen ermittelte Adresse (G... Straße) mittels Übergabe Einschreiben übersandt. Das Schreiben kam wiederum als nicht abverlangt zurück. Ein erneuter Zustellungsversuch an die gleiche Adresse wurde nunmehr mittels Zustellungsurkunde am 23. Mai 2016 vorgenommen. Laut Zustellungsurkunde wurde das Amtsschreiben am 25. Mai 2016 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016 hat der Löschungsantragsteller dem Amt mitgeteilt, dass die Zweigniederlassung, welche als Zustellanschrift im Register erfasst ist, zwischenzeitlich aus dem deutschen Handelsregister gelöscht worden sei. Ferner hat er um Zustellung mittels Aufgabe zur Post nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG gebeten. Dem Schreiben war ein Auszug des Handelsregister und Wirtschaftsinformationsdienstes „moneyhouse“ beigefügt, aus dem hervorgeht, dass bereits am 2. September 2013 die Niederlegung bzw. der Rücktritt des Herrn D... in seiner Funktion als geschäftsführender Direktor erfasst und zudem am 27. August 2015 wegen Löschung der Hauptniederlassung auch die Zweigniederlassung (Amtsgericht P... HRB ...) gelöscht worden war.
Mit Schriftsatz vom 25. Juli 2016 hat ältin B..., in B..., die Vertretung der S... Limited sowie der H... Limited, beide geschäftsansässig in B..., angezeigt und dem Löschungsantrag widersprochen.
Die Vorsitzende der Markenabteilung 3.4 des DPMA hat den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 27. Juli 2016 über den Widerspruch der Markeninhaberin unterrichtet und ihn auf den Klageweg vor den ordentlichen Gerichten verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2016 hat der Antragsteller Zweifel am Vorliegen eines wirksamen Widerspruchs vorgebracht. Da die Markeninhaberin bereits seit 10. Februar 2015 aufgelöst sei, sei es undenkbar, dass der eingelegte Widerspruch in wirksamer Vertretung der gar nicht mehr existenten Markeninhaberin erfolgt sein solle. Ferner hat er angeregt, der Markeninhaberin aufzugeben, eine ordnungsgemäße Vollmacht im Original vorzulegen.
Mit Amtsschreiben vom 20. Oktober 2016 hat die Vorsitzende der Markenabteilung 3.4 dem Antragsteller mitgeteilt, dass das Löschungsverfahren mit der amtlichen Benachrichtigung über die Mitteilung des Widerspruchs vom 27. Juli 2016 beendet sei, sie das Schreiben des Antragstellers als Beschwerde werte und dieses dem Bundespatentgericht vorlege.
Am 27. Juni 2017 hat der Antragsteller die Beschwerdegebühr in Höhe von 500 Euro entrichtet.
Der Beschwerdeführer hat beantragt,
1. die Verfügung der Vorsitzenden der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 27. Juli 2016 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der Marke 30 2009 008 634 anzuordnen;
2. die Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen zurückzuzahlen.
Die Beschwerdegegnerin hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Aufgrund eines bestandskräftigen Beschlusses der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 18. Januar 2018, der in einem weiteren Verfallslöschungs(vor)verfahren ergangen war, ist die verfahrensgegenständliche Marke 30 2009 008 634 am 7. März 2018 mit Wirkungsdatum 27. Februar 2018 unter Angabe des Löschungsgrundes des Verfalls gemäß § 49 MarkenG aus dem Register gelöscht worden. Die Löschungsanordnung erfolgte mangels wirksamen Widerspruchs gemäß § 53 Abs. 3 MarkenG, weil die Bevollmächtigung der - auch im hiesigen Verfahren benannten Rechtsanwältin, die den Widerspruch gegen die beantragte Verfallslöschung erklärt hatte, nicht ordnungsgemäß nachgewiesen worden war.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 MarkenG zulässige, insbesondere statthafte sowie form und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat sich durch die Löschung der streitgegenständlichen Marke aus dem Register in der Hauptsache erledigt.
Die Statthaftigkeit der Beschwerde ergibt sich daraus, dass die angefochtene Mitteilung der Markenabteilung 3.4 vom 27. Juli 2016 eine abschließende Entscheidung über den Eintritt einer bestimmten Rechtsfolge nämlich die Ablehnung der beantragten Löschung im patentamtlichen Verfahren beinhaltet und damit einen mit der Beschwerde anfechtbaren Beschluss im Sinne des § 66 Abs. 1 MarkenG darstellt, auch wenn sie nicht ausdrücklich als „Beschluss“ bezeichnet wurde (vgl. BPatG, Beschluss vom 14. Januar 2013, 25 W (pat) 90/11 Zamek SACHSENGOLD). Da die Entscheidung zudem gemäß § 61 Abs. 2 Satz 2 MarkenG nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, ist die einmonatige Beschwerdefrist des § 66 Abs. 2 MarkenG nicht in Lauf gesetzt worden; daher konnte nach § 61 Abs. 2 Satz 3 MarkenG innerhalb eines Jahres die Beschwerde eingelegt und die Gebühr bezahlt werden, was vorliegend auch erfolgt ist.
Mit Einlegung der rechtswirksamen Beschwerde ist die gezahlte Beschwerdegebühr verfallen, so dass eine Rückzahlung wegen fehlenden Rechtsgrunds ausscheidet (Knoll in Ströbele/Hacker/Thiering, 12. Aufl., § 71 Rn. 48, 49).
Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt mithin nur nach § 71 Abs. 3 MarkenG aus Billigkeitsgründen in Betracht; eine solche ist vorliegend auch angezeigt. Denn die konkrete Sachbehandlung der Markenabteilung lässt es unbillig erscheinen, die Beschwerdegebühr einzubehalten.
Die Zustellung des Löschungsantrags ist, wie in § 28 Abs. 3 Satz 1 MarkenG vorgeschrieben, an die im Register eingetragene Markeninhaberin bzw. an den von ihr genannten Zustellungsbevollmächtigten vorzunehmen. Grundsätzlich gilt nach der Vermutungsregelung des § 28 Abs. 1 MarkenG wegen ihrer Eintragung im Register die S... Ltd. als materiell berechtigte Inhaberin der streitgegenständlichen Marke, weshalb zum einen gemäß § 28 Abs. 3 MarkenG die Mitteilung über den Löschungsantrag an sie zuzustellen war und zum anderen sie auch berechtigt war, den Widerspruch gegen den Löschungsantrag zu erklären. Das DPMA ist, ohne dass ihm gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen, nicht verpflichtet, von Amts wegen der Frage nachzugehen, ob abweichend von der Registerlage das Markenrecht auf einen Dritten übergangen ist oder die als Markeninhaberin eingetragene Limited noch existiert.
Allerdings lagen im vorliegenden Fall viele konkrete Anhaltspunkte vor, die das DPMA zu entsprechenden Ermittlungen hätten veranlassen müssen.
Schon der erste Zustellversuch des Löschungsantrags nach § 53 Abs. 2 MarkenG des DPMA erfolgte ohne dass in den Amtsakten ein entsprechender Grund dokumentiert ist nicht an die im Register angegebene Zustelladresse, die gleichzeitig auch als die Zweigstellenadresse benannt war. Vielmehr wurde nach entsprechendem Auskunftsersuchen der erste Zustellversuch an die erste N.. Adresse des Herrn D... vorgenommen, der aber scheiterte. Auch der zweite Zustellversuch an die neue N... Adresse scheiterte. Das DPMA hätte nachdem es offensichtlich sogar von vornherein an einer wirksamen Zustellung an die Zweigstellenadresse gezweifelt hatte zu diesem Zeitpunkt schon von Amts wegen Ermittlungen bezüglich der Markeninhaberin, deren Existenz bzw. der der Zweigstelle wegen der Frage des Erfordernisses eines Inlandsvertreters nach § 96 MarkenG aufnehmen müssen.
Dem Schreiben der ältin vom 25. Juli 2016 war keine Vollmacht beigefügt. Zwar hat das DPMA nach § 15 Abs. 4 DPMAV von Amts wegen (also ohne Rüge eines Beteiligten) das Fehlen oder einen Mangel der Vollmacht nicht zu prüfen, wenn wie hier ein alt auftritt; bei ernsthaften Zweifeln kann eine Amtsprüfung aber veranlasst sein. Bereits das Schreiben der Anwältin selbst hat entsprechende Fragen aufgeworfen, weil sie für zwei verschiedene englische Firmen die Vertretung angezeigt hat. Jedenfalls aber spätestens am 30. Mai 2016 also noch vor dem Widerspruchsschreiben der Anwältin und deutlich vor der abschließenden Mitteilung nach § 53 Abs. 3 MarkenG hat das DPMA durch die Übermittlung des „moneyhouse“ Auszugs davon Kenntnis erlangt, dass die Markeninhaberin sowie deren Zweigniederlassung gelöscht worden war und D..., an den die Zustellung erfolgte, bereits seit September 2013 nicht mehr die Funktion des „director“ bekleidete.
Das DPMA hätte daher zweifellos Anlass sehen müssen wegen der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der ältin nachzufragen.
Dies ist unterblieben, was einen Verfahrensfehler darstellt und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nahelegt.
Für die Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG besteht kein Anlass.
Dr. MittenbergerHuber | Akintche | Seyfarth |
Richterin Seyfarth ist
wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert Dr. MittenbergerHuber |