Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.03.2012


BPatG 07.03.2012 - 29 W (pat) 184/10

Markenbeschwerdeverfahren – "SCANTAX/ANTAX" – zur Kennzeichnungskraft - Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
07.03.2012
Aktenzeichen:
29 W (pat) 184/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 305 17 456

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. März 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, der Richterin Kortge und der Richterin am Landgericht Uhlmann

beschlossen:

Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Januar 2008 und 19. April 2010 werden aufgehoben. Das DPMA hat die Löschung der Marke 305 17 456 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 399 85 340 anzuordnen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

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SCANTAX

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ist am 23. März 2005 angemeldet und am 27. September 2005 unter der Nummer 305 17 456 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für Dienstleistungen der

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Klasse 35:

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Erstellung von Steuererklärungen;

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Klasse 36:

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Finanzwesen; Erstellung von Steuergutachten und –schätzungen;

8

Klasse 42:

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Rechtsberatung; juristische Beratung in Steuerangelegenheiten.

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Gegen diese Marke, deren Eintragung am 28. Oktober 2005 veröffentlicht wurde, hat die Inhaberin der älteren Marke

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ANTAX

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die am 4. April 2000 unter der Nummer 399 85 340 eingetragen wurde für Dienstleistungen der

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Klasse 35:

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Dienstleistungen eines Wirtschaftsprüfers, Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Personalberatung, Unternehmensberatung; Dienstleistungen eines Steuerberaters;

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Klasse 41:

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Herausgabe von Informationsschriften und Verbraucherinformationen in Form von Druckerzeugnissen; Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen, Schulungen, Training auf den Gebieten Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung, Veranstaltung von Seminaren;

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Klasse 42:

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Dienstleistungen eines Rechtsanwalts; Steuerrechtsberatung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung;

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Widerspruch erhoben.

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Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat mit Beschlüssen vom 23. Januar 2008 und 19. April2010, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Vergleichsmarken könnten sich bei identischen Dienstleistungen, z. B. bei Dienstleistungen eines Steuerberaters oder eines Rechtsanwaltes, begegnen, weil die Widerspruchsdienstleistungen "Erstellung von Steuererklärungen" und "Rechtsberatung" darunter fielen. Bei den Adressaten dieser Dienstleistungen handele es sich um Fachkreise oder Laien, die eine gewisse Sorgfalt walten ließen. Angesichts von über 70.000 Steuerberatern in der Bundesrepublik Deutschland sei der Hinweis auf die Benutzung der Widerspruchsmarke durch 200 Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht ausreichend, um auf deren gesteigerte Kennzeichnungskraft schließen zu können. Der bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderliche deutliche Markenabstand werde selbst bei Identität der Dienstleistungen und bei Anwendung nur durchschnittlicher Sorgfalt noch eingehalten. Die beiden Markenwörter verfügten zwar je nach Aussprache über eine ähnliche bzw. identische Vokalfolge, die gleiche Silbenzahl und einen ähnlichen Sprech- und Betonungsrhythmus, aber sie unterschieden sich auffällig am erfahrungsgemäß stärker beachteten Wortbeginn. Die angegriffene Marke beginne mit dem zwei klangstarken, harten Konsonanten, nämlich dem Zischlaut "S" und dem als Sprenglaut "K" ausgesprochenen "C". Die jüngere Marke klinge daher härter als die Widerspruchsmarke. Da die Betonung auf dem sich unterscheidenden Wortbeginn liege, seien Verwechslungen in klanglicher Hinsicht auszuschließen. Es bestehe auch kein Anlass, einen Bestandteil der beiden Marken wegzulassen oder zu vernachlässigen. Ferner diene der Sinngehalt des nur in der angegriffenen Marke enthaltenen Bestandteils "SCAN" mit der Bedeutung "scannen, Scanner" dazu, Hör- und Merkfehler zu vermeiden. Schriftbildlich unterschieden sich die Marken durch die typische Umrisscharakteristik der Buchstaben "SC" der jüngeren Marke ausreichend. Für weitere Verwechslungsgefahren sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Die Entscheidung des Amtes vom 28. April 2003 zu "DANTAX/ANTAX" (Anlage 3, Bl. 136 – 139 VA) sei aufgrund des klangschwachen Konsonanten "D" als einzigem Unterschied anders gelagert.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie sinngemäß beantragt,

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die Beschlüsse des DPMA vom 23. Januar 2008 und 19. April 2010 aufzuheben und die angegriffene Marke vom DPMA löschen zu lassen.

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Sie vertritt die Ansicht, die Vergleichsmarken seien für identische bzw. hochgradig ähnliche Dienstleistungen eingetragen. Der Widerspruchsmarke komme eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu, weil sie deutschlandweit von neun Steuerberatungsgesellschaften benutzt werde (Anlage 1, Bl. 54 – 72 VA; Anlage 2, Bl. 83 – 113 VA; Anlage 5, Bl. 29 f. GA). Bis auf die beiden Anfangsbuchstaben des jüngeren Markenwortes stimmten die Marken überein, so dass ein hoher Grad schriftbildlicher Ähnlichkeit bestehe. Auch in klanglicher Hinsicht seien die Vergleichsmarken hochgradig ähnlich, weil sie über die gleiche Silbenzahl und die gleiche Vokalfolge verfügten. Den einzigen Unterschied bildeten die beiden Anfangskonsonanten der angegriffenen Marke. Bei weitgehenden Übereinstimmungen im Übrigen könne eine alleinige Abweichung am Wortanfang die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen. Obwohl die Widerspruchsmarke eine Fantasiebezeichnung sei, während die jüngere Marke Assoziationen zu "scannen von Steuern" bzw. "skandinavische Steuern" erwecke, reiche dieser Unterschied im Sinngehalt nicht aus, um eine Kollision zu vermeiden. Denn zum einen sei der Sinngehalt nicht eindeutig, zum anderen sei er den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen nicht derart geläufig, dass er auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst würde.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben. Im Verfahren vor dem DPMA ist sie der Auffassung gewesen, die beiden Marken unterschieden sich deutlich in der Wortlänge. Ferner entfalle auf jeden der beiden zusätzlichen Buchstaben der jüngeren Marke ein eigener, markanter, gut hörbarer Laut. Sowohl der Reibelaut "S" als auch der Gutturallaut "K" seien klanglich deutlich wahrnehmbar. Dies gelte umso mehr, als sie am stärker beachteten Wortanfang stünden. Der stimmlose Doppellaut "sk" falle vor einem Vokal deutlich mehr auf als z. B. der stimmhafte Konsonant "d". Auch unter ungünstigen akustischen Bedingungen, z. B. am Telefon oder bei Umgebungslärm, sei das "S" nicht zu überhören, zumal es durch das "K" noch verstärkt werde. Die Widerspruchsmarke sei nur einem begrenzten Personenkreis bekannt. Da es sich bei ihr um einen Fantasiebegriff handele, gebe es keinen gemeinsamen Wortstamm. Wegen der von der angegriffenen Marke hervorgerufenen Assoziationen "Scannen von Steuern" und "skandinavische Steuern" bestehe auch ein begrifflicher Unterschied.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

27

Zwischen den Vergleichsmarken besteht entgegen der Ansicht der Markenstelle eine Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, MarkenG.

28

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2006, 60, 61 Rdnr. 12 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, 860 Rdnr. 16 – Malteserkreuz I; MarkenR 2008, 405 Tz. 10 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 906 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, 260 Rdnr. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2009, 484, 486 Rdnr. 23 – Metrobus; GRUR 2010, 235 Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; EuGH GRUR 2006, 237, 238 – PICARO/PICASSO).

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Nach diesen Grundsätzen kann eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht verneint werden.

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1. Nach der Registerlage werden die Vergleichsmarken im streitgegenständlichen Bereich zur Kennzeichnung teilweise identischer und teilweise durchschnittlich ähnlicher Dienstleistungen verwendet.

31

Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (BGH GRUR 2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN, GRUR 2004, 601 - d-c-fix/CD-FIX, EuGH MarkenR 2009, 47, 53 Rdnr. 65 – Edition Albert René).

32

a) Da die für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistungen "Erstellung von Steuererklärungen" (Klasse 35) und "Erstellung von Steuergutachten und –schätzungen (Klasse 36) zur typischen Tätigkeit eines Steuerberaters gehören, sind sie mit den für die Widerspruchsmarke geschützten "Dienstleistungen eines Steuerberaters" (Klasse 35) identisch. Identität liegt auch zwischen den für die angegriffene Marke in Klasse 42 registrierten Dienstleistungen "Rechtsberatung; juristische Beratung in Steuerangelegenheiten" und den in Klasse 45 eingetragenen Widerspruchsdienstleistungen "Dienstleistungen eines Rechtsanwaltes, Steuerrechtsberatung" vor.

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b) Eine durchschnittliche Ähnlichkeit besteht zwischen den in Klasse 36 für die jüngere Marke geschützten Dienstleistungen "Finanzwesen" und den Widerspruchsdienstleistungen eines Steuerberaters.

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Nach den erläuternden Anmerkungen zur Klasseneinteilung im Abkommen von Nizza über die Internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken (Anlage 1 zu § 19 Abs. 1 MarkenV) fallen unter die in Finanz- und Geldangelegenheiten geleisteten Dienste insbesondere Dienstleistungen von Bank- oder Kreditinstituten, von Investment- oder Holdinggesellschaften, von Wertpapier- oder Gütermaklern, von Treuhändern im Zusammenhang mit Geldangelegenheiten und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ausgabe von Reiseschecks und Kreditbriefen. Unter Finanzwesen wird somit die Gesamtheit aller Dienstleistungen verstanden, die rund um Geld und geldgleiche Vermögensgegenstände erbracht werden, soweit sie nicht im Hinblick auf ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt dem Versicherungs- oder Immobilienwesen bzw. einer anderen Klasse zuzuordnen sind. Demzufolge müssen die Finanzen im Mittelpunkt der Tätigkeit stehen. Es reicht nicht aus, wenn sie nur eine untergeordnete Bedeutung im Rahmen einer anderen Dienstleistung aufweisen. Steuerberater beschäftigen sich mit Finanzen. So spielen beispielsweise im Rahmen der Ausarbeitung von Steuererklärungen das Geld und geldgleiche Vermögensgegenstände eine maßgebliche Rolle, so dass von einer durchschnittlichen Ähnlichkeit zwischen Finanzwesen einerseits und den Dienstleistungen von Steuerberatern andererseits auszugehen ist (BPatG 33 W (pat) 37/06; Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., S. 349).

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2. Die identischen und durchschnittlich ähnlichen Dienstleistungen richten sich sowohl an Inhaber von Gewerbebetrieben und leitende Angestellte von Unternehmen als auch an Privatpersonen.

36

Soweit allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen sind, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware und/oder Dienstleistung befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware bzw. der in Anspruch genommenen Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (BGH MarkenR 2000, 140, 144 – ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1998, 942, 943 linke Spalte – ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 Rdnr. 24 – Lloyd/Loint´s).

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Die hier betroffenen Steuer- und Rechtsberatungsdienstleistungen werden regelmäßig ganz gezielt in Anspruch genommen, so dass die Erbringer mit einer gewissen Sorgfalt ausgewählt werden. Daher ist zumindest von einem leicht erhöhten Aufmerksamkeitsgrad auszugehen.

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3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "ANTAX" ist als normal einzustufen.

39

a) Grundsätzlich ist von einer normalen Kennzeichnungskraft auszugehen, es sei denn, es liegen im konkreten Einzelfall negative, die Kennzeichnungskraft schwächende Umstände vor, wie etwa eine waren- bzw. dienstleistungsbeschreibende Bedeutung oder eine häufige anderweitige Verwendung. Derartige Anhaltspunkte sind jedoch nicht ersichtlich.

40

Das Markenwort "ANTAX" ist ein Fantasiebegriff. Die im Markenwort enthaltene Buchstabenfolge "TAX" als englisches Substantiv für "Steuer, Abgabe" oder als Verb mit der Bedeutung "taxieren, schätzen, einen Wert ermitteln" (www.leo.org), die einen sachlichen Bezug zu den Steuer(rechts)beraterdienstleistungen herstellen könnte, tritt nicht als selbständiger Bestandteil hervor.

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b) Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft kann der Widerspruchsmarke nicht beigemessen werden.

42

Für die Annahme eines wesentlich größeren Schutzbereichs der Widerspruchsmarke reicht es nicht aus vorzutragen und zu belegen, dass diese deutschlandweit von neun Steuerberatungsgesellschaften und damit von mehr als … Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwaltskanzleien benutzt wird, die im European Tax and Law-Verbund kooperieren und auf die Betreuung von mehr als … Heilberuflernspezialisiert sind. Es fehlen vielmehr konkrete Angaben der Widersprechenden zu ihrem Marktanteil, z. B. ermittelt durch Verkehrsbefragungen, und zu ihren Werbeaufwendungen jeweils im Vergleich zu Konkurrenzprodukten der Mitbewerber (EuGH MarkenR 1999, 236, 239 (Nr. 23, 24) - Lloyd; GRUR 2002, 804, 808 (Nr. 60 - 62) - Philips; BGH GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV; GRUR 2003, 1040, 1044 –Kinder; BPatGE 44, 1, 4 - Korodin). Weder ist der für die Widerspruchsmarke getätigte Werbeaufwand konkret beziffert worden, noch sind eine Verkehrsbefragung oder sonstige Unterlagen über den Marktanteil vorgelegt worden, obwohl sowohl die Markenstelle als auch die Beschwerdegegnerin ausdrücklich auf den insoweit unzureichenden Vortrag hingewiesen haben.

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3. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie identischen und mittelgradig ähnlichen Dienstleistungen, denen eine leicht erhöhte Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand nicht mehr ein.

44

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Rdnr. 21 - HEITEC). Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen. Für den Gesamteindruck eines Zeichens ist insbesondere der Wortanfang von Bedeutung, weil der Verkehr diesem regelmäßig größere Beachtung schenkt als Endsilben (BGH GRUR 2004, 783, 784 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

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Die sich hier gegenüberstehenden Marken werden schriftbildlich und klanglich ähnlich wahrgenommen.

46

a) Die zusätzlichen Buchstaben "S" und "C" am Anfang der angegriffenen Marke fallen angesichts der übrigen fünf identischen Buchstaben an gleicher Position kaum ins Gewicht. Allein die Hinzufügung von zwei weiteren Buchstaben "S" und "C" zur Widerspruchsmarke kann den Gesamteindruck der Ähnlichkeit nicht deutlich verändern, so dass zumindest eine durchschnittliche visuelle Ähnlichkeit vorliegt.

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b) In klanglicher Hinsicht stimmen die gegenüberzustellenden reinen Wortmarken in Silbenzahl, Vokalfolge sowie Sprech- und Betonungsrhythmus vollständig überein. Das Markenwort der Widerspruchsmarke "ANTAX" ist in der angegriffenen Marke identisch enthalten. Der einzige Unterschied besteht in den beiden Anfangsbuchstaben "SC" der jüngeren Marke. Zwar kann der Anfang von Wortmarken geeignet sein, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers stärker auf sich zu ziehen als die folgenden Bestandteile, aber bei weitgehenden Übereinstimmungen im Übrigen kann eine alleinige Abweichung am Wortanfang eine Verwechslungsgefahr nicht ausschließen (BGH GRUR 1993, 972, 974 – Sana/Schosana; BPatG 33 W (pat) 132/01 – AXSON/EXXON). Da zweisilbige Wörter mit fünf oder mehr Buchstaben – wie hier – keine Kurzwörter darstellen (BPatG Mitt 1971, 50, 51 – Crenin/Kreon), fallen auch Abweichungen weniger ins Gewicht.

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Bei dem Anfangsbuchstaben "S" der jüngeren Marke handelt es sich um einen klangschwachen Konsonanten und stimmlosen Reibelaut, der nur kurz ausgesprochen wird. Das wie ein "K" artikulierte "C" ist zwar ein klangstarker Konsonant, aber auch dieser Sprenglaut ist kurz und stimmlos, so dass der insgesamt stimmlose Doppellaut "SC" bei Aussprache und Betonung nicht deutlich genug in Erscheinung tritt. Denn das angesprochene Publikum kann die Vergleichsmarken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnehmen und miteinander vergleichen, sondern gewinnt seine Auffassung nur aufgrund eines meist undeutlichen Erinnerungsbildes an eine Marke. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Wiedergabe der Marken häufig nur unter ungünstigen akustischen Bedingungen, wie z. B. am Telefon oder bei Umgebungslärm, erfolgt, was ein korrektes Verstehen erschwert. Der stimmlose und teilweise klangschwache Doppellaut "SC" wird daher bei Betonung und Aussprache kaum wahrgenommen. Da die Vergleichsmarken im Übrigen identisch sind, besteht eine hochgradige phonetische Ähnlichkeit.

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c) Eigentlich scheidet ein begrifflicher Vergleich schon deshalb aus, weil beide Marken aus Fantasiewörtern bestehen. Aber selbst wenn man der jüngeren Marke einen gewissen begrifflichen Gehalt entnähme, würde dieser schwache Bedeutungsunterschied schon angesichts der hochgradigen klanglichen und mittelgradigen schriftbildlichen Ähnlichkeit nicht ausreichen, die Verwechslungsgefahr auszuschließen.

50

Der Bestandteil "SCAN" der angegriffenen Marke kann entweder auf den technischen Vorgang des Scannens, also des Abtastens von Texten oder Bildern, hinweisen, etwa um sie EDV-mäßig zu erfassen (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]), im Sinne von "prüfen" verstanden werden (www.leo.org), oder – auch wenn lexikalisch nicht nachweisbar – auf "Scandinavia" (Skandinavien, www.leo.org) hindeuten. Dann käme der jüngeren Marke entweder die Bedeutung "scannen der Steuer", "prüfen der Steuer" oder "skandinavische Steuer" zu. In der älteren Marke ist der Begriff "TAX" aber auch enthalten, so dass beide Marken den englischen Begriff für "Steuer" als gemeinsamen Bestandteil aufweisen, was aber die Verwechslungsgefahr eher noch verstärken würde.