Entscheidungsdatum: 21.05.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 016 994.5
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Uhlmann und die Richterin k.A. Akintche im schriftlichen Verfahren am 21. Mai 2014
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 31. Januar 2013 wird aufgehoben.
I.
Die Wortmarke
Breadman
ist am 24. Februar 2012 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 42 und unter anderem für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen
Klasse 30: Backwaren; Brot; Sandwiches; Semmeln;
Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Backwaren, Brot; Sandwiches, Semmeln;
Klasse 43: Catering; Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen in Restaurants; Verpflegung von Gästen in Cafés und Restaurants, Party-Planung [Verpflegung]
angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 21. Januar 2013 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft hinsichtlich der oben genannten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Die angesprochenen allgemeinen Verbraucher verstünden die englische Wortkombination "Breadman" ohne weiteres dahingehend, dass es sich bei den betreffenden Waren und Dienstleistungen um solche handele, die eine aus Brot gefertigte männliche Figur beträfen oder eine Person, die – wie beispielsweise der Milchmann, der Zeitungsmann, der Eismann etc. – Brot bzw. Brotwaren liefere. Die zurückgewiesenen Waren könnten in der Form einer männlichen Figur geformt sein, die Dienstleistungen könnten der Belieferung mit Brot dienen. Entsprechend werde der Begriff auch bereits verwendet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 21. Februar 2013, mit der er beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 21. Januar 2013 aufzuheben.
Er trägt vor, das angemeldete Zeichen sei ein Phantasiebegriff, der auch in der englischen Sprache nicht benutzt werde, weshalb es in den Vereinigten Staaten als Wortmarke geschützt sei. Erst recht müsse es deshalb im Inland schutzfähig sein. Auch wenn der Bestandteil "Bread" im Inland die Assoziation zu Brot wecke, sei der Gesamtbegriff nicht zur Beschreibung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen geeignet. Die deutschen Begriffe "Milchmann", "Zeitungsmann" oder "Eismann" beschrieben eine Person, die entsprechende Waren an die Haustür liefere, sodass das Zeichen allenfalls für die Belieferung von Haushalten mit Brot beschreibend sein könne, nicht aber für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen. Auch ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht. Der deutsche Verkehr werde die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht mit einem englischen Begriff beschreiben.
Zum weiteren Vorbringen wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung des Zeichens stehen für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es der Marke nicht an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH, GRUR 2010, 228, 229, Rdnr. 33 – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH, GRUR 2013, 731, 732, Rdnr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 – Link economy; GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, a.a.O. – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; a.a.O., Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 - My World; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, a.a.O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411, Rdnr. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779, Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; a.a.O. - My World).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH, GRUR 2013, 522, Rdnr. 8 – Deutschlands schönste Seiten; a.a.O. – Die Vision; a.a.O. – Marlene-Dietrich-Bildnis II).
Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung (BGH, GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH, GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH, GRUR 2012, 270, 271, Rdnr. 11 – Link economy; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a.a.O., Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; a.a.O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u.a. BGH, GRUR 2010, 1100, 1101, Rdnr. 20 – TOOOR!; a.a.O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH, a.a.O.,Rdnr. 23 - TOOOR!; a.a.O. 855 Rdnr. 28 f.- FUSSBALL WM 2006). Die bloße theoretische Möglichkeit, dass die eine oder andere Sachaussage durch die Marke vermittelt werden könnte, reicht zur Verneinung der Unterscheidungskraft nicht aus.
2. Die angemeldete Wortkombination enthält für die hier relevanten Waren und Dienstleistungen weder einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt noch weist sie einen engen beschreibenden Bezug zu diesen auf.
Das Zeichen "Breadman" wird zwar, weil es sich aus zwei gebräuchlichen Begriffen der englischen Sprache zusammensetzt, auch vom inländischen Verkehr in der Bedeutung "Brotmann" verstanden. Der entsprechende deutsche Begriff "Brotmann" ist aber lexikalisch weder nachweisbar noch gebräuchlich. Er findet insoweit weder in der Werbung noch in den Medien eine entsprechende Verwendung. Unter einem "Brotmann" kann man zwar grundsätzlich eine männliche Figur aus Brotteig, nämlich einen Mann aus Brot, verstehen. In diesem Sinn wird der Begriff aber nicht benutzt. Menschliche Figuren aus Brotteig werden in der Verkleinerungsform "Brotmännchen" genannt. Derartige Brotmännchen, regional unterschiedlich als Weckmännchen, Stutenmann, Puhmann, Hefekerl usw. bezeichnet, sind kleine Figuren aus Hefeteig, die traditionell insbesondere am St. Martins- oder Nikolaustag an Kinder verteilt und zu diesem Zweck in Bäckereien zum Kauf angeboten werden. Außerhalb dieser besonderen Anlässe ist es dagegen nicht üblich, Brot, Sandwiches, Semmeln und Backwaren in der Form menschlicher Figuren herzustellen.
Der englische "Gingerbread Man" wird im Deutschen dagegen als Lebkuchen- oder Honigkuchenmann bezeichnet. Deshalb werden selbst diejenigen allgemeinen Verbraucher, die den Begriff "Gingerbread Man" kennen, das Zeichen "Breadman" nicht unmittelbar als Hinweis auf eine Lebkuchenfigur verstehen, da dessen Charakteristikum gerade der Pfefferkuchen- oder Lebkuchenteig, das "Gingerbread", und nicht ein beliebiger Brotteig ist.
Die angesprochenen allgemeinen Verbraucher für die in Klasse 30 beanspruchten "Backwaren; Brot; Sandwiches; Semmeln" werden das Zeichen daher nicht als Hinweis auf die Form der Waren verstehen, weil Backwaren aus Brotteig in figürlicher Form unüblich sind. Als Hinweis auf den Hersteller der Backwaren ist das Zeichen ferner nicht geeignet, weil dieser nicht als "Brotmann", sondern als "Bäcker" bezeichnet wird.
Gleiches gilt für die beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen mit Backwaren, Brot, Brötchen, Semmeln und Sandwiches. "Breadman" ist als Hinweis auf das Sortiment, auf das sich die Einzelhandelsdienstleistungen beziehen, nicht geeignet, da es nicht üblich ist, ganze Sortimente aus männlichen Teigfiguren anzubieten. Auch zum Verständnis des Zeichens im Sinne eines Einzelhandels für Backwaren mit Lieferservice ins Haus gelangt das Publikum erst über mehrere Gedankenschritte, indem es zunächst in dem englischen Begriff "Breadman" den deutschen Ausdruck "Brotmann" erkennen und diesen mit dem umgangssprachlich verwendeten Begriff "Brötchenmann" für einen Lieferservice gleichsetzen muss. In der Alltagssprache spricht man zwar vom "Brötchenmann", der ähnlich wie der Gemüsemann, Milchmann oder Eiermann Waren an die Haustür liefert oder ortsnah meist in mobilen Verkaufsstellen anbietet. Dieser Service wird aber - wie der Begriff zeigt - in erster Linie nicht für Brot, sondern nur für Frühstücksbrötchen angeboten. Zudem ist es jedenfalls im Bereich von Lebensmitteln nicht üblich, deutsche mundartliche Begriffe in einer Fremdsprache auszudrücken. Jedenfalls in der beim Einzelhandel mit Backwaren gebräuchlichen markenmäßigen Anbringung von "Breadman" auf Papiertüten oder an der Außenseite von Verkaufslokalen kann dem Zeichen die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis deshalb nicht abgesprochen werden.
Auch für die Dienstleistungen in Klasse 43 stellt das Zeichen "Breadman" trotz der beschreibenden Bedeutung der beiden Bestandteile "bread" und "man" in seiner Gesamtheit keine Sachangabe dar und verfügt nicht über den für die Verneinung der Schutzfähigkeit erforderlichen engen beschreibenden Bezug. Es beschreibt weder die Verpflegung von Gästen in Restaurants und Cafés noch einen Catering- oder einen Partyservice, sondern eignet sich - im Gegenteil - als betrieblicher Herkunftshinweis für diese Dienstleistungen. Selbst wenn im Umfang der vorgenannten Dienstleistungen die Anfertigung von belegten oder die Lieferung von unbelegten Broten enthalten sein kann, gibt das angemeldete Zeichen weder einen Hinweis darauf, dass es sich ausschließlich um ein auf Brot beschränktes Sortiment handelt noch, dass die Dienstleistung von einem Bäcker stammt. Der "breadman" ist – selbst in seiner verständlichen deutschen Bedeutung als "Brotmann" – nicht gleichbedeutend mit dem Bäcker, der einen Partyservice betreibt oder Kunden in seinen Verkaufsräumen bewirtet.
Deshalb kann dem Zeichen die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden.
3. Ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist aus den genannten Gründen ebenfalls nicht gegeben.