Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 29.01.2013


BPatG 29.01.2013 - 29 W (pat) 16/11

Markenbeschwerdeverfahren – "PHSystems GmbH (Wort-Bild-Marke)/ph (Widerspruchsmarke zu 1], Wort-Bild-Marke)/ph pentahotels (Widerspruchsmarke zu 2], Wort-Bild-Mark)" – zur Kennzeichnungskraft – zur Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – teilweise unmittelbare Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
29.01.2013
Aktenzeichen:
29 W (pat) 16/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 59 864

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 29. Januar 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Kortge und Uhlmann

beschlossen:

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. November 2010 wird aufgehoben, soweit der Widerspruch 306 71 846 aus der Marke hinsichtlich der Dienstleistungen der

Klasse 35:

Aktualisierung von Werbematerial, Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten, Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung, betriebswirtschaftliche Beratung, Buchführung, Buchprüfung, Büroarbeiten, Dateienverwaltung mittels Computer, Dienstleistungen einer Werbeagentur, Dienstleistungen eines Steuerberaters, nämlich Erstellen von Steuererklärungen, Dienstleistungen eines Wirtschaftsprüfers, Entwicklung von Werbe- und Marketingkonzepten, Erstellen von Statistiken, Erstellen von betriebswirtschaftlichen Gutachten, Erstellung von Geschäftsgutachten, Erstellung von Rechnungsauszügen, Erstellung von Steuererklärungen, Herausgabe von Druckerzeugnissen für Werbezwecke auch in elektronischer Form, Herausgabe von Statistiken, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations), organisatorische Beratung, Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen, Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien, Unternehmensberatung, Werbung, Werbung durch Werbeschriften;

zurückgewiesen worden ist.

Insoweit hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Löschung der Marke 307 59 864 anzuordnen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wort-Bildmarke 307 59 863.20 (gelb, grau)

Abbildung

2

der Beschwerdegegnerin ist am 11. September 2007 angemeldet und am 13. März 2008 in das Markenregister eingetragen worden für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 36, 42 und 45 der

3

Klasse 35:Aktualisierung von Werbematerial, Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten, Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung, Beschaffungsdienstleistungen für Dritte (Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen), betriebswirtschaftliche Beratung, Buchführung, Buchprüfung, Büroarbeiten, Dateienverwaltung mittels Computer, Dienstleistungen einer Werbeagentur, Dienstleistungen eines Steuerberaters, nämlich Erstellen von Steuererklärungen, Dienstleistungen eines Wirtschaftsprüfers, Entwicklung von Werbe- und Marketingkonzepten, Erstellen von Statistiken, Erstellen von betriebswirtschaftlichen Gutachten, Erstellung von Geschäftsgutachten, Erstellung von Rechnungsauszügen, Erstellung von Steuererklärungen, Herausgabe von Druckerzeugnissen für Werbezwecke auch in elektronischer Form, Herausgabe von Statistiken, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations), organisatorische Beratung, Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen, Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien, Sekretariatsdienstleistungen, Unternehmensberatung, Werbung, Werbung durch Werbeschriften.

4

Hiergegen hat die Beschwerdeführerin Widerspruch aus zwei Marken erhoben:

5

Die Widerspruchsmarke 306 71 846

Abbildung

6

ist am 2. Februar 2007 für die Dienstleistungen der Klassen

7

Klasse 35:

8

Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Zusammenstellen, Systematisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; ausschließlich in Verbindung mit dem Betreiben von Hotels;

9

Klasse 41:

10

Unterhaltung, Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung, die der Erholung und Vergnügungen dienen; Vorbereitung, Organisation, Durchführung von Ausstellungen (kulturell), Konferenzen, Kongressen, Seminaren, Symposien und Workshops (Ausbildung); Betreuungsservice für Gäste, nämlich Unterhaltung;

11

Klasse 43:

12

Dienstleistungen von Hotels, Motels und Resorthotels; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Restaurant-, Bar- und Cateringdienstleistungen; Vermietung von Versammlungsräumen für Ausstellungen, Konferenzen, Kongresse, Seminare, Symposien und Workshops; Reservierungsdienste für Zimmer und andere Unterkünfte; Zubereitung von Speisen und Getränken;

13

eingetragen worden.

14

Die Widerspruchsmarke 307 23 183

Abbildung

15

ist am 3. Juli 2007 für die Dienstleistungen

16

Klasse 35:

17

Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung und des Marketing; Dienste auf dem Gebiet der Verkaufsförderung; Entwicklung von Kundenbindungssystemen (Treueprogrammen) für Marketingzwecke; Zusammenstellen, Systematisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken;

18

Klasse 41:

19

Unterhaltung, Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung, die der Erholung und Vergnügungen dienen; Vorbereitung, Organisation und Durchführung von Ausstellungen (kulturell), Konferenzen, Kongressen, Seminaren, Symposien und Workshops (Ausbildung); Betreuungsservice für Gäste, nämlich Unterhaltung;

20

Klasse 43:

21

Dienstleistungen von Hotels, Motels und Resorthotels; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Restaurant-, Bar- und Cateringdienstleistungen; Vermietung von Versammlungsräumen für Ausstellungen, Konferenzen, Kongresse, Seminare, Symposien und Workshops; Reservierungsdienste für Zimmer und andere Unterkünfte; Zubereitung von Speisen und Getränken;

22

eingetragen worden.

23

Die Widersprüche richteten sich zunächst gegen „alle identischen und ähnlichen Waren und Dienstleistungen“. Sodann hat die Beschwerdeführerin im Amtsverfahren mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2008 vorgetragen, zwischen den Marken bestehe im Bereich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 Verwechslungsgefahr.

24

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Widersprüche durch Beschluss vom 18. November 2010 zurückgewiesen.

25

Zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr. Zwar könnten sie sich teilweise bei identischen Dienstleistungen begegnen. Aufgrund ihrer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft könnten die Widerspruchsmarken deshalb auch die Einhaltung eines deutlichen Abstands fordern. Die angegriffene Marke Abbildunghalte aber den erforderlichen Abstand ein. Sie habe zwar mit der Widerspruchsmarke Abbildung die Buchstabenfolge „ph“ gemeinsam, unterscheide sich aber wesentlich durch die zusätzlichen Bestandteile „Systems GmbH“ der angegriffenen Marke und „pentahotels“ der Widerspruchsmarke. Es bestehe kein Anlass, einen der Bestandteile der angegriffenen Marke wegzulassen oder zu vernachlässigen. Eine Prägung durch die Buchstabenfolge „ph“ komme nicht in Betracht. Auch eine Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke Abbildung bestehe wegen des zusätzlichen Wortbestandteils „Systems GmbH“ in der angegriffenen Marke nicht. Der Wortbestandteil erscheine als zusammenhängender Begriff im Sinne des Namens der GmbH.

26

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie sinngemäß beantragt,

27

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. November 2010 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der Klasse 35 anzuordnen.

28

Sie ist der Auffassung, die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 seien mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarken identisch bzw. hochgradig ähnlich. Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit bestehe auch zwischen den Zeichen, da die Begriffe „Systems“ und „GmbH“ des angegriffenen Zeichens als beschreibende Bestandteile am Schutz der Marke keinen Anteil hätten, sodass die angegriffene Marke durch die Buchstabenfolge PH geprägt werde. Diese sei mit der Buchstabenfolge der Marke Abbildung identisch. Auf Seiten der Widerspruchsmarke Abbildung trete die Bezeichnung „pentahotels“ schon wegen ihrer geringen Größe optisch zurück, wobei der Begriff „hotels“ ohnehin glatt beschreibend und deshalb zu vernachlässigen sei.

29

Die Beschwerdegegnerin hat im Verfahren nicht Stellung genommen.

30

Im Amtsverfahren hat sie vorgetragen, eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht, da die PH Systems GmbH andere Dienstleistungen anbiete als die Widersprechende. Auch die Zeichen seien einander nicht ähnlich, da die Buchstabenfolge „ph“ in der angegriffenen Marke groß und in den Widerspruchsmarken klein geschrieben werde. ph stehe bei der Widersprechenden für Penta Hotels, während es bei der angegriffenen Marke für die Vornamen Petra und Heinz stehe. Die Wortbestandteile „PH Systems GmbH“ bildeten eine Einheit und erhielten nur zusammen einen Sinn. Auch die Bilder der Marken seien völlig unterschiedlich.

31

Zum weiteren Vortrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

32

Die Beschwerde ist nur hinsichtlich der im Tenor genannten Dienstleistungen aufgrund des  Widerspruchs aus der Marke 306 71 846 begründet.

33

Zwischen der angegriffenen Marke Abbildung und der Marke 306 71 846 Abbildung besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

34

Die Frage der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH MarkenR 2008, 405 Tz. 10 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 906 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, 260 Rdnr. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2009, 484, 486 Rdnr. 23 – Metrobus; GRUR 2010, 235 Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; EuGH GRUR 2006, 237, 238 – PICARO/PICASSO).

a)

35

Bei den zu vergleichenden Dienstleistungen der Klasse 35 ist von der Registerlage auszugehen, da Fragen der Benutzung nicht aufgeworfen worden sind. Zwischen den zu vergleichenden Dienstleistungen besteht zum Teil Identität, zum Teil enge Ähnlichkeit.

36

Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (BGH GRUR 2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN, GRUR 2004, 601 - d-c-fix/CD-FIX, EuGH MarkenR 2009, 47, 53 Rdnr. 65 – Edition Albert René).

aa)

37

Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke „Aktualisierung von Werbematerial“, „Buchführung“, „Büroarbeiten“, „Dateienverwaltung mittels Computer“, „Dienstleistungen eines Steuerberaters, nämlich Erstellen von Steuererklärungen“, „Erstellung von Rechnungsauszügen“, „Erstellung von Steuererklärungen“ sowie „Lohn- und Gehaltsabrechnung“, sind mit der Dienstleistung der Widerspruchsmarke „Unternehmensverwaltung“ identisch oder hochgradig ähnlich. Denn alle diese Leistungen fallen bei der Verwaltung von Unternehmen an.

bb)

38

Zwischen den Dienstleistungen der jüngeren Marke „Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen“, „Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung“, „betriebswirtschaftliche Beratung“, „Entwicklung von Werbe- und Marketingkonzepten“, „Marketing“, „Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)“, „organisatorische Beratung“, „Unternehmensberatung“ „Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten“, „Dienstleistungen eines Wirtschaftsprüfers“, „Buchprüfung“, „Erstellen von betriebswirtschaftlichen Gutachten“, „Erstellung von Geschäftsgutachten“ und der Dienstleistung „Geschäftsführung“ der Widerspruchsmarke besteht Identität bzw. enge Ähnlichkeit, da die genannten Dienstleistungen in den Tätigkeitsbereich eines Geschäftsführers fallen oder von Unternehmen angeboten werden, die auch die „Geschäftsführung“ für Drittunternehmen anbieten. Interims Manager, die die Geschäftsführung für Dritte typischerweise erbringen, erstellen nach den Recherchen des Senats häufig auch betriebswirtschaftliche Gutachten, die Basis für Zukunftsentscheidungen der Unternehmenseigner sind. Verbreitet wird Interim Management auch von Wirtschaftsprüfern angeboten.

39

- www.interim-management.de: LUDWIG HEUSE GMBH Projektliste;

40

- EO EXECUTIVES ONLINE: Der Interims-Bericht: Forschung und Analyse zum europäischen Interim-Management-Markt, 2011;

41

- www.wirtschaftsprüfer-muenchen.eu: Interim Management: „Hier können wir helfen, denn als Wirtschaftsprüfer sind wir in der Lage, uns schnell in Aufgabengebiete aus den Bereichen Rechnungslegung, Reporting, Abschlusserstellung oder Steuern einzuarbeiten;“

42

- www.bdp-team.de/leistungen/restrukturierung.htm: „Sofern erforderlich, übernehmen wir im Unternehmen „hands on“ die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen - bis hin zur Übernahme der Geschäftsführung durch unsere erfahrenen Interimsmanager.“

cc)

43

Durchschnittliche Ähnlichkeit besteht auch zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke „Dienstleistungen einer Werbeagentur“, „Herausgabe von Druckerzeugnissen für Werbezwecke auch in elektronischer Form“, „Herausgabe von Statistiken“, „Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen“, „Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien“, „Werbung“, „Werbung durch Werbeschriften“ und der Dienstleistung „Zusammenstellen, Systematisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; ausschließlich in Verbindung mit dem Betreiben von Hotels“ der Widerspruchsmarke. Die Widerspruchsdienstleistung bezieht sich nicht in erster Linie auf die technische Pflege von Datenbanken, sondern auf die darin enthaltenen Inhalte. Diese können der Werbung dienen. Im Zuge der wachsenden Bedeutung der digitalen Medien für die Werbung bieten Werbeagenturen zunehmend auch die Datenpflege in digitalen Netzen als Dienstleistung an.

44

- www.almayo.de: almayo MedienDesign;

45

- www.kreativfabrik-werbeagentur.de: Webdesign & Realisierung

46

dd)Unähnlich sind dagegen in Klasse 35 der angegriffenen Marke die Dienstleistungen „Beschaffungsdienstleistungen für Dritte (Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen)“ und „Sekretariatsdienstleistungen“.

b)

47

Der wegen der Identität bzw. engen Ähnlichkeit der Dienstleistungen  erforderliche weite Abstand zwischen den Marken verändert sich durch die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht. Denn der Widerspruchsmarke Abbildung kommt von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Wie bereits aus dem Recherchebericht in der Amtsakte bekannt ist, wird die Buchstabenkombination „ph“ oder „PH“ auf verschiedenen Gebieten benutzt, etwa als Kürzel für den Staat Hawai, für die Philippinen als Top-Level-Domain, aber auch für Pädagogische Hochschule oder in der Chemie (PH-Wert) als Maß für die Aktivität von Protonen in einer wässrigen Lösung (Säuregrad). Keine dieser Abkürzungen weist einen unmittelbaren Sachzusammenhang zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistungen auf.

c)

48

Die hier im Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen der Klasse 35 wenden sich überwiegend an den Fachverkehr, nämlich Unternehmer und leitende Angestellte von Unternehmen, die den Kennzeichen auch wegen der mit den Leistungen verbundenen Bedeutung für ihre Unternehmen mit besonderer Aufmerksamkeit entgegen treten. Daher verringert sich der von der angegriffenen Marke einzuhaltende Abstand der Zeichen, gleichwohl ist zwischen den Marken auch in diesen Bereichen ein deutlicher Abstand erforderlich.

d)

49

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Rdnr. 21 - HEITEC). Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen. Für den Gesamteindruck eines Zeichens ist insbesondere der Wortanfang von Bedeutung, weil der Verkehr diesem regelmäßig größere Beachtung schenkt als Endsilben (BGH GRUR 2004, 783, 784 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

50

Die angegriffene Marke Abbildung

Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
hält den deutlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke Abbildung nicht ein, der wegen der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der beanspruchten Waren und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderlich ist.

51

Die Marken sind klanglich identisch. Klanglich werden Wort-/Bildmarken grundsätzlich ausschließlich durch ihren Wortbestandteil bestimmt. Dabei wird die angegriffene Marke von der Buchstabenfolge „PH“ geprägt. Da die Wortbestandteile der angegriffenen Marke „Systems“ und „GmbH“ glatt beschreibend sind, dürfen sie aus Rechtsgründen in den Ähnlichkeitsvergleich nicht mit einbezogen werden (BGH GRUR 2008, 714 Rz. 58 – idw).

52

„GmbH“ weist ausschließlich auf die Rechtsform des Anbieters hin.

53

Der Begriff „Systems“ stammt aus der englischen Sprache und ist die Pluralform von „system“, das die Bedeutungen „System“, „Ordnung“, „Anlage“, „Organismus“ oder „Regime“ hat (Pons, Großwörterbuch Englisch - Deutsch, Stuttgart 2008).

54

Dem Begriff fehlt jegliche Unterscheidungskraft für die hier im Streit stehenden Dienstleistungen der Klasse 35. Bei den beanspruchten Dienstleistungen kann die Entwicklung, Einführung, Verbesserung oder Benutzung von Management-Systemen im Mittelpunkt stehen. Das gilt für betriebswirtschaftliche Beratungsdienstleistungen ebenso wie für die Dienstleistungen von Steuerberatern, das Marketing, Werbung und die Öffentlichkeitsarbeit. Auch die Leistungen im Zusammenhang mit Buchführung, Abrechnungen und Dateiverwaltungen werden innerhalb bestimmter Systemstrukturen erbracht, mit deren Qualität die Dienstleister werben.

55

- www.mlm-marktingsstrategie.de: MLM Marketing System: Starten Sie Ihr eigenes MLM Marketing System;

56

- www.socoto.com: Sie betreuen ein vielköpfiges Filial- oder Partnernetz … wenn sich das alles plötzlich mit einem einzigen System und auf den berühmten Knopfdruck für alle Beteiligten bewerkstelligen lässt, dann klingt das doch gleich viel entspannter“;

57

- www.activ-wn.de: ACTIV Werbung steht für Werbung mit System.

58

- www.interimmanagement-kimpel.de: Brauchen Sie in Ihrem Unternehmen Unterstützung durch einen Interimsmanager bei der … Umstrukturierung oder Sanierung … Optimierung Ihrer Controllings-Systeme und Ihres Berichtwesens … Dann sind wir der richtige Partner für Sie“;

59

- ZENIA Interim Management GmbH: „ZENIA sammelt und speichert nach einer intelligenten Systematik Management- und Wissensressourcen…“;

60

- www.neuesmarkting.de: „CMS-Systeme Ein Content-Management-System, Kurz CMS, übersetzt Inhaltsverwaltungssystem, ist ein System zur gemeinschaftlichen Erstellung, Bearbeitung und Organisation von Inhalten einer Internet Seite. Diese können aus Text- und Mulitmedia-Dokumenten bestehen. neuesMarketing arbeitet mit den Systemen Joomla, Drupal, TYPO3 und Wordpress, sowie mit individuell programmierten Systemen“;

61

- www.koehlerpaper.com.de: „Geschäftsprozesse und Systemabläufe kommen bei der Koehler-Gruppe regelmäßig auf den Prüfstand. Als leistungsstarkes Instrument setzen wird das integrierte Kohler-Management-System ein“;

62

- www.controllingportal.de: „In der Unternehmenspraxis zeigt sich, dass unvorhergesehene Herausforderungen eine Anpassung der Steuerungs- bzw. Reportingsysteme erfordern“;

63

- www.wiese-steuerberatung.de: System Steuerberatung.

3.

64

Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Widerspruchs aus der Wortbildmarke Abbildung ist dagegen unbegründet.

65

Dabei geht der Senat zugunsten der Beschwerdeführerin von einer Identität bzw. engen Ähnlichkeit der zu vergleichenden Dienstleistungen und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke Abbildung aus.

66

Den danach einzuhaltenden deutlichen Abstand hält die angegriffene Marke ein. Die zu vergleichenden Zeichen sind einander nicht ähnlich.

a)

67

Aus dem unmittelbaren Zeichenvergleich ergibt sich, dass eine schriftbildliche Ähnlichkeit der Marken wegen der markanten graphischen Ausgestaltung der Widerspruchsmarke und dem wesentlich längeren Wortbestandteil „ph pentahotels“ nicht besteht. Der Begriff „pentahotels“ nimmt an dem Zeichenvergleich teil. Das Wort „penta“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet fünf. Es kommt zwar als Präfix auch in Fachbegriffen der deutschen Sprache vor, etwa in den Wörtern Pentagramm für einen fünfeckigen Stern, Pentameter für ein Versmaß oder Pentagon für ein Fünfeck, gleichwohl ist davon auszugehen, dass das angesprochene Publikum keine Kenntnisse der griechischen Sprache hat und deshalb die Bedeutung „fünf“ für „penta“ nicht kennt.  In der Zusammensetzung „pentahotels“ wirkt es daher wie ein Eigenname. Selbst wenn der griechische Begriff „penta“ in seiner Bedeutung „fünf“ bekannt sein sollte, ist er keine Sachangabe für die unter dem Zeichen angebotenen Dienstleistungen. Die theoretisch mögliche Qualitätsbeschreibung als Fünf-Sterne-Hotel kommt nicht in Frage, denn sie wird nach den Verkehrsgewohnheiten nicht ohne die Angabe „Sterne“ und nicht in griechischen Zahlen ausgedrückt. Die angesprochenen Verbraucher werden den Begriff daher als Namen und damit als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen, zumal er einen guten Klang hat und deshalb geeignet ist, sich im Gedächtnis einzuprägen. Die Buchstabenkombination „ph“ wird unmittelbar als Abkürzung des darunter stehenden Wortes pentahotels erfasst. Deshalb werden die Wortbestandteile als aufeinander bezogen wahrgenommen, sodass der Begriff „pentahotels“ trotz seiner geringeren Größe gegenüber „ph“ nicht in den Hintergrund tritt, sondern an dem Zeichenvergleich in vollem Umfang teilnimmt. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu der fehlenden Unterscheidungskraft von Kombinationen aus beschreibenden Angaben und deren Abkürzungen (EuGH GRUR 2012, 616-618 MMF und NAI) ist hier nicht einschlägig, da der abgekürzte Begriff keine Sachangabe darstellt. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit scheidet deshalb aus.

b)

68

Auch klanglich besteht keine Ähnlichkeit. Denn es stehen sich klanglich der Wortbestandteil „PH“ ohne die beschreibenden Zusätze „Systems“ und „GmbH“ der angegriffenen Marke und „ph pentahotels“ der Widerspruchsmarke gegenüber. Diese unterscheiden sich wesentlich in der Länge und der Klangfarbe. Selbst wenn man beide Abkürzungen gleichermaßen als „peha“ ausspricht, verfügt die Widerspruchsmarke über insgesamt sechs Silben, während die angegriffene Marke aus nur zwei Silben besteht.

c)

69

Schließlich scheidet auch eine begriffliche Ähnlichkeit aus. Dem angesprochenen Publikum erschließt sich die Bedeutung der Buchstabenkombination PH in der angegriffenen Marke nicht, während es das „ph“ in der Widerspruchsmarke unmittelbar als Abkürzung des darunter platzierten Wortes pentahotels versteht. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu der fehlenden Unterscheidungskraft von Kombinationen aus beschreibenden Angaben und deren Abkürzungen (EuGH GRUR 2012, 616-618 MMF und NAI) ist hier nicht einschlägig, da der abgekürzte Begriff keine Sachangabe darstellt.

70

Für eine mittelbare Verwechslungsgefahr fehlt jeder Anhaltspunkt.

71

Daher war die Beschwerde insoweit zurückzuweisen.