Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.06.2013


BPatG 05.06.2013 - 29 W (pat) 159/10

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
05.06.2013
Aktenzeichen:
29 W (pat) 159/10
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 07 378.5

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. Juni 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Kortge und Uhlmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

WER WEISS WAS

3

ist am 6. Februar  2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 35:  Unternehmensberatung betreffend Kundenbindungssysteme, betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung in Sachen Kundenbindungssysteme, Kundenbindungsmarketing; Bereitstellung von Online-Informationen über Marketing, Bonus-, Werbe- und/oder Prämienprogramme; Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Verträgen für Dritte über An- und Verkauf von Waren oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen; Präsentation und Bestellannahme von Waren- und Dienstleistungsangeboten über einen Teleshopping-Kanal; Dienstleistungen einer Werbeagentur und einer Multimedia-Agentur, nämlich Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Werbung, auch als Rundfunk- oder Fernsehwerbung; Sponsoring in Form von Werbung; Bannerexchange, nämlich Vermietung und Vermittlung von Werbeflächen im Internet; Werbung im Internet für Dritte; Werbung in Form von Bannerwerbung auf Seiten im Internet; Herausgabe von Werbetexten und Verbreiten von Werbeanzeigen; Plakatanschlagwerbung; Vorführung von Waren oder Dienstleistungen zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial und Warenproben sowie Versenden von Werbesendungen; Marketing und Telemarketing; Markt- und Meinungsforschung; Dienstleistungen einer Preisagentur, nämlich Ermittlung von Preisen für Waren und/oder Dienstleistungen; Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit); Erstellung von Wirtschaftsprognosen; Zusammenstellung und Systematisieren von Daten in Computerdatenbanken, insbesondere von Waren- oder Dienstleistungsangeboten Dritter im Internet; Vermittlung von Wirtschaftskontakten im Internet; Betrieb einer Im- und Export-Agentur; Telefonantwortdienst für abwesende Teilnehmer; Dienstleistungen eines Call-Centers, nämlich Auftragsbearbeitung (Büroarbeiten) und Bearbeitung von Reklamationen und Angebotsnachfragen (Büroarbeiten); Büroarbeiten; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Erstellung von Rechnungsauszügen; Aufstellen von Kosten-Preis-Analysen; Durchführung von Versteigerungen und Auktionen, auch im Rahmen von Versteigerungen im Internet; Datenerfassung auf dem Gebiet der Telekommunikation zu Abrechnungszwecken;

5

Klasse 38: Betreiben einer Plattform für ein Kundenbindungsprogramm in einem Computernetzwerk, z. B. im Internet; Ausstrahlung von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, Videotext-, Teletext-Programmen oder Sendungen sowie Werbespots; Ausstrahlung von Hörfunk- und Fernsehsendungen und Fernsehprogrammen über drahtlose oder drahtgebundene Netze, Kabel- oder Satellitenfunk sowie ähnliche technische Einrichtungen; technische Übermittlung von Radio- und Fernsehprogrammen, Video-on-Demand-Programmen, Near-Video-on-Demand-Programmen, Übertragung und Bereitstellung von Daten in dafür geeigneten Kommunikationsnetzen wie dem Internet, anderen Online-Diensten oder vergleichbaren Medien; elektronische Nachrichtenübermittlung, Betrieb eines Teleshopping-Kanals; Internet-Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Telekommunikation, insbesondere Sammeln und Liefern von Nachrichten über Telefax, Telex, Telefon, Telegramm, E-Mail, elektronische Übertragungs- und Vermittlungsdienstleistungen für Daten-, Sprach- und Videosignale, vorgenannte Dienstleistungen auch zur Übermittlung über das Internet; e-commerce Dienstleistungen, nämlich Bereitstellung einer Internet-Plattform; Dienstleistungen eines Call-Centers, nämlich elektronische Vermittlung und Weiterleitung von Waren- und Dienstleistungsbestellungen sowie Wünschen, Anfragen und Reklamationen von Kunden an Hersteller oder Anbieter von Waren; Bildschirmtextdienst; Bereitstellung des Zugangs zu einer Hotline, Online-Informationsdiensten, Home-Banking-Diensten sowie Home-Shopping-Diensten; Bildtelefondiensten, Tele-Working-Diensten, Tele-Learning-Diensten, Tele-Teaching-Diensten, Tele-Medizin-Diensten, Videospielen und interaktiven Fernseh- und Computerdiensten; Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich Bereitstellung des Zugangs zum Internet, Bereitstellung von Internet-Portalen für Dritte; E-Mail-Dienste, Bereitstellung einer elektronischen Pinnwand, Betrieb einer Chat-Box, einer Webcam (Internet-Kamera) und eines News-Servers im Internet; Datenübertragungsdienste zwischen vernetzten Computersystemen; Betrieb von Chatrooms, -lines und Foren; Bereitstellung einer Internet-Plattform; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen; Bereitstellung des Zugriffs auf Daten in Computernetzwerken; Telekommunikationsdienstleistungen zur Übertragung, Speicherung, Verarbeitung und Wiedergabe von Informationen wie Ton, Bild und Daten; Betrieb einer Online-Community (Netzgemeinschaft), insbesondere Betrieb einer Community-Plattform im Internet zur Kommunikation, insbesondere mittels Foren, Chatsystemen, Newsboards, Tauschbörsen und MatchMaking;

6

Klasse 41: kulturelle und sportliche Aktivitäten; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Filmproduktion; Veranstaltung von Glücksspielen und Lotterien; Produktion von Shows und Teleshopping-Sendungen; Durchführung von Unterhaltungssendungen und Live-Veranstaltungen zu Unterhaltungszwecken; Theateraufführungen; Organisation und Durchführung von Konzerten; Musikdarbietungen; Aufnahme von musikalischen und künstlerischen Darbietungen auf Ton-, Bild- oder Datenträger; Zusammenstellen von Radio-, Film- oder Fernsehprogrammen; Organisation und Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und Spielshows; Betrieb von Sportanlagen und Vergnügungsparks; Platzreservierung für Unterhaltungsdienstleistungen, Betrieb eines Tonstudios; Beratung bezüglich Film- und Musikproduktion, soweit in Klasse 41 enthalten; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Drucksachen, Zeitungen, Zeitschriften, Büchern und Plakaten; Veranstaltung und Durchführung von Lotterien und Glücksspielen; Betrieb einer virtuellen Spielhalle im Fernsehen oder im Internet; Unterhaltung; Durchführung von Spielen im Internet; Vermietung und Produktion von Videofilmen; Vermietung von Computerspielen; Organisation und Durchführung von Ausstellungen für kulturelle und Ausbildungszwecke; Multimedia-Dienstleistungen, nämlich Produktion von Multimedia-Präsentationen, soweit in Klasse 41 enthalten; Veranstaltung und Organisation von Ferienlagern; Online-Publikationen auf dem Gebiet von Marketing, Marketingresearch und Kundenbindungsprogrammen;

7

Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computern und Computerprogrammen; Design von Datenbanken, soweit in Klasse 42 enthalten, Dienstleistungen einer Datenbank, soweit in Klasse 42 enthalten, technische Konzeption und technische Beratung betreffend Kundenbindungssysteme; elektronische Datensicherung und Datenspeicherung, Datenverwaltung auf einem Server, Datenverwaltung über ein Computernetzwerk; Computerdienstleistungen, soweit in Klasse 42 enthalten, zum Verwalten von Online-Kommunikation; Vermietung von Zugriffszeiten zu einem Computernetzwerk; Handel mit Film-, Fernseh- und Videolizenzen; Dienstleistungen eines Chemikers, Physikers, Ingenieurs, Informatikers, Biologen, Grafikdesigners, Grafikers, Industriedesigners, Modedesigners, Architekten, Innenarchitekten.

8

Mit Beschlüssen vom 6. Februar 2009 und 29. April 2010, letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die sprachüblich aus Wörtern der deutschen Alltagssprache gebildete Wortfolge „WER WEISS WAS“ die angesprochenen breiten Verkehrskreise werbeüblich darauf hinweise, dass die angemeldeten Dienstleistungen der Kommunikations-, Informations- und Medienbranche dazu beitragen könnten, zu erfahren, wer etwas zu einem bestimmten Thema wisse. Damit beschreibe die angemeldete Bezeichnung Art und Thema der Dienstleistungen, nämlich Wissens- und Informationssammlung und -vermittlung. Eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit liege nicht vor. Eine genaue Definition, was alles zu den zu erlangenden Informationen gehören könne und woher man das Wissen bekomme, sei nicht erforderlich. Die Wortfolge könne bewusst weit gefasst sein, um viele Wissensgebiete abzudecken. Zudem würden das Anmeldezeichen „Wer weiss was“ sowie vergleichbare Wortfolgen wie „Wer liefert was“ und „Who is who“ als Motto für das Angebot von Wissens- und Informationssammlungen nicht nur von der Anmelderin verwendet, wie eine Internetrecherche ergeben habe (Anlagen A1 bis A9 zum Erstbeschluss, Bl. 20 – 28 VA; Anlagen zum angefochtenen Beschluss, Bl. 95 – 99 VA). Die angesprochenen Verkehrskreise gingen daher nicht davon aus, dass nur ein Unternehmen damit werbe, dass man von ihm Informationen darüber erhalte, von wem man ein bestimmtes Wissen zu einem bestimmten Fachgebiet bekommen könne. Soweit die Anmelderin auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen verweise, könne sie daraus keinen Eintragungsanspruch herleiten. Die Marken 395 41 006.1 Abbildung und 397 13 700.1 Abbildung seien als grafisch gestaltete Wort-/Bildmarken nicht vergleichbar. Im Übrigen hätten die vergleichbaren Anmeldungen 397 41 941.4 „WER HILFT WEM “, 397 53 646.1 „WER WÄHLT – GEWINNT“, 300 34 217.9 „wer – leistet - was “, 300 67 972.6 „wer-findet-was-wo“, 301 52 320.7 „WER BIETET MEHR“ und 30 2009 015 889.4 „wer kennt sie“ ebenfalls nicht zu einer Eintragung als Marke geführt.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

10

die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 6. Februar 2009 und 29. April 2010 aufzuheben.

11

Sie vertritt die Ansicht, dass die Markenstelle das Eintragungshindernis nicht für jede einzelne Dienstleistung geprüft, sondern ihre Zurückweisungsentscheidung nur pauschal begründet habe. Ein Großteil der beanspruchten Dienstleistungen weise keinen Bezug zum angemeldeten Slogan auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 4 bis 7 der Beschwerdebegründung (Bl. 16 – 19 GA) Bezug genommen. Aber auch im Übrigen sei das Anmeldezeichen schutzfähig. Denn es bestehe nur aus einem Fragesatz, der selbst keine Informationen vermittle. Diese besonders einprägsame, aus drei einsilbigen Wörtern bestehende Alliteration löse bei den beteiligten Verkehrskreisen einen Denkprozess aus und vermittle keine unmittelbaren konkreten Sachinformationen in Bezug auf die in Rede stehenden Dienstleistungen. Ferner sei am 1. August 2007 auch die Wortfolge 307 23 636 „WER KENNT WEN“ für Werbung, Telekommunikation und Unterhaltung ins Markenregister eingetragen worden (Anlage 1, Bl. 80 VA).

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

13

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1.

14

Der Eintragung der Wortfolge „WER WEISS WAS“ als Marke steht in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat.

a)

15

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2010, 228, 229 Rdnr. 33 – Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2010, 935 Rdnr. 8 – Die Vision). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2012, 1044, 1045 Rdnr. 9 - Neuschwanstein). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 8 – Link economy; a. a. O. - Neuschwanstein).

16

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. – Link economy). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch).

17

Ausgehend hiervon haben Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).

18

Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von (sloganartigen) Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortzeichen gerechtfertigt sind (EuGH GRUR 2010, 228, 231 Rdnr. 36 - Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, 1029 Rdnr. 32 u. 36, 1030 Rdnr. 44 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH a. a. O. Rdnr. 12 - My World; GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 12 - Willkommen im Leben; a. a. O. Rdnr. 9 – Die Vision). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH a. a. O. – My World, Willkommen im Leben u. Die Vision). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a. a. O. Rdnr. 56 – Vorsprung durch Technik). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH a. a. O. Rdnr. 57 – Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. – My World).

b)

19

Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die Wortfolge „WER WEISS WAS“ für die beanspruchten Dienstleistungen nicht. Diese Wortfolge ist zwar aufgrund ihrer Kürze prägnant, einfach gehalten und eingängig. Aber sie ist weder mehrdeutig, noch regt sie zum Nachdenken an. Sie enthält einen allgemein gebräuchlichen Fragesatz, der im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen auch ohne jeden beschreibenden Anklang keinen Herkunftshinweis vermittelt.

aa)

20

Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Bezeichnung Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Mit den vorliegenden, in den Klassen 35, 38, 41 und 42 angemeldeten Dienstleistungen der Kommunikations-, Informations-, Medien-, Handels- und Computerbranche werden sowohl Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene als auch der Endverbraucher angesprochen.

bb)

21

Die um Schutz nachsuchende Bezeichnung „WER WEISS WAS“ setzt sich grammatikalisch korrekt aus Wörtern der deutschen Alltagssprache zusammen.

22

aaa)

23

„WER“ ist ein Interrogativpronomen, das eine Frage unmittelbar nach einer oder mehrerer Personen einleitet (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM].

24

bbb)

25

„WEISS“ ist die in der ersten und dritten Person Singular konjugierte Form des Verbs „wissen“ mit den Bedeutungen „durch eigene Erfahrung oder Mitteilung von außen Kenntnis von etwas, jemandem haben, sodass zuverlässige Aussagen gemacht werden können“, „sich einer Sache in ihrer Bedeutung, Tragweite, Auswirkung bewusst sein“, „davon Kenntnis haben, sicher sein, dass sich jemand, etwas in einem bestimmten Zustand, an einem bestimmten Ort oder Ähnliches befindet, sich etwas in bestimmter Weise verhält“ (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.).

26

ccc)

27

„WAS“ ist u. a. umgangssprachlich ein Indefinitpronomen mit der Bedeutung „[irgend]etwas“ (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.).

cc)

28

In seiner Gesamtbedeutung werden die angesprochenen breiten Verkehrskreise die angemeldete Wortfolge „WER WEISS WAS“ ohne weitere Gedankenschritte als häufig vorkommende Frage danach verstehen, welche Person Kenntnisse von etwas habe. Der Umstand, dass das Fragezeichen am Ende der Wortfolge fehlt, führt aufgrund des eindeutig erkennbaren Fragewortes am Beginn nicht zu einer Veränderung der Wahrnehmung der Wortfolge als Fragesatz.

29

Bei allgemein verständlichen Redewendungen, die von jedem Unternehmen verwendet werden können, fehlt jedoch regelmäßig die Eignung eine Ware oder Dienstleistung als aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb stammend zu kennzeichnen (BGH GRUR 2010, 640 f. Rdnr. 11 ff. – hey!; GRUR 1988, 211 – Wie hammas denn?; BPatG 33 W (pat) 55/97 – So sind wir nun mal; 26 W (pat) 213/03 – Gut, dass es uns gibt!; 30 W (pat) 33/08 - ... weil Nähe zählt; 27 W (pat) 12/11 – Komm zum Punkt). Dies gilt auch für allgemein verständliche, häufig verwendete Fragesätze.

30

Wie der Senat bei seiner - der Beschwerdeführerin bekannt gemachten - Internetrecherche festgestellt hat, wird die angemeldete Fragestellung insbesondere auch in einem Teil der beanspruchten Dienstleistungsbereiche zahlreich verwendet (Bl. 41 – 54 GA).

31

Die allgemein gebräuchliche Fragestellung „WER WEISS WAS“ ist daher aus Sicht des inländischen Publikums auch ohne beschreibenden Sinngehalt für die beanspruchten Dienstleistungen nicht geeignet, auf deren Herkunft aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb hinzuweisen. Vielmehr dient sie ausschließlich dazu, die Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise zu erregen. Soweit die Anmelderin Dienstleistungen beansprucht, bei denen der um Schutz nachsuchende Fragesatz eine maßgebliche Rolle spielt, kommt eine beschreibende Bedeutung noch hinzu.

32

aaa)

33

Ein großer Teil der beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 38 und 41 kann Ratespiele und Quizsendungen mit der Frage „WER WEISS WAS“ als Titel oder Thema im Hörfunk, im Fernsehen oder im Internet zum Gegenstand haben.

34

bbb)

35

Die in Klasse 42 angemeldeten „Dienstleistungen einer Datenbank, soweit in Klasse 42 enthalten, Datenverwaltung auf einem Server, Datenverwaltung über ein Computernetzwerk; Computerdienstleistungen, soweit in Klasse 42 enthalten, zum Verwalten von Online-Kommunikation“ können sich mit der Speicherung, Pflege und Verwaltung von Wissenssammlungen sowie Informationen über Quizsendungen, Ratespiele und Wissensspiele befassen, so dass die beanspruchte Wortfolge auch für sie beschreibenden Charakter hat.

36

ccc)

37

Aber auch wenn die Wortfolge für einen Teil der in Rede stehenden Dienstleistungen keinen beschreibenden Sinngehalt aufweist, folgt daraus wie bereits eingehend erörtert, noch nicht zwingend deren Unterscheidungskraft.

38

ddd)

39

Es kann ferner ausgeschlossen werden, dass es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das Anmeldezeichen so zu verwenden, dass es ohne Weiteres als Marke verstanden wird.

40

Als herkunftshinweisende Handlungen kommen vorliegend in Betracht die Anbringung der Wortfolge am Geschäftslokal sowie die Benutzung auf Gegenständen, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, wie insbesondere auf Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen (BGH GRUR 2010, 825, 827 f. Rdnr. 28 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2008, 616 Rdnr. 13 – AKZENTA). Dabei handelt es sich auch um die wahrscheinlichsten Verwendungsformen (EuGH GRUR 2013, 519, 521 Rdnr. 55 – Umsäumter Winkel). Aber auch hier werden die angesprochenen breiten Verkehrskreise im Anmeldezeichen nur den allgemein gebräuchlichen Fragesatz und keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen.

2.

41

Da es der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der in Rede stehenden Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob ihrer Eintragung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

3.

42

Soweit sich die Anmelderin auf mehrere Voreintragungen beruft, können diese ebenfalls keinen Eintragungsanspruch begründen.

43

Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 – print24). Allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.

44

Die Marken 395 41 006.1 Abbildung und 397 13 700.1 Abbildung sind schon als grafisch gestaltete Wort-/Bildmarken nicht vergleichbar. Ferner sind beide nicht für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen, sondern für Waren der Klasse 16 und bereits in den Jahren 1996 und 1998 eingetragen worden.

45

Die Wortmarke: WER KENNT WEN (BPatG 26 W (pat) 110/09) ist ebenfalls keine vergleichbare Wortfolge. Denn die Frage würde im Alltag so nicht gestellt werden, so dass der Sinngehalt unklar bleibt, während das Anmeldezeichen einen allgemein verständlichen Fragesatz enthält.

46

Aber selbst wenn die Vergleichbarkeit bejaht würde, ließe sich allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten. Denn niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST).