Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.11.2015


BPatG 24.11.2015 - 29 W (pat) 15/13

Markenbeschwerdeverfahren – "HOTEL EUROPA CITY" – Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
24.11.2015
Aktenzeichen:
29 W (pat) 15/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 058 754.7

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. November 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. Juni 2012 und 16. Januar 2013 aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf folgende Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing; Geschäftsführung von Hotels im Auftrag Dritter, Hotelmanagement; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung über die Führung und Verwaltung von gastronomischen Betrieben und Hotels; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Verwendung von Hotelleistungen; Unternehmens- und Organisationsberatung; Entwicklung von Werbe- und Marketingkonzepten, insbesondere Entwicklung von Nutzungskonzepten für Hotels;

Klasse 41: Herausgabe und Veröffentlichung von Lehr- und Unterrichtsmaterial, insbesondere für die Führung und das Betreiben von Hotels und gastronomischen Betrieben; Organisation und Veranstaltung sportlicher Ereignisse; Organisation von Ferienaufenthalten (Unterhaltung).

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

HOTEL EUROPA CITY

3

ist am 8. Oktober 2010 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der

4

Klasse 16:

5

Papier, Pappe, Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Broschüren, Kataloge, Flugblätter und Prospekte;

6

Klasse 35:

7

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing; Geschäftsführung von Hotels im Auftrag Dritter, Hotelmanagement; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung über die Führung und Verwaltung von gastronomischen Betrieben und Hotels; Aktualisierung, Organisation und Pflege der Daten in einer elektronischen Datenbank für die Reservierung von Hotelzimmern; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Verwendung von Hotelleistungen; Unternehmens- und Organisationsberatung; Entwicklung von Werbe- und Marketingkonzepten, insbesondere Entwicklung von Nutzungskonzepten für Hotels; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken, nämlich in ein elektronisches Hotel-Reservierungssystem;

8

Klasse 41:

9

Veranstaltung von Seminaren und Tagungen; Organisation und Durchführung von Fachschulungen im Bereich Hotelmanagement und Hotelservice; Herausgabe und Veröffentlichung von Lehr- und Unterrichtsmaterial, insbesondere für die Führung und das Betreiben von Hotels und gastronomischen Betrieben; Organisation und Veranstaltung kultureller und sportlicher Ereignisse; Reservierungsdienste (soweit in Klasse 41 enthalten); Organisation von Ferienaufenthalten (Unterhaltung);

10

Klasse 43:

11

Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Betrieb von Hotels, Ferienhäusern, Ferienwohnungen, Restaurants, Bars und Cafeterien; Vermittlung und Buchung von Unterkünften; Hotel-, Ferienhaus-, Ferienwohnungs-, Zimmer- und Restaurantvermittlungs- und reservierungsdienste, auch über das Internet; Dienstleistungen einer Buchungsagentur für Hotels, Ferienhäuser, Ferienwohnungen, Restaurants und im Bereich der Hotelunterbringung; Dienstleistungen von Hotels und Restaurants; Reservieren von Tagungsräumen; Catering, Partyservice; Betrieb eines elektronischen Reservierungssystems für Hotels, Ferienhäuser, Ferienwohnungen und Restaurants; Betrieb einer Datenbank für Hotelzimmer-, Ferienhaus-, Ferienwohnungs- und Restaurant-Reservierung, auch im Zusammenhang mit Telekommunikationstechnik und Telekommunikationsnetzen; Einrichtungsplanung; Informationen in Bezug auf Hotels;

12

Klasse 45:

13

Dienstleistungen eines Franchisegebers, nämlich Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten, insbesondere von Markenrechten;

14

angemeldet worden.

15

Die Markenstelle für Klasse 16 hat mit Beschluss vom 22. Juni 2012 die Anmeldung insgesamt zurückgewiesen. Der angemeldeten Marke stünden die absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 MarkenG entgegen.

16

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Kombination der einzelnen jeweils beschreibenden Bestandteile des angemeldeten Zeichens „HOTEL“, „EUROPA“ und „CITY“ stelle eine verkehrsübliche, unmittelbar beschreibende Angabe zur Lage (irgend)eines Hotels dar. Die Wortfolge weise den Verkehr in branchenüblicher Weise darauf hin, dass sich die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf irgendein Hotel bezögen, welches in Europa betrieben werde und (direkt) in der Innenstadt liege bzw. Citynähe aufweise. Die Verbraucher würden somit in der Bezeichnung lediglich einen anpreisenden beschreibenden Hinweis auf die wesentlichen Eigenschaften, den Inhalt und die Art der Waren und Dienstleistungen erkennen, die sie bei der Kaufentscheidung bzw. Inanspruchnahme der Waren/Dienstleistungen beeinflussen sollten. Dass es sich nach der Auffassung des Anmelders um keinen geläufigen Ausdruck handele, stehe der Schutzunfähigkeit nicht entgegen. Hierauf komme es nicht an, da der Verkehr auch bisher nicht verwendete Ausdrücke als Sachaussage auffassen könne. Eine Mehrdeutigkeit der Bestandteile „EUROPA“ und „CITY“ sei – entgegen der Auffassung des Anmelders – nicht gegeben.

17

Die vom Anmelder mit Schriftsatz vom 30. Juli 2012 eingelegte Erinnerung hatte zu einem geringen Teil, nämlich im Umfang der Waren „Papier, Pappe“, Erfolg. Im Übrigen hat die Markenstelle mit Beschluss vom 16. Januar 2013 die Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der angesprochene Verkehrskreis nicht davon ausgehen werde, dass es nur eine Institution geben könne, die Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Hotels in Europa im Innenstadtbereich anbieten würde. Soweit der Erstbeschluss des DPMA aufgehoben worden sei, bestehe wegen der vorgenannten Waren mit einem Hotel in Europa im Innenstadtbereich kein unmittelbarer Zusammenhang.

18

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

19

die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

20

Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass dem angemeldeten Zeichen zumindest nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Zu Unrecht habe das DPMA lediglich die drei einzelnen Wortbestandteile auf ihre Unterscheidungskraft hin untersucht. Die Unterscheidungskraft ergebe sich für das angemeldete Zeichen aus der Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit. Der Gesamteindruck vermittle keine klare oder einigermaßen präzise Aussage. Sowohl der Begriff „Europa“ als auch der Wortbestandteil „city“ seien vieldeutig und unterschiedlichsten Interpretationen zugänglich. Es handle sich auch nicht um eine unmittelbar beschreibende Angabe. Dies gelte insbesondere für die Waren der Klasse 16 „Druckerzeugnisse“ und „Kataloge“. Die angesprochenen Verkehrskreise gingen davon aus, dass es sich um Tages- oder Wochenzeitungen handle, würden das angemeldete Zeichen aber nicht sofort mit dem Verkauf von Printmedien verbinden. Auch in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 „Werbung“, „betriebswirtschaftliche Beratung“ oder „Zusammenstellen von Daten“ fehle ein rein beschreibender Charakter. Gleiches gelte für Teile der Dienstleistungen der Klasse 43 und 45. Das DPMA habe sich ferner mit vergleichbaren Voreintragungen nicht ausreichend auseinandergesetzt.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

22

Die gemäß § 66 MarkenG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Anmelders hat in der Sache nur im Umfang der tenorierten Dienstleistungen Erfolg.

1.

23

Im Umfang der beschwerdegegenständlichen Waren und der nicht im Tenor genannten Dienstleistungen fehlt dem Anmeldezeichen die erforderliche Unterscheidungskraft.

a)

24

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH, Urteil vom 16.09.2015, C-214/15 Rn. 59f. – Société des Produits Nestlé SA/Cadbury UK Ltd; GRUR Int 2014, 914 Rn. 23  Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – AUDI AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2014, 872 Rn. 12 – Gute Laune Drops; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook; GRUR 2012, 270 Rn. 8 - Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben).

25

Ebenso ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes – zusammengesetztes – Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, Rn. 53 – Henkel KGaA [Henkel]; BGH GRUR 2015, 173 Rn. 16 – for you). Nur wenn eine solch analysierende Betrachtungsweise vorgenommen wird, die jedoch unzulässig ist, ergebe sich – wie es für die Annahme des Schutzhindernisses erforderlich wäre –  eine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung von Waren oder Dienstleistungen (BGH GRUR 2014, 564 Rn. 24 - smartbook). Allerdings schließt der Grundsatz der Gesamtbetrachtung es nicht aus, dass die einzelnen Markenteile zunächst getrennt geprüft werden (Ströbele, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 186).

26

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung (GRUR 2013, 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH, GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Koninklijke KPN Nederland VN/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH a. a. O. Rn. 11 – Link economy). Gleiches gilt, wenn die Wortzeichen aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rn. 21 – Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 11 – Link economy). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 569 Rn. 14 – HOT; GRUR 2010, 1100 Rn. 23 – TOOOR!; GRUR 2006, 850 Rn. 28f. – FUSSBALL WM 2006).

27

Diese Grundsätze gelten auch für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen. Zu prüfen ist daher, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob ihr über diesen hinaus eine - wenn auch noch so geringe - Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zukommt. Die Annahme mangelnder Unterscheidungskraft ist daher nur bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art gerechtfertigt (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 35 ff. – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Anhaltspunkte für die Unterscheidungskraft einer Wortfolge können hingegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge ebenso wie die Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage sein (vgl. BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft).

28

Im Allgemeinen bleibt die Kombination von beschreibenden Teilen eines zusammengesetzten Zeichens für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ebenfalls beschreibend (EuGH a. a. O. Rn. 98 – Koninklijke KPN Nederland VN/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; GRUR 2004, 680 Rn. 37, 41 – Campina Melkunie BV/Benelux-Merkenbureau [BIOMILD]; BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress; GRUR 2009, 949 Rn. 13 – My World). Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei zusammengesetzten Zeichen beschreibender Begriffe aufgrund des maßgeblichen Gesamteindrucks allerdings dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH a. a. O. Rn. 100 – Koninklijke KPN Nederland VN/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH a. a. O. Rn. 16 - DüsseldorfCongress).

29

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist im Übrigen die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [Matratzen Concord/Hukla]; BGH a. a. O. Rn. 11 – Kaleido; BGH a. a. O. Rn. 8 – Link economy).

b)

30

Unter Anwendung dieser Grundsätze enthält die angemeldete Wortkombination lediglich für die im Tenor aufgeführten Dienstleistungen ein erforderliches Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Im Übrigen beinhaltet sie einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt oder weist einen engen beschreibenden Bezug im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen auf.

aa)

31

Die um Schutz nachsuchende Wortfolge setzt sich aus drei Wörtern zusammen, von denen zwei der deutschen Alltagssprache, nämlich „HOTEL“ und „EUROPA“, entstammen. Der Begriff „HOTEL“ bedeutet eine Betriebsart des Beherbergungsgewerbes eines bestimmten Standards (Größe, Komfort, Dienstleistungsangebot wie Seminarräume, Sporteinrichtungen oder Gastronomie, vgl. Fuchs/Mundt/Zollondz, Lexikon Tourismus, München, 2008, S. 348). Ferner hat es die Bedeutung einer in einer Stadt gelegenen Residenz (DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl., Band 4 - Hotel). Die Bedeutung des Begriffs „EUROPA“ ist im vorliegenden Kontext als geografische Angabe zu verstehen. Dass „EUROPA“ daneben noch im weitesten Sinne als „Staatsgebilde“ oder Figur der griechischen Mythologie zu verstehen sein kann, hat vorliegend keine rechtliche Relevanz, weil bei einer Gesamtbetrachtung des angemeldeten Zeichens ein solcher Bedeutungsinhalt nicht naheliegend ist. Das dritte Wort „CITY“ gehört zum englischen Grundwortschatz und ist in die deutsche Sprache eingegangen und dem inländischen Verkehrskreis geläufig. „City“ erkennen die Verkehrskreise unschwer in der Bedeutung „Geschäftsviertel einer Großstadt, Innenstadt“, da es insoweit Eingang in den deutschen Sprachschatz gefunden hat (Duden, Deutsches Universalwörterbuch 7. Auflage, S. 376). Der Begriff „city“ wird dabei zudem im Sinne von „Zentrum“ verwendet (Duden, Das Synonymwörterbuch 3. Auflage, S. 233). Der Verkehr kennt Wortzusammensetzungen und Begriffspaare mit „city“, wie z. B. Mexiko City, Outlet-City, Airport City, Bahnhofscity, HafenCity, Megacity aus dem allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. BPatG, Beschluss vom 17.09.2014, 29 W (pat) 549/12).

32

Aus der Kombination der einzelnen Wortbestandteile Hotel, Europa und City ist daher in naheliegender Weise die Sachaussage zu entnehmen, wonach es sich um einen Hotelbetrieb in Europa, welcher im Zentrum gelegen ist, oder ein Hotel namens Europa in Innenstadtlage handelt. Eine Mehrdeutigkeit, die schutzbegründend wäre, ergibt sich daraus nicht (vgl. BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 15 – DüsseldorfCongress; GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT).

bb)

33

Der Umstand, dass das Anmeldezeichen "HOTEL EUROPA CITY" lexikalisch nicht nachweisbar ist, begründet ebenfalls seine Schutzfähigkeit nicht. Denn auch wenn ein Wortzeichen bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, reicht es aus, dass es in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT). Die vorgenannte Wortfolge hat keine so ungewöhnliche Veränderung - etwa syntaktischer oder semantischer Art – erfahren, dass sie hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweichen würde. Die Bezeichnung "HOTEL EUROPA CITY" mag zwar eine sprachliche Neuschöpfung sein, aber der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Der Durchschnittsverbraucher wird auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BGH GRUR 2012, 272 Rn. 13 – Rheinpark-Center Neuss).

cc)

34

Die Beschwerde hat daher in Bezug auf die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen keinen Erfolg.

(1)

35

In Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 16 „Druckerzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Broschüren, Kataloge, Flugblätter und Prospekte“, ist die angemeldete Wortfolge als Inhaltsangabe geeignet.

36

Einer Eintragung als Marke für mit einem weiten Oberbegriff bezeichnete Waren (und Dienstleistungen) stehen Eintragungshindernisse schon dann entgegen, wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren (und Dienstleistungen) vorliegen (BGH GRUR 2015, 1012 Rn. 44 – Nivea-Blau; GRUR 2002, 262, 262 - AC). Broschüren und Flugblätter als Druckerzeugnisse können über Hotels in europäischen Städten in zentraler Lage informieren; ebenso kann es sich um Broschüren und Prospekte des eigenen Hotels im Innenstadtbereich handeln, die im eigenen Etablissement ausliegen. Darüber hinaus können Broschüren eine Auflistung von Hotels in Europa in Innenstadtlage enthalten, um die Auswahl nach entsprechenden Wünschen von Touristen zu vereinfachen. In diesem Kontext werden bereits jetzt verschiedene Beherbergungsetablissements entsprechend bezeichnet wie z. B. „Hotel Europa City Vilnius“, „Hotel Europa München“, „Europa City Aurora Hotel“ und „Hotel Europa Münster“. Ferner kann sich ein Prospekt inhaltlich auch mit einem Hotel in dem Entwicklungsgebiet „Europacity“ in Berlin befassen, einem Stadtquartier rund um den Berliner Hauptbahnhof, das als zentrales Zukunftsgebiet der Stadt einer hochwertigen und diversifizierten Nutzung zugeführt werden soll, wozu auch Hotels, Gaststätten und weitere Dienstleistungsbetriebe gehören (vgl. Anlage 3 Bl. 25 d. A.).

(2)

37

Da der angesprochene Verkehrskreis das Anmeldezeichen „HOTEL EUROPA CITY“ als Hinweis auf einen Hotelbetrieb in Innenstadtlage versteht, besteht ein enger beschreibender Bezug zu der beanspruchten Dienstleistung „Aktualisierung, Organisation und Pflege der Daten in einer elektronischen Datenbank für Reservierung von Hotelzimmern“ der Klasse 35. Die Daten über europäische Hotels in Zentrumslage können Gegenstand von Datenbanken sein. Gleiches gilt für die beanspruchte Dienstleistung „Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken, nämlich in ein elektronisches Hotel-Reservierungssystem“. Der in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer vorgetragene Einwand, der Verkehr würde bei der angemeldeten Wortfolge nicht direkt auf die Dienstleistung „Zusammenstellen von Daten“ schließen, ist unbehelflich, weil die Dienstleistung „Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken“ konkretisiert ist auf ein elektronisches Hotelreservierungssystem, was bereits durch das Wort „nämlich“ zum Ausdruck gebracht wird.

(3)

38

Der Beschwerde bleibt der Erfolg versagt, soweit der Anmelder Markenschutz für die Dienstleistungen „Veranstaltung von Seminaren und Tagungen; Organisation und Durchführung von Fachschulungen im Bereich Hotelmanagement und Hotelservice; Organisation und Veranstaltung kultureller Ereignisse; Reservierungsdienste (soweit in Klasse 41 enthalten)“ der Klasse 41 beansprucht. Bei diesen Dienstleistungen wird lediglich der Ort der Erbringung mit der angemeldeten Wortfolge beschrieben. Seminare, Tagungen oder Fachschulungen finden in europäischen Hotels statt, meist sogar in Innenstadtlage zwecks Vereinfachung der Reisetätigkeit der Teilnehmer der Seminare und Hotelgäste. Hotelräume werden ebenfalls für kulturelle Veranstaltungen genutzt.

39

Die Dienstleistung von Reservierungsdiensten ist auch an Hotelbetreiber gerichtet, die ein Hotel in einer europäischen Stadt führen, welches zentrumsnah gelegen ist.

(4)

40

In Bezug auf alle von dem Anmelder in der Klasse 43 beanspruchten Dienstleistungen wird ebenfalls der Ort der Erbringung beschrieben. Soweit der Beschwerdeführer der Auffassung ist, insbesondere bei der Dienstleistung „Betrieb von Ferienhäusern“ fehle es an einem unmittelbar beschreibenden Charakter, überzeugt diese Auffassung nicht. Soweit es um die Dienstleistung zur Verpflegung und Beherbergung geht, weist das angemeldete Zeichen zu Dienstleistungen der Vermittlung und Buchung von Unterkünften, Catering, Betrieb eines Reservierungssystems einen engen sachlichen Bezug auf. Sie gehören zu den grundsätzlichen Dienstleistungen eines Hotels im Stadtkern einer europäischen Stadt. Dies gilt auch für die Dienstleistung „Betrieb von Ferienhäusern“. Die Vermietung von Zimmern in einem Hotel und die Vermietung von Ferienhäusern schließen sich nicht aus. Vielmehr werden Ferienhäuser von Hotelbetreibern mitvermietet.

(5)

41

Ohne Erfolg bleibt die Beschwerde in Bezug auf die „Dienstleistung eines Franchisegebers“ der Klasse 45.

42

Die angemeldete Marke „HOTEL EUROPA CITY“ eignet sich als Bezeichnung für ein Franchisesystem. Dass es im Bereich des Hotelgewerbes Franchisesysteme gibt, zeigt sich an u. a. an den nachfolgenden Hotelverbünden: „Monata Hotels“, „Lindner Hotels“, „ACCOR Hotels“ und „Leonardo Hotels“. Diese werden in einem Franchisesystem betrieben. Gegenstand eines Franchisekonzepts kann auch die Art und Weise des Hotels sein, wie Art&Design Hotels.

ee)

43

Eine Berücksichtigung der vom Markeninhaber genannten Voreintragungen ist nicht veranlasst, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. BGH GRUR 2012, 276 Rn. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.). Auch ausländische Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken haben im Übrigen hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung (vgl. Ströbele, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 8 Rn. 45, 46 m. w. N.; BGH GRUR 2014, 569 Rn. 30 – HOT). Die vom Anmelder vorgetragenen eingetragenen Wortmarken unterscheiden sich im Übrigen bereits begrifflich von dem hier angemeldeten Zeichen und liegen zudem weit zurück.

ff)

44

Die Beschwerde hat dagegen im tenorierten Umfang Erfolg.

(1)

45

Soweit sich der Anmelder gegen die Zurückweisung der beanspruchten Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing, Geschäftsführung von Hotels im Auftrag Dritter, Hotelmanagement; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung über die Führung und Verwaltung von gastronomischen Betrieben und Hotels; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Verwendung von Hotelleistungen; Unternehmens- und Organisationsberatung; Entwicklung von Werbe- und Marketingkonzepten, insbesondere Entwicklung von Nutzungskonzepten für Hotels“ der Klasse 35 wendet, ist seine Beschwerde begründet.

46

Dem Anmeldezeichen kann insoweit die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, weil der Verkehr dem angemeldeten Zeichen keinen, im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt beimessen wird. Die beanspruchten Dienstleistungen werden nicht von dem Betreiber eines Hotels erbracht, sondern von außenstehenden Dritten für den Betreiber eines Hotels. Das Verständnis des angesprochenen Verkehrskreises von dem angemeldeten Zeichen ist aber im Zusammenhang zu diesen Dienstleistungen zu unbestimmt, als dass es einen konkreten, beschreibenden Sachbezug zu den beanspruchten Dienstleistungen aufweisen könnte. Dies auch deshalb nicht, weil nicht ersichtlich ist, dass für jede beanspruchte Dienstleistung eine gesonderte Zielgruppe europäischer „Innenstadthoteliers“ existiert, die Adressat der Dienstleistung ist. Eine dahingehende Abgrenzung zu anderen Hoteliers ist nicht festzustellen. Es entspricht ferner im Hinblick auf Werbedienstleistungen nicht den Gewohnheiten der Werbebranche, diese durch das beworbene Produkt zu charakterisieren, weil die Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeutet (vgl. BGH GRUR 2009, 949 Rn. 24 – My World).

(2)

47

Die Beschwerde des Anmelders hat im Umfang der beanspruchten Dienstleistungen „Herausgabe und Veröffentlichung von Lehr- und Unterrichtsmaterial, insbesondere für die Führung und das Betreiben von Hotels und gastronomischen Betrieben“ (Klasse 41) ebenfalls Erfolg, da das Zeichen auch insoweit unterscheidungskräftig ist. In der oben festgestellten Bedeutung beschreibt die angemeldete Wortfolge kein Merkmal der Verlagsdienstleistung für das entsprechende Lehr- und Unterrichtsmaterial. Als Themen- oder Inhaltshinweis eignet sich „HOTEL EUROPA CITY“ deshalb nicht, weil sich schon die Frage stellt, welches spezielle Wissen über europäische Hotels in Zentrumslage überhaupt vermittelt werden soll.

(3)

48

Auch den vom Anmelder beanspruchten Dienstleistungen „Organisation und Veranstaltung sportlicher Ereignisse“ und „Organisation von Ferienaufenthalten (Unterhaltung)“ steht das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegen. Das angemeldete Zeichen beschreibt nicht denjenigen Ort, an dem oder von dem aus nach Auffassung des angesprochenen Verkehrskreises beide Dienstleistungen angeboten werden oder erbracht werden können. Ein in der Innenstadt gelegenes Hotel in Europa ist nicht der Ort für die Organisation und Veranstaltung sportlicher Ereignisse. Gleiches gilt für die Organisation von Ferienaufenthalten.

2.

49

Soweit die Beschwerde des Anmelders Erfolg hat, steht der Eintragung auch nicht das Hindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.