Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.01.2016


BPatG 13.01.2016 - 29 W (pat) 12/13

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "getprint" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
13.01.2016
Aktenzeichen:
29 W (pat) 12/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 59 696

(hier: Löschungsverfahren S 95/12)

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Dezember 2012 aufgehoben, soweit die Löschung der Marke 304 59 696 angeordnet worden war. Der Löschungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die angegriffene Wortmarke 304 59 696

2

getprint

3

der Beschwerdeführerin wurde am 19. Oktober 2004 angemeldet und am 13. Juni 2005 für die Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 16:

5

Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Schreibwaren;

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Klasse 35:

7

Werbung; Plakatanschlagwerbung; Versandwerbung; Versenden von Werbesendungen; Verteilen von Werbemitteln; Werbung durch Werbeschriften; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Werbung im Internet für Dritte; Online Werbung in einem Computernetzwerk; Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet (Bannerexchange); Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen einer Druckerei, insbesondere Druckarbeiten, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im Internet; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Marketing (Absatzforschung); Merchandising;

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Klasse 38:

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Bereitstellung von Portalen im Internet; Bereitstellen des Zugangs (Software) zu Informationen im Internet; Bereitstellen von Internetzugängen (Software); Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; E-Mail-Dienste; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Web-Messaging); Bereitstellung von Plattformen im Internet;

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Klasse 39:

11

Zustellung (Auslieferung) von Waren; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Auslieferung von Waren; Kurierdienste für Waren;

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Klasse 40:

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Dienstleistungen einer Druckerei, insbesondere Druckarbeiten, soweit in Klasse 40 enthalten;

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Klasse 42:

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Zurverfügungstellen von Webspace (Webhosting); Zurverfügungstellung von Speicherplätzen im Internet; Betrieb von Suchmaschinen für das Internet;

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in das Markenregister eingetragen.

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Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin hat mit Schriftsatz vom 30. März 2012 die vollständige Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse beantragt. Die Wortmarke sei für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig und habe zudem rein beschreibenden Charakter. Sie hat ferner ca. 100 nicht zur Eintragung gelangte, entweder den Bestandteil „print“ oder den Bestandteil „get“ enthaltende Marken angeführt, aus denen sich die Schutzunfähigkeit dieser Bestandteile ergebe. Des Weiteren hat sie auf ein anhängiges Verletzungsverfahren zwischen den Parteien hingewiesen; aus der angegriffenen Marke würden gerichtlich Ansprüche gegen die Antragstellerin auf Unterlassung der Benutzung der Domain „gotprint.de“ geltend gemacht.

18

Dem am 16. April 2012 zugestellten Löschungsantrag hat der Markeninhaber in einem am 11. Juni 2012 per Fax im DPMA eingegangenen Schreiben vom selben Tage widersprochen.

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Die Markenabteilung 3.4 hat mit Beschluss vom 6. Dezember 2012 die teilweise Löschung der Marke für die oben fett gedruckten Waren und Dienstleistungen angeordnet und den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Die angegriffene Marke entbehre in Bezug auf die von der Löschungsanordnung umfassten Waren und Dienstleistungen des Printsektors jeglicher Unterscheidungskraft. Denn sie diene insoweit lediglich einer zur Produktabnahme ermunternden bzw. bedarfsorientierten Kundenansprache, die keinen individualisierenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Produkte vermittle. Auch und gerade bei Produkten, deren Vermarktung in engem Zusammenhang mit den sogenannten neuen Medien stehe, werde der Verkehr regelmäßig mit etlichen kurzgefassten, meist schon überwiegend in Englisch gehaltenen Produkt- oder Leistungsbezeichnungen konfrontiert, so dass er auch weitere Bezeichnungen mit sachbezogenem Sinngehalt nicht sogleich als Herkunftshinweis verstehen werde. In der aus einfachsten Wörtern des englischen Grundwortschatzes zusammengefügten Bezeichnung „getprint“ werde der überwiegende Teil des inländischen Publikums ohne jede Mühe die Verbindung des Bestandteils „get“ in seinen einfachsten Bedeutungen „bekommen, erhalten, sich etwas beschaffen“ mit dem hauptsächlich für „drucken (lassen), bedrucken, Druck, Aufdruck, Abzug“ stehenden Wort „print“ und damit ohne Weiteres auch deren Gesamtaussage im Sinne von „bekomme, erwerbe Gedrucktes, erhalte Druckleistungen, lasse drucken“ erkennen. Begegne dem Verkehr diese sloganartige Aussage im Zusammenhang mit Dienstleistungen, die entweder selbst in irgendeiner Form ein Druckerzeugnis zum Ergebnis hätten oder die der Erlangung solcher Erzeugnisse dienten, so werde er in der Bezeichnung „getprint“ einen zwar schlagwortartig verkürzten, dennoch aber rein sachbezogenen Hinweis auf den für die Bestimmung oder den Inhalt der so bezeichneten Dienstleistungen wesentlichen Gegenstand sehen. Nämlich einen Hinweis darauf, dass es um die Herstellung oder Lieferung von Printprodukten gehe und der Verkehr sich dieser Leistungen bedienen möge. Dies treffe unmittelbar auf die „Vermittlung von Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen einer Druckerei, insbesondere Druckarbeiten, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet“ und die „Dienstleistungen einer Druckerei, insbesondere Druckarbeiten, soweit in Klasse 40 enthalten“ zu und könne ebenso für die damit verbundene „Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet“ sowie für die „Zustellung (Auslieferung) von Waren; Auslieferung von Waren; Kurierdienste für Waren“ und die „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im Internet“ gelten, wenn dabei per Kurier zugestellte oder ausgelieferte Printerzeugnisse oder auch sonstige spezielle, etwa antiquarische Drucksachen betroffen seien. Entsprechendes gelte für „Druckereierzeugnisse“ selbst, aber auch für „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten“, soweit diese zu bedruckende Materialien darstellten, für die „getprint“ dann als Bestimmungsangabe wirke. Schließlich könne „getprint“ auch bei „Schreibwaren“ als Funktions- oder Bestimmungsangabe aufzufassen sein, da dieser weite Oberbegriff z. B. auch einfache Beschriftungsgeräte, Etikettendrucker oder Druckstempel umfasse.

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Demnach ergebe sich ungeachtet der ohnehin nicht unüblichen Zusammenfügung der Begriffe „get“ und „print“ eine so deutlich beschreibende Charakterisierung der generellen Ausrichtung bzw. des Erbringungszusammenhangs derart bezeichneter Waren und Dienstleistungen, dass eine Wahrnehmung dieser Kombination als Herkunftskennzeichen ausscheide. Die Aussage „getprint“ stelle mit ihrer Botschaft „erwerbe, bekomme Gedrucktes, erhalte Druckleistungen“ vielmehr eine reine Werbeansprache für den Druckbereich dar. Es handle sich lediglich um die auf ein bestimmtes Produktsegment ausgerichtete Verwendung der wie im Deutschen (z. B.: „Hol dir …“) so auch im Bereich der alltäglichen englischsprachigen Werbemittel nicht selten bemühten „get …“-Formel, mit der ein Grundanliegen jeder Werbung - die Heranführung des Verkehrs an ein bestimmtes Angebot - transportiert werden solle. So habe das Bundespatentgericht (BPatG) bereits im Jahre 2004 festgestellt, dass „[es] auf allen Waren- und Dienstleistungsgebieten seit vielen Jahren üblich [ist], durch Begriffe wie "Take the ...", "Try the ..." oder auch „Get the ...“ potentielle Abnehmer zum Kauf zu animieren. Dementsprechend fänden sich auch gegenwärtig in der über „slogans.de“ erreichbaren Datenbank an die hundert „Get-Slogans“. Der Rückgriff auf diese - wenn hier auch gegenüber Langformen wie „get a print“, „get your print“, „get printed“ grammatikalisch verkürzte „get…“ - Wendung werde den angesprochenen Verkehr daher nicht veranlassen, die verständliche und produktgerechte Gesamtaussage für derart prägnant und originell anzusehen, dass er sie als betrieblichen Herkunftshinweis verstehe. Hinsichtlich der verbleibenden Dienstleistungen der angegriffenen Marke ließen sich die von der Antragstellerin geltend gemachten Schutzhindernisse nicht feststellen, so dass es insoweit bei der Eintragung verbleibe.

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Gegen die Teillöschungsanordnung der Markenabteilung 3.4 wendet sich der Markeninhaber mit seiner Beschwerde.

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Er ist der Auffassung, die angegriffene Marke sei auch für die von der Löschungsanordnung betroffenen Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend. Der Begriff „getprint“ werde aufgrund der Vieldeutigkeit seiner Bestandteile „get“ und „print“ und erst recht in deren ungewöhnlichen Kombination nicht beschreibend verstanden. Es handle sich um einen Kunstbegriff, der nicht zum lexikalischen Wortschatz gehöre und der auch nicht mit Aussagen wie „get your print“, „get printed“ oder „get a print“ gleichgesetzt werden könne. Die Ausführungen der Antragstellerin zur Eintragungspraxis des DPMA in Bezug auf Marken mit den Bestandteilen „print“ oder „get“, bei denen zudem Eintragungen entsprechend zusammengesetzter Marken unberücksichtigt geblieben seien, seien mangels Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Anmeldungen und aufgrund abzulehnender Selbstbindung des DPMA von beschränktem Erkenntniswert. Bei der tatsächlichen Verwendung des Begriffs „getprint“ auf einer betreffenden Website handle es sich um eine markenmäßige Verwendung als Unternehmenskennzeichen mit dem Bestandteil „print“, wie sie der Verkehr von bekannten Anbietern z. B. vistaprint, printplanet oder saxoprint kenne. Auch stünden die vorliegend zu beachtenden Kennzeichnungsgewohnheiten und die Vielfalt der in Betracht kommenden Kennzeichnungsmöglichkeiten der Annahme entgegen, die angegriffene Marke könne nicht als Herkunftshinweis verwendet werden.

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Der Beschwerdeführer beantragt:

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Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Dezember 2012 wird aufgehoben, soweit die Löschung der Marke 304 59 696 angeordnet worden ist, und der Löschungsantrag wird insgesamt zurückgewiesen.

25

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie trägt vor, die Markenabteilung habe zu Recht die teilweise Löschung der Marke angeordnet, denn die Bezeichnung „getprint“ stelle sich für die Waren und Dienstleistungen, auf die sich die Löschungsanordnung beziehe, als rein beschreibende Bestimmungsangabe bzw. als produkt- und dienstleistungsbezogene Kundenansprache dar. Sowohl „get“ als auch „print“ würden vom Verbraucher als Wörter des bekannten und häufig auch in Deutschland verwendeten Grundwortschatzes der englischen Sprache erkannt; so habe das HABM z. B. in einer Entscheidung ausgeführt: „The contested sign „getprint“ does not have a meaning as a whole, however a large portion of the relevant public is likely to understand the elementary English words „get“ and „print“ of which the sign is composed“. Der Verkehr sei seit langem daran gewöhnt, dass „get“ als Bestandteil eines Slogans oder als Aufforderung verwendet werde, wie z. B. „Get the spirit oft tomorrow“ oder „Get in touch“. Vor allem aber durch die digitalen Medien sei der Verbraucher an die Verwendung „Get + Substantiv/Produktnamen“ als Kaufaufforderung gewöhnt, wie auch die sog. „Get-Ticket“-Buttons zeigten. Das Zeichen werde nicht als Gesamtbegriff wahrgenommen, sondern zergliedere sich automatisch in „get=Aufforderung“ und „print=Produkt/Dienstleistung“. Die Marke erschöpfe sich daher in einer allgemein verständlichen, werbeüblichen Kaufaufforderung.

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Ergänzend wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

29

Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde des Antragsgegners und Markeninhabers hat in der Sache Erfolg.

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Es kann weder mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden, dass die angegriffene Marke „getprint“ im verfahrensgegenständlichen Umfang der Teillöschung bereits im Zeitpunkt ihrer Anmeldung als nicht unterscheidungskräftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schutzunfähig war noch, dass sie es gegenwärtig ist. Die Markenabteilung 3.4 hat daher zu Unrecht auf den zulässigen Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke wegen Nichtigkeit die teilweise Löschung angeordnet (§§ 50 Abs. 1 und Abs. 2, 54 MarkenG).

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1. Eine Marke wird nach § 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 MarkenG auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und wenn das Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 MarkenG) und im Nichtigkeitsverfahren (§ 50 Abs. 1 MarkenG) vorzunehmende Prüfung der Schutzhindernisse einheitlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und das zu diesem Zeitpunkt bestehende Verkehrsverständnis abzustellen (BGH GRUR 2015, 1012 Rn. 8 – Nivea-Blau; GRUR 2014, 565 Rn. 10 – smartbook; GRUR 2014, 483 Rn. 22 – test; GRUR 2013, 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten).

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Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 MarkenG gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Schutzhindernissen zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Ist eine solche Feststellung auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, muss es - gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen - bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (vgl. BGH a. a. O. Rn. 18 – smartbook; BPatG GRUR 2006, 155 - Salatfix).

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2. Danach liegen die Voraussetzungen für die Löschung der Marke für die hier verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1MarkenGnicht vor.

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a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2013, 731 Rn. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 270 Rn. 8 - Link economy; GRUR 2010, 825 Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. - Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2006, 233 Rn. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229 Rn. 27 - BioID; BGH GRUR 2009, 949 Rn. 10 - My World; GRUR, 2008, 710 Rn. 12 - VISAGE). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rn. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben; a. a. O. - My World). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 - SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 - grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rn. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952 Rn. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 - Gute Laune Drops; GRUR 2010, 1100 Rn. 20 -TOOOR!; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 12 - DüsseldorfCongress; a. a. O. Rn. 16 - Gute Laune Drops; a. a. O. Rn. 23 - TOOOR!; a. a. O. Rn. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rn. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rn. 97 - Postkantoor; a. a. O. Rn. 38 - BIOMILD; GRUR 2003, 58 Rn. 21 - Companyline); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rn. 77 f. - CELLTECH; a. a. O. Rn. 98 - Postkantoor; a. a. O. Rn. 39 f. -BIOMILD; a. a. O. Rn. 28 - SAT 2; BGH a. a. O Rn. 16 - DüsseldorfCongress).

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Der genannte großzügige Beurteilungsmaßstab gilt auch für Wortfolgen, an deren Unterscheidungskraft grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als an andere Wortmarken zu stellen sind. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Indizien für die Eignung, Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Wortfolge kann einen Anhaltspunkt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 914 Rn. 25 bis 30 - Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 14 - smartbook; GRUR 2009, 949 Rn. 12 - My World).

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b) Nach diesen Grundsätzen kann und konnte der angegriffenen Marke „getprint“ nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

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aa) Die Streitmarke „getprint“ besteht aus den beiden englischen Begriffen „get“ und „print“, diese sind aber ohne Binnengroßschreibung oder sonstige optische Unterbrechung zu einem einheitlichen Zeichen zusammengefügt. Der inländische Verkehr wird daher zunächst überlegen, ob es einen eigenständigen englischen Gesamtbegriff „getprint“ gibt. Hierzu hat er im Hinblick auf vergleichbar gebildete Sachbegriffe wie z. B. footprint (= Fußabdruck), fingerprint (= Fingerabdruck), blueprint (= Blaupause/Plan), misprint (=Fehldruck/Druckfehler), Flockprint (= Flockdruck), Imprint (= Aufdruck/Druckvermerk), Preprint (= Vorabdruck), Videoprint (= Ausdruck aus einem Video), Reprint (= Nachdruck/Wiederabdruck) einerseits und getaway (= Flucht) andererseits auch Anlass.

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Der Begriff „getprint“ als solcher existiert aber – wie die entsprechende Senatsrecherche ergeben hat – weder in der englischen noch als Anglizismus in der deutschen Sprache.

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bb) Erfasst der angesprochene Verkehrskreis daraufhin die Marke getrennt in seiner Kombination aus zwei Worten im Sinne von „get print“, mithin als Wortfolge bzw. Werbeaussage, so ist zwar davon auszugehen, dass die Einzelbestandteile als Wörter des englischen Grundwortschatzes auch dem angesprochenen breiten Publikum ohne weiteres bekannt sind.

42

So hat das Verb „get“ unter anderem die Bedeutung von „erlangen, bekommen, erhalten, sich verschaffen, etwas kriegen“ (vgl. Leo Online Wörterbuch unter dict.leo.org, PONS Online Wörterbuch) und auch von „machen“ (vgl. Muret-Sanders, Langenscheidt Großwörterbuch Englisch, 2010). Das Wort „print“ kann als Substantiv u. a. mit „Druck, Kopie, Ausdruck, photographischer Abzug, Druckmuster“ oder als Verb unter anderem mit „drucken, veröffentlichen“ übersetzt werden (vgl. Pons Online Wörterbuch).

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Eine Zusammenschreibung von Wörtern im Rahmen einer Wortfolge ist in der Werbesprache durchaus nicht unüblich und daher allein nicht schutzbegründend (vgl. BPatG, Beschluss vom 03.09.2013, 33 W (pat) 511/13 - klugeshandeln; BPatG, Beschluss vom 15.10.2003, 29 W (pat) 192/01 - Travelagain). Die konkrete Verbindung der Wörter „get“ und „print“ ist im vorliegenden Fall aber mehr als die Summe der Einzelbestandteile, denn es ergibt sich durch die Zusammenfügung und Zusammenschreibung eine so stark verkürzte Aussage im Sinne von „erhalte Druck/Abdruck/Kopie“, dass sie als Werbeansprache unüblich ist.

44

Weder die Löschungsantragstellerin noch die Markenabteilung 3.4 haben Belege vorlegen können, dass diese Wortkombination im Eintragungszeitpunkt in der Werbung als Kundenansprache im Sinne einer werblichen Aufforderung zur Inanspruchnahme des Produktangebots verwendet worden ist. Entsprechendes ist auch für den Anmeldezeitpunkt wie auch für den jetzigen Entscheidungszeitpunkt nicht ersichtlich.

45

Die eigene Recherche des Senats - deren Ergebnisse den Parteien vorab übersandt wurden - hat ergeben, dass auch in der getrennten Schreibweise „get print“, von der noch am ehesten eine Belegbarkeit zu erwarten wäre, die Wortfolge weder in Alleinstellung noch in vergleichbarer Verbindung als werbliche Sachaussage oder Kaufaufforderung nachweisbar ist. In der Werbesprache ist eine solche - zudem doch recht unfreundliche - Kundenansprache als Aufforderung zum Erwerb der Waren bzw. Inanspruchnahme der Dienstleistungen vielmehr ungewöhnlich. Zu finden sind dem gegenüber nur - in Form und im Ton verbindliche - Aussagen wie z. B. “how to get prints“, “how to get a print job (with…)”, “get high quality photo prints”, “Easily get prints for…”, “I get prints”, “Get a print…? Get your print!”, “Get printed!”. Gleiches gilt für die Recherche bei slogans.de. Zwar gibt es dort zahlreiche Treffer für die Begriffe „print“ und „get“, die jeweiligen Aussagen sind aber mit der hier zu beurteilenden Wortbildung nicht vergleichbar. Eine Kombination von „get“ allein mit der Angabe eines Produkts - vergleichbar „print“ - ohne weitere Angaben wie Artikel („a“, „the“), Pronomen („our“, „your“), Anpreisungen („smart“, „right“) oder außerhalb von grafisch ausgestalteten sog. „Get“-Buttons (wie sie die Beschwerdegegnerin vorgelegt hat) konnte nicht ermittelt werden. Die von der Markenabteilung aufgeführten Aufforderungen wie „Take the.., try the…, get the...“ unterscheiden sich von der Streitmarke ebenfalls dadurch, dass jeweils keine Zusammenschreibung erfolgt sowie sprachüblich ein Artikel und/oder abschließend ein Ausrufezeichen vorhanden ist. Auch die weiteren zitierten von verschiedenen Senaten des Bundespatentgerichts als nicht schutzfähig erachteten – teilweise mit einem gewissen Wortwitz versehenen - Werbeaussagen (28 W (pat) 208/03 – Get the power of wind; 25 W (pat) 161/01 – getyourcar.de; 33 W (pat) 237/03 – get-IT-smart; 28 W (pat) 062/06 – GET ENERGY; 33 W (pat) 9/08 – GET NEW TECHNOLOGY FIRST) sind mit der streitgegenständlichen Marke nicht vergleichbar.

46

Es liegt zwar nahe, dass der Verkehr in Bezug auf die hier verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen in die Marke Aussagen im Sinne von „get printed“, „get a print“ oder „get your print“ hineinlesen wird. Bei der angegriffenen Marke drängt sich damit vordergründig die Vorstellung auf, dass es um Druckaufträge geht, die erledigt werden. Aus diesen Feststellungen ergibt sich aber nichts für eine fehlende Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke.

47

Denn zum einen stehen produktbezogene Anklänge oder Anspielungen einer Schutzgewährung nicht entgegen. Zum anderen kann die verkürzte Aufforderung „getprint“gerade nicht mit den vorgenannten Aussagen gleichgesetzt werden. Die Beschwerdegegnerin und die Markenabteilung haben bei ihrer gegenteiligen Annahme nicht berücksichtigt, dass der Beurteilung, ob das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft besteht, die Marke in ihrer eingetragenen Form zugrunde zu legen und diese nicht um weitere Bestandteile (assoziativ) zu ergänzen ist (vgl. BGH GRUR 2013, 731 - Kaleido; GRUR 2011, 65 Rn. 17 - Buchstabe T mit Strich).

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In der für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen konkreten Wortkombination passt „getprint“ schon rein sprachlich nicht in übliche Werbeaussagen. Zudem muss der Verkehr - wie bereits ausgeführt - in einem ersten Schritt überlegen, ob es einen Gesamtbegriff „getprint“ gibt. Einen solchen wird er nicht erkennen, so dass er sodann von einer Aussage „get print“ ausgehen wird, wobei ihm die starke - in dieser Form nicht werbeübliche - Verkürzung auffallen wird. Angesichts der damit fehlenden sofortigen sprachlichen und semantischen Erfassbarkeit kann die angegriffene Marke nicht als ohne weiteres erkennbare werbliche Sachaussage bzw. Kundenansprache angesehen werden.

49

Soweit die Beschwerdegegnerin auf Ausführungen in einer Entscheidung des HABM verweist, so führt dies nicht zu einem für sie günstigeren Ergebnis. Im Gegenteil, auch das HABM hat für den hiesigen Beschwerdeführer die Wortmarke „getprint“ (CTM 003890381) für schutzfähig erachtet und in das Gemeinschaftsmarkenregister eingetragen; die gegen die Anmeldung der Wortmarke eingelegten Widersprüche aus drei älteren Marken hatte das Amt zuvor jeweils zurückgewiesen und dort - worauf die Beschwerdegegnerin zutreffend hinweist - ausgeführt, dass die Einzelbestandteile „get“ und „print“ für den angesprochenen Verkehr ohne weiteres verständlich seien. Allerdings hat das HABM aber eben auch festgestellt, dass das Zeichen als Ganzes keine Bedeutung hat: „The contested sign „getprint“ does not have a meaning as a whole, however a large portion of the relevant public is likely to understand the elementary English words „get“ and „print“ of which the sign is composed“. Dieser Auffassung schließt sich der Senat aus den vorgenannten Gründen an.

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Der Streitmarke kann daher nicht die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis abgesprochen werden. Eine Löschung wegen des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft ist daher nicht gerechtfertigt.

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3. Die angegriffene Marke besteht auch nicht „ausschließlich“ aus merkmalsbeschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und muss(te) daher auch nicht für die  Mitbewerber freigehalten werden.

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4. Weitere absolute Schutzhindernisse sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Die Beschwerde des Markeninhabers hat daher Erfolg.

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5. Zur Auferlegung von Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht kein Anlass.