Entscheidungsdatum: 11.12.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 052 885.3
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 11. Dezember 2013 unter Mitwirkung der Richterin Kortge als Vorsitzender, der Richterin Uhlmann und der Richterin kraft Auftrags Akintche
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
edatasystems
ist am 12. Oktober 2011 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 36, 41 und 42 angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 19. Juli 2012 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise, nämlich für folgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:
Klasse 9:
Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar);
Klasse 35:
Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebs-wirtschaftlicher Hinsicht (Facility Management); Entwicklung von Personalkonzepten; Personaldienstleistungen; Personalmanagementberatung; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung; Aufstellung von Kosten-Preisanalysen; Erstellung von Geschäftsgutachten; Unterstützung bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Marketing (Forschung); Organisatorisches und betriebswirtschaftliches Projektmanagement; Produktionsplanung; Produktionssteuerung; Planung und Überwachung von Unternehmensentwicklungen in betriebswirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken;
Klasse 36:
Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht (Facility Management); Gebäudeverwaltung; Grundstücksverwaltung; Immobilienverwaltung, sowie Vermittlung;
Klasse 41:
Erziehung; Ausbildung; Schulungen; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildungen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops [Ausbildung];
Klasse 42:
Analyse und Auswertung von Daten Dritter; Back-up-Services; elektronische Datensicherung; Softwareentwicklung; Dienstleistungen eines Programmierers; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Entwicklungsdienste und Recherchedienste bezüglich neuer Produkte (für Dritte); Erstellung von Computeranimationen; Erstellung von technischen Gutachten; Hard- und Softwareberatung; Implementierung von Datenverarbeitungsprogrammen in Netzwerken; Installieren von Computerprogrammen; Pflege und Installation von Software; Qualitätskontrolle; Qualitätsprüfung; technische Projektplanungen; technisches Projektmanagement.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angesprochenen Verkehrskreise würden den Begriff „edatasystems“ als Sachangabe verstehen, nämlich dahingehend, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handele, die selbst elektronische Datensysteme seien, mittels elektronischer Datensysteme angeboten oder erbracht würden bzw. für elektronische Datensysteme bestimmt seien. Der Begriff gebe damit keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern weise in beschreibender Form auf Art, Verwendungszweck, Thema und Medium der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen hin.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,
den Beschluss des DPMA vom 19. Juli 2012 aufzuheben.
Sie vertritt die Ansicht, die hier angesprochenen Fachkreise würden den Begriff „edatasystems“ nicht in die Bestandteile „e“, „data“ und „systems“ zergliedern. Zum Verständnis der Marke sei darauf hinzuweisen, dass die drei Schwesterfirmen e… GmbH, e1… GmbH und e2… GmbH seit fünfzehn Jahren als Unternehmensgruppe „edata“ Dienstleistungen für Druck- und Rechenzentren anböten. Daher werde das Firmenschlagwort „edata“, das Stammbestandteil ihrer eingetragenen Marken „edataunited“ und „edataprocessing“ sei, von dem Begriff „system“ abgespalten, so dass sich der Begriff nicht als „ e datasystems“, sondern als „edata systems“ lese. Bei der Marke handle es sich um eine Wortneuschöpfung, die lexikalisch nicht nachweisbar sei und vor allem im Hinblick auf die Mehrdeutigkeit des Kürzels „e“ keinesfalls den beschreibenden Sinngehalt besitze, den die Prüfungsstelle ihr beilegen wolle. Die Schutzfähigkeit werde auch durch die Vielzahl von ähnlichen Markeneintragungen mit dem Bestandteil „data“ deutlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens als Marke steht in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle zu Recht die Anmeldung in diesem Umfang zurückgewiesen hat.
a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2010, 228, 229 Rdnr. 33 – Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2010, 935 Rdnr. 8 – Die Vision). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2012, 1044, 1045 Rdnr. 9 - Neuschwanstein). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 8 – Link economy; a.a.O. - Neuschwanstein).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a.a.O. – Link economy). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch).
Keine Unterscheidungskraft kommt Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren und Dienstleistungen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH WRP 2010, 1504, 1506 - Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2009, 949, 951 - Rdnr. 20 - My World; GRUR 2009, 411 - Rdnr. 9 - STREETBALL; GRUR 2006, 850, 854 - Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 -Companyline; GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 -DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung seiner schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH a.a.O. Rdnr. 98 - Postkantoor; a.a.O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a.a.O. Rdnr. 28 – SAT 2; a.a.O. Rdnr. 29 - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. –CELLTECH).
Bei solchen aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es schließlich zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230- BioID).
Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das angemeldete Zeichen „edatasystems“ nicht. Im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen hat das Zeichen einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt bzw. weist einen engen funktionalen Bezug zu diesen auf.
b) Das angemeldete Wortzeichen setzt sich aus dem Buchstaben „e“ und den Wörtern „data“ und „systems“ zusammen.
aa) Das englische Substantiv „data“ bedeutet „Daten“ (PONS Online Wörterbuch Englisch, www.pons.de). Der Begriff „Daten“ bezeichnet im Deutschen die Pluralform von „Datum“ sowie „(durch Beobachtungen, Messungen, statistische Erhebungen u.a. gewonnene) [Zahlen]Werte“, „(durch Beobachtungen, Messungen, statistische Erhebungen u.a. beruhende) Angaben, formulierbare Befunde“, in der EDV „elektronisch gespeicherte Zeichen, Angaben, Informationen“ und in der Mathematik „zur Lösung oder Durchrechnung einer Aufgabe vorgegebene Zahlenwerte oder Größen“ (DUDEN Online, www.duden.de).
bb) Das englische Wort „systems“ ist der Plural des auch im Deutschen geläufigen Begriffs „System“ (PONS Online Wörterbuch Englisch, www.pons.de). Ein „System“ ist unter anderem ein „in sich geschlossenes, geordnetes und gegliedertes Ganzes“, eine „Gesamtheit, Gefüge von Teilen, die voneinander abhängig sind, ineinandergreifen oder zusammenwirken“ (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Auflage).
cc) Der den Bestandteilen „data“ und „systems“ vorangestellte Buchstabe „e“ ist lexikalisch mit unterschiedlichsten Bedeutungen belegt, z.B. als Abkürzung von „elektronisch“ oder von „ex“ (vgl. Online Wörterbuch, www.wortbedeutung.info).
c) Das angesprochene inländische Publikum - der Fachverkehr für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 36, 41 und 42 sowie der allgemeine, an diesen Waren und Dienstleistungen interessierte Durchschnittsverbraucher - wird die angemeldete Wortkombination in ihrer Gesamtheit mit „elektronische Datensysteme“ übersetzen. „edatasystems“ ist zwar weder als Gesamtbegriff noch als Abkürzung lexikalisch nachweisbar (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM], http://wortschatz.uni-leipzig.de). Gleichwohl werden die Verkehrskreise die Wortkombination nicht als fantasievolle Wortneubildung, sondern in erster Linie als Zusammenziehung der Abkürzung „e“ für „elektronisch/electronic“ und der Wortbildung „datasystems/Datensysteme“ verstehen. Der Bedeutungsgehalt „elektronische Datensysteme“ drängt sich in der konkreten Kombination und unter Berücksichtigung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aus nachfolgenden Gründen ohne weiteres auf:
aa) Zum einen handelt es sich bei „data systems“, „Datasysteme“ bzw. „Datensysteme“ um einen vielfach verwendeten Fachbegriff, wie den der Anmelderin vorab übersandten Verwendungsbeispielen, die im Rahmen der Senatsrecherche ermittelt werden konnten, zu entnehmen ist:
- „Method and data system for Connecting a wireless local Network to a UMTS Terminal Station“/“Verfahren und Datensystem zum Anbinden eines drahtlosen lokalen Netzwerks an eine UMTS-Endstation“ (Schrift: WO 2004/017566);
- „Voice controlled data system“/“Sprachgesteuertes Datensystem“ (Schrift: EP000001693830A1);
- „Digitales Datensystem“/“Digital data system“ (Schrift: EP000001410144A1);
- „System und Verfahren zur effizienten Cachespeicherung in einem verteilten Datasystem“ (Schrift: DE69416875T2, Übersetzung der europäischen Patentschrift EP0749602B1);
- In der Übersetzung zu der europäischen Patentschrift (DE000069808341T2) - Titel „Geschmacksstoffe aus Hefeextrakten“ - wird ausgeführt: „…Die Daten wurden durch das HP G1034C-Chemstation-Datasystem gesteuert und gespeichert.“;
- „Verfahren und Datensystem zur Bestimmung finanzieller Instrumente bei der Finanzierung eines Darlehens“/“Method and data system for determining financial instruments for the use of funding of a loan“ (Schrift: EP000001002289A2).
Die von der Anmelderin vorgebrachten Einwände, den genannten Patentschriften könne keine Erläuterung entnommen werden, was ein „Datensystem“ oder „datasystem“ sei und es könne nicht von einer sachbeschreibenden Verwendung ausgegangen werden, greifen nicht, dienen doch Patentschriften gerade zur Beschreibung der Erfindungen. Auch werden in Patentschriften gängige Fachbegriffe in der Regel nicht erläutert.
bb) Zum anderen ist der dem Begriff „datasystems“ vorangestellte Buchstabe „e“ lexikalisch zwar mit verschiedenen Bedeutungen belegt, im Zusammenhang mit „datasystems“ konkretisiert sich aber der Bedeutungsgehalt und der angesprochene Verkehrskreis wird ihn ohne weiteres als Abkürzung für „elektronisch“ oder (engl.) „electronic“ verstehen. Das inländische Publikum hat sich nämlich daran gewöhnt, dass das einem Substantiv vorangestellte „e“/„E“ auf den elektronischen Bereich hinweist (vgl. 29 W (pat) 48/10 - E Archiv).
d) „edatasystems“ in der Gesamtheit stellt eine beschreibende Wortkombination dar, deren sachliche Bedeutung aus der bloßen Summe ihrerseits beschreibender Bestandteile besteht. Hieran vermag auch die konkrete Zusammenschreibung nichts zu ändern. An eine Zusammenschreibung als Hinweis und Sachinformation ist das Publikum gewöhnt, denn sie wird in der beschreibenden Werbesprache und insbesondere bei der Eingabe von Suchbegriffen im Internet oder in Domainadressen häufig verwendet, ohne dass der beschreibende Begriffsinhalt dadurch in den Hintergrund tritt (vgl. BPatG 29 W (pat) 192/01 - Travelagain; BPatG 33 W (pat) 511/13 - klugeshandeln). Auch die übergangslose Zusammenschreibung von „e“ mit den weiteren Bestandteilen bei einheitlicher Kleinschreibung führt nicht von einem Verständnis des angesprochenen Verkehrskreises als beschreibende Angabe im oben genannten Sinne weg (vgl. BPatG 25 W (pat) 51/05 - egovKommune; 33 W (pat) 66/04 – econsult; HABM PAVIS PROMA, R 0111/99-1 v. 15.5.2000 - eform).
Im Übrigen kann vorausgesetzt werden, dass sowohl die Wörter „data“ und „systems“ als auch Wortbildungen mit einem vorangestellten „e“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen so geläufig sind, dass „edatasystems“ auch ohne optische Absetzung des „e“ sofort als Zusammensetzung aus „e“ und den weiteren Zeichenbestandteilen erkannt wird.
e) Als „Datensystem“ kann man im weitesten Sinne die Möglichkeit bezeichnen, - entweder manuell oder automatisch - Daten in Befehls- oder Entscheidungsinformationen zu konvertieren, welche zusammen eine organisierte und in Wechselbeziehung stehende Möglichkeit der Aufnahme-, Kommunikations-, Verarbeitungs- und Präsentationsinformation relativ zu einer definierbaren Funktion oder Aktivität bereitstellen. Die Recherche des Senats hat ergeben, dass der Begriff „data system“/„Datensystem“ und auch die Begriffskombination „electronic data system“/„elektronisches Datensystem“ wie auch vergleichbare Wortkombinationen in verschiedensten Produktbereichen (und unterschiedlichen Schreibweisen) in diesem Sinne sachbeschreibend verwendet wird, wie die folgenden Fundstellen zeigen:
- PCT-Anmeldung (WO 2007/140991 A1) mit dem Titel: METHOD FOR OPTIMIZING THE OPERATING RESULTS IN AN ELECTRONIC DATA SYSTEM (deutsche Bezeichnung: Verfahren zur Optimierung der Betriebsergebnisse in einem elektronischen Datensystem, insbesondere eines Wirtschaftsunternehmens mit Einzelauftragsfertigung);
- Kongressbeitrag bei „ejournals“: „Die Durchführung und Auswertung klinischer Studien ist ein Voraussetzung für den medizinischen Fortschritt. Hierzu sind elektronische Systeme zur Erfassung relevanter klinischer Daten Voraussetzung. Die meisten Studien werden bisher mit papierbasierten CRF durchgeführt, deren Daten danach händisch in ein elektronisches Datensystem übertragen werden müssen. Die von uns entwickelte Lösung sieht eine direkte Übernahme studienrelevanter Daten wie zB. Labordaten aber auch Bilddaten aus dem KIS vor.“ (www.thieme-connect.com/ejournals/abstract/10.1055/s-2006-953758);
- Auszug aus GENIOS Firmeninformation über eine IT-Firma:
„Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, Produktion und der Vertrieb von Hard- und Software für Datensysteme.“ (www.genios.de/firmen/firma/EN/enso-datensysteme-gmbh.html);
- Erläuterungen eines IT-Dienstleisters, der Datensystemlösungen für verschiedene Branchen anbietet: „ProSys ist ein hervorragendes Daten- und Informationssystem, das Ihnen optimale Möglichkeiten bietet, Ihre Planung, Verwaltung und Abrechnung effizient zu organisieren.“ (www.starke-erfurt.de/cms/deutsch/starke-welt/software/soziale-einrichtungen/in...);
- Weiterbildungsangebot des FORUM INSTITUTS: "eDaten & Dokumentenmanagement in der Klinischen Forschung u.a. mit dem Thema "Wie sieht eine effiziente Qualitätssicherung im elektronischen System aus?" (Bl. 61 GA);
f) Die angesprochenen Verkehrskreise werden die beanspruchte Wortkombination in ihrer Gesamtbedeutung im Sinne von „elektronische Datensysteme“ nur als beschreibenden Hinweis auf den Gegenstand und den Bestimmungszweck der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.
aa) Die Waren der Klasse 9 „Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar)“ können Teil eines elektronischen Datensystems bzw. zur Verwendung in einem solchen bestimmt sein (vgl. Verwendungsnachweis zum Begriff „Datensystemsoftware“, Bl. 67 GA).
bb) Die in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen „Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht (Facility Management)“ wie auch die Dienstleistungen der Klasse 36 „Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht (Facility Management); Gebäudeverwaltung; Grundstücksverwaltung; Immobilienverwaltung, sowie Vermittlung“ können mithilfe eines elektronischen Datensystems erbracht werden oder in engem funktionalen Zusammenhang mit dem Aufbau einer elektronischen Datensystemlösung stehen. Denn im Bereich des Facility- und Gebäudemanagements wird die Informationstechnik unter anderem in Form von Computerprogrammen, welche aus einer Datenbank und einer Anwenderoberfläche bestehen, umfangreich zur Unterstützung eingesetzt (vgl. Erläuterungen in Wikipedia zum Fachbegriff "Computer-Aided Facility Management CAFM"). Dem entsprechend finden sich zahlreiche Anbieter, die für diese spezielle Branche ihre elektronischen Informations- und Datensystemlösungenbewerben (Bl. 62-66 GA). Dabei stehen die Bereitstellung von Informationen bzw. Daten aller Art über die Facilities und die Unterstützung von Arbeitsprozessen bei Erbringung der hier in Rede stehenden Dienstleistungen im Vordergrund.
cc) Die angesprochenen Verkehrskreise wissen im Bereich der weiteren Dienstleistungen der Klasse 35 „Entwicklung von Personalkonzepten; Personaldienstleistungen; Personalmanagementberatung; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung; Aufstellung von Kosten-Preisanalysen; Erstellung von Geschäftsgutachten; Unterstützung bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Marketing (Forschung); Organisatorisches und betriebswirtschaftliches Projektmanagement; Produktionsplanung; Produktionssteuerung; Planung und Überwachung von Unternehmensentwicklungen in betriebswirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht; Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten“ um die besondere Bedeutung des Einsatzes von maßgeschneiderten elektronischen Datensystemen - z.B. im Sinne von kundenzentrischen Informationssystemen, Marketingdatensystemen, CRM (Customer Relationship Management), elektronischen Personalmanagement-Systemen, elektronischen Personaldienstleistungen, elektronischen Balanced-Score-Cards etc. -, so dass zwischen dem Anmeldezeichen im Sinne von „elektronische Datensysteme“ und den Dienstleistungen ohne weiteres ein konkreter Sachbezug hergestellt wird. Gegenstand der Dienstleistungen kann auch hier die Entwicklung eines speziellen Datensystems sein und es können solche spezielle Datensystemlösungen bei Erbringung der Dienstleistungen eingesetzt werden. In Bezug auf die „Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken“ und „Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken“ gibt das Anmeldezeichen einen Hinweis auf die Art und den Bestimmungszweck der Dienstleistungen.
dd) In Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 41 „Ausbildung; Schulungen; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildungen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops [Ausbildung]“. können elektronische Datensysteme Thema und Gegenstand dieser Dienstleistungen sein, was schon die Rechercheergebnisse des Senats belegen. In Bezug auf die Dienstleistung „Erziehung“ ist ein enger funktionaler Bezug gegeben. Denn die elektronische Datenverarbeitung und mithin der Einsatz von elektronischen Datensystemen (z.B. elektronische Gruppenbücher) hat im Bereich der Jugendhilfe und Erziehung im Hinblick auf die Erfordernisse an das Dokumentations- und Berichtswesen nach §§ 27 ff. SGB VIII zur Sicherung der Qualitäts- und Leistungsstandards verstärkt Einzug gefunden; so ist beispielsweise über das „ProSys Daten- und Informationssystem“ zu lesen (Bl. 68 GA): „Für die Betreuer, Erzieher und Pfleger bietet ProfSys Jugendhilfe eine übersichtliche strukturierte und anwenderfreundliche Software, die den Anforderungen an eine umfassende Dokumentation, Datenerfassung und -auswertung in bester Weise gerecht wird.“.
ee) Die in Klas se 42 beanspruchten Dienstleistungen „Analyse und Auswertung von Daten Dritter; Back-up-Services; elektronische Datensicherung; Softwareentwicklung; Dienstleistungen eines Programmierers; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Entwicklungsdienste und Recherchedienste bezüglich neuer Produkte (für Dritte); Erstellung von Computeranimationen; Erstellung von technischen Gutachten; Hard- und Softwareberatung; Implementierung von Datenverarbeitungsprogrammen in Netzwerken; Installieren von Computerprogrammen; Pflege und Installation von Software; technische Projektplanungen; technisches Projektmanagement“ können der Entwicklung eines elektronischen Datensystems dienen bzw. es können solche Systeme Gegenstand der Dienstleistungen sein. Auch die Dienstleistungen „Qualitätskontrolle; Qualitätsprüfung“ können mithilfe von entsprechenden Qualitätsdatensystemen erbracht werden oder es können elektronische Datensysteme Gegenstand dieser Dienstleistungen sein, was auch der Senatsrecherche zu entnehmen ist (Bl. 61 GA).
g) Ob die Anmelderin das Zeichenelement „edata“ als Firmenschlagwort und Stammbestandteil geschaffen hat und so verstanden wissen will, ist für die markenrechtliche Beurteilung nicht maßgebend. Zum einen kommt es allein darauf an, wie das angesprochene Publikum das Markenwort verstehen wird, wenn ihm die Wortkombination als Kennzeichnung der hier relevanten Waren und Dienstleistungen begegnet. Zum anderen ergibt sich selbst bei einer Lesart des Zeichens von „edata systems“ im Sinne von „Systeme, betreffend elektronische Daten“ statt „e datasystems“ im Sinne von „elektronische Datensysteme“ ein beschreibender Begriffsinhalt. Beide Begriffsvarianten sind ohnehin nur Facetten ein und desselben Bedeutungsgehalts.
Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, dass das Zeichenelement „edata“ durch langjährige Benutzung in ihren Firmennamen sowie in den für sie eingetragenen Marken „edataprocessing“ und „edataunited“ Bekanntheit erlangt habe, verhilft dies der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Für die Beurteilung der originären Schutzfähigkeit der Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kommt es nicht darauf an, wie das Zeichen verwendet worden ist (BGH GRUR 2006, 503 Rdnr. 10 - Casino Bremen; BPatG 33 W (pat) 47/10 - WPControl; 29 W (pat) 545/11 fine selection). Zwar kann ein zusammengesetztes Kennzeichen in seiner Gesamtheit schutzfähig sein, wenn eines der von Haus aus schutzunfähigen Elemente sich im Verkehr gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat; eine Verkehrsdurchsetzung von „edata“ hat die Anmelderin aber weder dargetan, noch ist eine solche ansonsten ersichtlich.
Auch unter Berücksichtigung der zugunsten der Anmelderin eingetragenen Marken „edataunited“ (Nr. 30 2011 und „edataprocessing“ (Nr. 30 2011 048 657) ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Denn das Zeichen „edataprocessing“ ist im Sinne von "elektronische Datenverarbeitung" als unmittelbar beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG erst nach bestandskräftiger Teilzurückweisung für Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 9, 35, 41 und 42 für die übrigen Waren und Dienstleistungen zur Eintragung gelangt. Der Marke „edataunited“ kommt im Sinne von „vereinigte elektronische Daten/elektronische Daten vereinigt“ ein beschreibender Begriffsinhalt nicht zu; insofern unterscheidet sie sich von dem hier schutzsuchenden Zeichen, bei dem eine Sachangabe im Vordergrund steht.
2. Die Beschwerdeführerin beruft sich schließlich ohne Erfolg auf die Eintragung weiterer Zeichen mit dem Bestandteil „data“. Es fehlt schon an einer Vergleichbarkeit mit der verfahrensgegenständlichen Anmeldung. Die zitierten Voreintragungen beinhalten weder die Wortbildung „datasystem/Datensystem“ noch einen Begriffsinhalt in Richtung von „elektronische Daten“ oder „elektronisches System“, so dass den Eintragungen schon aus diesem Grund keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Zeichens entnommen werden können.
3. Da es der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kommt es auf die Frage, ob „edatasystems“ im Interesse von Mitbewerbern insoweit zusätzlich einem Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt, nicht mehr an.