Entscheidungsdatum: 30.07.2015
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2008 027 600
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 30. Juli 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Uhlmann und Akintche
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Widersprechenden und die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke werden zurückgewiesen.
2. Der Kostenantrag des Inhabers der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.
I.
Die in den Farben schwarz/gelb/weiß gehaltene Wort-/Bildmarke
ist am 25. April 2008 angemeldet und am 21. Oktober 2008 unter der Nummer 30 2008 027 600 als Marke für die Dienstleistungen „Werbung“ und „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden.
Gegen die Eintragung, die am 21. November 2008 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdeführerin zu 1) am 20. Februar 2009 Widerspruch erhoben aus ihrer am 3. November 1997 unter der Nummer 397 52 161 eingetragenen Wortmarke
Autostadt
die für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 12, 14, 16, 18, 21, 25, 27, 28, 34, 35, 36, 37, 41, 42 und 43
Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Unterrichtsapparate und -instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten einschließlich Brillen (Optik), Brillenetuis, Ferngläser, Sonnenbrillen, Spannungsregler für Fahrzeuge, Warndreiecke für Fahrzeuge, Zigarrenanzünder für Automobile, Navigationsinstrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild einschließlich Magnetkarten, Karten mit integrierten Schaltkreisen (Smartcards), Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate, Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer einschließlich Taschenrechner, Feuerlöschgeräte, Akkumulatoren, Alarmgeräte, Antennen, Ausgabeautomaten, Buchungsmaschinen, Computer-Programme (gespeichert), Diebstahlalarmanlagen (elektrisch), Diebstahlalarmgeräte, Ton- und/oder Bildempfangsgeräte, Geschwindigkeitsanzeiger, Registrierkassen, Radios, elektrische Relais, Rettungsvorrichtungen, nämlich Rettungsbojen, Rettungsflöße, Rettungsleitern, Rettungsnetze, Rettungsplanen, Rettungsringe, Rettungswesten, Säuremesser, Schmelzsicherungen, Sonnenbatterien; Fahrzeuge, Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser sowie deren Teile; aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten, Schmuckwaren aller Art einschließlich Schlüsselanhänger, Uhren und Zeitmeßinstrumente; Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse einschließlich Atlanten, Kalender, geographische Karten, Schreibwaren, Schreibmaschinen, insbesondere Schreibgeräte und Büroartikel (ausgenommen Möbel), Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate), Spielkarten; Waren aus Leder und Lederimitationen, soweit in Klasse 18 enthalten einschließlich Koffer, Reisenecessaires (Lederwaren), Taschen, Schlüsseletuis, Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert) einschließlich tragbare, nicht elektrische Kühltaschen und/oder -boxen, Picknickkoffer (Geschirr), Toilettenecessaires, Kämme und Schwämme, Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln) einschließlich Chamois- und/oder Fensterleder für Reinigungszwecke, Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen einschließlich Krawatten, Schals; Teppiche, Fußmatten einschließlich Automatten; Spiele, Spielzeug, Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Raucherartikel einschließlich Aschenbecher, nicht aus Edelmetall, Feuerzeuge für Raucher, Tabakbeutel, Tabakdosen, nicht aus Edelmetall, Zigarettenetuis, Dosen, nicht aus Edelmetall, Zigarrenetuis, -kästen, -kisten, nicht aus Edelmetall, Streichhölzer; Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen, Ausgabe von Kreditkarten, Bankgeschäfte, Vergabe von Darlehen, finanzielle Beratung, Gebäudeverwaltung, Grundstücksverwaltung, Krankenversicherung, Kredite, Kreditvermittlung, Leasing, Schätzung von Immobilien, Sparkassengeschäfte, Gewährung von Teilzahlungskrediten, Unfallversicherung, Vermietung von Büros (Immobilien), Vermietung von Wohnungen, Immobilienvermittlung, Kreditvermittlung, Wohnungsvermittlung, Vermittlung von Versicherungen, Verpachtung von Immobilien; Reparaturwesen, insbesondere Reparatur, Wartung und Pflege von Fahrzeugen einschließlich Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; Ausbildung einschließlich Erziehung und Unterricht einschließlich Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Organisation und Veranstaltung von Symposien, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Veranstaltung und Durchführung von Workshops, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten einschließlich Betrieb von Kinos, Durchführung von Live-Veranstaltungen, Betrieb von Museen, Musikdarbietungen, Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe; Verpflegung einschließlich Verpflegung von Gästen in Cafés, Beherbergung von Gästen einschließlich Vermietung von Gästezimmern, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung einschließlich Computerberatungsdienste, Personalauswahl mit Hilfe von psychologischen Eignungstests, Vermietung von Computer-Software, Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten;
eingetragen ist.
Mit Beschluss vom 22. Juli 2011 hat die Markenstelle für Klasse 35 die angegriffene Marke gelöscht, da von einer engen bis mittleren Dienstleistungsähnlichkeit, einer leicht erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer Markenusurpation der älteren durch die jüngere Marke auszugehen sei.
Auf die Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke hat die Markenstelle den Erstbeschluss durch Beschluss vom 11. Juli 2012 aufgehoben, soweit die angegriffene Marke für die Dienstleistung „Werbung“ gelöscht worden ist, und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den Marken sei nur hinsichtlich der Dienstleistung „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ Verwechslungsgefahr gegeben. Insoweit bestehe zwischen den Marken Dienstleistungsidentität. Die Widerspruchsmarke sei von Haus aus für die Dienstleistungen im Bereich Ausbildung/Unterhaltung und sportlicher/kultureller Aktivitäten durchschnittlich kennzeichnungskräftig, da dem Zeichen für diese Leistungen ein beschreibender Begriffsinhalt nicht ohne weiteres zugeordnet werden könne. Die Kennzeichnungskraft sei in diesen Bereichen durch intensive Benutzung gesteigert. Zwischen den Vergleichszeichen bestehe zwar keine unmittelbare Ähnlichkeit, auch eine Prägung des jüngeren Zeichens durch das ältere sei nicht gegeben, da der Ortsname „Bitburg“ nicht vernachlässigt werde. Da die Elemente „Autostadt“ und „Bitburg“ aufeinander bezogen seien, nehme die ältere Marke in dem jüngeren Zeichen auch keine selbständig kennzeichnende Stellung ein. Gleichwohl sei wegen der gesteigerten Kennzeichnungskraft der älteren Marke nicht ausgeschlossen, dass der Verkehr die jüngere Marke im Bereich identischer Dienstleistungen und gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke mit der älteren gedanklich in Verbindung bringe. Der dem älteren Zeichen in der jüngeren Marke hinzugefügte Wortbestandteil „Bitburg“ könne nicht verhindern, dass das angesprochene Publikum die Marken verbundenen oder organisatorisch verflochtenen Unternehmen zuordne und annehme, es handele sich bei der jüngeren Marke um Dienstleistungen eines mit der bekannten Widerspruchsmarke verbundenen Unternehmens. Die Dienstleistung der jüngeren Marke „Werbung“ sei den Widerspruchsdienstleistungen dagegen lediglich „noch“ ähnlich. Hier liege die Annahme einer Unternehmensverbindung eher fern, die bloße Assoziation einer Verbindung genüge für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht.
Hiergegen wenden sich die Beschwerden beider Beteiligter.
Die Widersprechende und Beschwerdeführerin zu 1) trägt vor, die Widerspruchsmarke sei von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Zwar könne „Autostadt“ im Zusammenhang mit Städtenamen als Beiname einer öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft verstanden werden. In einer solchen Verwendung liege allerdings keine beschreibende Bezeichnung für Waren und Dienstleistungen, sondern lediglich eine Funktion zur Charakterisierung der nachfolgend benannten Stadt. Bei Verwendung der Bezeichnung „Autostadt“ im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen werde der Begriff dagegen als von beschreibenden Anklängen freie Produktkennzeichnung wahrgenommen, deren Verfügbarkeit an einem bestimmten Standort durch den nachgestellten Städtenamen erkennbar sei. Dies werde auch in der Eintragung des Duden unter dem Stichpunkt „Autostadt“ deutlich, wo unter Ziff. 1 die Bedeutung im Sinne eines Beinamens einer öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft und unter Ziff. 2 mit ® markiert auf die Marke der Widersprechenden hingewiesen werde.
Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Leiters des Fachbereichs Technologie- und Infrastrukturmanagement D… vom 18. September 2014, des Berichts über eine Meinungsumfrage der Fa. K… … für Forschung und Beratung vom April 2005 mit dem Titel „AUTOSTADT Besuchsintensität und Bekanntheitsgrad“ sowie einer Vielzahl von Publikationen und Presseberichten macht die Beschwerdeführerin zu 1) geltend, die von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durch intensive Benutzung erheblich gesteigert. Die Widerspruchsmarke sei durch die Widersprechende bzw. ihre Tochtergesellschaft A… GmbH seit dem Jahr 2000 in Benutzung. Bereits bei der Expo 2000 in Hannover sei sie beworben worden, die Expo-Besucher hätten das Gelände der Autostadt über einen Shuttleservice besuchen können und seien bei Betreten des Expogeländes durch Prospekte und Magazine der Expo mit der Marke in Kontakt gekommen, sodass sie sich schon bei Markteinführung einer großen Verbreitung und Bekanntheit er- freut habe. Im Jahr 2002 habe die Autostadt über … Mio. Besucher gehabt und damit unter allen Freizeiteinrichtungen in Deutschland die zweithöchste Gästezahl. Ihre Bekanntheit zeige sich auch daran, dass bereits zwei Jahre nach Eröffnung ein MERIAN-Reiseführer speziell über die Autostadt veröffentlicht worden sei, der anlässlich des zehnjährigen Bestehens im Jahr 2010 durch eine weitere MERIAN-Extraausgabe sowie eine englischsprachige Fassung ergänzt worden sei. Die Autostadt sei schon damals die größte entsprechende Unternehmensplattform der Welt gewesen. Die Marke werde für einen Erlebnispark, kulturelle Veranstaltungen, Druckereierzeugnisse und eine Vielzahl weiterer Waren und Dienstleistungen intensiv benutzt und sei bundesweit bekannt. Die unter der Marke in dem Erlebnispark angebotenen kulturellen Veranstaltungen seien regelmäßig Gegenstand der Fernseh- und Printmedienberichterstattung. Die Veranstaltungen auf dem Gelände der Autostadt würden seit Eröffnung im Jahr 2000 jährlich von durchschnittlich … Mio. Menschen besucht. Deshalb sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke schon im Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke im Jahr 2008 erheblich gesteigert gewesen. Zudem habe die Autostadt Werbeaufwendungen von jährlich … bis … Mio. Euro für die unter der Marke durchge- führten Veranstaltungen aufgewendet. Ein weiteres Indiz für die Bekanntheit seien die Ergebnisse der Bekanntheitsstudie der neutralen Gesellschaft „Kognitief“ vom April 2005, wonach über 70 % der repräsentativ ausgewählten befragten Probanden angegeben hätten, die „Autostadt“ in Wolfsburg zu kennen.
Durch die Verbindung des mit der älteren Marke identischen Begriffs „Autostadt“ mit einem Städtenamen im Zusammenhang mit den von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen werde dem Verkehr suggeriert, dass es sich bei den so gekennzeichneten Dienstleistungen um lokale Ableger der Inhaberin der Widerspruchsmarke bzw. ihrer Lizenznehmerin handele.
Die Dienstleistung der jüngeren Marke „Werbung“ sei zu den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke hochgradig ähnlich. Sportliche und kulturelle Veranstaltungen würden in der Werbebranche zunehmend als Werbemaßnahmen eingesetzt. Dabei sei für den Verbraucher der Unterschied zwischen rein kulturellen und Werbeveranstaltungen mit entsprechendem Inhalt nicht erkennbar, beide dienten gleichermaßen der Unterhaltung. Entsprechend würden Marketing-Unternehmen mit der Organisation von kulturellen Veranstaltungen, etwa in Museen, von Sportveranstaltungen oder Konzerttourneen betraut. Auch durch das Sponsoring erhielten kulturelle und Sportveranstaltungen zunehmend werblichen Charakter.
Zudem bestehe enge Ähnlichkeit zwischen Werbung und den Druckereierzeugnissen der Widerspruchsmarke. Den deshalb erforderlichen weiten Zeichenabstand halte die jüngere Marke nicht ein. Beide Marken würden durch den Begriff „Autostadt“ geprägt. Jedenfalls sei die ältere Marke in der jüngeren identisch enthalten und nehme dort eine selbständig kennzeichnende Stellung ein.
Die Beschwerdeführerin zu 1) stellt den Antrag,
den Erinnerungsbeschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. Juli 2012 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke dem Widerspruch entsprechend zu beschließen; ferner die Beschwerde des Markeninhabers vom 20. August 2012 zurückzuweisen.
Der Beschwerdeführer zu 2) stellt den Antrag,
die Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. Juli 2011 und 7. Juli 2012 im Umfang der Löschung aufzuheben und die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er trägt vor, die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, eine intensive Benutzung der Widerspruchsmarke zu belegen. Die Widersprechende setze nicht die Widerspruchsmarke, sondern die Marke „mondo club“ zur Kennzeichnung der von ihr angebotenen Veranstaltungen ein. Der Begriff „Autostadt“ werde nur als beschreibende Ortsangabe verwendet und regelmäßig zusammen mit weiteren Begriffen wie „VW“ oder „Wolfsburg“, woraus sich ihre Unterscheidungskraft ableite. Die Widersprechende nutze die Marke nur für ihren Themenpark in Wolfsburg und die dort stattfindenden Veranstaltungen, nicht aber außerhalb Wolfsburgs. Deshalb sei eine Verwechslungsgefahr mit dem jüngeren Zeichen, das sich auf Bitburg beziehe und ausschließlich für Leistungen aus Bitburg verwendet werde, ausgeschlossen. Von einer Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch intensive Benutzung sei nicht auszugehen. Die hohen Besucherzahlen des von der Widersprechenden unter der Marke „Autostadt“ betriebenen Erlebnisparks gingen nur darauf zurück, dass der Park als Auslieferungszentrum für die Fahrzeuge der Widersprechenden benutzt werde. Deshalb sei die Autostadt auf vielen Listen der bekanntesten Erlebnisparks auch nicht verzeichnet und werde in den vorgelegten Artikeln nur mit den Auslieferungslagern anderer Automobilhersteller verglichen. Es handele sich bei der Widerspruchsmarke nicht um eine eigenständige Marke, sondern um ein Synonym für Volkswagen. Die meisten Besucher besuchten den Park, um einen neuen Pkw abzuholen und müssten für den Eintritt keine Gebühr entrichten. Deshalb arbeite der Park auch nach eigenen Angaben der Autostadt nur zu 70 % kostendeckend, sodass die Widersprechende das Auslieferungslager mit … Millionenbeträgen am Leben erhalte. Entscheidend für die Nutzung der Marke sei aber auf die zahlenden Besucher abzustellen. Zudem benutzten auch andere Gemeinden bzw. deren Gewerbevereine, wie z. B. der Gewerbeverein Brilon den Begriff „Autostadt“ unter Beifügung des Städtenamens. Gegen diese gehe die Widersprechende nicht vor. Auch in anderen „Autostädten“ fänden vergleichbare Veranstaltungen statt, was die „Unterscheidungskraft“ weiter absenke.
Zum weiteren Vorbringen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG zulässigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg. Der von beiden Parteien angegriffene Erinnerungsbeschluss hat den Widerspruch gegen die angegriffene Marke zu Recht hinsichtlich der Dienstleistung „Werbung“ mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen und die Löschung derselben für die Dienstleistung „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ durch den angegriffenen Erstbeschluss wegen Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend bestätigt.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/ HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; GRUR 2006, 237 Rn. 18 – PICARO/PICASSO; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484 Rn. 23 – METROBUS; GRUR 2008, 905 Rn. 12 – Pantohexal; GRUR 2008, 258 Rn. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2006, 859 Rn. 16 – Malteserkreuz I; GRUR 2006, 60 Rn. 12 – coccodrillo m. w. N.). Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (BGH, a. a. O., pjur/pure; GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY).
Die Beschwerde der Widersprechenden gegen die Zurückweisung des Widerspruchs hinsichtlich der Dienstleistung „Werbung“ der angegriffenen Marke ist unbegründet, weil die Widerspruchswaren und -dienstleistungen sich nur im entfernten Ähnlichkeitsbereich zu der Dienstleistung „Werbung“ bewegen und die angegriffene Marke den deshalb erforderlichen Zeichenabstand einhält. Diesen hält sie dagegen nicht für die identischen bzw. eng ähnlichen Dienstleistungen „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ ein.
1. Auszugehen ist dabei von der Registerlage. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht bestritten. Sein Vortrag, die Verwendung des Begriffs „Autostadt“ stelle keine ausreichende Individualisierung einer Marke dar, weil der Verkehr in „Autostadt“ wegen der geringen Kennzeichnungskraft dieser Marke keine betriebliche Kennzeichnung erkenne, ist nicht als Einrede der Nichtbenutzung, sondern lediglich als Argumentation im Rahmen der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu verstehen. Dies zeigt sich auch daran, dass er in der Erinnerungsbegründung und im Beschwerdevorbringen die Benutzung der Marke für den entsprechenden Themenpark und die dortigen Veranstaltungen eingeräumt und die Beschlüsse der Markenstelle, die übereinstimmend von der Registerlage ausgehen, insoweit argumentativ nicht angegriffen hat.
2. Der in Klasse 35 eingetragenen Dienstleistung „Werbung“ der jüngeren Marke steht auf Seiten der Widerspruchsmarke eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen gegenüber, von denen aber nur die Waren in Klasse 16 „Druckereierzeugnisse, einschließlich Atlanten, Kalender, geographischen Karten“ und die Dienstleistungen der Klasse 41 „Ausbildung einschließlich Erziehung und Unterricht einschließlich Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Organisation und Veranstaltung von Symposien, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Veranstaltung und Durchführung von Workshops, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten einschließlich Betrieb von Kinos, Durchführung von Live-Veranstaltungen, Betrieb von Museen, Musikdarbietungen, Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe“ als überhaupt in einen möglichen Ähnlichkeitsbereich fallend in Betracht kommen.
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere Art, Beschaffenheit, Einsatz- und Verwendungszweck, wirtschaftliche Bedeutung der Waren und Dienstleistungen, der Nutzen für den angesprochenen Verkehr sowie dessen Vorstellung, dass die Waren und Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung hergestellt, erbracht und in Anspruch genommen werden oder hinsichtlich ihrer Eigenart als konkurrierende Angebote sich in sonstiger Weise ergänzen – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sind, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – unterstellt man dies – mit identischen Marken gekennzeichnet sind (EuGH GRUR 2006, 582 Rn. 85 – VITAFRUIT; GRUR 1998, 922 Rn. 22 ff. – Canon; BGH GRUR 2004, 241 – GeDIOS; BGH GRUR 2001, 507 – Evian/Revian).
a) Zwischen der Dienstleistung „Werbung“ und den Druckereierzeugnissen der Widerspruchsmarke in Klasse 16 besteht keine Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit (BPatG, Beschluss vom 14.03.2007, 29 W (pat) 170/04; Beschluss vom 08.03.2006, 29 W (pat) 25/04; Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Aufl. 2014, S. 73 m. w. N.). Bei der Erbringung der Dienstleistung „Werbung“ kommen üblicherweise verschiedenste Druckereierzeugnisse zum Einsatz, sei es in Form von Zeitschriften, Programmheften, Flyern, Plakaten, Einladungs- oder Eintrittskarten etc. Der Umstand, dass Druckereierzeugnisse als Werbeträger dienen, genügt für eine Ähnlichkeit nicht. Der angesprochene Verkehr wird nämlich nicht davon ausgehen, dass die Hersteller von Druckereierzeugnissen wie z. B. Verlage auch Werbedienstleistungen für Dritte anbieten. Werbedienstleister vergeben die Herstellung entsprechender Printerzeugnisse hingegen an Dritte, ohne selbst als Hersteller von Druckereierzeugnissen aufzutreten.
b) Zu den Widerspruchsdienstleistungen in Klasse 41 „Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten einschließlich Betrieb von Kinos, Durchführung von Live-Veranstaltungen, Betrieb von Museen, Musikdarbietungen, Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe“ steht die Dienstleistung der angegriffenen Marke „Werbung“ nicht einmal in einem entfernten Ähnlichkeitsverhältnis (BPatG, Beschluss vom 11. Januar 2006, 29 W (pat) 58/03; Beschluss vom 28. Juni 2000, 32 W (pat) 9/00; Beschluss vom 10. Januar 2006, 33 W (pat) 274/03). Zwar werden derartige Unterhaltungsdienstleistungen von Unternehmen zu Werbezwecken eingesetzt, bzw. im Rahmen des Sponsorings finanziert und dienen dadurch als Werbeplattform. Werbedienstleistungen für Dritte richten sich aber nicht an die Zuschauer oder Veranstaltungsbesucher, sondern an Unternehmen, die die Veranstaltung für Werbezwecke nutzen wollen. In ihrem Nutzen für den Empfänger, auf den es für die Beurteilung der Dienstleistungsähnlichkeit maßgeblich ankommt, unterscheiden sich die gegenüberstehenden Dienstleistungen daher deutlich.
c) Zugunsten der Beschwerdeführerin zu 1) kann mit der Markenstelle von einer entfernten Ähnlichkeit zwischen „Werbung“ und den Widerspruchsdienstleistungen in Klasse 41 „Ausbildung einschließlich Erziehung und Unterricht einschließlich Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Organisation und Veranstaltung von Symposien, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Veranstaltung und Durchführung von Workshops“ ausgegangen werden, weil Werbedienstleister gelegentlich auch Fortbildungsveranstaltungen im Bereich Marketing und Kommunikation anbieten.
d) Identität bzw. bis an Identität grenzende enge Ähnlichkeit besteht dagegen schon nach dem Wortlaut zwischen den von der Markenstelle gelöschten Dienstleistungen der jüngeren Marke „sportliche und kulturelle Aktivitäten“, die Gegenstand der Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke sind, und den Widerspruchsdienstleistungen „Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten einschließlich Betrieb von Kinos, Durchführung von Live-Veranstaltungen, Betrieb von Museen, Musikdarbietungen, Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe“. Die Dienstleistungen der jüngeren Marke „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ sind in der Widerspruchsmarke identisch enthalten. Gleichzeitig fallen sie unter den Oberbegriff der Widerspruchsmarke „Unterhaltung“.
3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist – für die vorliegend maßgeblichen Dienstleistungen – von Haus aus durchschnittlich, ist aber durch intensive Benutzung für „Unterhaltung“ gesteigert.
Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens ist dabei stets produkt- bzw. dienstleistungsbezogen festzustellen, da sie je nach Ware oder Dienstleistung für die das Zeichen eingetragen ist, unterschiedlich sein kann (BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/ Zweibrüder).
Der Begriff „Autostadt“ bezeichnet gemäß Duden in einem beschreibenden Sinn eine Stadt, die von der Automobilindustrie oder einer wichtigen Autofirma geprägt ist, bzw. eine Stadt, die eine oder mehrere wichtige Autofirmen beherbergt. Daneben führt der Duden den Begriff „Autostadt“ unter Beifügung des - im angloamerikanischen Rechtskreis für eingetragene Marken üblichen und auch in Deutschland als Hinweis auf eine eingetragene Marke verwendeten – ® als Name eines Freizeitparks mit Einrichtungen auf, die auf das Thema Auto bezogen sind, erwähnt also die Marke der Widersprechenden (www.duden.de).
In der Bedeutung „Stadt, die von der Automobilindustrie geprägt wird“, wird der Begriff regelmäßig in Verbindung mit einem Städtenamen verwendet, wie Detroit, J… in D…, V…, B…, S…, W…, R…, I…, St… und zuletzt A…. Es gibt eine Vielzahl von Städten, die als „Autostadt“, also als von der Fahrzeugproduktion geprägte größere selbständige Gebietskörperschaft, bezeichnet werden können. Das Zeichen kann deshalb auf den Erbringungsort der Dienstleistungen nur dann hinweisen, wenn es mit einem Städtenamen kombiniert ist, auf den sich die Bezeichnung Autostadt beschreibend bezieht.
Der von Unterhaltungsdienstleistungen angesprochene allgemeine Verbraucher ist ferner daran gewöhnt, dass der Veranstaltungsort von Unterhaltungsdienstleistungen, u. a. auch von Freizeitparks, mit seinem Namen benannt und nicht ohne Namensnennung nach seinen Eigenschaften beschrieben wird (Europapark Rust; Heide Park Soltau; Phantasialand Brühl; Bavaria Filmstadt München; Legoland Günzburg etc.). Daher wird er in der isolierten Bezeichnung „Autostadt“ keine Angabe des Erbringungsorts erkennen. Für das Verständnis als Hinweis auf inhaltliche Eigenschaften der Unterhaltungs- oder auch der Ausbildungsdienstleistungen, etwa dahingehend, dass die Ausbildung oder Unterhaltung im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen erfolgt, ist der Begriff „Autostadt“ nur über mehrere analysierende Gedankenschritte zu verstehen. Denn auch Autostädte bieten – wie jede andere Stadt – Ausbildung und Unterhaltung in jeglicher Form an; sie werden nach dem allgemeinen Verständnis lediglich wirtschaftlich durch die Produktion von Pkws geprägt, etwa indem ein großer Teil der Bevölkerung bei einem Kraftfahrzeughersteller beschäftigt ist, die Steuereinnahmen in erster Linie aus diesem Gewerbezweig stammen und die Infrastruktur von den Bedürfnissen der Kraftfahrzeugproduktion beeinflusst ist. Insoweit unterscheidet sich der Begriff etwa von dem der „Westernstadt“ oder „Filmstadt“, die für Freizeitparks eine Sachangabe darstellen können, weil sie eine konkrete Vorstellung über den Stil der Fassaden, Bauten, Fahrgeschäfte und sonstigen Attraktionen des Freizeitparks vermitteln. Eine derart konkrete Vorstellung verbindet der Verkehr mit dem Begriff „Autostadt“ nicht. Isoliert fehlt dem Begriff daher nicht die (originär durchschnittliche) Kennzeichnungskraft für „Ausbildung einschließlich Erziehung und Unterricht einschließlich Organisation und Veranstaltung von Konferenzen,…“ bzw. „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“, da er als Hinweis auf deren Erbringungsort nicht geeignet ist.
Nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Beschwerdeführerin zu 1) ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für den Bereich Unterhaltung durch intensive Benutzung erheblich gesteigert. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass sie über ihre Tochtergesellschaft und Lizenznehmerin unter der Marke „Autostadt“ seit dem Jahr 2000 einen Freizeit- und Erlebnispark in Wolfsburg betreibt, der seit Eröffnung jährlich von rund zwei Millionen Gästen besucht wird und in dem regelmäßig kulturelle, Musik- und sonstige Unterhaltungsveranstaltungen angeboten werden. Zudem hat sie dargelegt, dass sie für diesen Erlebnispark Werbeaufwendungen von jährlich … bis … Mio. € tätigt. Dies genügt, um von einer intensiven Benutzung der Marke für die Dienstleistung Betrieb eines Erlebnisparks und damit den Oberbegriff „Unterhaltung“ auszugehen. Die diesbezüglichen Angriffe der Inhaberin der angegriffenen Marke greifen nicht durch. Maßgeblich für die Steigerung der Bekanntheit einer Marke ist deren Präsenz auf dem Markt. Konkrete Anhaltspunkte dafür liefern im hier einschlägigen Bereich Daten über Besucherzahlen, Werbeaufwendungen und Marktanteile. Nicht maßgeblich ist, ob und in welcher Höhe Gewinne aus der Marke erzielt werden. Auch ein mit Verlust betriebener Freizeitzeitpark kann über hohe Verkehrsbekanntheit verfügen. Der Umstand, dass der Erlebnispark gleichzeitig als Auslieferungszentrum für die Fahrzeuge der Beschwerdeführerin dient, Anlass des Besuchs des Parks also die Auslieferung eines Pkws ist, schmälert nicht die durch die hohe Zahl der Besucher vermittelte Etablierung der Marke im relevanten Markt der Unterhaltung. Die strategischen Gründe der Beschwerdeführerin zu 1) für den Betrieb des Freizeitparks und die Benutzung der Marke spielen bei der Frage der durch Benutzung gesteigerten Kennzeichnungskraft keine Rolle.
Auch der Einwand des Inhabers der angegriffenen Marke „Autostadt“ werde nicht als Marke erkannt, sondern als Ortsangabe verstanden, geht fehl. Aus den von der Beschwerdeführerin zu 1) vorgelegten Unterlagen ergibt sich eine markenmäßige Verwendung des Begriffs „Autostadt“ als Hinweis auf den Erlebnispark der Beschwerdeführerin zu 1) bzw. ihrer Lizenznehmerin und nicht nur als Hinweis auf die Belegenheit des Parks im Stadtgebiet von Wolfsburg. Es ist insoweit nicht zutreffend, dass die Marke immer mit dem Zusatz „Wolfsburg“ oder „in Wolfsburg“ erscheint, wie sich aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Verwendungsnachweisen ergibt.
Allerdings fehlt der Nachweis einer intensiven Benutzung im Bereich Ausbildung. Die vereinzelte Erwähnung von Workshops genügt dafür nicht. Es fehlen jegliche Daten zu Zahl und Umfang entsprechender Veranstaltungen, Teilnehmerzahlen oder Werbeaufwendungen im Bereich Aus- und Fortbildung.
Insoweit ist lediglich für den Betrieb eines Freizeit- und Erlebnisparks von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, die einen größeren Zeichenabstand erforderlich macht. Diese Dienstleistung fällt unter den Begriff „Unterhaltung“ und steht damit im engsten Ähnlichkeitsverhältnis zu den Dienstleistungen „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ der angegriffenen Marke.
4. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. BGH, GRUR 2014, 382 Rn. 25 – REAL-Chips; GRUR 2011, 824 Rn. 25 f. – Kappa m. w. N.). Die sich gegenüberstehenden Kennzeichen sind dabei jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den - durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859 Rn. 18 – Malteserkreuz I). Weiter ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH a. a. O. Rn. 30 – THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2004, 865, 866 – Mustang). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH GRUR 2013, 833 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria).
a) Eine die unmittelbare Verwechslungsgefahr begründende Zeichenähnlichkeit zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke Autostadt besteht nicht.
aa) Optisch unterscheiden sich die Zeichen schon durch die Grafik der jüngeren Marke in Form eines der Straßenverkehrsordnung entsprechenden, die Wortbestandteile umrahmenden Ortseingangsschildes mit Halterung und das weitere Wortelement „Bitburg“.
bb) Gleiches gilt für die klangliche Ähnlichkeit. Klanglich wird sich der Verkehr an den Wortelementen der jüngeren Marke orientieren. Denn die graphische Darstellung in Form eines Verkehrsschildes bezieht sich auf die im Schild abgebildeten Wortelemente. Die Wortfolge „Autostadt Bitburg“ ist mit der älteren Marke „Autostadt“ zwar in den ersten zwei Silben bzw. im ersten Wort, und damit dem stärker beachteten Anfangselement, identisch, sie verfügt jedoch über zwei weitere Silben, von denen die erste „Bit“ den klangstarken Vokal i und den ebenfalls deutlich hörbaren Konsonanten „t“ enthält.
cc) Auch begrifflich unterscheiden sich die Zeichen deutlich. Denn das jüngere konkretisiert eine bestimmte Stadt, nämlich Bitburg, die es gleichzeitig als Autostadt beschreibt. Dagegen weist das ältere Zeichen nach seinem Sinngehalt lediglich auf irgendeine Autostadt hin, also eine Stadt, die von der Autoindustrie geprägt wird. Als solche werden im Inland, wie bereits dargelegt, mehrere Städte bezeichnet.
dd) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr wäre deshalb nur dann anzunehmen, wenn das Wort „Autostadt“ die jüngere Marke prägte, also die übrigen Bestandteile in der Wahrnehmung der Marke durch die Verkehrskreise zurückträten. Eine Prägung des jüngeren Zeichens durch das ältere Zeichen liegt, wie der Erinnerungsbeschluss zutreffend festgestellt hat, nicht vor. Es ist nicht anzunehmen, dass der Verkehr das jüngere Zeichen ausschließlich mit „Autostadt“ benennen und die graphisch größer gehaltene und im Mittelpunkt des Zeichens platzierte Stadtangabe „Bitburg“ vernachlässigen wird. Zwar werden geografische Angaben in Kombinationszeichen regelmäßig nur als Sachhinweis und nicht als Herstellerangabe aufgefasst. Ihnen kommt im Zweifel auch keine prägende Bedeutung zu. Insbesondere in Verbindung mit weiteren kennzeichnungsschwachen Bestandteilen kann jedoch auch eine für sich kennzeichnungsschwache Angabe herkunftshinweisende Bedeutung erlangen, sodass sie im Gesamteindruck nicht zu vernachlässigen ist oder diesen sogar dominieren kann (BGH GRUR 2009, 772 - Augsburger Puppenkiste). Im konkreten Fall tritt die Bezeichnung „Bitburg“ nicht völlig zurück, weil sich die Wörter zu einer sinnvollen Gesamtaussage verbinden. Denn der Verkehr ist es gewöhnt, dass der Begriff „Autostadt“ in seiner beschreibenden Verwendung in der Regel mit einem Ortsnamen zur konkreten Bezeichnung einer bestimmten Stadt kombiniert wird (s. o. unter 2.). Auch die grafische Umrahmung in Form eines Ortseingangsschildes legt es nahe, den Stadtnamen hinzuzufügen. Ortsschilder haben nämlich die Funktion, auf einen konkreten Ort hinzuweisen.
b) Hinsichtlich der von der Markenstelle gelöschten Dienstleistung „kulturelle und sportliche Aktivitäten“, die im engsten Ähnlichkeitsbereich der Dienstleistung im Bereich der Unterhaltung liegen, für die die Widerspruchsmarke bereits bei Anmeldung der jüngeren Marke im Jahr 2008 gesteigerte Kennzeichnungskraft besaß und noch immer besitzt, besteht jedoch die Gefahr, dass die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.
Der Umstand, dass sämtliche Bestandteile einer zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung den Gesamteindruck der Marke oder Kennzeichnung gleichermaßen bestimmen, weil keiner dieser Bestandteile das Erscheinungsbild der Marke oder Kennzeichnung dominiert oder prägt, führt nicht dazu, dass diese Bestandteile eine selbstständig kennzeichnende Stellung haben. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbstständig kennzeichnend anzusehen (BGH GRUR 2013, 833 Rn. 50 – Culinaria/Villa Culinaria; Büscher, in: Büscher/Dittmer/Schiwy, § 14 MarkenG Rn. 420; Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rn. 462). Ein besonderer Umstand, der es rechtfertigen kann, in einem zusammengesetzten Zeichen einen Bestandteil als selbstständig kennzeichnend anzusehen, liegt vor, wenn eine ältere Marke von einem Dritten in einem zusammengesetzten Zeichen benutzt wird, das die Unternehmensbezeichnung dieses Dritten enthält; in einem solchen Fall kann die ältere Marke in dem zusammengesetzten Zeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behalten, ohne aber darin den dominierenden Bestandteil zu bilden. Im Einzelfall können auch andere Gemeinsamkeiten der Marken die Schlussfolgerung eines besonderen Umstands nahe legen.
Durch die grafische Gestaltung der jüngeren Marke wird lediglich eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, weil die jüngere Marke dem Verkehr sowohl bei der visuellen wie auch bei der klanglichen Wahrnehmung nur mit dem in der Widerspruchsmarke nicht enthaltenen Städtenamen „Bitburg“ als Einheit begegnet. Dies beruht – wie dargestellt – in der Verbindung des Begriffs „Autostadt“ mit einem Ortsnamen, was wiederum dazu führt, dass die angegriffene Marke bei ihrer Benennung nicht allein auf „Autostadt“ verkürzt wird. Nicht ausgeschlossen ist dadurch aber, dass wegen der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für Unterhaltungsdienstleistungen der Verkehr die beiden Marken irrtümlich dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet, sofern denn „Autostadt“ in der jüngeren Marke mit selbständig kennzeichnender Wirkung hervortritt.
Wegen der gesteigerten Verkehrsgeltung der älteren Marke im Bereich der Unterhaltungsdienstleistungen werden relevante Teile des Verkehrs jedenfalls dann, wenn sie der angegriffenen Marke „Autostadt Bitburg“ begegnen, nicht erkennen können, ob es – angesichts der in der hier genannten Branche bestehenden Kennzeichnungsgewohnheiten, dem Freizeitpark einen Ortsnamen hinzuzufügen – um einen solchen Erlebnispark nach dem Modell der „Autostadt“ der V…- … AG handelt.
Es kann ferner nicht ausgeschlossen werden, dass die Teile des Verkehrs, die die Marke „Autostadt“ als Bezeichnung für den von der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Lizenznehmerin, der A… GmbH, betriebenen Erlebnispark kennen, diesen Begriff in der jüngeren Marke in Verbindung mit einer Städtebezeichnung als Hinweis auf die Inhaberin der Widerspruchsmarke bzw. ihre Lizenznehmerin verstehen und annehmen, dass auch die mit der jüngeren Marke gekennzeichneten nahezu identischen Dienstleistungen von der Inhaberin der älteren Marke stammen und in Bitburg erbracht werden, dass also zwischen den Dienstleistern eine wirtschaftliche und organisatorische Verflechtung besteht. Für eine solche Verbindung spricht nämlich auch, dass die ältere Marke gleichzeitig Firmenschlagwort der bereits im Jahr 1999 gegründeten Lizenznehmerin und Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin war und noch immer ist.
c) Für die angegriffene Dienstleistung „Werbung“ scheidet eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen dagegen aus. Es fehlt insoweit sowohl an einer hinreichenden Dienstleistungsähnlichkeit, da die relevanten Widerspruchsdienstleistungen allenfalls im entfernten Ähnlichkeitsbereich liegen, als auch an einer Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für diese Dienstleistungen, die dazu führt, dass die ältere Marke in dem jüngeren Zeichen trotz ihrer Bezogenheit auf den nachfolgenden Stadtnamen nicht nur als Beschreibung dieser Stadt, sondern als betrieblicher Herkunftshinweis auf die Widersprechende wahrgenommen wird.
Daher waren beide Beschwerden zurückzuweisen.
5. Der von dem Inhaber der angegriffenen Marke im Schriftsatz vom 24. Oktober 2014 gestellte Kostenantrag war zurückzuweisen, da keine besonderen Umstände vorliegen, die aus Billigkeitsgründen eine Abweichung von dem gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG geltenden Grundsatz, dass jeder Beteiligte unabhängig vom Ausgang des Verfahrens die ihm erwachsenen Kosten der Beschwerde selbst trägt, rechtfertigen.
Im Widerspruchsverfahren kommt eine Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen zu Lasten eines Beteiligten gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nur in Frage, wenn die Beschwerde etwa wegen von vorn herein feststehender Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit völlig aussichtslos war oder die fehlende Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Gegners bei der Verfahrensführung Anlass zu einer Billigkeitsentscheidung bietet. Diese Voraussetzungen sind vorliegend weder vorgetragen noch für den Senat ersichtlich.