Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 15.02.2012


BPatG 15.02.2012 - 28 W (pat) 98/11

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Zamek Pasta Giro" – die Löschungsvoraussetzung eines fehlenden Widerspruchs der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen die Löschung wegen Verfalls war nicht gegeben – Rechtswidrigkeit der Löschung der angegriffenen Marke – Verfahrensfehler – Rückzahlung der Beschwerdegebühr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
15.02.2012
Aktenzeichen:
28 W (pat) 98/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

…       

        

…       

betreffend die Marke 303 00 466

(hier: Löschungsverfahren SB 153/11 Lösch)            

        

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. Februar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Schwarz und die Richterin Hartlieb

beschlossen:

1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes (Markenabteilung 3.4) vom 4  Oktober 2011, mit dem die Löschung der Marke 303 00 466 ausgesprochen wurde, wird aufgehoben.

        

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

        

Gründe

I. 

1

Die Antragstellerin hat am 18. April 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der seit 29. April 2003 für

2

Verarbeitete Fleischprodukte, insbesondere aus Rindfleisch, Schweinefleisch, Geflügelfleisch, Wild, Fischfleisch, Tintenfischfleisch, Muschelfleisch und Krabbenfleisch; Wurstprodukte und Schinkenprodukte, Salami, Speck; Hackfleischprodukte, Hackfleischbällchen,  Fleischsaucen und Hackfleischsaucen; Fleischbrüherzeugnisse; Fleischextrakt; Gemüsezubereitungen, Gemüsestückchen, Gemüsefüllungen und Gemüsebeläge, Gemüsesaucen; Tomatenmark und Tomatensaucen; Oliven (verarbeitet); Küchenkräuter (konserviert) und Kräutersaucen; Knoblauch (verarbeitet); Pilzprodukte, Pilzfüllungen und Pilzsaucen; Nüsse (verarbeitet), Nussstücke, Walnüsse (verarbeitet); Fruchtprodukte, Fruchtfüllungen, Fruchtbeläge, Ananasstücke; Milchprodukte, Käse, Käsefüllungen, Käsebeläge, Parmesan, Mozzarella, Sahne und Sahnesaucen, Joghurt und Quark; Speiseöle, Speisefette, Würzöle, Kräuteröle, Kräuterbutter; sämtliche vorstehenden Waren auch als Fertiggerichte, Teilfertiggerichte, Tiefkühlgerichte, Mikrowellengerichte, Konserven oder Bestandteilen von derartigen Produkten; Getreideprodukte; Backwaren und Teigwaren, diese auch gefüllt oder mit Belag; Nudeln aller Art, Teigtaschen, Teigwaffeln, Lasagne, Pizza, Calzone; Saucenerzeugnisse, Würzsaucen, süße und süßsaure Saucen, diese Saucenerzeugnisse auch trocken, pastenförmig, flüssig oder als Konserven; Ketchup; Gewürze, Gewürzmischungen und Flüssigwürzen; Geschmacksstoffe, Aromen (pflanzlich) und Geschmacksverstärker, Glutamat; ausgenommen ätherische Öle, Lebensmittelfarbstoffe; sämtliche vorstehenden Waren auch als Fertiggerichte, Teilfertiggerichte, Tiefkühlgerichte, Mikrowellengerichte, Konserven oder Bestandteile von derartigen Produkten

3

eingetragenen Marke 303 00 466

4

Zamek Pasta Giro

5

wegen Verfalls nach §§ 49, 53 MarkenG beantragt. Der Antrag ist den im Register genannten Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin mit Empfangsbekenntnis am 9. Mai 2011 mit der Aufforderung, binnen 2 Monaten mitzuteilen, ob dem Antrag widersprochen werde, zugestellt worden.

6

Mit Beschluss vom 4. Oktober 2011 hat das Deutsche Patent- und Markenamt (Markenabteilung 3.4) die Löschung der Marke mit der Begründung angeordnet, die Inhaberin der angegriffenen Marke habe dem Antrag nicht innerhalb der Frist widersprochen.

7

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie geltend macht, sie habe dem Löschungsantrag mit Anwaltsschriftsatz vom 22. Juni 2011, der am selben Tag sowohl per Telefax an das Deutsche Patent- und Markenamt übersandt als auch per Post an dieses geschickt worden sei, widersprochen; der Eingang des Originalschreibens habe das Deutsche Patent- und Markenamt für den 27. Juni 2011 quittiert. Hierzu legt sie eine Abschrift des Widerspruchsschreibens (Anlage B 1 zum Beschwerdeschriftsatz, Bl. 21 GA), des Faxprotokolls (Anlage B 2 zum Beschwerdeschriftsatz, Bl. 25 GA) und der Empfangsbestätigung des Deutschen Patent- und Markenamts (Anlage B 3 zum Beschwerdeschriftsatz, Bl. 28 GA) vor.

8

Die Markeninhaberin beantragt,

9

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. Oktober 2011 aufzuheben.

10

Der Senat hat mit Schreiben vom 10. Januar 2012 der Antragstellerin eine Äußerungsfrist bis zum 15. Februar 2012 eingeräumt und mitgeteilt, dass auf der Grundlage der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen damit zu rechnen sei, dass die Beschwerde Erfolg haben werde. Die Antragstellerin, deren Verfahrensbevollmächtigten der Senatshinweis am 15. Januar 2012 zugestellt worden ist, hat innerhalb dieser Frist zur Beschwerde keine Stellung genommen und auch keinen Antrag gestellt.

II.  

11

Die zulässige Beschwerde, über die nach Ablauf der Äußerungsfrist für die Antragstellerin entschieden werden kann, hat in der Sache Erfolg. Der Löschungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes ist aufzuheben, weil die Inhaberin der angegriffenen Marke innerhalb der gesetzlichen Frist des § 53 Abs. 3 MarkenG dem Löschungsantrag der Antragstellerin rechtzeitig widersprochen hatte.

12

Nach § 53 Abs. 3 MarkenG kann auf den Löschungsantrag nach §§ 49, 53 MarkenG eine Marke nur gelöscht werden, wenn der Markeninhaber dem ihm zugestellten Löschungsantrag nicht innerhalb von 2 Monaten widerspricht. Im Fall des rechtzeitigen Widerspruchs ist der Antragsteller nach § 53 Abs. 4 MarkenG hiervon zu unterrichten und ihm mitzuteilen, dass er seinen Löschungsantrag durch Löschungsklage nach § 55 MarkenG geltend machen kann.

13

Die vom Deutschen Patent- und Markenamt mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochene Löschung der angegriffenen Marke war nach diesen gesetzlichen Vorgaben rechtswidrig, weil die gesetzlich zwingende Löschungsvoraussetzung eines fehlenden Widerspruchs der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen die Löschung wegen Verfalls nicht gegeben war. Vielmehr hatte die Inhaberin der angegriffenen Marke rechtzeitig durch Anwaltsschriftsatz vom 22. Juni 2011 dem Löschungsantrag widersprochen. Das hat die Markeninhaberin zur Überzeugung des Senats durch die von ihr mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen nachgewiesen. Danach wurde das Widerspruchsschreiben per Telefax am 22. Juni 2011 um 8:56 Uhr an das Deutschen Patent- und Markenamt übermittelt, wo es mit sog. OK-Status 02:05 Minuten später eingegangen war (vgl. Anlage B 2 zur Beschwerdeschrift, Bl. 25 GA). Darüber hinaus hat das Deutsche Patent- und Markenamt auch am 27. Juni 2011 den Eingang des postalisch übersandten Originalschriftsatzes mit dem üblichen Eingangsstempel quittiert (Anlage B 3 zur Beschwerdeschrift, Bl. 28 GA). Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Urkunden - wobei die Empfangsbestätigung als öffentliche Urkunde vollen Beweis der Richtigkeit der in ihr bekundeten Tatsache begründet (§§ 415, 418 ZPO) - bieten könnten, sind nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass weder das Telefax noch das Originalschreiben zur Löschungsakte gelangt sind, geben hierfür keinen Anlass, weil es eine Vermutung dahingehend, dass die vom Patentamt geführten Akten immer vollständig korrekt durchfoliert, und gut organisiert werden, nicht gibt. Vielmehr entspricht es der üblichen Erfahrung, dass auch im Patentamt solche Schriftstücke, die zunächst in den hierfür eingerichteten Poststellen eingehen, gelegentlich nicht an die zuständige Abteilung weitergeleitet und nicht zur zuständigen Akte genommen werden. Offenbar teilt auch die Antragstellerin diese Auffassung und hat daher zur Beschwerde keine Stellungnahme abgegeben.

14

Da die Inhaberin der angegriffenen Marke somit dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen hatte, war die mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochene Löschung mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen rechtswidrig. Er ist daher auf die Beschwerde der Markeninhaberin aufzuheben.

15

Da die ersichtlich rechtswidrige Löschung der mit dem Löschungsantrag angegriffenen Marke auf einem groben Verfahrensfehler beruht, gebieten es darüber hinaus Billigkeitsgründe, von Amts wegen die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG anzuordnen.