Entscheidungsdatum: 05.05.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 076 640.9
hat der 28. Senat (Marken–Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 5. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke
Mon Bijou
als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 12:
„Fahrzeuge und Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere Boote, Schwimmplattformen, Hausboote, Tretboote, Schwimmstege, Floße, Schwimmkörper/Pontons, Pontonboote; Teile und Bestandteile sowie Zubehör für die oben genannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten, insbesondere Paddel für Boote, Ruderbänke, Propeller für Boote, Lenkvorrichtungen für Boote, Reifen für Boote, maßgeschneiderte Abdeckungen für Boote, Sonnenschutz für Boote, Bootshaken, Bootsmasten, Bullaugen, Hupen und Signalhörner für Boote“.
Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent– und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Sie hat zur Begründung ausgeführt, das angemeldete Zeichen bestehe aus zwei zum französischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern in der Bedeutung „mein Schmuckstück, mein Juwel“. Die Wortkombination werde im Deutschen auch im übertragenen Sinn verwendet, um Personen oder Sachen zu bezeichnen, die für jemanden besonders wertvoll oder wichtig seien. Sie eigne sich daher als werbende Qualitätsanpreisung, wobei nach den Recherchen der Markenstelle gerade Fahrzeuge, Boote und Flugzeuge häufig eine besondere Wertschätzung durch ihre Eigentümer erfahren und daher oft als Schmuckstück oder Juwel bezeichnet würden. Preisintensivere Fahrzeuge oder besonders schön gestaltetes Zubehör könnten wegen ihres materiellen Wertes ohnehin entsprechende Wertgegenstände darstellen. Die Bezeichnung „Mon Bijou“ erschöpfe sich daher in einem Qualitätsversprechen des Inhalts, dass die so gekennzeichneten Waren für jeden Eigentümer sein ganz besonderes, persönliches Juwel oder Schmuckstück darstellten. Somit stehe die Werbefunktion deutlich im Vordergrund. Als Herkunftshinweis eigne sich das angemeldete Zeichen jedoch nicht, so dass die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückzuweisen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders.
Zur Begründung trägt er vor, die angemeldete Marke sei in ihrer deutschen Übersetzung „Mein Juwel“, „mein Schmuckstück“ oder „mein Kleinod“ für die beanspruchten Waren schon deshalb nicht beschreibend, weil es sich bei Booten und Schwimmplattformen eben nicht um Juwelen und Schmuckstücke handele. Vom inländischen Verkehr werde die fremdsprachige Bezeichnung „Mon Bijou“ nicht als typische Werbeaussage verstanden, sondern als Marke aufgefasst. Gerade im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren wirke diese ungewöhnlich und damit individualisierend auf den Geschäftsbetrieb des Anmelders, so dass das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht gegeben sei. Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis, da die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren derzeit weder beschreibend verwendet oder jedenfalls benötigt werde. Auch künftig sei dies nicht zu erwarten.
Auf den Hinweis des Senats, dass mit einem Erfolg der Beschwerde nach Aktenlage derzeit nicht gerechnet werden könne, hat der Anmelder erwidert, die Bezeichnung „Bijou“ werde im deutschen Sprachgebrauch ausschließlich mit Juwelierwaren assoziiert und daher nicht mit Booten und erst recht nicht mit den darüber hinaus beanspruchten Waren, wie Zubehör und Teile, in Verbindung gebracht.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Rein vorsorglich beschränkt er das Warenverzeichnis am Ende durch Aufnahme des folgenden Zusatzes:
„sämtliche vorgenannten Waren soweit sie nicht aus Edelmetallen hergestellt sind.“
II.
Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. BGH GRUR 2009, 949, Rn. 10 - My World). Diese Herkunftsfunktion von Marken ist nach st. Rspr. als ihre Hauptfunktion anzusehen. Vermag ein angemeldetes Zeichen diese Herkunftsfunktion nicht zu erfüllen, widerspricht es dem Allgemeininteresse, dieses Zeichen durch die Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, Rn. 59 – EUROHYPO). Ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist stets im Hinblick auf die mit ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen und aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen.
Zu Recht hat die Markenstelle dabei auf die Oberbegriffe der Warenklasse 12 abgestellt, denn hierfür hat der Anmelder Markenschutz beantragt. Durch die beispielhafte Aufzählung von Einzelwaren nach dem Wort „insbesondere“ wird der Schutz nicht etwa auf diese Waren, deren Teile und Zubehör beschränkt. Unter die Oberbegriffe der Klasse 12 fallen hochwertige Wirtschaftsgüter, die wie Kraftfahrzeuge oder Boote gemeinhin als höherpreisig bis hin zur Luxusklasse gelten und als Liebhaberstücke (Oldtimer) gehandelt werden. Mit dem Erwerb und Besitz von Fahrzeugen der Klasse 12 verbindet der Verkehr generell bestimmte Vorstellungen hinsichtlich sozialem Prestige, gesellschaftlichem Status und exklusiver Individualität. Dies gilt insbesondere für Besitzer von Segel- oder Motorbooten, die aufgrund der bekannt hohen Kosten für Liegeplatz und Unterhalt, diesem kostspieligem Hobby schon von Haus aus eine besondere Wertschätzung entgegen bringen (müssen), die ohne Weiteres rein materiell den Wert eines teuren Schmuckstücks bei weitem übersteigen kann.
Vor diesem speziellen Warenhintergrund ist die angemeldete Bezeichnung zu beurteilen, wobei berücksichtigt werden muss, dass zu den beteiligten Verkehrskreisen neben solventen Abnehmern auch die mit Herstellung und Handel von Fahrzeugen befassten Unternehmen gehören (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rn. 24, 26, 32 - Matratzen Concord/Hukla). Für diese Verkehrskreise können zumindest Grundkenntnisse der Welthandelssprache Französisch vorausgesetzt werden, so dass die auch vom Anmelder nicht in Zweifel gezogene Wiedergabe der angemeldeten Bezeichnung „Mon Bijou“ im Deutschen mit „mein Schmuckstück, Juwel“ ohne Weiteres erfolgt. Ebenso liegt es auf der Hand, dass neben der Bezeichnung einer Juwelierware als „Juwel“ bzw. „Schmuckstück“ im deutschen Sprachgebrauch auch eine Verwendung dieses Ausdrucks im übertragenen Sinn für wertvolle Gegenstände generell stattfindet und als sprachüblich angesehen wird. Im Zusammenhang mit diesem seit langem im Deutschen geläufigen Sprachgebrauch hatte der Senat auf die bereits im Jahr 1993 ergangene Entscheidung „Bijou“ des 26. Senats hingewiesen. Schon nach den damaligen Feststellungen des BPatG handelt es sich nach der Verkehrsauffassung bei „Bijou“ um einen warenbeschreibenden Begriff, mit dem auf die Verwendung besonders wertvoller Rohstoffe oder die kostbare Ausführung von Wertgegenständen mit langer Lebensdauer hingewiesen werden soll. Das belegen darüber hinaus die von der Markenstelle angeführten Lexikaauszüge und die von ihr im angefochtenen Beschluss zitierten Beispiele aus Werbeanzeigen oder journalistischen Beiträgen, wo mit Bezeichnungen wie „Schmuckstück, Juwel“ die besondere Wertschätzung gerade auch einschlägiger Waren wie Autos oder Boote zum Ausdruck gebracht wird. Soweit vorliegend mit der glatten Qualitätsberühmung („Bijou“) ein personifizierter Einschlag („Mon“) verbunden wird, bringt dies lediglich die besondere persönliche Wertschätzung und Verbundenheit mit dem beworbenen Gegenstand in werbemäßiger Übertreibung zum Ausdruck, die die Ware auch für den potentiellen Erwerber attraktiv machen soll. Jedenfalls kann aus der Verbindung der Einzelwörter für die angemeldete Wortfolge nichts Schutzbegründendes abgeleitet werden, denn die Werbefunktion der beschreibenden Aussage steht eindeutig im Vordergrund. Kann aber ein Zeichen nicht die vorrangige betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen, greift der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, denn die Vergabe kennzeichenrechtlicher Monopole kommt im Interesse der Allgemeinheit vorliegend nicht in Betracht.
Die vom Anmelder rein vorsorglich vorgenommene Beschränkung des Warenverzeichnisses könnte das Schutzhindernis bereits deshalb nicht ausräumen, weil durch den Ausnahmevermerk „.. nicht aus Edelmetallen hergestellt“ der warenanpreisende Charakter der Wortfolge nicht beseitigt würde. Jedenfalls ist die Beschränkung aus Gründen der Rechtssicherheit als unzulässig anzusehen, da nicht die Ware selbst beschränkt wird, sondern willkürlich lediglich ein Merkmal der Waren vom Schutz ausgenommen wird. Diese Reduzierung lässt die Art der Ware jedoch unberührt und ergibt daher nicht nur keinen rechtlich relevanten Unterschied zwischen der ursprünglich beanspruchten und der „beschränkten“ Ware, sondern ist auch für die Allgemeinheit regelmäßig nicht nachvollziehbar.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.