Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 25.11.2013


BPatG 25.11.2013 - 28 W (pat) 69/11

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren wegen Verfalls - "Zamek SUPPE" – zur Zulässigkeit und Statthaftigkeit der Beschwerde - Vermutung der Rechtsinhaberschaft durch Eintragung im Register – Rechtsübergang - zur Verfahrensführungsbefugnis - Grenzen der formellen Prüfung seitens des DPMA – zur Kostenentscheidung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
25.11.2013
Aktenzeichen:
28 W (pat) 69/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Löschungsverfahren SB 126/11 Lösch

gegen die Marke 787 812

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 25. November 2013 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Dorn und die Richterin kraft Auftrags Kriener

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 24. Dezember 1963 angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

wurde am 28. April 1964 unter der Nummer 787 812 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen für folgende Waren der Klassen 29 und 30:

3

Suppen, Fleischbrüh- und Soßen-Erzeugnisse trocken, pastenförmig und flüssig, sowie als Konserven; Suppenwürze trocken, pastenförmig und flüssig; Geschmackstoffe und Essenzen für Koch- und Würzzwecke; Glutamat und Glutaminsäure für Nahrungszwecke; Fleisch-Extrakte; Gewürze; Pudding-Pulver; Vanille- und Vanillin-Zucker; süße Kremspeisen, süße Suppen.

4

Die Veröffentlichung erfolgte am 30. Mai 1964. Das Register hatte bis zum 4. Oktober 2011 als Markeninhaberin die Z… GmbH & Co. KG geführt. Die Kommanditgesellschaft ist am 23. September 2008 aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf, HRA 11665, wegen Auflösung der Gesellschaft nach Ausscheiden der Komplementärin gelöscht worden. Am 4. Oktober 2011 erfolgte die Umschreibung der Marke auf die Z1… GmbH & Co. KG als neue Markeninhaberin.

5

Mit am 26. März 2011 beim DPMA eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin die vollständige Löschung der vorgenannten Marke wegen Verfalls beantragt. Als Löschungsgrund wurde angegeben, dass die Marke nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden sei. Die Markenabteilung 3.4 hat den Löschungsantrag mit Verfügung vom 4. April 2011 an die zu diesem Zeitpunkt als Markeninhaberin im Register eingetragene Z… GmbH & Co. KG bzw. an deren seit 19. Januar 2006 im Register eingetragene Vertreter, die Patentanwälte K…, S…, T…, von R…, ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 8. April 2011 zugestellt. Diese haben dem Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 8. Juni 2011, eingegangen beim DPMA per Fax am selben Tag, für die Z… GmbH & Co. KG widersprochen. Die Markenabteilung 3.4 hat die Antragstellerin daraufhin mit Verfügung vom 10. Juni 2011 über den Widerspruch der Markeninhaberin unterrichtet und sie auf den Klageweg vor den ordentlichen Gerichten verwiesen.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 15. Juli 2011, mit der sie ausführt, dass vor Ablauf der Widerspruchsfrist kein wirksamer Widerspruch erhoben worden sei, so dass die Löschung der Marke 787 812 anzuordnen sei. Die damals im Markenregister eingetragene Markeninhaberin, die Z… GmbH & Co KG, habe nämlich schon zum Zeitpunkt der Widerspruchserklärung aufgrund ihrer nach dem Ausscheiden der Komplementärin erfolgten Auflösung und Löschung aus dem Handelsregister am 23. September 2008 nicht mehr existiert. Eine Liquidation der Z… GmbH & Co. KG sei nicht erforderlich gewesen, da deren Vermögen im Wege der Anwachsung auf die einzig verbliebene Kommanditistin, die Z1… - GmbH & Co. KG, übergegangen sei. Die damals eingetragene Markeninhaberin habe daher dem Löschungsantrag nicht wirksam widersprechen können. Auch die Rechtsnachfolgerin habe keinen wirksamen Widerspruch einlegen können, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht als Markeninhaberin eingetragen gewesen sei und erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist die Umschreibung beantragt habe. Allerdings sei die Zustellung der Mitteilung der Markenabteilung vom 4. April 2011 an die anwaltlichen Vertreter der damals eingetragenen Markeninhaberin (Z… GmbH & Co KG) wirksam, so dass die zweimonatige Widerspruchsfrist abgelaufen sei, ohne dass ein rechtlich wirksamer Widerspruch eingelegt worden sei.

7

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

8

die Verfügung der Vorsitzenden der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Juni 2011 aufzuheben und die Löschung der Marke 787 812 anzuordnen.

9

Nach der Umschreibung der angegriffenen Marke am 4. Oktober 2011 auf die Z1… GmbH & Co. KG hat diese in der Beschwerdeerwiderung vom 14. Mai 2012 den Eintritt in das hier anhängige Beschwerdeverfahren erklärt. Die jetzige Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt sinngemäß,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie ist der Ansicht, dass die damals im Register eingetragene Markeninhaberin durch ihre eingetragenen Vertreter wirksam Widerspruch gegen den Löschungsantrag erhoben habe, obwohl sie bereits seit 2008 nicht mehr existiert habe. Es komme nämlich wegen der Vermutungsregelung nach § 28 Abs. 1 MarkenG allein auf die Registerlage zum Widerspruchszeitpunkt an. Da das Markenregister zu diesem Zeitpunkt die Z… GmbH & Co. KG als Inhaberin der streitgegenständlichen Marke geführt habe, sei diese damals zum Widerspruch berechtigt gewesen. Mangels entsprechender Anhaltspunkte sei das DPMA auch nicht verpflichtet gewesen, von Amts wegen der Frage nachzugehen, ob das Markenrecht auf einen Dritten übergegangen sei oder ob die eingetragene Markeninhaberin noch existierte. Auf den Fortbestand der den – seit 2006 im Register eingetragenen – Vertretern erteilten Vollmacht habe das Erlöschen der bevollmächtigenden Gesellschaft keinen Einfluss, wobei dies auch gelte, wenn die Gesellschaft bereits vor Rechtshängigkeit bzw. hier Anhängigkeit des Löschungsverfahrens erloschen sei. Die Mitteilung über den Löschungsantrag habe den eingetragenen Vertretern daher wirksam und fristauslösend zugestellt werden können. Kraft der fortbestehenden Vollmacht sei dann aber auch der von diesen eingelegte Widerspruch gegen die Löschung wirksam und fristwahrend erfolgt. Die Antragstellerin argumentiere insoweit widersprüchlich, da sie einerseits von einer wirksamen Zustellung der Mitteilung des Löschungsantrages an die damals eingetragene Markeninhaberin ausgehe, andererseits aber die Wirksamkeit des Widerspruchs durch diese verneine.

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Hilfsweise, d. h. sofern der Senat nicht von der Wirksamkeit des Widerspruchs durch die damals eingetragene Markeninhaberin ausgehen sollte, hat die jetzige Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin, der bislang eine Mitteilung gemäß § 53 Abs. 2 MarkenG nicht wirksam zugestellt worden sei, Widerspruch gegen den Löschungsantrag erhoben.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

14

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG statthaft. Die angefochtene Verfügung der Vorsitzenden der Markenabteilung 3.4 vom 10. Juni 2011 stellt eine abschließende Entscheidung über den Eintritt einer bestimmten Rechtsfolge und damit einen mit der Beschwerde anfechtbaren Beschluss i. S. d. § 66 Abs. 1 MarkenG dar, auch wenn sie nicht ausdrücklich als "Beschluss" bezeichnet wurde (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 61 Rdnr. 2 und § 66 Rdnr. 7 m. w. N.). Mit dieser Entscheidung wurde das patentamtliche Löschungsverfahren betreffend die Marke 787 812 abschließend dahingehend beendet, dass im Hinblick auf einen von der Markenabteilung als wirksam erachteten Widerspruch die beantragte Löschung durch das Patentamt abgelehnt und die Antragstellerin gemäß § 53 Abs. 4 MarkenG auf den Klageweg vor den ordentlichen Gerichten nach § 55 MarkenG verwiesen wurde (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 53 Rdnr. 6; BPatG Beschluss vom 14. Januar 2013, 25 W (pat) 90/11 – Zamek SACHSENGOLD).

15

Das Beschwerdeverfahren konnte nach dem Rechtsübergang auch von der jetzigen Beschwerdegegnerin und Markeninhaberin gemäß §§ 28 Abs. 2, 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 265 Abs. 2 ZPO weitergeführt werden. Die Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten war hierfür nicht erforderlich (§ 28 Abs. 2 Satz 3 MarkenG). Mit der Übernahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolgerin und jetzige Beschwerdegegnerin ist die Rechtsvorgängerin, die Z… GmbH & Co. KG, die bis zu diesem Zeitpunkt ungeachtet der materiellen Rechtsnachfolge als Prozessstandschafterin verfahrensführungsbefugt war, aus dem Verfahren ausgeschieden (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 28 Rdnr. 15 f. m. w. N.).

16

Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil die Entscheidung der Markenabteilung zutreffend ist.

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1. Entgegen der Auffassung der Löschungsantragstellerin hat die damals eingetragene Markeninhaberin, die Z… GmbH & Co. KG, vertreten durch die Patentanwälte K… u. a., am 8. Juni 2011 rechtzeitig und wirksam der Löschung der Marke widersprochen (§ 53 Abs. 4 MarkenG), nachdem ihr die Mitteilung des Löschungsantrags wirksam zugestellt worden war und den Lauf der Widerspruchsfrist in Gang gesetzt hatte (§ 53 Abs. 2 MarkenG).

18

Der Senat schließt sich insoweit vollumfänglich den Ausführungen des 25. Senats des Bundespatentgerichts in den Gründen seines Beschlusses vom 14. Januar 2013 (25 W (pat) 90/11 – Zamek SACHSENGOLD) an, der einen parallel gelagerten Sachverhalt betrifft und die zu den vorliegend entscheidungserheblichen Fragen ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. August 2011 (GRUR 2012, 315 ff. – akustilon) berücksichtigt. In dem o. g. Beschluss des 25. Senats ist unter Ziff. II 1. ausgeführt, dass die Z… GmbH & Co. KG nach der Vermutungsregelung des § 28 Abs. 1 MarkenG zum Zeitpunkt des Widerspruchs im Löschungsverfahren wegen ihrer Eintragung im Register als materiell berechtigte Inhaberin der streitgegenständlichen Marke galt, weshalb zum einen an sie gemäß § 28 Abs. 3 MarkenG die Mitteilung über den Löschungsantrag zuzustellen war und zum anderen sie berechtigt war, den Widerspruch gegen den Löschungsantrag zu erklären. Denn das DPMA ist, ohne dass ihm gegenteilige Anhaltspunkte vorlagen, was vorliegend nicht der Fall war, nicht verpflichtet, von Amts wegen der Frage nachzugehen, ob abweichend von der Registerlage das Markenrecht auf einen Dritten übergangen ist oder die als Markeninhaberin eingetragene Kommanditgesellschaft noch existiert. Das DPMA ist im Löschungsverfahren wegen Verfalls auf die formelle Prüfung beschränkt, ob der Inhaber der eingetragenen Marke der Löschung rechtzeitig, d.h. innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Löschungsantrages widersprochen hat, § 53 Abs. 3 MarkenG (vgl. hierzu BGH a. a. O. Rdnr. 13 – akustilon). Dies ergibt sich aus der Systematik der Löschungsverfahren nach § 53 MarkenG vor dem DPMA und nach § 55 MarkenG vor den ordentlichen Gerichten. Das Verfahren nach § 53 MarkenG ist ein dem Klageverfahren nach § 55 MarkenG vorgeschaltetes, fakultatives Registerverfahren, in dem eine materiell-rechtliche Prüfung der Löschungsreife der Marke wegen Verfalls nach § 49 MarkenG nicht stattfindet (vgl. hierzu BGH a. a. O.). Soweit in dem vor dem DPMA geführten Verfahren nach § 53 MarkenG der im Register eingetragene Markeninhaber dem Löschungsantrag wegen Verfalls nach § 53 Abs. 4 MarkenG widerspricht, hat das DPMA das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 MarkenG nicht zu prüfen. Die materiell-rechtliche Prüfung, ob die Marke gemäß § 49 MarkenG verfallen ist, ist vielmehr dem Löschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten vorbehalten. Dazu zählt auch die Prüfung zur Inhaberschaft bzw. Existenz der Markeninhaberin. Aber auch aus einem anderen Grund war die Z… GmbH & Co. KG im Löschungs- wie auch (hier anfangs) im Beschwerdeverfahren als Beteiligte zu behandeln, die als solche dementsprechend auch verfahrensrelevante Erklärungen in wirksamer Weise abgeben konnte. Denn wenn die Rechts- und Parteifähigkeit eines Verfahrensbeteiligten bestritten ist, ist dieser für die Austragung dieses Streits als rechts- und parteifähig zu behandeln und kann hierzu die gebotenen Erklärungen abgeben (vgl. BGHZ 24, 91, 94 und BGH NJW 1982, 238). Der im Register eingetragene Markeninhaber muss also, nachdem an ihn die Mitteilung nach § 53 Abs. 2 MarkenG zugestellt worden ist, die Möglichkeit haben, wirksam der Löschung der Marke i. S. v. § 53 Abs. 4 MarkenG zu widersprechen, um eine Klärung der Frage, ob er noch die in § 7 MarkenG genannten Voraussetzungen erfüllt, in dem Löschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten nach § 55 MarkenG zu erreichen. Dafür sprechen auch Sinn und Zweck des Registerverfahrens nach § 53 MarkenG, das der Klärung der einfach zu beantwortenden Frage dient, ob das Vorliegen eines Verfallsgrundes unstreitig und ein Klageverfahren entbehrlich ist (so BGH GRUR 2012, 315 –akustilon; BPatG a. a. O. – Zamek SACHSENGOLD).

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Des Weiteren haben die Patentanwälte König u. a. den Widerspruch für die damals eingetragene Markeninhaberin als deren Vertreter auch wirksam erklären können, da die ihnen vor Eintritt des Verlustes der Rechtsfähigkeit erteilte Vollmacht fortbestand, § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 86 ZPO. Die Patentanwälte K… u. a. waren seit 19. Januar 2006 als Vertreter der Z… GmbH & Co. KG im Register eingetragen, weshalb die Markenabteilung auch an sie die Mitteilung nach § 53 Abs. 2 MarkenG gemäß § 94 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG zuzustellen hatte.

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Die damals eingetragene Markeninhaberin, der die Mitteilung am 8. April 2011 zugestellt wurde, hat dem Löschungsantrag durch ihre Vertreter rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Zweimonatsfrist, nämlich am 8. Juni 2011 i. S. d. § 53 Abs. 4 MarkenG widersprochen.

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2. Für die Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG besteht kein Anlass. Ein solcher Umstand ist insbesondere nicht darin zu sehen, dass die Antragstellerin auch in Kenntnis der akustilon-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17. August 2011 (GRUR 2012, 315 ff.), auf die sie Ende Juni 2012 vom 25. Senat des Bundespatentgerichts in dem o. g. parallel gelagerten Beschwerdeverfahren 25 W (pat) 90/11 hingewiesen worden war, an ihrer Rechtsauffassung festgehalten hat. Denn die Antragstellerin hatte zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde am 15. Juli 2011 diese Entscheidung noch nicht berücksichtigen können, so dass ihr nicht der Vorwurf gemacht werden kann, das Beschwerdeverfahren in einer aussichtslosen Situation angestrengt zu haben (vgl. auch hierzu BPatG a. a. O. – Zamek SACHSENGOLD).