Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.06.2010


BPatG 16.06.2010 - 28 W (pat) 61/10

Markenbeschwerdeverfahren – "HAEMOSPECT" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
16.06.2010
Aktenzeichen:
28 W (pat) 61/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

 In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 033 079. 1

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 16. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Januar 2009 und vom 4. Februar 2010 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Angemeldet ist die Wortmarke

2

HAEMOSPECT

3

ursprünglich für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 5, 9, 10, 42 und 44

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„Präparate und Arzneimittel für humanmedizinische und veterinärmedizinische Zwecke, chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, chemische Präparate für medizinische und pharmazeutische Zwecke, fluoreszierende sowie radioaktive Substanzen für medizinische Zwecke; Diagnostika (soweit in Klasse 5 enthalten); chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; chemische Zusatzstoffe (Marker) zur Kennzeichnung von Stoffen und Stoffgemischen, Desinfektionsmittel für hygienische, technische, medizinische und pharmazeutische Zwecke; elektrische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Laborgeräte, wissenschaftliche Messinstrumente, Analysegeräte insbesondere zur Erfassung von Stoffen in vitalem Gewebe, Datenverarbeitungsgeräte insbesondere Computer, Datenübertragungsgeräte, Geräte und Apparate zur Herstellung und/oder Anwendung von Laserstrahlen; automatische Refraktometer, optische Linsen und daraus zusammengestellte Linsensysteme; Geräte und Apparate zur optischen Präsenz- und Konzentrationsanalyse; Geräte und Apparate zum Messen von Licht und Strahlen, insbesondere solche zum Messen und Feststellen von Licht- und Strahlenlängen, -frequenzen und -intensität; Geräte und Apparate zum Analysieren von transluzenten Fluiden, insbesondere unter Verwendung von Laserstrahlen und/oder in Kombination mit Lasergeräten und -apparaten; Laser-Coagulatoren und Laser-Foto-Coagulatoren sowie Auswertungsgeräte zur quantitativen Bestimmung des Ausmaßes von chemischen und/oder biologischen Reaktionen; ärztliche Apparate und Instrumente; Analysegeräte für Körpergewebe und Körperflüssigkeiten; Computersoftware, insbesondere auf Speichermedien aufgezeichnete Computerprogramme zur Verwendung bei der Analyse von Stoffen insbesondere im vitalen Gewebe sowie zur Kontrolle interagierender Medizinbestandteile, ihrer Wirkungen und klinischen Bedeutung; Dienstleistungen eines Chemikers und Biologen, Dienstleistungen eines chemischen und biochemischen Labors; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, medizinische, biologische und chemische Forschung, Dienstleistungen eines Arztes, Dienstleistungen einer Klinik“.

5

Die Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG, zurückgewiesen.

6

Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat sie das Warenverzeichnis der angemeldeten Marke auf die Produkte

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„ärztliche Apparate und Instrumente, nämlich Analysegeräte für Körpergewebe und Körperflüssigkeiten, sämtliche Waren nicht für nuklearmedizinische Untersuchungen“

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beschränkt und beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Januar 2009 und vom 4. Februar 2010 aufzuheben.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

11

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und nach der erfolgten Beschränkung des Warenverzeichnisses auch in der Sache erfolgreich. In Bezug auf die nun noch verfahrensgegenständlichen Produkte stehen dem angemeldeten Zeichen keine Schutzausschließungsgründe entgegen, insbesondere nicht die Schutzausschließungsgründe des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG.

12

Das angemeldete Zeichen besteht aus der Kombination der beiden Einzelbestandteile „HAEMO“ und „SPECT“. Bei dem Bestandteil „HAEMO“ handelt es sich um ein allgemein gebräuchliches Wortbildungselement mit der Bedeutung „Blut" (vgl. hierzu Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 749) und bei dem weiteren Wortteil „SPECT" um die Abkürzung der so genannten „Single-Photonenemissions-Computertomografie" (vgl. Beckers – Abkürzungslexikon Medizinischer Begriffe, 5. Aufl., 2002, S. 418), einem nuklearmedizinischen Untersuchungsverfahren, wie dies die Markenstelle zutreffend dargelegt hat.

13

Bei der Schutzfähigkeitsprüfung ist ausschließlich auf die mit der Anmeldung konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen abzustellen und zu prüfen, ob die angemeldete Marke im Hinblick auf diese Produkte oder Leistungen eine eindeutige, unmittelbar sachbezogene Aussage vermittelt oder ob sie aus sonstigen Gründen von der Eintragung ausgeschlossen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 676, Rdn. 55 f. – Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD; BGH GRUR 2005, 417, 419 – BerlinCard). Im Hinblick auf die nun noch beanspruchten Waren sind Anhaltspunkte, die für ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit des angemeldeten Markenworts sprechen könnten, nicht ersichtlich. So haben die Recherchen des Senats im vorliegenden Fall keine Feststellungen dazu ergeben, dass die Bezeichnung „ HAEMOSPECT “ bereits als beschreibende Angabe verwendet würde oder dass sie im Hinblick auf die fraglichen Waren zumindest geeignet wäre, zur produktbezogenen Merkmalsbeschreibung dienen zu können. Selbst wenn man dem Markenteil „SPECT“ mit der Markenstelle einen Hinweis auf die medizinische Verfahrenstechnik „Single-Photonenemissions-Computertomografie“ entnehmen wollte, scheidet ein produktbeschreibender Zusammenhang zwischen den verfahrensgegenständlichen Waren und dem Markenwort für die nun noch beanspruchten Waren von vornherein aus. Ebenso wenig ist die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den fraglichen Produkten geeignet, in markenrechtlich relevanter Weise beschreibend auf ärztliche Apparate und Instrumente hinzuweisen, die zur Blutanalyse mit Hilfe eines Spektrometers bestimmt sind. Denn trotz umfangreicher Recherchen konnten weder Belege dafür ermittelt werden, dass es sich bei dem Wortelement „SPECT“ um eine lexikalisch nachweisbare Abkürzung des Begriffs „Spektrometer“ bzw. des englischen Wortes „Spectrometer“ handelt, noch dass die genannte Buchstabenfolge sonst als Kürzel für diese oder andere einschlägige Sachbegriffe gebräuchlich wäre.

14

Somit kann dem Markenwort „ HAEMOSPECT “ für die verfahrensgegenständlichen Waren weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, noch handelt es sich bei ihm um einen gebräuchlichen Begriff der deutschen Sprache, der vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Allenfalls könnte die Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren als „sprechendes Zeichen“ anzusehen sein, was aber ihre Eignung zur Ausübung der markenrechtlichen Herkunftsfunktion nicht in Frage stellt (vgl. hierzu BGH GRUR 2001, 1150 - LOOK ).

15

Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG liegen daher nicht vor und auch sonstige Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung des Eintragungsanspruchs des Anmelders nach § 33 Abs. 2 MarkenG war der angefochtene Beschluss daher in dem im Tenor genannten Umfang aufzuheben.