Entscheidungsdatum: 27.02.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2010 027 170.1
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2013 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Dorn und den Richter am Amtsgericht Jacobi
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 07, vom 31. August 2011 wird aufgehoben.
I.
Das Wortzeichen 30 2010 027 170.1
EURODRIVE
ist am 5. Mai 2010 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 07: Elektromotoren; Asynchronmotoren; Synchronmotoren; Linearmotoren; Reluktanzmotoren; Motoren mit integriertem Umrichter; Kompaktantriebe, nämlich Antriebe bestehend aus Elektromotor, Getriebe und Motorsteuerung in einem Gehäuse; Getriebemotoren; Getriebe; Drehmomentwandler; Reduktionsgetriebe; Servogetriebe; Winkelgetriebe; Verstellgetriebe; Industriegetriebe; Antriebe für Elektrohängebahnen; Zahnräder und Zahnradsegmente; Elektrogeneratoren; Aktoren; Linearaktoren; Maschinenteile, nämlich Regler; Gehäuse für Motoren und Getriebe; Maschinenteile, nämlich Adapter; Maschinenteile, nämlich Statoren; Maschinenteile, nämlich Motorschwingen; Ventilatoren für Maschinen; Kühler für Motoren; Maschinenteile, nämlich Lager; Maschinenteile, nämlich Dichtungen; Maschinenteile, nämlich Dichtungsringe; Kupplungen; Bremsen; Magnetbremsen; Bremsmagnete; Antriebswellen; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten [alle vorgenannten Waren nicht für Landfahrzeuge];
Klasse 09: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Umrichter, nämlich Frequenzumrichter zur elektronischen Drehzahlregelung von Elektromotoren; Antriebsumrichter; Stromwandler; Frequenzwandler; Rückspeisegeräte; elektronische Steuerungen für Motoren; Elektrokabel; Elektrostecker; Elektrodrähte; Verteiler für elektrische Energie und/oder Information; elektrische Anlagen für die Fernsteuerung industrieller Arbeitsvorgänge; elektrische Anschlussteile; elektronische Anzeigetafeln; LCD-Displays; LED-Displays; Schaltschränke; Bedienterminals zur Steuerung von Maschinen; Fernsteuerungsgeräte; elektronische und elektrotechnische Messgeräte; Drehzahlmesser; Geber; Inkrementalgeber; integrierte Schaltkreise; Halbleiter; elektrische und elektronische Kontrollapparate; Ölsensoren; Temperatursensoren; Körperschallsensoren; Winkelsensoren; elektronische Publikationen (herunterladbar); Positioniersteuerungen; Software zur Steuerung von Maschinen; Software zur Steuerung industrieller Abläufe; Software zur Überwachung industrieller Abläufe; Software zur Projektierung von Antrieben; Software zur Projektierung industrieller Anlagen; Parameterboxen [maschinenlesbare Datensammlungen]; Feldbus-Kabel; Feldbus-Stecker; elektronische Typenschilder für Antriebe; PCs; Laptops; Industrie-PCs; Funkvorrichtungen; Netzwerkgeräte; Netzwerkgeräte für drahtlose Netzwerke; Transformatoren; Geräte und Vorrichtungen zur berührungslosen Übertragung von elektrischer Energie und/oder Information; Batterien; Akkumulatoren; Kondensatoren; elektrische Ladegeräte zum Beladen von Elektrofahrzeugen; Elektrotankstellen; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 9 enthalten;
Klasse 37: Installation, Montage, Wartung, Reparatur und Instandhaltung von elektronischen, elektrischen und/oder mechanischen Antrieben und Antriebskomponenten; Wartung und Austausch von Bremsen; Maschinen-Diagnosen; Körperschall-Analysen von Antrieben; Montageservice; Inbetriebnahmeservice; Installationsservice; Schmierstoffkontrolle; Schmierstoffwechsel; Hol- und Bringservice für Antriebe und Antriebskomponenten.
Die Markenstelle für Klasse 07 hat mit Beschluss vom 31. August 2011 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das aus den beiden zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wortbestandteilen „EURO“ (= Kürzel für Europa, europäisch) und „DRIVE“ (= Fahrt, Antrieb) zusammengesetzte Anmeldezeichen werde in seiner Gesamtbedeutung von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von „europäischer Antrieb“ bzw. „in Europa hergestellter oder europäischen Standards entsprechender Antrieb“ verstanden. Im Hinblick auf den Bestandteil „Euro“ sei bekannt, dass „Europa“ bzw. die „EU“ in vielfältigste Bereiche des täglichen Lebens regelnd eingreife und in vielen Warenbereichen „EU-Regelungen“ existierten. So seien auch die europäischen Vorstellungen oder Qualitätsstandards für Antriebe/Motoren in europäischen Normen niedergelegt, wie sich aus den übermittelten Recherchebelegen des DPMA ergebe. Im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Produkten werde der Verkehr den Bestandteil „DRIVE“ auch nur mit „Antrieb“ gleichsetzen. Vor diesem Hintergrund erschließe sich dem angesprochenen Publikum der Sinngehalt der Wortkombination „EURODRIVE“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klassen 07 und 09 auf den ersten Blick und ohne näheres Nachdenken dahingehend, dass es sich um Antriebe einschließlich deren Teile bzw. damit im Zusammenhang stehende Teile handle, die aus Europa stammten bzw. europäischen Normen entsprächen oder für die Verwendung im europäischen Raum besonders geeignet und bestimmt seien. Für diese Annahme sprächen auch vergleichbare gebräuchliche Wortverbindungen mit „Euro“, wie beispielsweise „Europalette“, „Eurostecker“, „Eurosuper“ „Eurocard“, „Euroscheck“ und „Eurodollar“. Die beanspruchten „elektronischen Publikationen“ könnten irgendwelche „europäischen Antriebe“ thematisieren und die „Software“ könne speziell für irgendwelche „europäischen Antriebe“ bestimmt sein. Auch die in Klasse 37 beanspruchten Dienstleistungen könnten speziell für „europäische Antriebe“ angeboten werden. Das Anmeldezeichen eigne sich daher nicht als betrieblicher Herkunftshinweis.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie vorträgt, dass dem Anmeldzeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein sofort und ohne weiteres Nachdenken erfassbarer sinnvoller beschreibender Aussagegehalt entnommen werden könne. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass sich die hier in Rede stehenden Produkte an technische Fachkreise mit hohem Ausbildungsstandard und entsprechenden Kenntnissen richteten, die „EURODRIVE“ nicht mit „europäischer Antrieb“ übersetzen würden. Zwar gebe es Motoren in Europa, aus Europa und für Europa, aber dies gelte in gleicher Weise praktisch für alle Waren des technischen und sonstigen Gebrauchs, so dass dadurch noch kein konkreter Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren hergestellt werde, am wenigsten aus Sicht der hier angesprochenen technischen Fachkreise. Für die Schutzfähigkeit des Zeichens spreche im Übrigen, dass die Wortmarke „EURODRIVE“ für im Wesentlichen identische Waren am 22. Dezember 1999 als Gemeinschaftsmarke (Nr. 621276) zugunsten der Anmelderin eingetragen worden sei.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 07, vom 31. August 2011 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „EURODRIVE“ als Marke stehen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
1. Dem Anmeldezeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2012, 1143 – Starsat; MarkenR 2012, 19, Rdnr. 8 - Link economy; GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 - TOOOR!; GRUR 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rdnr. 24 -Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 -Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855, Rdnr. 19, 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das angemeldete Zeichen. Denn es weist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann.
aa) Die angemeldete Wortkombination setzt sich aus den Elementen „EURO“ und „DRIVE“ zusammen. „Euro“ bezeichnet als Kunstwort die Währungseinheit der Europäischen Währungsunion, ferner ist „euro-, Euro-“ sowohl im englischen als auch im deutschen Sprachgebrauch ein Wortbildungselement mit der Bedeutung „Europa betreffend, in Europa befindlich, gültig“ (Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]). Es wird auch allgemein als Kürzel für „Europa, europäisch“ verwendet. Der aus dem englischen Grundwortschatz stammende Begriff „drive“ bedeutet als Substantiv „Fahrt“ bzw. im hier maßgeblichen technischen Bereich „Antrieb“ und im Computerbereich „Laufwerk“ (PONS, Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Aufl. 2008).
bb) Der Gesamtbegriff „EURODRIVE“ ist lexikalisch nicht nachweisbar und stellt daher eine sprachliche Neuschöpfung dar. Ausgehend von den obigen Feststellungen kann die Wortverbindung in ihrer Gesamtbedeutung im hier maßgeblichen Warensektor zwar als „europäischer Antrieb“ verstanden werden. In Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 07 (verschiedene Antriebe einschließlich deren Teile) kann der Bezeichnung „europäischer Antrieb“ jedoch keine ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare sinnvolle Sachaussage entnommen werden. Die von der Markenstelle angeführten Aussagegehalte sind nämlich aus Sicht der hier angesprochenen inländischen Verkehrskreise, bei denen es sich in erster Linie um technisch versierte Fachkreise des Maschinenbaus und der Elektrotechnik handelt, fernliegend. Denn ein „in Europa hergestellter Antrieb“ wird nach den Verkehrsgewohnheiten in der fraglichen Branche nicht mit dem Kürzel „Euro-“ bezeichnet, vielmehr steht für „Hergestellt in der Europäischen Union“ seit 2003 die Bezeichnung „Made in (the) EU“. Auch wenn „Made in EU“ als Kennzeichnung für europäische Produkte anstelle der Landeskennzeichnung nicht verpflichtend vorgeschrieben ist, wird es als freiwilliges Label bereits – anstelle von nationalen Herkunftsbezeichnungen wie z. B. „Made in Germany“ – gerichtsbekannt üblicherweise verwendet (vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Made_in_EU; Online-Artikel in BusinessPartner PBS vom 5. September 2012 „Der weite Weg nach Europa“, http://www.pbs-business.de/inhalt/10561-EU-Label_-_Der_weite_Weg_nach_Europa/; Online-Artikel in HORIZONT.NET vom 20. Mai 2010 „Made in EU“-Kennzeichnung soll Standard werden“, http://www.horizont.net/aktuell/marketing/pages/protected/Made-in-EU-Kennzeichnung-soll-Standard-werden_92329.html). Auch ein „europäischen Standards oder Normen entsprechender Antrieb“ wird nicht mit dem Präfix „Euro-“, sondern üblicherweise mit der CE-Kennzeichnung kenntlich gemacht. Mit der CE-Kennzeichnung erklärt der Hersteller oder EU-Importeur gemäß EU-Verordnung 765/2008, „dass das Produkt den geltenden Anforderungen genügt, die in den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft über ihre Anbringung festgelegt sind.“ Die CE-Kennzeichnung ist ein Verwaltungszeichen, das die Freiverkehrsfähigkeit entsprechend gekennzeichneter Industrieerzeugnisse im Europäischen Binnenmarkt zum Ausdruck bringt. Sie besteht aus dem CE-Logo (ggf.) in Verbindung mit der vierstelligen Kennnummer der beteiligten benannten Stelle, falls diese mit der Prüfung der Konformität befasst war (http://de.wikipedia.org/wiki/CE-Kennzeichnung). Aus den gleichen Gründen ist auch ein Verständnis von „EURODRIVE“ im Sinne von „für Europa bestimmter oder geeigneter Antrieb“ fernliegend, da sich dies aus Sicht der Fachverkehrskreise ebenfalls nur darauf beziehen kann, dass ein Produkt die in den einschlägigen EU-Vorschriften festgelegten Anforderungen erfüllt, worauf aber wiederum nur die CE-Kennzeichnung – und nicht das Kürzel „Euro-“ – hinweist.
Somit lässt sich selbst für die in Klasse 07 beanspruchten verschiedenen Antriebe und Motoren einschließlich deren Teile ein sinnvoller beschreibender Aussagegehalt der Bezeichnung „EURODRIVE“ nicht feststellen. Dies gilt erst recht für die weiter beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 09 und 37, die größtenteils im Zusammenhang mit Antrieben stehen bzw. für diese bestimmt sein oder diese thematisieren können oder den Computersoft- und Hardwarebereich betreffen.
Dem Anmeldezeichen kommt daher insoweit die Bedeutung eines betrieblichen Herkunftshinweises zu.
2. Das angemeldete Zeichen unterliegt auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
a) Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36 - BIOMILD; GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 25 - Chiemsee). Dabei sind nicht nur die aktuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Es ist vielmehr auch zu erörtern, ob eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit der fraglichen Angabe vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten ist.
b) Ein gegenwärtiges Freihaltebedürfnis ist nicht gegeben. Die Mitbewerber der Anmelderin benötigen gegenwärtig nicht den Begriff „EURODRIVE“ zur Beschreibung von Merkmalen der hier in Rede stehenden Produkte, insbesondere auch nicht zur Bezeichnung eines „in Europa hergestellten Antriebs“ bzw. „europäischen Standards oder Normen entsprechenden Antriebs“ bzw. „für den europäischen Raum bestimmten oder geeigneten Antriebs“. Zur Beschreibung dieser Warenmerkmale benötigt der beteiligte Fachverkehr – neben dem Einzelwort „drive“ für „Antrieb“ – die Wortfolge „Made in EU“ bzw. die CE-Kennzeichnung, nicht jedoch die konkrete Wortkombination „EURODRIVE“, der ein unmittelbar beschreibender Aussagegehalt für die fraglichen Waren aus den oben unter Ziff. 1 b) dargestellten Gründen nicht zukommt.
c) Es ergaben sich für den Senat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass künftige, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende wirtschaftliche Entwicklungen eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung „EURODRIVE“ durch die Mitbewerber vernünftigerweise erwarten lassen (vgl. EuGH a. a. O. – Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. § 8 Rdnr. 284 f). Insbesondere konnte auch für die Zukunft nicht prognostiziert werden, dass sich die Wortkombination „EURODRIVE“ als allgemein gebräuchliche Bezeichnung für „in Europa hergestellter Antrieb“ oder „europäischen Standards oder Normen entsprechender Antrieb“ etablieren könnte.
3. Vor einer Eintragung des angemeldeten Zeichens wird das DPMA jedoch noch Unklarheiten in den Klassen 09 und 37 des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zu klären haben, welche es im Beanstandungsbescheid vom 3. August 2010 vorläufig zurückgestellt hat.